Wie schneiden das Elektro-SUV VW ID.4 und dessen Allrad-Version GTX mit 77-kWh-Batterie ab? Insgesamt recht gut. Doch sie zeigen auch Schwächen: Beim Verbrauch und im wichtigen Ausweichtest. Test, Reichweite, Verbrauch, Ladedauer, Preis. Im Test: 77-kWh-Batterie mit 150 kW/204 PS und 220 kW/299 PS Reichweite im ADAC Ecotest: 385 und 310 Kilometer Alle Infos zur ersten Überarbeitung Viel Platz, hohe Alltagstauglichkeit und eine große Reichweite von bis zu 520 Kilometern: Das verspricht VW bei seinem Elektroauto ID.4. Nach dem Kompaktwagen ID.3, der schon seit 2020 in der Größe des VW Golf angeboten wird, war er das zweite ausschließlich als Elektroauto konzipierte Elektrofahrzeug von VW – gebaut wird er in Zwickau. Mittlerweile hat sich auch noch die Coupéversion ID.5 dazugesellt. In der Statur eines VW Tiguan soll er vor allem Familien ansprechen. Doch kann er als rein elektrisches Fahrzeug wirklich überzeugen? Das musste er beim ADAC Autotest 2021 beweisen. Geschont wurde er dabei nicht: Die rund 300 Testkriterien sind für alle Autos gleich, gelten also für alle Verbrenner, Plug-in-Hybride, Gasfahrzeuge und eben jedes E-Auto. Preise zwischen 40.335 und 55.555 Euro Vom Preis sollte man sich nicht blenden lassen. Zwar gibt es (Stand Oktober 2024) den ID.4 Pure Performance ab 40.335 Euro, abzüglich eines auf unbestimmte Zeit gewährten "E-Mobilitätsbonus" von 3570 Euro, also für um die 33.600 Euro. Doch dann ist nur die "kleine" Batterie mit 52 kWh (netto nutzbar) verbaut. Wer mehr Reichweite will, greift zur Pro-Version mit 77 kWh (netto nutzbar): Die gibt es ab 46.335 Euro. Der Testwagen des ADAC rollte noch als bis Mai 2021 (Testzeitpunkt) angebotener, top ausgestatteter "Pro Performance Max" für satte 58.820 Euro auf den Hof – und das ist alles andere als ein Sonderangebot. 55.555 Euro verlangt VW aktuell für den GTX mit Infotainment-Paket. Viel Geld, zumal auch in der getesteten Top-Ausstattung die Materialqualität im Innenraum für diese Preisklasse enttäuschend schlicht ausfällt: Innen dominieren harte Kunststoffe. Die schwarzen Hochglanzflächen sind kratzempfindlich und nur dann nett anzusehen, wenn sie noch neu sind. Bei der Pflege sollte man unbedingt ein weiches Mikrofasertuch verwenden, um keine Kratzer zu verursachen. ID. 4: viel Platz und großer Kofferraum Um das Platzangebot des 4,58 Meter langen Fünfsitzers (zum Vergleich Golf Variant: 4,63 Meter) ist es gut bestellt. Über die großen Türen steigt es sich schon mal angenehm leicht in die etwas erhöhte Karosserie ein – genau das schätzen viele an einem SUV. Vorne finden selbst große Menschen üppige Platzverhältnisse vor: Die Sitze lassen sich für knapp 1,95 Meter große Personen zurückschieben, die Kopffreiheit ist noch üppiger und das Raumgefühl toll. Auch hinten würden 1,95-Meter-Riesen ihre Beine unterbringen, doch das nach hinten abfallende Dach limitiert den Platz über dem Kopf: Hier fühlen sich nur noch Mitfahrer bis 1,85 Meter Größe wohl. Am Platz für Gepäck sollte eine Reise mit mehreren Mitfahrern zumindest nicht scheitern. Nach ADAC Messung schluckt der Kofferraum des ID.4 zwischen 455 und 1415 Liter, unter dem doppelten Ladeboden lassen sich davon noch einmal rund 75 Liter abtrennen. Hier können beispielsweise die Ladekabel gut verstaut werden. Der Nachteil: Bei voll beladenem Kofferraum kommt man dann nicht mehr gut an die Kabel heran. Hier sind Elektroautos mit "Frunk", also einem zusätzlichen Stauraum unter der Fronthaube, praktischer – doch den hat der ID.4 nicht. Die Anhängelast beträgt 750 Kilo für ungebremste und bei der 52-kWh-Version 1000 Kilo, mit 77 kWh-Akku 1200 Kilo für gebremste Anhänger. Das ist zwar nicht sonderlich viel, doch bei einem E-Auto ist eine Anhängelast oft noch die Ausnahme. Bedienung des VW ID.4 leicht