Testfahrt VW ID.7: Volle Fahrt an die Elektro-Spitze?

Video: Motorjournalist Lars Hönkhaus war für den ADAC im VW ID.7 unterwegs ∙ Bild: © news to do GmbH + ADAC/David Klein, Video: © ADAC e.V.

Die ID.-Reihe hat einen neuen Häuptling: Der VW ID.7 ist das neue Topmodell aus Volkswagens Elektro-Sortiment. Technik und Reichweite sind durchaus beachtlich. Testfahrt in VWs Elektro-Flaggschiff, Daten, Preise, Bilder.

  • Von wegen "Elektro-Passat": Der ID.7 zielt auf die obere Mittelklasse

  • Neues Bedienkonzept, Head-up-Display nun Serie

  • Zum Marktstart nur mit 77-kWh-Batterie und 621 Kilometer Reichweite

  • Erster Blick und Infos zum ID.7 Tourer und Tourer GTX

Die Zahlenreihe hat sich bei VW zuletzt munter gefüllt. Der ID.3 machte 2020 den Anfang und erhielt als Vertreter der Golfklasse schon sein erstes Facelift. ID.4 und dessen Coupé-Ableger ID.5 sind als familientaugliche SUVs im VW Tiguan-Format angesiedelt, der ID.6 ist deren Langversion für China. Zuletzt wurde der ID. 2all als Ausblick auf das 2025 kommende Einstiegsmodell in die elektrische VW-Palette enthüllt.

Am anderen Ende der Range befindet sich seit November 2023 der ID.7, der zum Marktstart in der Pro-Variante mit einem 77-kWh-Akku angeboten wird. 2024 wird es dann noch den Pro S und den Kombi namens Tourer mit der stärkeren 86-kWh-Batterie geben. Wird die neue Elektro-Limousine auch gehobenen Ansprüchen gerecht? Der ADAC ist das Elektro-Flaggschiff bereits gefahren.

VW ID.7: Fast fünf Meter lang

Der neue VW ID. 7 in weiss von der Seite fotoografiert
Mit 4,96 Metern Länge ist die E-Limousine ID.7 ziemlich groß geraten© Olaf Itrich

Auf jeden Fall ist der neue Vertreter VWs bisher längstes E-Auto: Knapp fünf Meter zeigt das Maßband, exakt 4,96 Meter. Der ID.7 überragt damit ID.5, ID.4 und VW ID.Buzz. Allerdings auch den in der aktuellen Fassung ebenfalls sehr gewachsenen VW Passat – und zwar um 4 Zentimeter. Das VW-BEV stößt damit klar in die obere Mittelklasse vor, gehört also in die Riege von BMW i5, Mercedes EQE und Tesla Model S.

Auch der Radstand ist mit knapp drei Metern beachtlich und nur leicht kürzer als der des ID.Buzz. Dass der große Elektro-VW feudale Platzverhältnisse bietet, versteht sich daher fast von selbst. Und in der Tat ist die Beinfreiheit auch hinten beachtlich, die Kopffreiheit selbst für groß Gewachsene zu gebrauchen.

Dass die beiden Außensitze hinten sehr stark ausgeformt sind, verschafft den dort Platzierten zwar einen sehr hohen Komfort, doch der geht dem in der Mitte Sitzenden dann umso mehr ab. Lange Strecken sind dort kaum jemandem zuzumuten, auch wenn zumindest die Füße dank fehlendem Mitteltunnel gut unterzubringen sind.

Nicht zu kritisieren ist indes der Kofferraum. Er sollte das große Urlaubsgepäck mit 532 bis 1586 Litern Fassungsvermögen locker schlucken und ist über eine riesige, elektrisch bedienbare Heckklappe auch sehr gut zu beladen. Ja, die schräge Glaskuppel könnte sperrigen Kommoden im Weg stehen, doch dafür gibt es ja ab 2024 den Kombi (siehe unten). Dass ein Frunk als zusätzlicher Stauraum unter der Fronthaube fehlt, ist schade.

Der Elektro-VW ist erstaunlich handlich

Front und Seitenansicht eines VW ID7
Auch die Felgen wurden besonders aerodynamisch gestaltet© Volkswagen

Was angesichts der Maße nach einem wuchtigen Elektro-Brummer klingt, surrt in der Praxis aber erstaunlich wendig um Ecken und Kurven, wie die ADAC Redaktion bei der ersten Testfahrt feststellen konnte. Wie eine sperrige Limousine fühlt sich der ID.7 nicht an, vielmehr wie ein handliches Mittelklasse-Fahrzeug.

