Elektroautos im Test: So hoch ist die Reichweite wirklich
Auf dem Elektroautomarkt gibt es Stromfresser und Reichweitenkönige: Die aktuelle ADAC Ecotest-Übersicht vom kleinen Dacia Spring Electric bis zum großen Mercedes EQS. So hoch sind Reichweite und Stromverbrauch tatsächlich.
Reichweite: Eine große Batterie ist nicht alles
610 km: BMW iX und Lucid Air mit der besten Reichweite im Test
Verbrauch: Der Hyundai Ioniq 6 fährt am sparsamsten
+++ Update 26.8.2024 +++ Mit neuen Modellen erweitert
Was ein Benziner oder Diesel in etwa verbraucht, wissen die meisten Autofahrer aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen. Doch wie sieht es bei einem Elektroauto aus? Hier fehlt vielen noch jegliches Gefühl dafür, wie viel Strom ein Elektroauto "frisst". Doch das ist entscheidend bei der Frage, ob ein Stromer wirtschaftlich betrieben werden kann.
Die Reichweite eines E-Autos hängt zwar von der Kapazität der Batterie ab, aber natürlich auch vom Stromverbrauch des Elektromotors. Je geringer der Stromverbrauch, desto größer die Reichweite. Gerade an der Effizienz hat es bei den ersten E-Autos oft noch gehapert. Doch das Thema steht bei den Herstellern momentan stark im Fokus. Das ist nachvollziehbar: Wird ein Elektroauto sparsamer, reicht auch eine "kleinere" Batterie. Das spart Gewicht und vor allem Kosten.
Der ADAC testet kontinuierlich aktuelle Elektroautos verschiedener Größen und Preisklassen im Rahmen des ADAC Autotests auf dem Prüfstand und achtet dabei speziell auf Reichweite und Stromverbrauch. Gemessen wird im realitätsnahen ADAC Ecotest, dem sich alle Fahrzeuge unter standardisierten Bedingungen mit allen Antriebsarten gleichermaßen unterziehen müssen.
Die Liste der getesteten Modelle wird regelmäßig ergänzt. Dargestellt sind nur Modelle, die aktuell bestellbar sind, bereits eingestellte Baureihen werden nicht mehr aufgelistet.
Elektroautos: größte & kleinste Reichweite
Reichweite: Effizienz oder große Batterien?
Dass eine große Reichweite nicht immer durch sehr üppige Batterien wie etwa beim Nio ET5 Touring erreicht werden kann, zeigen kleinere Modelle: Hyundai Kona Elektro und der elektrische Kia Niro kommen mit ihren sparsamen Motoren trotz ihrer nicht übertriebenen Batteriegrößen (65,4 und 64,8 kWh) erstaunlich weit. Aber selbst ein kleiner Renault Zoe mit 52-kWh-Batterie fuhr im ADAC Ecotest sogar 335 Kilometer ohne Ladestopp. Der Elektro-Vorreiter wurde mittlerweile eingestellt und ist daher nicht mehr gelistet. Wie sich sein Nachfolger, der R5, schlagen wird, muss sich erst noch zeigen.
Momentaner Spitzenreiter sind der große BMW iX und der extravagante Lucid Air mit einer Testreichweite von 610 Kilometern. Beiden Autos kommt ihr für die Fahrzeuggröße effizienter Antrieb zugute – aber natürlich die "dicken" Batterien mit nutzbaren 105 kWh (BMW) und 112 kWh (Lucid).
Hinweis: Durch die im standardisierten ADAC Ecotest mit immer gleichen Bedingungen ermittelten Verbrauchswerte und Reichweiten können alle Fahrzeuge gut miteinander verglichen werden. Unter anderen Bedingungen können die Werte aber variieren. So haben etwa Geschwindigkeiten über Landstraßentempo und niedrige Temperaturen erhebliche Auswirkungen, die die Reichweiten empfindlich schmälern können. Hier können Sie mehr zum Thema Reichweiten im Winter nachlesen.
Die Reichweiten steigen
Wie positiv sich die Reichweiten von Elektroautos in den letzten Jahren entwickelt haben, zeigen die Ergebnisse der getesteten Fahrzeuge im ADAC Ecotest (siehe Grafik). 2010 kamen alle E-Fahrzeuge auf eine Durchschnittsreichweite von wenig alltagstauglichen 123 Kilometern – und 2023 auf deren 393.
