Mini Aceman im Test: Knuffig, agil und günstig?

Mini hat mit dem elektrischen Aceman einen attraktiven Kleinwagen auf den Markt gebracht. Und auch im ADAC Test schlägt er sich gut. Wo seine Stärken und seine Schwächen liegen, lesen Sie hier.
Stylisch: Der Aceman folgt ganz der Mini-DNA
Sportlich: Das Fahrerlebnis mit dem Aceman
Preiswürdig: Basisversion ab 29.700 Euro
In der Automobilbranche kann es manchmal ganz schön schnell gehen. Noch bis Ende 2023 war das Lamento über ein fehlendes Aufgebot an elektrischen Kleinwagen groß; massige Elektro-SUVs wie der Škoda Enyaq, der BMW iX oder der Hyundai Ioniq 5 schienen das E-Antriebssortiment zu dominieren.
Doch inzwischen sieht die Welt anders aus. Mehr als ein Dutzend elektrische Klein- und Kleinstwagen stehen mittlerweile beim Händler: Alfa Romeo Junior Elettrica, Citroën ë-C3, DS3 E-Tense, Fiat 600e, Fiat Grande Panda, Ford Puma, Hyundai Inster, Jeep Avenger Elektro, Opel Corsa Electric, Opel Mokka Electric, Peugeot e-208 und e-2008 sowie Renault 5.
Ganz zu schweigen von Preisbrechern aus China wie dem Leapmotor T03 oder dem BYD Dolphin Surf oder auch dem günstigsten E-Auto auf dem Markt, dem Dacia Spring.
Der Kampf der Hersteller um die Gunst der Käufer von Elektroautos ist also extrem hart. Und da ist der Volkswagen-Konzern mit seinen kommenden Kleinwagen VW ID.2, Škoda Epiq und Cupra Raval noch gar nicht dabei.
In diesem Haifischbecken tummelt sich der Mini Aceman. Ob der Elektro-Kleinwagen – der aus Kostengründen in einer Kooperation mit dem chinesischen Autobauer GWM gebaut wird – sich hier behaupten kann? Der ADAC Test gibt Antworten.
Aceman: Unverkennbar Mini

Nach den Papierwerten ist der Mini Aceman mit einer Karosserie von 4,08 Metern Länge etwas größer als der Cooper, aber kürzer als der Countryman. Offiziell firmiert der Neue als "Crossover" und in der Tat ist er auch etwas näher an der Straße als der Countryman, schaut dabei aber viel knuffiger aus. Der fesche optische Eindruck wird unterstützt, wenn ein farblich abgesetztes Dach und ebensolche Außenspiegel geordert wurden. So ist und bleibt auch der Aceman unverkennbar Mini.
Alles andere als mini sind die Platzverhältnisse innen. Gefühlt sind sie sogar erstaunlich gut: Die Kniefreiheit im Fond fällt für einen Kleinwagen bemerkenswert aus. Ist der Fahrersitz auf einen Menschen mit 1,85 Meter Körpergröße eingestellt, findet dahinter eine Person von ebenfalls 1,85 Meter noch bequem Platz, so die ADAC Messung.
Der Gepäckraum dagegen ist eingeschränkt: Lediglich 215 Liter nach ADAC Messmethode, und bei umgeklappten Rücksitzlehnen bis unters Dach vollgepackt 920 Liter, passen hier hinein. Das dürfte zwar im Alltag für viele Anwendungsfälle reichen, ist im Vergleich mit der Konkurrenz jedoch eher mäßig. Zumal ein zusätzliches Fach (Frunk) für das Ladekabel unter der Fronthhaube fehlt.
Bilder: Die Details des Mini Aceman

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Der Innenraum des Mini Aceman
Auch im Innenraum fällt die Mini-Designschule sofort ins Auge. Mit den für Mini typischen Kippschaltern lässt sich beispielsweise der Gang einlegen oder die Lautstärke anpassen. Das kreisrunde Zentraldisplay in der Mitte des Cockpits erinnert ein wenig an eine digitale Wanduhr, ist aber natürlich viel stylisher.
Der Sprachassistent, der auf das Kommando "Hey Mini!" hört und durch "Spike", ein kleines Displaymännchen, verkörpert wird, unterstützt bei den vielfältigen Bedienungsfunktionen. Man ist also (erfreulicherweise) nicht nur auf das zentrale Touchdisplay angewiesen.
Die vielfältigen Funktionen hier zu überblicken und treffsicher zu bedienen, gelingt kaum. Das Display wirkt überladen und da die ausführende rechte Hand auch keinen Halt findet, werden Eingaben während der Fahrt – insbesondere bei unebener Fahrbahn – zu einer herausfordernden Übung. Die Bedienung erfordert so viel Aufmerksamkeit, dass die Beobachtung des Verkehrsgeschehens zu kurz kommen kann. Darüber sollten die Mini-Entwickler sich noch mal neu Gedanken machen und entsprechende Änderungen vornehmen.
Die Materialqualität geht mit leichten Abstrichen in Ordnung. Nur die Verwendung von Billigplastik im unteren Bereich des Armaturenbretts, an den Türen und der Mittelkonsole stellt den Premium-Anspruch des Aceman ein wenig in Frage. Auch dass die Beifahrersonnenblende ohne ein Lämpchen daherkommt, ist gemessen am Anspruch unverständlich. Erwartungsgemäß gut ist der Sound der Harman-Kardon-Anlage, Prädikat "Extraklasse".
Fahrverhalten leicht irritierend

