VW ID.7: Volle Fahrt an die Elektro-Spitze

Erkennbar ein Mitglied der ID.-Familie, aber mit geschliffenem Antlitz: Der neue VW ID.7
Erkennbar ein Mitglied der ID.-Familie, aber mit geschliffenem Antlitz: Der neue VW ID.7© Volkswagen

Die ID.-Reihe hat bald einen neuen Häuptling: Der VW ID.7 soll das technische Optimum von Volkswagens E-Sortiment darstellen. Ein Anspruch, der nicht nur durch eine beachtliche Reichweite gerechtfertigt scheint. Erste Bilder und Fahreindrücke des VW-Flaggschiffs.

  • Von wegen "Elektro-Passat": Der ID.7 zielt auf die obere Mittelklasse

  • Konsequentes Bedienkonzept mit neuem Touchscreen

  • Zwei Batterievarianten: Als Pro S mit bis zu 700 Kilometern Reichweite

Die Zahlenreihe hat sich bei VW zuletzt munter gefüllt. Der ID.3 machte 2020 den Anfang und erhielt als Vertreter der Golfklasse sein erstes Facelift. ID.4 und dessen Coupé-Ableger ID.5 sind als familientaugliche SUVs im VW Tiguan-Format angesiedelt, der ID.6 ist deren Langversion für China. Zuletzt wurde der ID. 2all als Ausblick auf das 2025 kommende Einstiegsmodell in die elektrische VW-Palette enthüllt.

Nun ist auch klar, was das neue Flaggschiff der ID.-Reihe können wird: Aus dem Konzeptauto ID. Aero ist der ID.7 geworden. Die ersten offiziellen Bilder und Daten sowie ein erster Fahreindruck, den wir in einem damals noch getarnten Prototyp gewinnen konnten, zeichnen aber schon ein präzises Bild der Technik. Wird die große Limousine auch gehobenen Ansprüchen gerecht?

VW ID.7: Lang, aber sehr agil

Schwingt sich trotz seiner Länge straff um die Kurven: Der neue ID.7 © Volkswagen

Auf jeden Fall ist der neue Vertreter VWs bisher längstes E-Auto: Knapp fünf Meter zeigt das Maßband. Der ID.7 überragt damit ID.5, ID.4 und ID.Buzz. Allerdings auch den VW Passat, und zwar um stolze 20 Zentimeter. Das VW-BEV stößt damit klar in die obere Mittelklasse vor und misst sich – sucht man nach einem fossilen Vergleichsmodell – eher mit dem (noch größeren) VW Phaeton.

Auch der Radstand ist mit knapp drei Metern beachtlich und nur leicht kürzer als der des ID.Buzz. Was nach einem wuchtigen Elektro-Brummer klingt, surrt in der Praxis aber erstaunlich wendig um Ecken und Kurven, wie der ADAC bei einer ersten Testfahrt mit einem noch bunt beklebten Exemplar feststellen konnte. Verantwortlich dafür sind einmal die agile Lenkung, die präzise anspricht und auch einer flotten Fahrt durch Serpentinen nicht im Wege steht. Zum anderen schiebt die kräftige E-Maschine an der Hinterachse ordentlich an: 210 kW/286 PS liefert sie und ist damit die stärkste aller ID.-Modelle.

Reichweite: Zwei Batterien im Programm

Auch die Felgen wurden besonders aerodynamisch gestaltet © Volkswagen

Seinen Strom holt sich der Antrieb des ID.7 Pro zum Marktstart im Herbst 2023 aus einer Batterie mit 77 kWh Netto-Energiegehalt. Zum Start ist es die einzige verfügbare Größe, VW will aber nachlegen und einen 86-kWh-Akku ins Programm nehmen. Das wäre dann die größte Batterie im Wolfsburger Sortiment: Bis zu 700 Kilometer Reichweite soll der ID.7 dann als Pro S schaffen.

Doch die Werte sind nicht in Stein gemeißelt, denn sie beruhen noch auf keinen offiziellen WLTP-Messungen. In der größten Akkuversion könnte es für VW dann aber sogar möglich sein, mit BMWs iX zu konkurrieren, der im realistischeren ADAC Ecotest auf 610 Kilometer kommt. Die 77 kWh-Batterie soll den ID.7 zum Verkaufsstart aber erst einmal 615 Kilometer weit tragen. In der Praxis könnten das dann annähernd 500 sein – ein sehr guter Wert.