Der Wendekreis fällt mit 10,9 Metern auffällig klein aus – und das ganz ohne Allradlenkung, wie sie derzeit bei vielen anderen Herstellern en vogue ist. Eine mitlenkende Hinterachse vermisst man im ID.7 zu keiner Zeit. Verantwortlich dafür sind einmal die agile Lenkung, die präzise anspricht, viel Gefühl für die Fahrbahn vermittelt und auch einer flotten Fahrt auf Serpentinen nicht im Weg steht.

Zum anderen schiebt die kräftige E-Maschine an der Hinterachse ordentlich an: 210 kW/286 PS liefert sie und ist damit die stärkste aller ID.-Modelle – und beim Druck auf das Fahrpedal spürt man die Kraft auch. Verzögerungsfrei schiebt der Antrieb an, flotte Zwischenspurts sind jederzeit möglich, Überholen auf der Landstraße gelingt dadurch stressfrei.

Doch zu einem Elektro-Sportwagen mutiert der VW selbst im Sport-Modus nicht. Mit einem Tesla Model S will sich der ID.7 gar nicht erst messen. Statt auf maximale Performance ist die Limousine klar auf komfortable Langstreckenfahrten ausgelegt, das ruhige und kraftvolle Beschleunigen und das sehr geräuscharme Gleiten passen hierzu perfekt. Die Federung arbeitet kommod, als Extra gibt es noch ein adaptives Fahrwerk.

VW ID.7 Pro: Bis zu 621 km Reichweite?

Heckansicht des neuen VW ID. 7 während der Fahrt
Das Coupé-artige Heck und die scharfe Abrisskante helfen der Aerodynamik© Volkswagen

Seinen Strom holt sich der Antrieb des ID.7 Pro aus einer Batterie mit 77 kWh Netto-Energiegehalt. Besonders üppig klingt das angesichts der Größe des Fahrzeugs nicht. Doch VW will den Stromverbrauch beim ID.7 einerseits durch ein effizientes Antriebssystem, aber auch durch möglichst wenig Luftwiderstand gesenkt haben. Mit einem Cw-Wert von 0,23 ist der ID.7 ein sehr windschnittiges Auto – und hat damit gute Voraussetzungen für einen geringen Verbrauch, gerade auf der Autobahn, wo es bei E-Autos oftmals nicht zum besten bestellt ist.

Sehr selbstbewusst gibt VW daher "bis zu" 621 Kilometer an, wohl wissend dass der zugehörige Verbrauchswert von 14,1 kWh nur für die Basisversion mit 19-Zoll-Rädern und Wärmepumpe (990 Euro extra) gilt – noch dazu im standardisierten, wenig realitätsnahen WLTP-Zyklus. Im Alltag sollte man sich also eher nicht an diese Angaben klammern, sondern mit höheren Verbräuchen und geringeren Reichweiten rechnen.

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So kann zumindest mit 500 Kilometern kalkulieren, wer ein gemischtes Fahrprofil hat und überwiegend auf Landstraßen oder in der Stadt unterwegs ist. Auf der Autobahn sieht es allerdings anders aus. Nach der ersten Testfahrt zeigt sich, dass hier Reichweiten- und Verbrauchswunder ausbleiben und bei 130 km/h rund 21 kWh auf dem Bordcomputer stehen. Dann wäre nach rund 370 Kilometern Fahrt die Energie erschöpft. Doch dies ist nur ein erster Eindruck: Wie weit der ID.7 wirklich kommt, muss noch ein kommender, ausführlicher ADAC Test zeigen.

Auffällig ist aber, dass der ID.7 schon bei leichtem Gefälle gut zu rekuperieren scheint und merklich Energie zurückgewinnt. So empfiehlt sich auch bei diesem E-Auto, vorausschauend zu fahren. Gerade der wählbare Eco-Fahrmodus lädt dazu auf angenehme Weise ein, die verstärkte Rekuperation bremst das Auto merklich, aber nicht unnatürlich stramm. Zum kompletten Stillstehen braucht es zwar noch das Bremspedal, im Stop-and-go-Verkehr lernt man aber das Abbremsen via Gaspedal schnell zu schätzen.