Nun aber endlich zum Fahreindruck – ein Mini wird ja nicht nur wegen der ungewöhnlichen Optik, sondern auch wegen des besonderen Fahrerlebnisses gekauft. Beim Aceman stehen zwei Akkuvarianten sowie daran gekoppelt zwei unterschiedliche Leistungsversionen zur Verfügung. Und zwar: Der Aceman E mit 42,5 kWh-Akku und 135 kW/184 PS Leistung sowie der Aceman SE mit 54 kWh-Akku und 160 kW/218 PS. Als mögliche Reichweiten werden 310 und 406 Kilometer genannt.
Zum Test stand die Topvariante SE zur Verfügung. Und die pfeilt sicher und präzise durch die Kurven, wie man es von Mini erwartet. Vor allem im sogenannten Gokart-Modus mit veränderter Gaspedalkennlinie und direkterer Lenkung.
Wie agil der Aceman sein kann, lässt sich im normalen Straßenverkehr kaum ausloten. Mit einer Leistung von 160 kW/218 PS hat er jedenfalls genügend Kraft für eine Menge Fahrspaß. Nach 7,1 Sekunden ist Tempo 100 erreicht, die Spitze liegt bei 170 km/h. Was will man mehr?
Es gibt tatsächlich etwas, das irritiert: Beim Test der vollen Beschleunigung aus dem Stand lassen die elektronischen Regelsysteme Radschlupf zu, wie die ADAC Ingenieure verwundert feststellten. Ein Mini mit durchdrehenden Rädern? Wieso denn das?
Die Antwort lieferte Fahrwerks-Entwickler Patrick Häussler schon bei der ersten Ausfahrt mit dem Mini Aceman: "Die Leute wollen das Auto spüren, sie wollen ein Feedback bekommen, wenn die Haftungsgrenzen erreicht sind. Also haben wir das so abgestimmt."
Im Ergebnis zieht der Aceman auf gerader Straße spürbar nach rechts und links, wenn das Strompedal durchgetreten wird. Ist die Fahrbahn nass, zeigt sich die Vorderachse schon bei deutlich weniger Stromeinsatz überfordert mit dem kräftigen E-Antrieb, wie die Test-Ingenieure protokollieren.
Ihr Rat: Setzt Radschlupf ein, sollte man das Lenkrad unbedingt fest mit beiden Händen umschlossen halten, sodass das Fahrverhalten kontrolliert beherrschbar bleibt, oder einfach weniger Gas geben. Oder im Menü die "Anfahrunterstützung" dazuschalten, dann klappt's ebenfalls besser.
Die Federung ist sehr straff
Für den Fahrspaß bei sportlicher Ambition eignet sich das Fahrwerk bestens, auf längeren Strecken hingegen dürfte es die meisten Insassen auf eine Belastungsprobe stellen. Die Abstimmung ist überaus straff. Lange Fahrbahnwellen kaschiert der Mini zwar gut, kürzere führen hingegen zum Stuckern und Wippen. Und wenn man Gullydeckel oder Kanten von Belagswechseln überfährt, reagiert der Aceman geradezu bockig. All das spricht für extrem steife Fahrwerkslager und Dämpfer.
Geringer Verbrauch, mäßige Reichweite

