Jeep Avenger im ADAC Test: Elektrisch, praktisch, vielseitig
Der Avenger ist das erste Elektroauto der Marke Jeep: Klein, vielseitig und praktisch, hat er für viele genau das richtige Maß. ADAC Test mit Daten und Preisen sowie Infos zu Akku und Reichweite. Plus: Testfahrt mit dem Avenger Benziner und Hybrid.
Jeep Avenger mit E-Motor und 115 kW/156 PS
392 km Reichweite nach WLTP, 310 km im ADAC Test
Avenger Benziner und Hybrid als Alternativen
Die Marke Jeep fällt einem nicht als Erstes ein, wenn es um klimaschonendes Fahren geht. Doch genau dies will der SUV-Spezialist des Stellantis-Konzerns (u. a. Peugeot, Citroën, Opel und Fiat) ändern: Nachdem schon Jeep Renegade und Compass Plug-in-Erweiterungen erhalten haben, will man in Zukunft gänzlich auf fossile Antriebe verzichten. Der Jeep Avenger, das erste vollelektrische SUV der Marke, ist also auch für die zukünftige Entwicklung entscheidend – auch, wenn es ihn mittlerweile auch als Benziner und als Hybrid gibt. Was ist von dem 2023 gestarteten Kleinwagen-SUV zu erwarten?
Kleinwagen-SUV mit guter Reichweite
Der Avenger entpuppt sich als Jeep, der zwar das amerikanische Gesicht, aber durch und durch europäische Gene trägt. Denn mit einer Länge von lediglich 4,08 Metern ist er nicht nur sehr klein (er ist erheblich kürzer als ein VW Golf), er ist auch in Europa designt, entwickelt und wird in Europa gebaut: Der Elektromotor kommt aus dem französischen Werk Trémery. Vom Band läuft der Avenger im polnischen Tychy. Die Lithium-Ionen-Batterien werden aus einem CATL-Werk in Polen bezogen.
Die bis zu 392 Kilometer Reichweite, die Jeep mit der 54-kWh-Batterie (51 kWh Nettoleistung) verspricht, sind ein recht guter Wert, der beim ADAC Ecotest unter optimalen Bedingungen allerdings nicht zu erreichen war. Knapp über 310 Kilometer sind aber für ein Elektroauto im SUV-Format aber immer noch ordentlich. Der Avenger ist mit einem Durchschnittsverbrauch von 18,4 kWh/100 km ein recht effizientes Elektroauto, wenngleich kein Super-Sparer.
Der Akku wurde im Test mit maximal 105,4 kW an Schnellladesäulen geladen, im Schnitt waren es beim 31 Minuten langen Ladevorgang von zehn auf 80 Prozent 79,2 kW Ladeleistung.
Bildergalerie: Jeep Avenger
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Praktisch, vielseitig und vernünftig
Viel Sympathie heimst der Avenger nicht nur mit seiner gefälligen Optik, sondern mit allerlei praktischen Tugenden ein. Klein wie er ist, erleichtert er das Einparken und Rangieren. Der Wendekreis beträgt nur gemessene 10,2 Meter. Kunststoffleisten an den Radläufen sowie an Front und Heck schützen überdies vor Kratzern und Beulen.
Im Innenraum ist Platz für zwei bis vier Personen. Der Fahrersitz lässt sich für Personen bis zu einer Körpergröße von 1,95 Metern zurückschieben. Wegen des citytauglichen Radstandes reicht die Beinfreiheit im Fond aber nur für bis zu 1,75 Meter große Personen aus, sofern die Vordersitze für 1,85-Meter-Mitfahrer eingestellt sind. Der Avenger ist eben ein Kleinwagen, wenn auch mit leicht erhöhter Karosserie.
Daher bietet der Avenger als stadttaugliches Elektroauto auch keinen übermäßig geräumigen Kofferraum. Bis zur Gepäckraumabdeckung fasst das Ladeabteil gemessene 285 Liter. Entfernt man die Gepäckraumabdeckung, passen bis zum Dach 400 Liter etwa in Form von sechs handelsübliche Getränkekisten hinein. Nach dem Umklappen der Rückbank stehen dachhoch 1065 Liter Ladevolumen parat.