Bildergalerie: Innenraum und Details

ID.7: Prima Klima in der Elektro-Limousine

Auch der Innenraum hat sich ganz dem Status "Reiselimousine" verschrieben. Ein besonderes Augenmerk hat VW auf die Klimatisierung des ID.7 gelegt. Die Klimasteuerung soll so automatisch wie möglich ablaufen: So lassen sich die "intelligenten Luftausströmer" nicht mehr mit der Hand verstellen, sondern nur noch über ein Menü am Bildschirm. Das haben Tesla und Nio zwar vorgemacht, doch praktisch geht anders. Mal eben an die Düse greifen und den Luftstrom in eine andere Richtung lenken, geht manuell einfach schneller.

Und ob sich wirklich jemals ein Kunde nach einer "Wedelfunktion" gesehnt hat? Wie bei einem Standventilator pusten die Düsen die Luft mit automatischen Schwenks so durch den Raum, dass man mal vom Luftstrom erfasst wird und mal nicht. Zum Glück lässt sich aber auch eine weitgehend zugfreie Einstellung als Zusatzfunktion finden. Angenehm: Sobald sich der Fahrer dem ID.7 mit dem Schlüssel nähert, startet – sofern die Funktion aktiviert ist – im Sommer bereits die Kühlung und im Winter die Heizfunktion.

VW ID.7 mit Hightech-Sitzen vorne

Volkswagen hat für den ID.7 eine neue Generation der Vordersitze mit adaptiver Climatronic entwickelt: Feuchtigkeitssensoren erfassen lästigen Rückenschweiß, kleine Düsen im Sitz trocknen, wärmen oder kühlen je nach Notwendigkeit. Kombiniert mit umfassenden Massagefunktionen sollen so gerade lange Fahrten angenehm werden. Die Hightech-Sitze sind definitiv ein eigener Luxusfaktor, allerdings nur für jene, die sich diese Sonderausstattung leisten wollen.

Auch sonst ist der Innenraum sehr wertig gestaltet, das Kunstleder (Aufpreis) wirkt robust und vermittelt gehobenes Flair. Der Beifahrer oder die Beifahrerin können sich die Zeit mit den bis zu 30 Farbtönen vertreiben (10 sind Serie), in die der Innenraum getaucht werden kann. Und das Panoramadach mit "Smart Glas" (Aufpreis) kann über eine in das Glas integrierte PDLC-Schicht (Polymer Dispersed Liquid Crystal) von einem auf den anderen Augenblick blickdicht respektive wieder durchsichtig geschaltet werden.

Bedienung: Ein echter Fortschritt

Eine Hand zeigt auf das Navi des VW ID.7
Endlich: Die Touchslider unter dem Display sind beleuchtet© Volkswagen AG/ Martin Meiners

Die Klimasteuerung findet wie Navigation, Entertainment und Fahrzeugmodi-Wahl ausschließlich auf dem frei stehenden 15-Zoll-Touchscreen statt. Der Screen wirkt erfreulich responsiv und aufgeräumt. Und ja, er lässt sich erheblich besser und intuitiver bedienen als es bei den Schwestermodellen ID.3, ID.4 und auch beim Golf 8 der Fall ist.

Einen erheblichen Teil dazu tragen feste Bereiche am oberen Rand des Bildschirms ("Top-Bar") und die "Bottom-Bar" am unteren Rand bei. Oben werden die Wunsch-Funktionen des Fahrers permanent dargestellt, und unten sind stets die Bedienflächen für die Klimatisierung zu sehen. In Menüs muss man sich dafür zumindest nicht mehr quälen – ein echter Fortschritt, genau wie die große Schrift und die meist großen Touchflächen.

Auf dem kleinen Display hinter dem Lenkrad sind nur wenige Standardinfos zu sehen. Navigationspfeile, Geschwindigkeit und Verbrauch sehen Fahrerinnen und Fahrer im Augmented-Reality-Head-up-Display, das wesentliche Informationen virtuell vor das Sichtfeld des Fahrerenden projiziert und serienmäßig verbaut ist. Der Blick kann deshalb immer auf der Straße bleiben.

DC-Laden aktuell bis 175 kW Ladeleistung

Seitenansicht eines VW ID7 der an einer Ladesäule steht
An AC-Ladern lädt der ID.7 nur mit überschaubaren 11 kW© Volkswagen

175 kW Ladeleistung kann der ID.7 Pro mit der 77-kWh-Batterie maximal an DC-Schnellladesäulen ziehen. Das ist der bisher höchste Wert innerhalb der ID.-Reihe und auf Augenhöhe mit dem Mercedes EQE. Für die Variante Pro S mit größerem Akku verspricht VW sogar 200 kW. Da die maximale Ladeleistung ohne eine konstant hoch verlaufende Ladekurve nicht viel nützt, wird sich in einem späteren ADAC Test klären, wie gut der ID.7 hier wirklich ist.