Sehr gut punktet der Mini Aceman beim Energieverbrauch. Im Zyklus des ADAC Ecotest ergab sich ein Wert von nur 15,5 kWh pro 100 Kilometer – der aktuell niedrigste Verbrauchswert aller vom ADAC getesteten Elektroautos. Trotz der erfreulichen Effizienz: Die vom ADAC ermittelte Reichweite von 365 Kilometern hebt den Aceman nicht aus der Masse der Konkurrenz heraus. Und bei der maximalen DC-Ladeleistung von 95 kW sieht die Sache um keinen Deut besser aus.
Auch manuelle Paddles am Lenkrad zum situationsgerechten Einstellen der Rekuperationsstärke, wie es sie bei Elektroautos von Hyundai, Kia und einigen anderen Herstellern ganz selbstverständlich gibt, enthält Mini seinen Kunden vor. Bidirektionales Laden ist weder an Bord noch technisch vorbereitet.
Erfreulich: Eine Wärmepumpe zur Energieeinsparung bei extremen Außentemperaturen ist serienmäßig an Bord. Die Routenführung auf der Langstrecke bezieht die Planung von notwendigen Ladestopps automatisch ein. Die Batterie wird zum Aufladen automatisch temperiert oder kann im Menü manuell vorkonditioniert werden.
Fazit: Viel Mini fürs Geld
Trotz der beschriebenen Kritikpunkte: Der Mini Aceman SE ist ein tolles Elektroauto und bekommt von den ADAC Ingenieuren die Technik-Note 1,9. Fahragil, schick designt mit etlichen Ausstattungsoptionen und Individualisierungsmöglichkeiten, was dem Testwagen die Note 2,2 im Preis-Leistungs-Verhältnis beschert. Antrieb und Fahrwerk machen richtig Laune, die Platzverhältnisse sind ordentlich.
Das hat uns gefallen: prima Fahrleistungen, gute Verarbeitungsqualität, angenehmer Einstieg, reichhaltige Serienausstattung bei Multimedia und Fahrerassistenz, kräftiger und sparsamer Antriebsstrang, sichere und agile Fahreigenschaften, gute Kindersitzeignung.
Das hat uns nicht gefallen: geringe Reichweite, ablenkungsintensive Bedienung, geringer Federungskomfort, Traktionsschwierigkeiten, Antriebseinflüsse in der Lenkung, kein bidirektionales Laden, kein Frunk, keine Höhenverstellung für Gurt und Kopfstützen.
Lesen Sie hier den ausführlichen Testbericht zum Mini Aceman SE Favoured Trim (160 kW) als PDF
Mini Aceman: Daten und Preise
Technische Daten (Herstellerangaben) | MINI Aceman SE Favoured Trim (ab 10/24) |
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Motorart | Elektro |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 160 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 218 |
Drehmoment (Systemleistung) | 330 Nm |
Antriebsart | Vorderrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 7,1 s |
Höchstgeschwindigkeit | 170 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | 394 km |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 14,4 kWh/100 km |
Batteriekapazität (Brutto) in kWh | 54,2 |
Batteriekapazität (Netto) in kWh | 49,2 |
Ladeleistung (kW) | AC:7,4-11,0 DC:95,0 |
Kofferraumvolumen normal | 300 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.005 l |
Leergewicht (EU) | 1.785 kg |
Zuladung | 450 kg |
Anhängelast ungebremst | 750 kg |
Anhängelast gebremst 12% | 750 kg |
Garantie (Fahrzeug) | Keine |
Länge x Breite x Höhe | 4.079 mm x 1.754 mm x 1.514 mm |
Grundpreis | 35.550 Euro |
Hier finden Sie alle Ausstattungsversionen und Preise des Mini Aceman.
ADAC Messwerte
ADAC Messwerte (Auszug) | Mini Aceman SE Favoured Trim |
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Überholvorgang 60 – 100 km/h | 3,5 s |
Bremsweg aus 100 km/h | 36,0 m |
Wendekreis | 11,2 m |
Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest | 15,5 kWh/100 km, 78 g CO₂/km (well-to-Wheel) |
Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne) | ***** |
Reichweite | 365 km |
Innengeräusch bei 130 km/h | 68,3 dB(A) |
Leergewicht / Zuladung | 1782 / 453 kg |
Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch | 215 / 570 / 920 l |
ADAC Testnoten
ADAC Testergebnis | MINI Aceman SE Favoured Trim (ab 10/24) |
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Karosserie/Kofferraum | 2,8 |
Innenraum | 2,7 |
Komfort | 3,0 |
Motor/Antrieb | 1,0 |
Fahreigenschaften | 2,6 |
Sicherheit | 1,4 |
Umwelt/EcoTest | 0,9 |
Gesamtnote | 1,9 |
sehr gut
0,6 - 1,5
gut
1,6 - 2,5
befriedigend
2,6 - 3,5
ausreichend
3,6 - 4,5
mangelhaft
4,6 - 5,5
John Cooper Works noch sportlicher

Wer es noch sportlicher haben will, kann zum John Cooper Works (JCW) greifen, den die Briten auf die Hantelbank geschickt haben. Der Antrieb stammt aus dem Mini JCW Electric und leistet auch im Aceman 190 kW (258 PS) und bis zu 350 Nm an Drehmoment.
Aus dem Stand marschiert der Brite in 6,4 Sekunden auf 100 km/h, dabei hat auch der JCW zum Teil Probleme mit der Traktion. Wie auch beim SE, gelangen die Reifen bei stärkeren Beschleunigungsversuchen an ihre Haftungsgrenze. Ist der Grip aber da, entfaltet der Motor seine Kraft sehr ordentlich.
Verglichen mit dem Aceman S geht Mini beim JCW einen interessanten Sonderweg. Im Gegensatz zum Aceman S ist die Lenkung des JCW nämlich leichtgängiger. Bei der Abstimmung des Fahrzeugs ist den Entwicklerinnen und Entwicklern nämlich aufgefallen, dass der Wagen mit weniger Kraftaufwand in der Lenkung sportlicher gefahren werden kann. Im Allgemeinen ist es genau anders herum.