Als wohltuend vernünftig kann man die Motorleistung einordnen, angesichts der PS-, pardon kW-Protzerei, die im Moment angesagt scheint bei Elektroautos. Die 115 kW Leistung und 260 Nm Drehmoment sind zwar keine Macht beim Beschleunigen, reichen aber doch allemal aus für den Hausgebrauch. Zumal der kleine Avenger nicht einmal 1600 Kilogramm Leergewicht auf die Waage bringt – extrem wenig für ein Elektro-SUV.
Die Motorleistung fühlt sich jedenfalls weniger dynamisch an, als es die Papierwerte vermuten lassen. Trotzdem ist der kleine E-Jeep ein flottes Auto, von 15 auf 30 km/h vergehen nur rund 1,2 Sekunden, zügig genug fürs mühelose Einfädeln in den fließenden Verkehr. Auch ein Überholmanöver ist schnell erledigt, rund 4,6 Sekunden dauert die Beschleunigung von 60 auf 100 km/h. Jeep verspricht 9,0 Sekunden von null auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei vergleichsweise niedrigen 150 km/h abgeregelt.
Kein Allrad, aber geländegängig
Quasi als i-Tüpfelchen gibt's für den Avenger eine Prise Geländegängigkeit. Zwar bekommt man lediglich Frontantrieb, aber die Bodenfreiheit von 200 Millimetern ist ordentlich. Der Böschungswinkel vorn beträgt 20 Grad, hinten sind's 32 Grad. Auf diese überraschend guten Geländewerte – in Kombination mit den elektronischen Fahrhilfen für verschiedene Untergründe – hat mutmaßlich die US-Abteilung bei der Entwicklung des Avenger bestanden.
An den auswählbaren Fahrmodi erkennt man die zwei Welten, die der Avenger vereinen will: Neben einem Eco-Mode können Fahrerinnen und Fahrer auch in den Sand-, Schnee- oder Schlamm-Modus wechseln. Ein Bergabfahr-Assistent macht das Offroad-Paket komplett – so wird im Avenger eine gute Portion Jeep-DNA bewahrt.
360-Grad-Blick in den Innenraum
Keine Anhängerkupplung ab Werk
Den Kunden in Europa (in den USA wird der Avenger gar nicht angeboten) kann das Plus an Geländegängigkeit nur recht sein. Denn selbst wer niemals ins Gelände fährt, profitiert, wenn er beispielsweise über einen Bordstein rumpelt, eine verschneite Straße befährt oder einen schlammigen Weg zum Wanderparkplatz bezwingen möchte.
Die speziell für schwierige Verhältnisse dimensionierten Stoßdämpfer sind obendrein ein Komfortgewinn. Zum Beispiel wenn der Avenger über Bahngleise, Temposchwellen und durch Schlaglöcher gleitet. Kurzum: Die Fahrstabilität des Avenger ist ordentlich. In der Kurvenfahrt zeigt er die SUV-typischen Aufbaubewegungen; der geringe Schwerpunkt (Traktionsbatterie) balanciert die Stabilität in Summe aber gut aus.
Im ADAC Ausweichtest schert das Heck recht deutlich aus, wobei das ESP nach anfänglich zaghafter Regelung treffsicher dazwischen geht. Positiv: Im Ausweichszenario lässt sich der Avenger durch Lenkkorrekturen stabilisieren.
Für viele Interessenten dürfte bei einem SUV auch die Anhängelast ein Thema sein – auch wenn diese bei Elektroautos meist geringer ausfällt als bei Fahrzeugen mit Verbrenner. Das Dumme ist nur: Jeep hat keine Anhängerkupplung ab Werk vorgesehen für den Avenger.
Historie ist dem Avenger anzusehen
Natürlich soll dem Avenger die Geländewagen-Historie der Marke anzumerken sein: Die Scheinwerfer werden daher von einem gebogenen Kühlergrill eingefasst, die ausladenden Kotflügel erinnern an den auf Geländetauglichkeit getrimmten Jeep Wrangler. Auf den Rückleuchten prangt wie schon beim Wrangler und Renegade ein X. Das rot leuchtende Kreuz ist sogar noch ein Stück edler geschwungen.
