VW ID.3: So gut ist er im Test. So viel besser wird er durch das Facelift

VW ID.3 in der zuletzt getesteten Version
VW ID.3 in der zuletzt getesteten Version© Volkswagen

Im ADAC Test hat das elektrische Vorzeigemodell aus Wolfsburg einige schwerwiegende Defizite gezeigt. Ein Facelift soll nun alles besser machen – ob das dem VW ID.3 zum Sprung an die Spitze verhilft? Daten, Infos, Preise

  • VW ID.3 mit 58-kWh-Akku im Test

  • Prima Reichweite, Material und Bedienung suboptimal

  • Preis: ab 39.995 Euro

  • Alle Infos zum Facelift 2023

Zweieinhalb Jahre ist es jetzt her: Als erstes rein als Elektroauto konzipiertes Fahrzeug von Volkswagen sollte der VW ID.3 seit Spätsommer 2020 die Welt der Elektromobilität aufmischen und in die Fußstapfen von VW Käfer und VW Golf treten. So richtig gelungen ist ihm das bisher allerdings nicht, wie Fachmedien und Community einhellig meinen. Auch im letzten ADAC Test hatte der ID.3 noch einige Mängel gezeigt. Ein Software-Update, dass die zum Teil schwerwiegenden Defizite beseitigen könnte, war bisher ausgeblieben.

Der VW ID.3 fährt schnell und ist handlich

Dabei hat der VW ID.3 in vielerlei Hinsicht die richtigen Erfolgszutaten unter seinem gefälligen Blechkleid versteckt. Mit den 150 kW/204 PS und den 310 Nm seines Elektromotors an der Hinterachse fährt sich das kompakte Elektroauto wie einst der selige Golf GTI. Der Sprint von 0 auf 100 km/h ist, wenn man es drauf anlegt, in nur 7,3 Sekunden erledigt – ein Traumwert für den GTI von damals. Notwendige Überholmanöver sind dadurch schnell erledigt. Knapp vier Sekunden dauert die Beschleunigung von 60 auf 100 km/h, so die Messungen des ADAC. Und mit abgeregelten 160 km/h Spitze schwimmt der ID.3 auf der Autobahn deutlich vor dem Strom. Wenn auch freilich nur, solange es der Akkufüllstand und das anvisierte Ziel erlauben.

Bemerkenswert ist, wie leise der ID.3 fährt. Nicht einmal das typische Sirren des Elektromotors ist zu hören. Erst bei außerstädtischem Tempo dringen Abroll- und Windgeräusche ans Ohr. Weil man dann regelrecht entkoppelt von der Außenwelt unterwegs ist und der ID.3 super spontan auf Gasbefehle reagiert, sollte man den Tacho immer im Auge behalten – sonst ist der Führerschein schnell weiter entfernt als die nächste Ladesäule.

Beim Fahren schaut die Elektronik weit voraus, verzögert vor Kreuzungen, Gefällstrecken, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder beim Aufschließen zum Vordermann automatisch mit der elektrischen Motorbremse und gewinnt so reichlich Energie zurück. Doch wer den Fuß vom Fahrpedal nimmt, der rollt im Standardprogramm meilenweit wie im Leerlauf dahin und wird nur wenig gebremst. Das bei anderen Stromern verbreitete One-Pedal-Feeling – beim (eingestellten) BMW i3 und Fiat 500 ist das zum Beispiel so – bietet der ID.3 nur eingeschränkt. Trotz "B"-Modus bremst der VW nicht bis zum Stillstand ab, wenn man das Gaspedal lupft. Zudem muss man ziemlich fest in die Eisen steigen, damit der Elektrowagen wie gewohnt verzögert. Das aber recht gut: Nach gemessenen 35,8 Metern steht der ID.3 bei einer Vollbremsung aus 100 km/h.

Der ID.3 fährt sich sehr handlich und kommt auf einen überraschend kleinen Wendekreis von gut zehn Metern. Die Lenkabstimmung ist sehr akzeptabel, ohne die Souveränität der Lenkung im Golf zu bieten. Das Lenkgefühl wirkt ein wenig synthetisch.