Effizienz im Fokus

Das Coupé-artige Heck und die scharfe Abrisskante helfen der Aerodynamik © Volkswagen

Den Stromverbrauch will VW beim ID.7 einerseits durch ein effizientes Antriebssystem, aber auch durch möglichst wenig Luftwiderstand senken. Mit einem angepeilten Cw-Wert von 0,23 reicht die große E-Limousine zwar nicht an Spitzenkandidaten in dieser Disziplin wie den Mercedes EQS oder gar Lucids Air heran. Doch der ID.7 ist damit immer noch ein sehr windschnittiges Auto: Die Windschutzscheibe liegt sehr flach, und die Vorderkante der Fronthaube ist recht niedrig gehalten. Auf Experimente wie digitale Seitenspiegel hat VW aber verzichtet.

Das Spiel mit den Farben sorgt am Heck dafür, dass das Gesamtbild nicht zu wuchtig wird. Auch an der Seite hebt sich die Linie über den Türen farblich ab, diese Segmentierung macht das Auto vermeintlich niedriger und verstärkt das insgesamt dynamische optische Auftreten.

Ein Blick aufs Display verrät nach der etwa 50 Kilometer weiten Testfahrt mit dem getarnten ID.7 einen Verbrauch von 19,2 kWh, allerdings mit viel bergauf und ohne großen Fokus auf sparsames Fahren. Gerade der wählbare Eco-Fahrmodus lädt dazu aber auf angenehme Weise ein, die verstärkte Rekuperation bremst das Auto merklich, aber nicht unnatürlich stramm. Zum kompletten Stillstehen braucht es zwar noch das Bremspedal, im Stop-and-Go-Verkehr lernt man aber das Abbremsen via Gaspedal schnell zu schätzen.

Auch im Sportmodus verwandelt sich VWs Neuer nicht in einen Elektro-Sportflitzer. Die Limousine ist klar auf komfortable Langstreckenfahrten ausgelegt, das ruhige und kraftvolle Beschleunigen und das sehr geräuscharme Rollen passen hierzu perfekt.

ID.7: Prima Klima in der Elektro-Limousine

Großer, zentraler Bildschirm, dem vom Head-up-Display einiges an Arbeit abgenommen wird © Volkswagen AG/ Martin Meiners

Auch der Innenraum hat sich ganz dem Status "Reiselimousine" verschrieben. Schon vorab war bekannt, dass VW auf die Klimatisierung des ID.7 besonderes Augenmerk legen will. Die Klimasteuerung soll so automatisch wie möglich ablaufen: Die "intelligenten Luftausströmer" kann man nicht mehr mit der Hand verstellen, stattdessen sollen sie automatisch warme und kalte Luft steuern und im Innenraum mittels "Wedelfunktion" verteilen.

Der Clou: Sobald sich der Fahrer dem ID.7 mit dem Schlüssels nähert, startet – sofern die Funktion aktiviert ist – im Sommer bereits die Kühlung und im Winter die Heizfunktion.

Auf dem Touchscreen lassen sich die Luftströme steuern. Sprachassistentin "Ida" soll helfen und auf Wunsch zum Beispiel etwas gegen kalte Hände oder Füße tun. Auch Sitzheizung und -kühlung sind in die automatische Klimatisierung eingebunden.

VW ID.7 mit Hightech-Sitzen vorne

Die Sitze vorne erkennen den Kühl- oder Heizbedarf und regeln automatisch © Volkswagen AG/ Martin Meiners

Volkswagen hat für den ID.7 eine neue Generation des Fahrer- und Beifahrersitzes mit adaptiver Climatronic entwickelt: Feuchtigkeitssensoren erfassen lästigen Rückenschweiß, kleine Düsen im Sitz trocknen, wärmen oder kühlen je nach Notwendigkeit. Kombiniert mit umfassenden Massagefunktionen sollen so gerade lange Fahrten angenehm werden. Die Hightech-Sitze sind definitiv ein eigener Luxusfaktor, allerdings nur für jene, die sich diese noch nicht bezifferte Sonderausstattung leisten wollen.

Auch sonst ist der Innenraum sehr wertig gestaltet, das vegane Leder wirkt robust und vermittelt gehobenes Flair. Wie durch den langen Radstand zu erwarten, hat man innen viel Platz. Beifahrende können sich die Zeit mit den bis zu 30 Farbtönen vertreiben, in die der Innenraum getaucht werden kann.

