Großer ADAC-Sommerreifen-Test: Nur 10 von 50 sind gut!

Im Video: Die wichtigsten Ergebnisse des Jubiläums-Sommerreifentests ∙ Bild: © ADAC/Marc Wittkowski, Video: © ADAC e.V.

Zum Reifentest-Jubiläum gibt es das große Special: 50 Sommerreifen in der meistverkauften Dimension 205/55 R16 V im Test – ab sofort mit erweiterten Umwelt- und Wirtschaftlichkeitskriterien, die in der Kategorie Umweltbilanz zusammengefasst sind.

  • Von zehnmal "gut" bis siebenmal "mangelhaft"

  • Nass-Bremsweg aus 80 km/h: bis zu 25 Meter Unterschied

  • Nicht immer kommt es auf den Preis an

  • Gesamt-Tabelle mit detaillierter Plus-/Minus-Bewertung

1973: Der erste ADAC Reifentest

Historischer ADAC Reifentest
Hier begann 1973 alles: Die ADAC Tester auf dem Pirelli-Prüfgelände in Vizzola Ticino (Italien)© ADAC Archiv

Deutschland war 1973 in Aufregung: Den bis dahin üblichen Spikesreifen sollten wegen der unübersehbaren Fahrbahnschäden endgültig die Nägel gezogen werden. Doch wie kann man ohne Spikes durch den Winter kommen? Soll man sich einen der neuen straßenschonenden Spezialreifen für Eis und Schnee kaufen? Oder tut's auch ein guter Gürtelreifen fürs ganze Jahr? Ein "Großversuch" des ADAC mit 25 Gürtelreifen musste die Antwort liefern – auf Schnee im Schweizer Engadin, auf einer Eisbahn in Genf und auf der Pirelli-Prüfstrecke im sommerlichen Italien. Der erste ADAC Reifentest.

50 Jahre später testet der ADAC mit seinen europäischen Partnern immer noch Reifen – und zur Feier des Jubiläums sogar 50 Sommerreifen. Das Besondere: Diesmal sind fast alle Reifen in allen Preisklassen dabei, die in Deutschland zu kaufen oder zu bestellen sind. Taugt also der Billigheimer aus Fernost so viel wie das teure Markenprodukt aus Frankreich? Und kann man nicht gefahrlos viel Geld sparen, wenn man statt dem Premiumprodukt aus Hannover irgendwelche Discount-Schlappen montiert?

Neues Testkriterium: Die Umweltbilanz

Zwei VW Golf in der Steilkurve beim Sommerreifentest 2023
Der Spritverbrauch wird bei Konstantfahrten auf der Ovalstrecke ermittelt© ADAC/Marc Wittkowski

Die Antwort liefert der ADAC Reifentest. Und so, wie sich in den 50 Jahren die Reifen- und Fahrzeugtechnik verändert hat, entwickelt sich auch der Test weiter. Dem Bewertungsprinzip der Ausgewogenheit in der Endnote und der transparenten Darstellung der Einzeleigenschaften bleibt der ADAC treu, sortiert und ergänzt aber die Bewertungskriterien neu. Die Endnote wird jetzt aus den zwei Einzelnoten der Hauptkriterien Fahrsicherheit und Umweltbilanz gebildet.

Wichtigstes Element bleibt mit 70 Prozent Gewichtung die Fahrsicherheit auf trockener und nasser Fahrbahn mit den gewohnten Prüfkriterien. Verschleiß, Kraftstoffverbrauch und Geräusch wandern in das neue Hauptkriterium Umweltbilanz (30 Prozent), ergänzt um Reifengewicht und -abrieb sowie nachhaltige Aspekte wie die Zertifizierung der Herstellung oder auch Produktionsrückstände.

So lesen Sie den großen Sommerreifentest

Reifenwechsel beim Sommerreifentest 2023
Schwerstarbeit: Reifenwechsel im Minutentakt© ADAC/Marc Wittkowski

Zur besseren Übersichtlichkeit wurden die 50 getesteten Reifen in der Dimension 205/55 R16 in diesem Artikel in Übersichtstabellen nach ihrem jeweiligen Qualitätsurteil sortiert. Alle wichtigen Details, Kenndaten und eine ausführliche Plus-/Minus-Bewertung des Modells finden Sie in der großen Gesamt-Tabelle am Schluss dieses Artikels. Klicken Sie dort einfach den Reifen an, der Sie besonders interessiert.

Unter der Gesamt-Tabelle erfahren Sie auch alles zur Testbewertung, den Prüfkriterien und der Methodik des ADAC Reifentests. Hier sind zudem die neun Einzelkriterien der neuen Kategorie Umweltbilanz transparent aufgeführt.

