Artega Karo: Erstritten – und verkauft

Artega Karo Isetta von vorne
Artega Karo: Optik Isetta, Antrieb elektrisch© Artega

Erst wollte die Firma Artega das Elektromodell Karo selbst bauen, zog deswegen sogar vor Gericht – nur um anschließend die Rechte zu verkaufen. Chronologie eines Possenspiels.

  • Streit um die elektrische Knutschkugel

  • Elektroantrieb mit 15 kW Leistung und bis zu 200 Kilometer Reichweite

  • Rechte an die Firma Electric Brands verkauft

Die Älteren unter uns erinnern sich meist noch sehr gut an die Isetta von BMW. 1954 wurde das lustig anzuschauende Micro-Gefährt mit knatterndem Einzylinder-Viertaktmotor vorgestellt. Kam zunächst mit 245 cm³ Hubraum und 12 PS, ab 1956 mit 295 cm³ und 13 PS. Ein- und Ausstieg über eine Klapptür am Bug. Das vergisst man nicht. Heute eine Legende.

Daran anzuknüpfen wäre eine gute Idee, dachte sich die Schweizer Unternehmer-Familie Outboter, die 2015 anfing, den "Microlino" zu entwickeln. Nur sollte der Microlino nicht von einem Viertaktmotor, sondern ganz zeitgemäß und zukunftsweisend elektrisch angetrieben werden.

BMW Isetta und Microlino – diese Vorgeschichte(n) muss man kennen, wenn man von dem Artega Karo spricht. Denn ohne diese beiden Vorbilder ist der Artega Karo nicht zu verstehen. Der Karo ist quasi ein Klon des Microlino: gleiche Idee, gleiches Konzept, gleiche Optik. Doch während der Microlino inzwischen gebaut und in kleiner Zahl an Kunden ausgeliefert wird, wartet der Artega immer noch darauf, das Licht der Welt zu erblicken.

Karo Verwirrspiel: Entwicklung, Rechtsstreit, Verkauf

Artega Karo Isetta von schräg hinten
Knuffig: Ins Heck sollen 280 Liter Gepäck passen!?© Artega

Zur Vorgeschichte: Der Microlino sollte nach ursprünglichen Plänen von dem italienischen Auftragsfertiger TWI in Serie produziert werden. Dann übernahm der deutsche Zulieferer und Hersteller Artega diese Aufgabe – und wurde so zum Mitentwickler.
Dann beginnt das nächste Verwirrspiel. Artega präsentiert auf der IAA 2019 in Frankfurt am Main ein dem Microlino stark ähnelndes Fahrzeug. Es kam, wie es kommen musste: zum Rechtsstreit: Der Rechtsstreit endete für Artega mit der außergerichtlichen Einigung, die Karo-Isetta als eigenständiges Produkt herstellen und vermarkten zu dürfen. Aus einer Retro-Isetta wurden plötzlich zwei.

Als wäre das nicht genug, entschied sich die Firma Artega Anfang 2022, ihre just erworbenen Rechte wieder zu veräußern. Nun, so heißt es, werde der Artega Karo unter dem neuen Namen Evetta von dem deutschen Start-up Electric Brands produziert und vertrieben.

Artega Karo knüpft an die Ur-Idee an

Innenansicht vom Artega Karo
Urig: Zweiersitzbank mit Kopfstützen und Gurten!© Artega

Fanden in der Ur-Isetta noch zwei Erwachsene und ein Kind Platz, so wären im Artega Karo nur noch maximal 200 Kilogramm Nutzlast und zwei Plätze vorhanden – im Gegensatz zu früher mit Sicherheitsgurten, dafür ohne Airbags. Der Gepäckraum war laut Hersteller für 280 Liter konzipiert und wäre durch die aufklappbare Heckscheibe von außen zugänglich. Der elektrische Antrieb sollte signifikant mehr als der Motor der BMW-Isetta leisten, die es auf maximal 9,6 kW/13 PS brachte. Die Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h hätte auch etwas höher gelegen, die Reichweite von maximal 200 Kilometern aber deutlich geringer.

Die Pläne werden wieder verworfen

Autotür vom Artega Karo, sieht wie bei der Isetta aus
Bitte einsteigen: Leichter gesagt als getan© Artega

Artega wollte die Isetta übrigens in Kooperation mit zwei Partnern auf den Markt bringen: Der Automobilzulieferer Paragon sollte neben Fahrzeugelektronik und Antriebstechnik auch die Infotainment- und digitalen Assistenzsysteme herstellen. Dessen Tochterunternehmen Voltabox ist auf hocheffiziente Lithium-Ionen-Batterien und deren Software-Management spezialisiert. Das robuste Stahl-Chassis hätte von Artega selbst hergestellt werden sollen. Doch aus diesen Plänen wurde nichts.

Aus, Schluss, vorbei

Artega Karo Isetta von der Seite
Chrom-Applikationen: Wo gibt es das sonst noch...© Artega

Denn Artega-Geschäftsführer Dieter Frers, der die Karo als preisgünstiges, grünes und nachhaltiges Mobilitätsangebot positionieren wollte, hat es sich anders überlegt. Jetzt darf man gespannt sein, was die Firma Electric Brands aus der Idee macht. Denn wie heißt es so schön: Gute Ideen setzen sich am Schluss immer durch.

Text: Karl Seiler/mid, Wolfgang Rudschies