Enttäuschend ist, dass an Wallboxen und AC-Ladern in der Stadt nur 11 kW drin sind. Hier bietet der EQE das Doppelte, also 22 kW an. Für Langstrecken ist dieser Wert zweitrangig, für Käuferinnen und Käufer, die das Auto regelmäßig an öffentlichen Säulen in der Stadt laden wollen, ist er aber von Bedeutung.

Zu Preisen ab 56.995 Euro ist die Elektro-Limousine VW ID.7 bestellbar. Zur Ausstattung zählen Head-up-Display, Rückfahrkamera, Navigationssystem ("Discover Max Pro"), 19-Zoll-Felgen, beheizbare Sitze, LED-Scheinwerfer, eine induktive Ladefunktion fürs Smartphone, Car-2X und selbstverständlich diverse Assistenzsysteme wie eine Ausstiegswarnung, Müdigkeitserkennung, Notfallassistent und viele mehr.

2024: ID.7 kommt als Tourer und Tourer GTX

2024 wird VW neben der Pro S-Variante den ID.7 auch als Kombi anbieten. Überraschung: Variant wird er allerdings nicht mehr heißen, sondern den Zusatznamen "Tourer" bekommen. Der neue VW gehört zu den ersten vollelektrischen Kombis der gehobenen Mittelklasse. Dort ist Volkswagen parallel mit dem ebenfalls neuen Passat Variant präsent. Beide Baureihen ergänzen sich und decken zusammen alle relevanten Antriebsarten ab – vom reinen E-Antrieb im ID.7 und ID.7 Tourer bis hin zum Plug-in-Hybrid-, Mild-Hybrid-, Benzin- und Dieselantrieb im Passat.

Durch das Plus an Höhe im Heck ergibt sich gegenüber der Schräghecklimousine im Tourer ein nochmals vergrößertes Kofferraumvolumen: Mit fünf Personen an Bord und den Rücksitzen in Cargo-Stellung nimmt der ID.7 Tourer Gepäck mit einem Volumen von bis zu 605 Liter auf. Bis an die Lehnen der Vordersitze und dachhoch beladen, steigt dieser Wert auf 1714 Liter; die Ladefläche ist in diesem Fall zudem fast zwei Meter lang.

Auf den europäischen Markt wird der neue VW zunächst als ID.7 Tourer Pro und ID.7 Tourer Pro S mit jeweils 210 kW (286 PS) und Heckantrieb kommen. Die Energieversorgung der E-Maschine übernimmt im ID.7 Tourer Pro eine 77-kWh-Batterie. Im ID.7 Tourer Pro S kommt eine neue 86-kWh-Batterie zum Einsatz. An DC-Schnellladesäulen soll die 86-kWh-Batterie mit bis zu 200 kW geladen werden können.

VW ID.7: Preis und technische Daten

Technische Daten (Herstellerangaben)

VW ID.7 Pro (ab 10/23)

VW ID.7 Pro S (ab 06/24)

Motorart

Elektro
Elektro

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

210
210

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

286
286

Drehmoment (Systemleistung)

545 Nm
545 Nm

Antriebsart

Hinterrad
Hinterrad

Beschleunigung 0-100km/h

6,5 s
6,5 s

Höchstgeschwindigkeit

180 km/h
180 km/h

Reichweite WLTP (elektrisch)

621 km
700 km

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

0 g/km
0 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

14,1 kWh/100 km
-

Batteriekapazität (Brutto) in kWh

82,0
91,0

Batteriekapazität (Netto) in kWh

77,0
86,0

Ladeleistung (kW)

AC:11,0 DC:175,0
DC:200,0

Kofferraumvolumen normal

532 l
532 l

Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank

1.586 l
1.586 l

Leergewicht (EU)

2.172 kg
n.b.

Zuladung

458 kg
n.b.

Anhängelast ungebremst

750 kg
750 kg

Anhängelast gebremst 12%

1.000 kg
1.000 kg

Garantie (Fahrzeug)

2 Jahre
2 Jahre

Länge x Breite x Höhe

4.961 mm x 1.862 mm x 1.536 mm
4.961 mm x 1.862 mm x 1.536 mm

Grundpreis

56.995 Euro
- Euro

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