verbessert Das digitalisierte Armaturenbrett nach Art des kleineren ID.3 schnitt in den ADAC Tests nicht gerade ruhmreich ab. Das Zusammenspiel des kleinen Display für die nötigsten Infos hinter dem Lenkrad, des Bedienknuppels oberhalb des Scheibenwischers und der große Touchscreen daneben sieht zwar sehr übersichtlich und aufgeräumt aus, kann aber nicht als Paradebeispiel für Bedienungsfreundlichkeit gelten. Denn selbst Einstellungen für die Klimatisierung oder die Sitzheizung mussten umständlich über das Menü vorgenommen werden. Und welchen Fortschritt die (zum Testzeitpunkt unbeleuchteten!) "Slider" am Fuß des Bildschirms bringen sollten, bleibt bis dato das Geheimnis von VW. Das Problem: Über die Sensorleiste zur Temperatur- und Lautstärkeeinstellung muss man mit dem Finger darüberwischen. Doch exakte Einstellungen sind so kaum möglich. Klassische Drehregler wären hier einfach besser. Und mit dem Verzicht auf separate Tasten für die hinteren Fensterheber in der Fahrertür hat VW den Sparzwang eindeutig zu weit getrieben. Inzwischen hat VW auf die massive Kritik reagiert und ein wenig nachgebessert. Einmal erhielt der ID.4 eine komplett neue Software der nächsten Generation, die deutlich schneller ist und mehr Funktionen bietet. Die Touchslider für die Klima- und Lautstärkeregelung sind nun zumindest beleuchtet, das Multifunktionslenkrad wurde mit einer neuen Bedienlogik versehen. Und der Wählhebel für die Fahrstufe wurde vom Gehäuse des „Digital Cockpits“ getrennt. Er ist jetzt wie im Elektro-SUV-Coupé ID.5 und im ID.7 als separater Lenkstockhebel ausgelegt. So wurde auch Platz für das größere Infotainment-Display geschaffen. Von Anfang an gut bewertet wurde die ziemlich komplette Multimedia-Ausstattung und Konnektivität unter anderem mit Navi, Live-Verkehrsdaten, Android Auto und Apple CarPlay für eine perfekte Smartphone-Anbindung sowie vier USB-Buchsen. Wie schon der VW Golf 8 ist auch der ID.4 mit der Car-to-Car-Kommunikation "C2X" ausgerüstet, kann also andere Fahrzeuge mit derselben Technik vor Gefahren warnen oder gewarnt werden. Etwa vor einem Stauende hinter einer Kuppe. Und schon kurz nach dem Start der Baureihe bekamen alle schon ausgelieferten ID-Modelle per Over-the-air-Update eine verbesserte Sprachbedienung, neue Anzeigen für Displays und Head-up-Display sowie einen e-Routenplaner aufgespielt. Starker Motor, kaum sportives Fahrverhalten Und wie fährt sich der ID.4? Kurz gesagt: Klasse! Das bei der Top-Ausstattung serienmäßige adaptive Fahrwerk zaubert Bodenunebenheiten einfach weg. Es geht zudem überaus leise zu: Der E-Motor surrt fast unmerklich vor sich hin, sodass sich bei Autobahntempo eher Abroll- und Windgeräusche bemerkbar machen. Der ADAC Messwert von gut 67 dB(A) bei 130 km/h liegt auf dem Niveau der oberen Mittelklasse. Nicht nur das sorgt für ein sehr entspanntes Dahingleiten im ID.4: Es ist der Elektroantrieb, der den Stress draußen lässt. Zwar hatte der ID.4 nominell 150 kW/204 PS und wie bei jedem Elektroauto reagierte der Motor spontan und verzögerungsfrei auf jeden Gasbefehl. Turboloch-geplagte Fahrerinnen und Fahrer eines Verbrenners durften hier also von Anfang an einen Aha-Effekt erleben. Doch das hohe Gewicht des Fahrzeugs von knapp 2,2 Tonnen führte dazu, dass sich der ID.4 nicht so kräftig anfühlte wie es die Zahlen vermuten lassen. Kurz: Sportlich war anders im ersten ADAC Test von 2021, auch wenn der Elektro-SUV bei Bedarf in 8,5 Sekunden auf Tempo 100 eilte und eigentlich nie der Wunsch nach mehr Leistung aufkam. Das gemütliche Gleiten war erkennbar die Domäne des VW. Die Spitze wurde bei 160 km/h begrenzt, was im Vergleich zu einem Verbrenner zwar wenig ist, bei E-Autos aber einer größeren Reichweite wegen Sinn macht. Für den geschmeidigen Antrieb bekam