Sehr ausgewogen: Die zehn guten Modelle

Auch im großen Jubiläumstest stehen die relativ teuren Premium-Produkte von Goodyear, Continental, Michelin und Bridgestone ganz oben – Conti mit dem neuen Leichtlaufreifen UltraContact sogar mit einem zweiten Modell. Neben Nokian Tyres aus Finnland und Falken aus Japan komplettieren aktuell die koreanischen Hersteller Kumho, Hankook und Nexen die Spitzengruppe. Ganz vorn mit der Bestnote 2,0: der enorm ausgewogene Goodyear EfficientGripPerformance 2 sowie der Continental PremiumContact 6, der den Maßstab im Bereich Fahrsicherheit setzt. Seit diesem Winter ist übrigens schon sein Nachfolgemodell Premium Contact 7 in ausgewählten Dimensionen erhältlich.

Befriedigend: Das breite Mittelfeld

Luftaufnahme beim Sommerreifentest 2023 im Contidrom
Nasshandling: Mit subjektiver Beurteilung und gemessener Rundenzeit© ADAC/Marc Wittkowski

21 Modelle – darunter auch viele Zweitmarken der Premium-Hersteller – erreichen auf unserem Testfahrzeug VW Golf 8 eine befriedigende Gesamtnote. Sie werden meist nur wegen einer speziellen Schwäche abgewertet, können also je nach persönlichen Einsatzbedingungen oder Vorlieben durchaus eine meist etwas preiswertere Alternative sein. In der Regel sind es kleinere Schwächen auf Nässe, die zur Abwertung bei der Fahrsicherheit führen, seltener Defizite auf trockener Fahrbahn. Auch bei der Umweltbilanz kommt es zu Abwertungen – meist wegen höheren Verschleißes.

Ein Beispiel: Der insgesamt befriedigende Apollo Alnac erhält bei der Laufleistung die Note 3,5 und könnte bis zur absoluten Verschleißgrenze von 1,6 Millimeter nur knapp 30.000 Kilometer gefahren werden. Zum Vergleich: Der rollwiderstandsarme Michelin e.Primacy (Gesamturteil: ausreichend) schafft fast 72.000 Kilometer.

Nur ausreichend: Die Balance fehlt

Luftaufnahme beim Sommerreifentest 2023 im Contidrom
Aquaplaning quer: Das Auto mit den schlechteren Reifen schwimmt in der Kurve auf und fährt geradeaus© ADAC/Marc Wittkowski

Der nur ausreichende Michelin e.Primacy beweist, dass die klassischen Zielkonflikte im Reifenbau auch aktuell nicht immer zu lösen sind. So glänzt der e.Primacy, den Michelin neben Verbrennern auch für E-Autos empfiehlt, in der Umweltbilanz mit überzeugenden Leistungen bei Verschleiß, Reifenabrieb und Effizienz. Doch auf nasser Fahrbahn funktioniert der e.Primacy nur unzureichend: Auf nassem Asphalt kommt er aus 80 km/h erst nach 43,7 Metern zum Stehen – der Conti PremiumContact 6 hält schon bei 34,4 Metern!

Trotz Nachhaltigkeits-Bonus insgesamt nur ausreichend: der einzige Runderneuerte, der King Meiler Sport1.

Mangelhafte Reifen sind keine Alternative

Zwei ADAC Tester beim Sommerreifentest 2023
Austausch der subjektiven Eindrücke: Die Testleiter Martin Brand (vorne) und Andi Müller © ADAC/Marc Wittkowski

An den Zielkonflikten komplett gescheitert sind die sieben mangelhaften Reifen: Sie versagen mit desaströsen Leistungen auf Nässe – auch wenn sie es schaffen, in anderen Teildisziplinen Bestleistungen zu zeigen. Bestes Beispiel: Mit dem extrem verschleißfesten DoubleCoin DC99 aus China kommen Sie zwar fast 65.000 Kilometer weit, doch hoffentlich werden Sie bis dahin auf Nässe nie zu einer Gefahrenbremsung gezwungen: 59,3 Meter Bremsweg aus 80 km/h sind für den Fahrenden und alle anderen Verkehrsteilnehmer brandgefährlich.

Oder anders ausgedrückt: An der Stelle, an der das Testfahrzeug mit dem Continental PremiumContact 6 bereits steht, fährt man mit dem DoubleCoin DC99 noch mit rund 52 km/h vorbei. Unfälle mit solchen Geschwindigkeiten können dramatische Folgen haben – also: Finger weg von diesen Reifen!

