XBUS: Der knuffigste Elektro-Prototyp der Welt

Der neue armeegrüne, elektronische X-Bus auf einer Landstraße
XBUS-Prototyp Nummer 1 mit Offroad-Fahrwerk © Electric Brands AG

Er sieht aus wie ein historischer VW Bus im Bonsai-Format. Aber der XBUS ist modern, sehr sympathisch und mit verschiedenen Aufbauten zu haben. Alles über den Elektro-Prototyp von Electric Brands: Fotos, Daten, Reichweite, Preis

  • Genial: Dank Modul-Aufbauten variabel einsetzbar

  • Nachhaltig innovativ: Elektrischer Allradantrieb, Akkus zum Tauschen

  • Aber: Einschränkungen bei Komfort und Sicherheit

Die Firma Electric Brands kennen die wenigsten. Aber es lohnt sich, sie kennenzulernen. Denn das im schleswig-holsteinischen Itzehoe angesiedelte Start-up schickt sich an, alsbald zwei wirklich spannende neue Elektromobile auf den Markt zu bringen.

Zum einen den XBUS, den es mit diversen Aufbauten geben soll: Als Lieferfahrzeug, als Handwerkerauto, als Campingmobil, als höhergelegten Offroader oder als Pick-up mit offener Ladefläche – auch mit Kippfunktion. Zum anderen will Electric Brands den schon bekannten Isetta-Verschnitt namens Karo bauen, dessen Rechte Electric Brands von der Firma Artega übernommen hat: Wie der XBUS ein Leichtfahrzeug, aber beschränkt auf Form und Maße, wie wir sie von den Kabinenrollern der 50er- und frühen 60er-Jahre kennen.

Den Prototyp des XBUS haben wir uns vor dem geplanten Serienstart Ende 2024 schon mal ansehen können. Während des Besuchs hat uns CEO Martin Henne die technischen Besonderheiten sowie die Herausforderungen erklärt.

Ortsbesuch in der Prototypen-Schmiede

Der neue elektronische X-Bus
Besichtigung des XBUS: Prototyp Nummer 2 mit Solardach© ADAC/Wolfgang Rudschies

Eine Prototypen-Schmiede in der Nähe von Ingolstadt. Der XBUS vor der Werkhalle sieht ein bisschen aus wie ein historischer VW-Bus im Bonsai-Format. Supersympathisch, praktisch, vielseitig verwendbar. Es ist alles dran am Auto, was man zu Demonstrationszwecken so braucht. Der Prototyp fährt, aber noch nicht so, dass wir daraus ein Fahrgefühl des Serienmobils ableiten könnten. Was den XBUS zu einem hochmodernen Auto macht, ist das außergewöhnliche Konzept, das mit ihm umgesetzt werden soll.

Ralf Haller, Gründer der Electric Brands AG, über die Idee des XBUS: "Wenn wir auf die wachsende Verkehrsdichte schauen, können immer größere Autos nicht die Antwort sein. Wir brauchen clevere, wandlungsfähige Mobilität." Die Zielvorstellung scheint erreicht. Der Miniaturbus ist weniger als vier Meter lang, soll aber ein Ladevolumen von 6000 Litern und eine Zuladung von bis zu einer Tonne ermöglichen, je nach Ausführung. Und das Ganze bei einem Fahrzeugleergewicht von lediglich 600 Kilogramm (ohne Aufbauten und Fahrer).

Es gibt verschiedenste Module als Aufbauten, so wie der Käufer es sich wünscht und bestellt. So ist der XBUS als Pick-up für den Gartenbetrieb, als Koffer für Lieferdienste oder als Freizeit- und Campingmobil erhältlich. Neun Module sind fertig entwickelt (Basis, Bus, Kipper, Box, Transporter, Pick-up-Bus, Pick-up, Cabrio, Camper), denkbar wären aber auch noch mehr, ganz nach Kundenwunsch. Ein verlockendes Angebot.

Der XBUS als kleiner Verwandlungskünstler

Der Clou: Man kann auch nachträglich noch ein Aufbaumodul bestellen und sogar selbst installieren – etwas Geschick als Schrauber, ein paar Helfer zum Anpacken beim Umbau und das nötige Werkzeug vorausgesetzt. An Werktagen könnte der XBUS in Beruf und Gewerbe seine Arbeit verrichten, am Wochenende als Freizeitmobil eingesetzt werden.

Wobei man sich dann schon fragt, wie der Familienausflug mit Akkus von 15 bis 30 kWh vergnüglich werden könnte. Die versprochenen Reichweiten von 300 (mit dem 15-kWh-Basis-Akku) bis 600 Kilometer (mit 30 kWh an Bord) klingen jedenfalls reichlich optimistisch. Wobei auch die Akkus eine Modulbauweise auszeichnet. Martin Henne: "Die Akkus stecken in seitlichen Schubladen und einer Schublade hinten. Jeder Akku-Pack ist herausnehmbar und lässt sich an einer Tauschstation wechseln."

Innovativ: Akku-Tausch an der Station

Herr Henne zeigt den Akku des neuen elektronischen X-Bus der sich in einer ausziehbaren Schublade befindet
Martin Henne demonstriert den Akku-Tausch© ADAC/Rudschies

Aber natürlich stehen solche Tauschstationen nicht plötzlich dort, wo man sie gerade braucht, wenn man unterwegs ist. Gedacht sind die Akku-Tauschstationen vielmehr am Standort des jeweiligen Betriebs. Damit wäre das Elektro-Minimobil theoretisch sogar rund um die Uhr einsetzbar.
Private Kunden sind ein ganz anderer Fall. Sie werden zwar in der Regel kein Problem haben, über Nacht aufzuladen: Die Ladezeit mit Wechselstrom zu Hause soll zwischen zwei und fünf Stunden betragen. Aber unterwegs?