Zielgenau kann man damit aber sehr wohl unterwegs sein, was auch der ADAC Ausweichtest in der Pylonengasse bestätigt. Bei Ausweichmanövern lässt er sich präzise und sehr schnell durch die Gassen scheuchen. Gerade bei der Fahrdynamik kann der ID.3 punkten. Und wird es mal brenzlig, neigt der ID.3 mit dem Gewicht von rund 1,8 Tonnen zum Untersteuern, schiebt also gutmütig über die Vorderräder, wie es sein soll.

Das Fahrerlebnis im ID.3 unterscheidet sich aber auch positiv zum Vorbild VW Golf. Zum einen sitzt man höher, weil die Batterien im Unterboden Platz finden. Dadurch steigt man leichter aus und ein und hat zudem einen besseren Überblick. Zum anderen ist der Schwerpunkt niedrig, was sich bei schneller Kurvenfahrt angenehm bemerkbar macht. Den Fahrkomfort seines Vorbilds kann der ID.3 indes nicht erreichen: Mit den getesteten 20-Zoll-Rädern und "normalem" Fahrwerk ohne adaptive Dämpfer ist der ID.3 eher straff abgestimmt. Das heißt, die Insassen bekommen Bodenunebenheiten spürbar mit.

420 Kilometer Reichweite? Kaum zu schaffen

Mit 4,26 Metern Länge ist der VW ID.3 23 Zentimeter kürzer als ein Nissan Leaf © Volkswagen

Für die getestete Version mit 58-kWh-Batterie weist VW im Prospekt eine "kundennahe" Reichweite zwischen 300 und 420 Kilometern aus. Im ADAC Ecotest, der für alle Fahrzeuge unter den stets gleichen Bedingungen durchgeführt wird, kam der ID.3 auf eine Reichweite von 335 Kilometern. Das ist nicht schlecht, aber doch enttäuschend für alle, die auf die versprochenen 420 setzen.

Der Verbrauch des VW ID.3 beträgt einschließlich der vom ADAC gemessenen Ladeverluste 19,3 kWh je 100 Kilometer. Bedenken sollte man wie immer bei Elektroautos: Je niedriger die Außentemperatur und je höher das Tempo, desto mehr wirkt sich das auf die Reichweite aus. Kommt beides zusammen, also niedrige Temperaturen und Autobahngeschwindigkeiten jenseits von 120 km/h, schnellt der Verbrauch exorbitant in die Höhe und die Reichweite schmilzt rasant dahin. Hier geht es zum Reichweitentest von Elektroautos im Winter.

ID.3-Innenraum mit viel Platz

VW ID.3: Deutlich mehr Beinfreiheit als im Golf © Volkswagen

Ein weiterer Vorteil ist das Raumangebot. Der ID.3 ist innen geräumiger als man von außen annimmt: Mit nur 4,26 Metern Länge in der Golf-Klasse zu Hause, sitzt man im Fond dennoch so gut wie im Passat. Vorn kommen 1,95 Meter große Personen gut unter, hinten immerhin noch 1,90 Meter große Menschen. Bei der Innenraumbreite liegt der ID.3 aber auf Golf-Niveau, auch wenn das Raumgefühl großzügiger ist.

VW-Werk Zwickau: CO₂-neutrale Produktion

VW verspricht, den ID.3 "bilanziell" CO₂-neutral zu produzieren. Das heißt: Das E-Auto-Werk in Zwickau bezieht ausschließlich Strom aus regenerativen Quellen. Außerdem sorgt ein eigenes Blockheizkraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung für Energie, das auf lange Sicht mit CO₂-neutralem Gas betrieben werden soll. Auch der Hersteller der Batteriezellen in Polen arbeitet mit Grünstrom. Darüber hinaus werden alle Teile-Lieferanten des ID.3 verpflichtet, möglichst viel CO₂ einzusparen.