Der ID.7 wird optional mit dem neuen Panoramadach "Smart Glas" konfigurierbar sein. Die Innovation: Das transparente Dach kann über eine in das Glas integrierte PDLC-Schicht (Polymer Dispersed Liquid Crystal) von einem auf den anderen Augenblick blickdicht respektive wieder durchsichtig geschaltet werden.

Konsequente Cockpit-Lösung mit Touchscreen

Endlich: Die Touchslider unter dem Display sind beleuchtet © Volkswagen AG/ Martin Meiners

Die Klimasteuerung findet wie Navigation, Entertainment und Fahrzeugmodi-Wahl ausschließlich auf dem frei stehenden 15-Zoll-Touchscreen statt. Dieser ist bis zu einem gewissen Grad individualisierbar, die Klimaanlagen-Optionen sind stets am unteren Rand festgepinnt. Zentrales Element ist ein Button für das neue Car Control Center, das den direkten Zugriff auf die wichtigsten Fahrzeugfunktionen bietet – sie können vom Fahrer selbst konfiguriert werden.

Auf den ersten Blick wirkt der Screen auch erfreulich responsiv und aufgeräumt. Wie praktisch die Bedienung wirklich ist, muss sich aber bei den ersten ausführlichen Testfahrten noch zeigen, gerade weil VW hier zuletzt nicht immer ein glückliches Händchen bewies.

Fraglos eine gute Idee ist aber die Neugestaltung der Bordinstrumente. Warnmeldungen und nur wenige Standardinfos werden auf einem ganz kleinen Bildschirm hinter dem Lenkrad angezeigt. Navigationspfeile, Geschwindigkeit und Verbrauch sehen Fahrerinnen und Fahrer im Augmented-Reality-Head-up-Display, das wesentliche Informationen virtuell vor das Sichtfeld des Fahrerenden projiziert und serienmäßig verbaut ist.

Der Blick kann deshalb immer auf der Straße bleiben. Dass ein und dieselbe Information an verschiedenen Stellen im Cockpit zu sehen ist und damit den Fahrer schnell überfordern, wie es etwa beim BMW iX1 der Fall ist, umgeht VW damit. Den Trend zum großen zentralen Touchscreen verbindet VW also mit einer sinnvollen Reduzierung rund ums Lenkrad. Die Fahrstufe lässt sich wie beim ID.Buzz oder ID.4 über einen Drehhebel rechts hinterm Lenkrad verstellen.

DC-Laden auf aktuellem Stand

Der ID.7 lädt mit bis zu 200 kW © Volkswagen

170 kW Ladeleistung kann der ID.7 Pro mit der 77-kWh-Batterie maximal an DC-Schnellladesäulen ziehen. Das ist der bisher höchste Wert innerhalb der ID.-Reihe und auf Augenhöhe mit dem Mercedes EQE. Für die Variante Pro S mit größerem Akku verspricht VW sogar 200 kW. Auch wenn diese maximale Ladeleistung ohne eine konstant hoch verlaufende Ladekurve nicht viel nützt, präsentiert sich VW hier auf Höhe der Zeit. Wie es in diesem Punkt aussieht, wird ein späterer ADAC Test klären.

Etwas enttäuschend ist aber, dass an Wallboxen und AC-Ladern in der Stadt nur 11 kW drin sind. Hier bietet der EQE das Doppelte, also 22 kW, an. Für Langstrecken ist dieser Wert zweitrangig, für Käuferinnen und Käufer, die das Auto regelmäßig an öffentlichen Säulen in der Stadt laden wollen, ist er aber von Bedeutung.

ID.7: Preis und Verkaufsstart

Schön auch in Blau: Redakteur Gabriel Kroher mit einem azurfarbenen ID.7 © Volkswagen/Ingo Barenschee

Im Herbst 2023 bekommt der ID.7 den Startschuss für den europäischen und chinesischen Markt, 2024 folgt Nordamerika. Produziert werden die neuen E-Spitzenmodelle mit Ausnahme der chinesischen Versionen im niedersächsischen Emden. Zum Preis hält sich der Konzern noch bedeckt, für unter 55.000 Euro ist der ID.7 aber sicher nicht zu haben. Die Version mit größerem Akku will VW zeitnah nachreichen, eine Variante mit Allradantrieb ist vorerst nicht geplant.

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