Etwas Luft nach oben hinsichtlich der Reichweiten verschafft sich der XBUS durch das installierte Solardach auf dem Auto. Im Kaufpreis enthalten – das Fahrzeug soll nach derzeitiger Kalkulation ohne Aufbau 17.380 Euro kosten – inklusive ist der Basis-Akku mit 15 kWh Energie. Für mehr Energie, sprich Akkumodule, zahlt der Käufer einen Obolus obendrauf. Henne: "Wir planen ein Erwerbs- sowie ein Abosystem. Es soll Tarife für die dauerhafte Nutzung oder auch einen Tarif für nur mal ein paar Nutzungstage geben." Auch bei den Kosten geht es also um größtmögliche Flexibilität für den Nutzer.

Die vom Hersteller angegebenen Verbrauchswerte von fünf bis zehn kWh pro 100 Kilometer erscheinen nur im Stadtverkehr realistisch. Wenn man die volle Leistung ausschöpft und die Sonne sich hinter Wolken versteckt, wird vermutlich deutlich mehr Energie nötig sein. Auf die Autobahn wird sich ohnehin selten jemand mit dem XBUS verirren. Das Tempo für den XBUS ist nämlich auf 100 km/h, die Leistung der zwei Motoren auf 56 kW beschränkt. Zum Antrieb des Prototyps waren bei unserem Besuch übrigens noch vier Radnabenmotoren verbaut. "In der Serie wird es aber einen Zentralmotor an jeder Achse geben", erklärt Martin Henne.

Innenraum: Platz ist in der kleinsten Hütte

Raumökonomisch erscheint der XBUS über jeden Zweifel erhaben zu sein. Die kleine Fahrerkabine ist in der Höhe luftig geschnitten und wirkt auch bei einer Außenbreite von lediglich 1,69 Meter kaum einengend. An Ausstattung in Richtung Komfort und an Technikfeatures sollte man indes nicht zu viel erwarten. Das gibt das Preissegment nicht her. Was man insgesamt an Platz auf der kleinen Grundfläche geboten bekommt, ist aber sehr beachtlich. Dazu die vielen Aufbaumöglichkeiten, der Allradantrieb und die Offroad-Variante mit höhergelegter Karosserie (siehe Tabelle unten).

Klasse L7e: Abstriche bei der Sicherheit

Der neue elektronische X-Bus
Mit Martin Henne im Gespräch: Der XBUS hat weder Airbags noch ESP© Electric Brands AG

Hinsichtlich der gebotenen Sicherheit muss der Käufer ebenfalls Abstriche machen. Das ist sowohl dem Preisniveau des XBUS als auch der Zulassung als Leichtfahrzeug geschuldet. Denn ein Fahrzeug der Klasse L7e braucht weder Airbags noch einen Spurhalte- oder Notbremsassistenten, um als Serienfahrzeug eine Straßenzulassung zu erhalten. Nicht einmal ein Crashtest ist – wie sonst bei Pkw obligatorisch – gesetzlich gefordert.
Darauf angesprochen, beteuert CEO Martin Henne: "Ja, das ist richtig. Aber da uns Sicherheit wichtig ist, werden wir ein elektronisches Fahrstabilitätsprogramm integrieren. Und wir werden auch Crashtests durchführen lassen. Der Passagierraum soll so stabil wie möglich sein."

Wo und ab wann wird der X-Bus produziert?

Der neue elektronische X-Bus von vorn
Der XBUS schaut freundlich und zutraulich in die Zukunft© ADAC/Rudschies

Ursprünglich war geplant, am Standort in Itzehoe eine Produktion für den XBUS aufzubauen – was laut Unternehmen bis zu 1000 Arbeitsplätze gebracht hätte. Zum Leidwesen der Region wurde der Plan jedoch wieder verworfen. Electric Brands suchte zunächst bundesweit einen Auftragsfertiger, der die Produktion von XBUS und Evetta übernehmen kann. Fündig wurde man letztlich bei VDL Nedcar in den Niederlanden, den Electric Brands als „einen der größten europäischen Auftragsfertiger mit einem Umsatz von über zwei Milliarden Euro“ bezeichnet.

Der XBUS lässt sich bereits grob vorkonfigurieren. Das als Auslieferungsstart genannte Jahr 2024 dürfte allerdings nicht zu halten sein. So heißt es bei Electric Brands, die Produktion könne nach dem Vertragsabschluss mit Nedcar "planmäßig realisiert werden". Ende 2023 sollen demnach die ersten Vorführfahrzeuge der Marke Evetta an die Händler geliefert werden. Die Auslieferung der Endkundenfahrzeuge beginne Anfang 2024. Ein Jahr darauf, Ende 2024, erfolge dann die Auslieferung der ersten XBUS-Fahrzeuge an den Handel. 

Im Zuge der Suche nach dem Auftragsfertiger gab es auch einen Wechsel der Verantwortlichkeiten. Während Vorstand Michael Haller sich ganz um den XBUS kümmert, konzentriert Martin Henne sich fortan auf das Geschäft mit einem nostalgischen Kabinenroller nach Art der BMW Isetta. Die leicht verrückte Vorgeschichte lesen Sie hier: Evetta.

XBUS: Technische Daten und Preise

Daten und Preise zu sämtlichen XBUS-Versionen, auch dem Camper, finden Sie hier.

Für weitere aktuelle Neuvorstellungen, Fahrberichte und Tests klicken Sie bitte hier.