Elektroauto gebraucht kaufen – darauf sollten Sie achten
Der Gebrauchtwagenmarkt für Elektroautos wächst. Es stehen zwar deutlich weniger Modelle als bei Autos mit Verbrennungsmotor zur Verfügung, das macht die Wahl des passenden Fahrzeugs aber nicht einfacher. Das sollten Sie beim Kauf beachten.
Als Grundregel gilt: Reichweite und Ladetechnologie müssen zu Ihren Bedürfnissen passen und die Batterie entsprechend funktionstüchtig sein. Informieren Sie sich vor dem Kauf über die e-spezifischen Eigenschaften wie Ladeleistung, Batteriegröße, Ladearten.
Die Fahrzeugbesichtigung
Neben den grundsätzlichen Tipps beim Gebrauchtwagenkauf und den allgemeinen Regeln bei der Fahrzeugbesichtigung sollten Sie bei Elektroautos folgende Aspekte beachten.
Batterie
Die Antriebsbatterie ist das teuerste Bauteil des Elektroautos. Abhängig von Alter und Nutzung schwindet die nutzbare Batteriekapazität. Deshalb sollte der Verkäufer den Zustand der Batterie möglichst genau nachweisen. Und das geht, denn bei regelmäßigen Wartungen und Checks in der Herstellerwerkstatt werden im Normalfall die Antriebsbatterien auf ihren Zustand überprüft und Prüfprotokolle erstellt. Lassen Sie sich deswegen ein Prüfprotokoll aushändigen.
Vorsicht ist auch bei auffällig geringer Laufleistung angebracht! Denn für die Batterie ist es ungünstig, längere Zeit vollgeladen oder entladen abgestellt zu werden, da durch Tiefentladung das Risiko einer Batterieschädigung besteht.
Musterkaufvertrag für gebrauchte E-Fahrzeuge
Nutzen Sie den ADAC Musterkaufvertrag für gebrauchte E-Fahrzeuge.
Fragen Sie den Verkäufer oder Vorbesitzer nach bekannten Batterieschäden oder -reparaturen und halten Sie diese sowie alle anderen relevanten Informationen im Vertragstext fest!
Prüfung des Serviceheftes
Eine sorgfältige Prüfung des Serviceheftes ist beim Elektroauto besonders wichtig, denn regelmäßige Wartungen belegen ein einwandfreies "Vorleben" des Fahrzeugs. Ohne eine genaue Dokumentation fällt es sonst schwer, Garantieansprüche durchzusetzen, insbesondere bei den langjährigen Garantieversprechen der Hersteller auf die Batterie oder andere elektrischen Komponenten.
Bremsen
Durch die Rekuperation (Energierückgewinnung, indem der E-Motor zum Stromgenerator wird) verschleißen die Bremsen bei einem Elektroauto zwar deutlich langsamer als bei Verbrennern, es besteht jedoch die Gefahr, dass Bremsscheiben aufgrund zu geringen Einsatzes korrodieren. Deswegen sollten Sie die Bremsscheiben genau prüfen.
Reifenzustand
Checken Sie auch den Reifenzustand, denn bei Elektroautos können die Reifen wegen des höheren Anfahrdrehmomentes besonders schnell verschleißen.
Hochvoltleitungen
Hochvoltleitungen – sofern sie sichtbar verlaufen – sind an der orangenen Farbe erkennbar. Sie dürfen nicht berührt werden. Optisch können Sie die Leitungen jedoch auf Beschädigungen oder Marderbisse prüfen. Schäden an den Hochvoltleitungen können gefährlich und teuer werden.
Heizung und Klimaanlage
Heizung und Klimaanlage können Sie bei Elektroautos einfach im Stand überprüfen. Die Komponenten sollten schon nach wenigen Minuten mit voller Leistung arbeiten.
Ladekabel und Zubehör
Halten Sie im Kaufvertrag fest, welche Ladekabel oder sonstiges Zubehör zum Fahrzeug gehören und überprüfen Sie deren Zustand. Bei der Hauptuntersuchung stellt ein fehlendes oder defektes Ladekabel einen erheblichen Mangel dar und führt zur Verweigerung der Plakette.
Vorsicht bei Angaben zur Reichweite
Nehmen Sie die Angaben der Hersteller zur Reichweite nicht einfach für bare Münze. Die tatsächliche Reichweite von E-Autos liegt meist deutlich niedriger und ergibt sich aus nutzbarer Batteriegröße (kWh) und Stromverbrauch. Dieser hängt maßgeblich vom Fahrverhalten, der Außentemperatur und den Wetterbedingungen sowie der Nutzung von z.B. Heizung oder Klimaanlage ab. Je nach Bedingungen und Einsatzszenarien können so z.B. im Winter aus 200 km Reichweitenangabe im Extremfall nur 100 km werden. Vergessen Sie nicht, dass die Reichweite auch mit zunehmender Lebensdauer der Batterie abnimmt.
Probefahrt
Generell ist eine Probefahrt sehr wichtig und darf bei keinem Gebrauchtwagenkauf fehlen. Neben den allgemein wichtigen Punkten (siehe ADAC Checkliste) kommen für ein E-Auto noch folgende Aspekte hinzu:
Reichweitentest
Für eine erste Beurteilung reicht eine kurze Probefahrt zwar aus, bei ernsthaftem Kaufinteresse für ein Elektroauto empfehlen die ADAC Experten allerdings einen ausgiebigeren Reichweitentest. Dabei sollten Sie die Batterie möglichst leer fahren, um ein Gespür für die tatsächliche Reichweite zu erhalten. Verweigert der Verkäufer diesen Wunsch, sind Zweifel angebracht. Private Verkäufer sollten um die Wichtigkeit der Reichweitenprüfung wissen und gewerbliche Verkäufer kennen meist die Fahrzeughistorie nicht. Deshalb ist eine Überprüfung auf jeden Fall sinnvoll.