Ganz ohne CO₂-Ausstoß ist eine industrielle Produktion aber nicht möglich. Als Ausgleich unterstützt VW deshalb Klimaprojekte und forstet zum Beispiel Wälder auf. Den großen CO₂-Rucksack, den viele E-Autos mitbringen, hat der ID.3 daher nicht.

Schwächen bei der Bedienung

Klare Cockpitstruktur mit zwei Displays © Volkswagen

Es gibt aber dennoch Kritikpunkte und Verbesserungspotenzial. So ist die Sicht nach hinten durch das kleine Heckfenster und die breite C-Säule nicht ideal. Und das Display hinter dem Lenkrad wurde zwar überschaubar groß und mit sehr reduzierten Inhalten gestaltet. Das ist an sich lobenswert, weil der Fahrer so nicht abgelenkt wird. Aber dass man dort weder den Gesamtkilometerstand noch den Tageskilometerzähler findet und in den Menüs des großen Bildschirms danach suchen muss, erscheint etwas übertrieben. Will man den Bordcomputer zurücksetzen, muss man sich fünf (!) Schritte durch die Menüs touchen.

Wie beim Golf ist der diffizil zu bedienende "Slider" unter dem Bildschirm für Lautstärke und Temperatur nicht beleuchtet. Auch die Menüs und die Bedienung des komplexen Bildschirms in der Cockpitmitte will erst einmal durchschaut werden.

Am Lenkrad muss man sich im ID.3 mit zwei Bedieneinheiten links und rechts am Lenkrad arrangieren. Die sind aber leider nicht blind zu treffen. Hinzu kamen bei unserem Testwagen Software-Probleme, die sich durch Systemabstürze, langsame Reaktionen und Ähnliches zeigten.

Die Materialien des ID.3 sind sehr schlicht

Was zudem nicht zur VW-Qualität passt, ist die Materialauswahl im Innenraum. Bis auf einen überschaubar großen Einsatz am Armaturenbrett sind sämtliche Kunststoffe mit harter Oberfläche ausgeführt. Und die schwarzen Hochglanzflächen sind nur nett anzusehen, wenn sie neu sind. Das Abwischen mit einem Papiertuch kann leicht dauerhafte Kratzer hinterlassen – also unbedingt ein weiches Mikrofasertuch verwenden. VW muss sich bei den hohen Fahrzeugpreisen schon die Frage gefallen lassen, ob man den Innenraum nicht wertiger hätte gestalten können – ein Golf 8 wirkt dagegen luxuriös.

Hier können Sie den ausführlichen Test zum VW ID.3 mit einer Extra-Auswertung der spezifischen Eigenschaften des Elektroantriebs (Ladekurven etc.) als PDF herunterladen
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VW ID.3 Facelift: Die Modellpflege im Detail

Die Kritik an den Defiziten des VW ID.3 hat die Verantwortlichen zu einem frühen Facelift 2023 veranlasst, das ab sofort ausgerollt wird. Zu den Modellpflegemaßnahmen gehören optische und aerodynamische Änderungen an der Karosserie, neue Materialien im Innenraum und ein Software-Update mit etlichen neuen Funktionalitäten.

Von außen zu erkennen ist das Facelift an der neu gestalteten Frontpartie, den geänderten Rückleuchten und einer insgesamt rundlicheren Form. So wurden die Kühlluftöffnungen an der Front optimiert, auf die schwarze Leiste unter der Windschutzscheibe aus aerodynamischen Gründen verzichtet. Die sogenannten Wasserfangleisten an den A-Säulen und die auf der Türbrüstung montierten Außenspiegel verbessern ebenso die Aerodynamik wie der veränderte Luftstrom um die Vorderräder. Der Cw-Wert soll jetzt bei guten 0,263 liegen.

Ganz clever ist die elektrische Kühlerjalousie, die sich nur dann öffnet, wenn die Aggregate tatsächlich Kühlluft benötigen. Die neuen Heckleuchten mit den "rot durchleuchteten Schluss-Blink-Brems-Rückfahrleuchten SBBR" (so der Pressetext) sind dagegen eher optische Spielerei als ein technischer Gewinn.