der ID.4 schon im ersten Anlauf die Note 1,3 in der Bewertung des ADAC. VW besserte trotzdem nach. Im Zuge der Überarbeitung wurden den ID.4-Varianten Pro und GTX der effizientere Antrieb des ID.7 implantiert. Dadurch erhöhen sich nicht nur die WLTP-Reichweiten auf um 17 beziehungsweise elf auf 550 bis 556 Kilometer. Auch die Leistung der Versionen mit 77-kWh-Batterie steigt. Im Fall der heckgetriebenen Pro-Variante geht es um 60 kW/82 PS auf 210 kW/286 PS rauf. Die Allradvariante Pro 4Motion kommt ebenfalls auf 210 kW/286 PS, ein Plus von 15 kW/21 PS. Statt bei bisher 160 wird erst bei 180 km/h abgeregelt. Die GTX-Varianten erhalten ein Leistungsplus von 30 kW/41 PS auf 250 kW/340 PS. Und die DC-Ladeleistung wurde auf 175 kW angehoben. ID.4 (77 kWh): 385 km Reichweite im Test Wie sich die Verbesserungen in der Praxis auswirken, muss erst noch ein ausführlicher ADAC Test klären. Für die noch vor der Überarbeitung getestete Version mit 77-kWh-Batterie gab VW jedenfalls noch "bis zu" 520 Kilometer Reichweite an, nannte ehrlicherweise im Kleingedruckten aber auch eine "kundennahe Reichweite" zwischen 360 und 520 Kilometer. Ist das auch realistisch? Letzteres durchaus, wie der ADAC Test ergeben hat. Im ADAC Ecotest, der viele realistische Fahrszenarien beinhaltet und daher als sehr praxisnah gilt, haben die ADAC Ingenieure 385 Kilometer Reichweite ermittelt. Das ist nicht schlecht für ein Elektro-SUV, auch wenn einige E-Autos mittlerweile weiter kommen. Wirklich bahnbrechend ist das Ergebnis also nicht. 22,8 kWh Testverbrauch auf 100 Kilometer Der gemessene Durchschnittsverbrauch mit Ladeverlusten: 22,8 kWh auf 100 Kilometer, was zu einer errechneten CO₂-Bilanz von 114 Gramm je Kilometer nach deutschem Strommix führt und für die Fahrzeuggröße gut ist. Wer mit Ökostrom oder über die eigene Photovoltaik-Anlage "tankt", hat selbstredend eine bessere CO₂-Bilanz. Wie bei allen Elektroautos kommt es aber sehr auf das persönliche Fahrprofil an. Wer ausschließlich in der Stadt unterwegs ist, kann mehr als 450 Kilometer mit einer Ladung erreichen – bei Autobahnfahrt im Winter aber auch deutlich unter 300. ID.4 GTX im Test: Die Reichweite leidet Das Top-Modell der Baureihe mit einer zweiten Maschine mit 75 kW im Bug hört auf den Namen ID.4 GTX. Bei dieser Version lag die Systemleistung ursprünglich bei 220 kW/299 PS und es gibt Allradantrieb. GTX soll das sportliche Markenzeichen der Elektro-Riege von VW werden – wie GTI bei den Benzinern, GTD bei den Dieseln und GTE bei den Plug-in-Hybriden. Optisch unterscheidet sich der GTX nur wenig: Andere Stoßfänger, 3D-LED-Leuchten und das markante Tagfahrlicht des GTI – das war's. An den Fahrleistungen gab es schon vor der Fitnesskur im Herbst 2023 nicht zu mäkeln. In 6,2 Sekunden (jetzt 5,4 Sekunden) soll der GTX auf 100 km/h sprinten, und die Spitze lag und liegt bei 180 km/h. Dank serienmäßiger 77-kWh-Batterie versprach VW ursprünglich 480 Kilometer Reichweite. Im ADAC Test blieben davon aber nur 310 Kilometer übrig. Das Manko des starken Stromers: Sein durchschnittlicher Stromverbrauch von 26,9 kWh pro 100 Kilometer inklusive Ladeverluste liegt deutlich höher als beim Hecktriebler. 4,1 kWh/100 Kilometer Aufschlag (plus 18 Prozent) sind kein Pappenstiel. So reicht es gerade für drei von fünf möglichen Ecotest-Sternen. Video: Probleme beim ADAC Ausweichtest Beim ADAC Ausweichtest schneidet der heckgetriebene ID.4 enttäuschend ab. Die Gründe hierfür liegen neben dem enorm hohen Leergewicht von knapp 2,2 Tonnen auch an der ESP-Abstimmung, die zu stark eingreift und dadurch die Fahrsicherheit beeinträchtigt. Simuliert man ein abruptes Ausweichmanöver und lenkt ruckartig, wird das linke Vorderrad beim Versuch, in die ursprüngliche Fahrspur zurückzulenken, überbremst und