Zum Reichweitentest sollte das Fahrzeug vollgeladen sein, der Bordrechner auf Null gestellt und die im Display angezeigte Reichweite abgelesen werden. Die Berechnung der Reichweitenanzeige im Display behandelt jeder Hersteller unterschiedlich. Das Fahrverhalten (sportlich, normal, zurückhaltend) und auch die Fahrstrecke (Stadt, Landstraße, Autobahn) sollte bei der Probefahrt möglichst den normalen Alltag wiederspiegeln. So finden Sie heraus, welche Reichweite Sie mit Ihrem persönlichen Fahrverhalten später erwarten können.
Fahrdaten und Ladetest
Nach Abschluss der Probefahrt sollten Sie die Fahrdaten wie Laufstrecke, Verbrauch, Restreichweite und Batterieladestand festhalten und mit den Ausgangsdaten vergleichen. Haben Sie z.B. für eine 50 km lange Probefahrt die halbe Batterieladung verbraucht, sollten Sie bei ähnlichem Fahrprofil später auch nur etwa 100 km Reichweite bei voller Batterieladung erwarten – selbst dann, wenn das Fahrzeug eine größere Reichweite angezeigt hat.
Die ADAC Experten raten, einen Ladetest durchzuführen und dabei die unterschiedlichen Ladeoptionen auf Funktion und Anzeige im Fahrzeug zu überprüfen. Dazu eignet sich am besten ein so genannter Multicharger, an dem DC-Schnellladung und AC-Ladung möglich sind.
Fahrzeugüberführung
Haben Sie sich für den Kauf entschieden, müssen Sie auch die Überführung des E-Autos bedenken. Je nach Reichweite und Ladetechnologie kann sie auf eigener Achse erfolgen und daraus gleich der erste Langstreckentest entstehen, wozu eine geeignete Ladekarte wie beispielsweise die ADAC e-Charge notwendig ist. Alternativ müssen Sie eine Überführung mit einem Transporter organisieren.
Ladetechnologie
Ladetechnologie und Ladeleistung entscheiden maßgeblich darüber, wie flexibel ein Elektroauto eingesetzt werden kann. Kann man ein Elektroauto auch Schnellladen (DC-Gleichstrom), ist es in kurzer Zeit wieder für eine längere Strecke einsatzbereit. Kann es hingegen nur an Wechselstrom (AC) Normalladen, benötigt es einige Stunden oder über Nacht, um wieder eine nennenswerte Reichweite aufzubauen. Ausführliche Informationen zum Laden von E-Autos finden Sie hier.
Gebrauchtwagenmarkt
Die ersten Serienelektroautos mit Lithium-Ionen-Batterien kamen 2010 auf den Markt. Seitdem hat sich das Angebot stetig erweitert, so dass es heute ein akzeptables Angebot an gebrauchten E-Autos gibt. Wurden anfangs Elektrofahrzeuge meist noch in Forschungs- und Entwicklungsprojekten eingesetzt, kommen inzwischen immer mehr Fahrzeuge aus dem Firmenleasing, aus Autovermietungen oder auch von Privatleuten auf den Gebrauchtwagenmarkt.
Aufgrund der Relevanz für den elektrischen Gebrauchtwagenmarkt haben wir die 12 wichtigsten Modelle zusammengestellt. Grundlage hierfür waren:
der Fahrzeugbestand in Deutschland gemäß den Daten des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) vom 1.1.2020
die Angebote auf der Plattform mobile.de (Filter: gebrauchter Zustand, Deutschland, Kraftstoff: Elektro) am 19.5.2020
Die Stichprobe für die 12 betrachteten Fahrzeugmodelle ergab ein Angebot von mehr als 7500 gebrauchten Fahrzeugen mit Standort Deutschland bei privaten und gewerblichen Verkäufern.
Die wichtigsten Modelle
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BMW i3 - Kleinwagen für das urbane Umfeld ∙ © BMW
Die wichtigsten Tipps im Überblick
Realistisches Bild vom eigenen Nutzungsszenario und Fahrprofil erstellen
Notwendige, realistische Reichweite abschätzen
Lademöglichkeiten (Zuhause, Arbeitgeber, öffentlich) und Voraussetzungen klären
Mögliche Zeitspanne fürs Laden klären
Bedarf an DC-Schnellladefunktion abschätzen
Ausgiebige Probefahrt mit Reichweiteneinschätzung durchführen
Bei der Probefahrt nicht vom elektrischen Fahrgefühl beeindrucken lassen und "normal“ fahren
Historie des Fahrzeuges und der Batterie hinterfragen
Batterieprotokoll aushändigen lassen und im Kaufvertrag dokumentieren
(Rest)-Garantiezeitraum für Batterie und E-Antriebsstrang klären
Präferenz für Kauf- oder Mietbatterie festlegen
Gesamtkostenrechnung erstellen
Fahrzeugbesichtigung zusammen mit einer elektromobilitätserfahrenen Person durchführen
ADAC e-Auto Kaufvertrag verwenden
Bei Batteriemiete: Übernahme des Mietvertrages definieren
Neue Elektroautos 2020
Diese Elektroautos gibt es auf dem Markt
Text: Jörg Peter Urbach