An Sicherheits-Assistenzsystemen stehen Geschwindigkeits-, Abstand- und Spurhalteassistent zur Verfügung. Vor der Kollision mit kreuzenden Fahrradfahrern und Fußgänger bremst der Avenger im Notfall selbstständig ab. Auffallend: Die Materialqualität im Innenraum lässt deutlich zu wünschen übrig, was zu einem billigen Gesamteindruck führt. Das Interieur wird durch großflächigen Einsatz von Hartplastik dominiert; nicht einmal auf den oberen Türverkleidungen der ersten Reihe findet sich unterschäumter Kunststoff.
In der zweiten Sitzreihe treibt es der Avenger dann auf die Spitze: Die Türverkleidungen bestehen aus einem einzigen großen Kunststoffteil ohne jegliche Polsterung an den Armauflagen. "Bei einem Testwagenpreis von über 45.000 Euro ein starkes Stück", urteilen die ADAC Testingenieure.
Video: Im Jeep Avenger auf Testfahrt
Die Bedienung des Jeep Avenger basiert auf haptischen Tasten und einem 10,25 Zoll großen Touchscreen. Grundsätzlich findet man sich im Avenger recht schnell zurecht, die meisten Bedieneinheiten befinden sich dort, wo man sie vermutet. Doch es gibt auch Ausnahmen: Die Tasten zum Öffnen und Schließen der Heckklappe befinden sich in der Überkopf-Bedieneinheit, wo sie den meisten Fahrern wohl die längste Zeit verborgen bleiben.
Bei der Sitzheizung wird es ebenfalls verwirrend: Sie kann durch das recht frei konfigurierbare Infotainment an insgesamt drei Stellen angewählt werden. Das Infotainment selbst reagiert sporadisch zeitversetzt auf Eingaben. Wischgesten werden dann träge und ruckelig umgesetzt.
E-Strategie: Avenger nur der Anfang
Der Jeep Avenger steht als erster elektrischer Jeep bald schon nicht mehr allein da. Die vollelektrischen Jeeps Wagoneer S und Recon sollen 2024 und 2025 nach Europa kommen. Auch eine Allradversion des Avenger ist angekündigt.
Der 2x4-Elektro-Avenger ist seit Anfang 2024 in den drei Ausstattungslinien Longitude, Altitude und Summit zu Preisen von 38.500 bis 43.500 Euro zu haben. Die getestete Version Summit+ wurde bis Ende 2023 für zuletzt 44.000 Euro angeboten.
ADAC Autotest: Das steckt hinter den Ergebnissen
Die ADAC Autotest-Ergebnisse beruhen auf akribischen Messungen: Mehr als 300 Prüfpunkte untersuchen die Testingenieure des ADAC Technikzentrums in Landsberg am Lech. Vom Platzangebot über die Sicherheit bis hin zum Schadstoff- und CO₂-Ausstoß reicht die Bandbreite.
Jeep Avenger Benziner und Hybrid
Jeep bietet den Mini-Crossover Avenger entgegen der ursprünglichen Ankündigung in Deutschland auch als Benziner und Hybrid-Benziner an. Die Basisvariante namens 1.2 GSE T3 wird von einem 74 kW/100 PS starken 1,2-Liter-Benziner über die Vorderräder angetrieben und kostet ab 25.000 Euro. Damit ist sie schlappe 13.500 Euro günstiger als der 115 kW/156 PS starke Stromer.
Außerdem ist der Avenger mit einem ebenfalls 74 kW/100 PS starken Mildhybrid-Antrieb zu haben, der ab 27.000 Euro kostet. Unterstützt wird der Benziner von einem 21 kW starken Elektromotor, der dem Benziner in manchen Situationen Arbeit abnehmen kann und dadurch den Verbrauch senkt und für eine "Boost"-Funktion, also für einen etwas stärkeren Antritt, sorgt. Letzteres merkt man aber nur, wenn man vom konventionellen Benziner direkt in den Hybrid umsteigt, groß ist der Unterschied nicht.