Innen gibt es neue Türverkleidungen und Sitzbezüge aus Microfaser, die zu 71 Prozent aus Rezyklat besteht. Dazu sind die Oberflächen am Armaturenbrett jetzt mehr weich unterschäumt.

An der Bedienung hat sich entgegen allen Erwartungen weniger geändert. Die Slider zur Einstellung von Temperatur und Lautstärke sind leider unbeleuchtet geblieben. VW stellt in Aussicht, dass die Beleuchtung mit einem völlig neuen Display im nächsten Jahr nachgeholt wird.

Durch die neue Software, die nun auch over the air updatefähig ist, werden Funktionen wie die e-Routenführung verbessert. Das Lademenü wird von einer hinteren Menüebene auf die erste Anzeigenseite geholt. Der Routenplaner bezieht neben dem Ladezustand der Batterie nun auch die aktuelle Verkehrslage und die Prognose mit ein.

Damit das Laden noch komfortabler wird, autorisiert sich das Auto an der Ladesäule selbst (Plug & Charge), und der Ladevorgang startet automatisch. Außerdem ist der neue ID.3 für zukünftiges bidirektionales Laden vorbereitet.

Gebaut wird der ID.3 künftig nicht nur in Zwickau und Dresden, sondern auch im Stammwerk Wolfsburg. Trotzdem bleibt es bei längeren Lieferzeiten: Wer im März 2023 bestellt, erhält das Auto im vierten Quartal 2023. Zudem müssen Kunden tiefer in die Tasche greifen. Statt wie bisher bei rund 38.000 Euro, startet der Basis-ID.3 nun bei 39.995 Euro.

VW ID.3 Facelift: Technische Daten und Preise

Technische Daten (Herstellerangaben)

VW ID.3 Pro (ab 10/23)

VW ID.3 Pro S (4-Sitzer) (ab 10/23)

Motorart

Elektro
Elektro

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

150
150

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

204
204

Drehmoment (Systemleistung)

310 Nm
310 Nm

Antriebsart

Hinterrad
Hinterrad

Beschleunigung 0-100km/h

7,4 s
7,9 s

Höchstgeschwindigkeit

160 km/h
160 km/h

Reichweite WLTP (elektrisch)

429 km
559 km

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

0 g/km
0 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

15,2 kWh/100 km
15,3 kWh/100 km

Batteriekapazität (Brutto) in kWh

62,0
82,0

Batteriekapazität (Netto) in kWh

58,0
77,0

Ladeleistung (kW)

AC:2,3-11,0 DC:120,0
AC:2,3-11,0 DC:170,0

Kofferraumvolumen normal

385 l
385 l

Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank

1.267 l
1.267 l

Leergewicht (EU)

1.815 kg
1.933 kg

Zuladung

455 kg
347 kg

Garantie (Fahrzeug)

2 Jahre
2 Jahre

Länge x Breite x Höhe

4.264 mm x 1.809 mm x 1.564 mm
4.264 mm x 1.809 mm x 1.564 mm

Grundpreis

39.995 Euro
47.595 Euro

VW ID.3: 5 Sterne beim Euro NCAP Crashtest

Durch Anklicken des Vorschaubildes mit dem Play-Button werden Sie auf die Internetseite von YouTube weitergeleitet. Für deren Inhalte und Datenverarbeitung ist der jeweilige Seitenbetreiber verantwortlich. ∙ Bild: © Euro NCAP

Beim Euro NCAP Crashtest wurde der ID.3 in den vier Kategorien Insassenschutz, Kindersicherheit, Fußgängerschutz/ungeschützte Verkehrsteilnehmer und aktive Sicherheit, überprüft. In allen Teilkategorien schnitt der neue ID.3 als vollelektrisches Fahrzeug der unteren Mittelklasse so gut ab, dass er insgesamt die Höchstwertung von 5 Sternen erreichen konnte.

Hier können Sie die ausführlichen Crashtest-Ergebnisse des VW ID.3 nachlesen.

Text: Jochen Wieler, Thomas Geiger, SP-X, Wolfgang Rudschies