Tabelle: Alle 50 Sommerreifen im Überblick

Hersteller/ModellPreis in EuroADAC UrteilFahrsicherheitUmweltbilanzzum Vergleich hinzufügen
Goodyear EfficientGrip Performance 2
110
2,0
2,1
1,7
Continental PremiumContact 6
115
2,0
1,8
2,6
Michelin Primacy 4+
120
2,1
2,3
1,6
Bridgestone Turanza T005
111
2,3
2,2
2,4
Nokian Tyres Wetproof
87
2,3
2,0
2,9
Falken ZIEX ZE310 ECORUN
89
2,3
2,1
2,7
Continental UltraContact
113
2,3
2,6
1,7
Kumho Ecsta HS52
82
2,4
2,3
2,7
Hankook Ventus Prime4
89
2,5
2,4
2,7
Nexen N´Fera Primus
86
2,5
2,3
3,1
Kenda Kenetica Pro KR210
79
2,6
2,4
3,0
Kleber Dynaxer HP4
88
2,6
2,8
2,1
Fulda EcoControl HP2
90
2,6
2,8
2,2
Toyo Tires Proxes Comfort
84
2,6
2,7
2,5
Debica Presto HP2
81
2,7
2,81
2,3
Dunlop Sport BluResponse
110
2,7
2,6
2,8
Pirelli Cinturato P7 C2
107
2,7
2,7
2,6
Sava Intensa HP2
86
2,7
2,8
2,6
Semperit SPEED-LIFE 3
91
2,7
2,8
2,6
Firestone Roadhawk
88
2,8
2,8
2,7
BF Goodrich Advantage
96
2,9
2,9
2,8
GT Radial FE2
70
2,9
2,9
3,0
Esa+Tecar Spirit Pro
67
3,1
3,4
2,3
Barum Bravuris 5HM
86
3,1
3,2
2,9
Viking ProTech NewGen
80
3,1
3,4
2,5
Norauto Prevensys 4
65
3,1
3,2
3,0
Apollo Alnac 4G
90
3,2
3,0
3,5
General Tire Altimax One S
64
3,2
3,5
2,4
Giti GitiSynercy H2
75
3,2
3,4
2,8
Petlas Imperium PT515
74
3,3
3,5
2,8
Uniroyal RainSport 5
92
3,3
3,4
3,1
Hifly HF 201
64
3,6
3,6
2,6
Cooper ZEON CS8
83
3,6
3,6
3,3
Westlake Z-107
73
3,7
2,7
3,7
Minerva F 209
74
3,7
3,7
3,0
King Meiler Sport1
75
3,8
3,8
2,8
Tomket Sport
67
3,8
3,8
3,3
Michelin e.Primacy
124
3,9
3,9
1,3
Laufenn S Fit EQ+
75
3,9
2,9
3,9
Delinte DH 2
70
4,0
4,0
3,7
Zeetex ZT 1000
76
4,1
3,8
4,1
Avon ZV7
90
4,1
3,9
4,1
Radar RPX 800
67
4,1
4,1
3,7
Rotalla RH 01
72
4,7
4,71
3,2
Berlin Tires Summer UHP 1 G2
52
5,3
5,31
3,1
Lassa Driveways
98
5,3
5,31
3,1
Evergreen EH 226
102
5,4
5,41
2,7
Riken Road Performance
76
5,4
5,41
3,1
DoubleCoin DC99
67
5,5
5,51
1,7
Premiorri Solazo
45
5,5
5,51
3,2
  1. 1 · Führt zur Abwertung in der Gesamtnote

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

© ADAC e.V.

ADAC Reifentest: Gewichtung, Testkriterien, Methodik

ADAC Mechaniker an einer Tafel beim Sommerreifentest 2023
Anonymisiert mit Nummern: Die Tester wissen nicht, welcher Reifen montiert wird© ADAC/Marc Wittkowski

Inzwischen geraten alle Aspekte der Mobilität in den Betrachtungsfokus des Umweltschutzes. Somit zählen für Pkw-Reifen nicht nur wie bisher die Fahrsicherheit und die Wirtschaftlichkeit, sondern auch die übrigen Nachhaltigkeits-Gesichtspunkte. Aus diesem Grund hat der ADAC anlässlich des Sommerreifentests 2023 seine Bewertungskriterien neu sortiert und ergänzt. Die Details zu dem neuen Bewertungsschema für Sommerreifen werden in den Klappelementen erklärt.

Erläuterungen zu den neuen Testmethoden und alle Ergebnisse stehen auch in der digitalen Broschüre ADAC Reifenratgeber 2023. Hier können Sie das PDF kostenlos herunterladen:

Der ADAC Reifenratgeber 2023 als PDF
PDF, 2,1 MB
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Hier finden Sie viele weitere Reifentests des ADAC.

Projektleitung ADAC Reifentest: Martin Brand, Andreas Müller. Beratung: Ruprecht Müller, Matthias Zimmermann (alle ADAC Technik Zentrum)