Elektroauto-Verbrauch: Große Unterschiede
Dass größere und schwerere Fahrzeuge tendenziell einen höheren Stromverbrauch haben, liegt auf der Hand. Doch wie groß die Unterschiede tatsächlich sind, überrascht. So kommt das sparsamste Auto, das derzeit zu haben ist – das aerodynamisch geschliffene Mittelklassefahrzeug Hyundai Ioniq 6 –, auf einen gemessenen Ecotest-Verbrauch von erstaunlich niedrigen 15,5 kWh/100 km. Auf Rang zwei befindet sich der Fiat 500e – allerdings mit seiner reichweitenschwachen 23,8-kWh-Batterie –, gefolgt vom Peugeot e-208, der mit neuem Antrieb erheblich an Effizienz gewonnen hat, und vom erfreulich sparsamen Opel Astra Electric. Auch das Tesla Model 3 geizt vorbildlich mit Energie.
Der große Familienbus Citroën ë-Spacetourer dagegen (baugleich mit den Elektrobussen Opel Zafira Life, Peugeot Traveller, Fiat Ulysse und Toyota Proace Verso) verbraucht mit 29,7 kWh auf 100 Kilometer (mit Ladeverlusten) fast genauso viel wie der Mercedes EQV mit gemessenen 30,9 kWh/100 km. Der Verbrauchskünstler und ehemalige Spitzenreiter Hyundai Ioniq ist inzwischen eingestellt worden. Daher ist er auch nicht mehr aufgeführt, wie auch andere Elektro-Pkw, die es nicht mehr gibt. Den Honda e beispielsweise oder den BMW i3.
Sehr schön zu sehen bei Fahrzeugen des gleichen Konzerns: Die Bauart des Fahrzeugs (z. B. Limousine oder SUV), der Antrieb (Allrad oder nicht) und die Motorleistung haben einen erheblichen Einfluss auf Verbrauch und Reichweite. Mit 77,4-kWh-Batterie ausgestattet, kommt der aerodynamische Hyundai Ioniq 6 auf eine Reichweite von 555 Kilometern und einen Verbrauch von 15,5 kWh auf 100 Kilometer. Der kastigere Ioniq 5 mit der gleichen Batterie auf 470 Kilometer (18,2 kWh Verbrauch) und das SUV Genesis GV70 mit Allradantrieb und ebenfalls identischem Energiespeicher auf nur 380 Kilometer bei einem Testverbrauch von 22,8 kWh.
Teils erhebliche Ladeverluste
Wichtig: Beim Stromverbrauch ist nicht nur entscheidend, wie effizient der Elektromotor mit der Energie umgeht und damit die Reichweite bestimmt. Beim "Tanken" fallen auch Ladeverluste an, das heißt, man verbraucht mehr Energie als letztlich in der Batterie ankommt.
Die Hauptursache dafür ist die Umwandlung von Wechselstrom aus dem Stromnetz in Gleichstrom für die Speicherung in der Batterie. Bezahlen muss man den Strom aus der Steckdose dennoch. Deshalb rechnet der ADAC die Ladeverluste mit ein. Die Ladeverluste sind, im Gegensatz zur Verbrauchsangabe des Bordcomputers, in den Stromverbräuchen des ADAC Ecotests (sowie auch der WLTP-Verbrauchsangabe) enthalten.
Geladen werden alle Testwagen mit Wechselstrom (AC) über das Ladekabel des Fahrzeugs an einer 22-kW-Wallbox unter der gleichen Umgebungsbedingung (23 Grad Celsius), sodass sich die Fahrzeuge die jeweils maximal vom Bordladegerät unterstützte Ladeleistung nehmen.
Die Differenzen zwischen der benötigten Energie für eine Vollladung zur Netto-Batteriekapazität fallen zum Teil erheblich aus, wie die obige Tabelle zeigt. Um die netto 105-kWh-Batterie des BMW iX vollzumachen, müssen laut ADAC Ecotest 125,2 kWh geladen werden. Auch beim Ford Mustang Mach-E (106,3 zu 88 kWh) sieht es nicht besser aus. Selbst wenn Ladeverluste einen Großteil der Differenzen erklären, wirken sich noch weitere Einflussfaktoren wie Toleranzen, Batteriealterung, Vorkonditionierung und Temperaturen aus.
Warum sind Reichweiten unterschiedlich?
Kosten: Der Stromverbrauch ist nicht alles
Die tatsächlichen Kosten über die gesamte Haltedauer lassen sich beim reinen Blick auf den Kaufpreis oder den Stromverbrauch nicht ablesen. Auch für Elektroautos gilt: Kaufpreis, Wartung, Reparaturkosten, Versicherung und Wertverlust müssen in die Gesamtbilanz einbezogen werden. Hier finden Sie Beispielrechnungen und Vergleiche zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und noch mehr zum Thema Autokosten.
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Fachliche Beratung: Matthias Vogt/ADAC Technik Zentrum