Und auch was die Verbrauchswerte angeht, konnte die Redaktion bei ersten Testfahrten mit beiden Modellen und gemischtem Fahrprofil (Stadt, Land, Autobahn) keine merklichen Verbrauchsvorteile beim Hybrid feststellen. Beide Versionen haben sich bei normaler Fahrweise mit rund 6,5 Liter Super bewegen lassen.
Der Hybrid spart in der Stadt
Kann man sich die 2000 Euro Aufpreis für den Hybrid also sparen? Es kommt drauf an. Der Hybrid kann seine Vorteile vor allem im Stadtverkehr ausspielen und dort relativ häufig über kurze Strecken rein elektrisch fahren. Beim sehr sanftem Beschleunigen und etwa bis 30 km/h bleibt der Benziner aus – für mehr elektrisches Fahren ist die 48-V-Konstruktion aber nicht gemacht. Das gibt die nur 0,9 kWh fassende Batterie unter dem Fahrersitz nicht her. Wer also viel in der Stadt unterwegs ist, kann mit dem Hybrid mehr Sprit sparen als jemand, der eher auf der Autobahn zu Hause ist. Und davon profitieren, dass der Hybrid serienmäßig mit einem sehr angenehm schaltenden Automatikgetriebe ausgestattet ist (den normalen Benziner gibt es nur als Handschalter) sowie angenehm sanft (da elektrisch) anfährt.
Jeep Avenger: Technische Daten, Preis*
Technische Daten (Herstellerangaben) | Jeep Avenger Elektro Summit+ (05/23 - 12/23) | Jeep Avenger Elektro Summit (ab 12/23) |
---|---|---|
Motorart | Elektro | Elektro |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 115 | 115 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 156 | 156 |
Drehmoment (Systemleistung) | 260 Nm | 260 Nm |
Antriebsart | Vorderrad | Vorderrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 9,0 s | 9,0 s |
Höchstgeschwindigkeit | 150 km/h | 150 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | 390 km | 400 km |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km | 0 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 15,8 kWh/100 km | 15,4 kWh/100 km |
Batteriekapazität (Brutto) in kWh | 54,0 | 54,0 |
Batteriekapazität (Netto) in kWh | 51,0 | 51,0 |
Ladeleistung (kW) | AC:1,8-11,0 DC:100,0 | AC:1,8-11,0 DC:100,0 |
Kofferraumvolumen normal | 355 l | 355 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.252 l | 1.252 l |
Leergewicht (EU) | 1.536 kg | 1.520 kg |
Zuladung | 479 kg | 495 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 2 Jahre | 2 Jahre |
Länge x Breite x Höhe | 4.084 mm x 1.776 mm x 1.528 mm | 4.084 mm x 1.776 mm x 1.528 mm |
Grundpreis | 44.000 Euro | 43.500 Euro |
* links getestetes Modell, rechts aktuelles Modell
ADAC Messwerte
ADAC Messwerte (Auszug) | Jeep Avenger Elektro Summit+ |
---|---|
Überholvorgang 60 – 100 km/h | 4,6 s |
Bremsweg aus 100 km/h | 36,7 m |
Wendekreis | 11,2 m |
Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest | 18,4 kWh/100 km, 92 g CO₂/km (Well-to-Wheel) |
Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne) | ***** |
Reichweite | 310 km |
Innengeräusch bei 130 km/h | 68,3 dB(A) |
Leergewicht / Zuladung | 1574 / 441 kg |
Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch | 285 / 585 / 1065 l |
ADAC Testurteil
ADAC Testergebnis | Jeep Avenger Elektro Summit+ (05/23 - 12/23) |
---|---|
Karosserie/Kofferraum | 3,2 |
Innenraum | 2,8 |
Komfort | 3,2 |
Motor/Antrieb | 1,3 |
Fahreigenschaften | 2,9 |
Sicherheit | 2,5 |
Umwelt/EcoTest | 1,2 |
Gesamtnote | 2,3 |
sehr gut
0,6 - 1,5
gut
1,6 - 2,5
befriedigend
2,6 - 3,5
ausreichend
3,6 - 4,5
mangelhaft
4,6 - 5,5
Text mit Material von SP-X.
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