blockiert dadurch. Infolgedessen ist der ID.4 für einen kurzen Moment nicht lenkbar und schiebt geradeaus über die Vorderräder. Es hapert an der ESP-Abstimmung "Diese ESP-Abstimmung ist bewusst so gewählt und soll bei hoch bauenden Fahrzeugen wie SUVs und Vans ein Kippen verhindern, da ein blockiertes Vorderrad keine Seitenkraft übertragen kann", sagt ADAC Testingenieur Alexander Werner. Das funktioniert, doch dass man bei einem Ausweichmanöver (im ADAC Test mit 90 km/h) erst einmal auf der Gegenfahrbahn geradeaus weiter fährt statt wieder in die eigene Spur zu kommen, sieht der Tester kritisch. Auch bei anderen SUV wie etwa dem Ford Kuga zeige sich dieses Verhalten, sagt Werner. Beim GTX mit Allradantrieb sah die Sache von Anfang an besser aus, sicherlich half dabei auch die Optionsbereifung mit sportlicher Fahrcharakteristik. Man kann ihn gut um die Pylonen steuern, solange man nicht deutlich zu schnell ist. Top ist bei beiden Kandidaten die Ausrüstung mit Assistenzsystemen und die Sicherheitsausstattung: Verkehrszeichen- und Müdigkeitserkennung, automatische Notbremssysteme und ein zentraler Airbag zwischen Fahrer- und Beifahrersitz – um nur einiges zu nennen – lassen keine Wünsche offen. VW ID.4: Kurze Ladezeiten an DC-Säulen An der öffentlichen Ladesäule (AC) laden die ID.4-Modelle mit der großen Batterie mit 11 kW Leistung, mit der kleinen mit mageren 7,2 kW. An einer geeigneten Wallbox benötigt man mit Wechselstrom für die Vollladung so gute acht (bei 11 kW) bis zwölf Stunden (bei 7,2 kW). Alle ID.4-Modelle bringen einen CCS-Ladeanschluss für das schnelle Laden mit DC-Gleichstrom ("Schnellladesäulen") mit. Die 52-kWh-Modelle laden hier mittlerweile mit 145 kW, mit 77-kWh-Batterie seit dem Update mit bis zu 175 kW. Zum Testzeitpunkt, also vor dem Update, waren, wenn alles passte, schon mal bis zu 132 kW drin. Das ist besonders auf der Autobahn entscheidend, um in kurzer Zeit wieder genügend Energie für die Weiterfahrt aufzunehmen. Das klappt auch ganz gut, wenn die Voraussetzungen passen: Zum einen muss natürlich die Ladesäule entsprechend viel Strom bereitstellen können, zum anderen dürfen Außen- und Batterietemperatur für die volle Ladeleistung nicht zu niedrig sein. Im Idealfall lud der ID.4 im Test den Akku von 10 auf 80 Prozent in 35 Minuten wieder auf. Gut: Anders als bei vielen anderen E-Autos bleibt die Ladeleistung relativ lang auf einem hohen Niveau und fällt erst bei gut gefülltem Akku ab (siehe auch Ladekurven in den PDFs). Hier können Sie den ausführlichen Test zum VW ID.4 (77 kWh) als PDF herunterladen. Hier können Sie den ausführlichen Test zum VW ID.4 GTX 4Motion (77 kWh) als PDF herunterladen. Fazit: Note 1,9 für den VW ID.4 Der VW ID.4 ist ein tolles Elektroauto mit einer praxistauglichen, wenn auch nicht rekordverdächtigen Reichweite. Im ADAC Test bekam er noch vor der Überarbeitung die Note 1,9 und zählt damit zu den am besten bewerteten Fahrzeugen. Durch seine Schnelllademöglichkeit (jetzt bis zu 175 kW) lassen sich auch lange Strecken mit kurzen Ladestopps gut bewältigen. Die GTX-Version schnitt wegen ihres höheren Verbrauchs nur mit der Note 2,2 ab. Nachbessern sollte VW bei der nach wie vor teils umständlichen Bedienung und der Materialqualität, die nicht besser ist als bei einem Golf, der deutlich weniger kostet. Und noch wichtiger: Das fragwürdige Verhalten bei einem spontanen Ausweichmanöver beim Hecktriebler muss dringend abgestellt werden. Schließlich wird die Modellreihe weiter ausgebaut, etwa mit dem ID.2. Der ID.6 als Langversion des ID.4 kommt erst einmal nur in China. VW ID.4 und ID.4 GTX: Technische Daten, Preise* * jeweils getestete und aktuelle Version ADAC Messwerte ADAC Testergebnis Hier finden Sie viele weitere Neuvorstellungen, Fahrberichte und Autotests.