Schnellladen Elektroauto: Die besten Modelle für die Langstrecke

Die Herstellerangaben für die Reichweite von Elektroautos und deren Schnellladefähigkeit sind in der Praxis ziemlich unbrauchbar. Helfen können nur realitätsnahe Messungen – wie sie der ADAC in seinen Autotests durchführt.
Warum E-Autos mal schnell und mal langsam laden
Bewertung der Langstreckentauglichkeit aller E-Autos
Aktueller Spitzenreiter: Porsche Taycan
Elektroautos stoßen auf der Langstrecke an Grenzen. Die Reichweiten eines sparsamen Diesel-Pkw sind bislang illusorisch. Den Akku wieder aufzuladen, dauert im Vergleich zum Tankvorgang beim Verbrenner ebenfalls deutlich länger. Das hindert viele Autofahrerinnen und -fahrer daran, auf ein Fahrzeug mit Elektroantrieb umzusteigen.
Doch Technik und Reichweiten der E-Autos werden besser und besser. Problem: Trotz aller Fortschritte bleibt die potenzielle Käuferschaft verunsichert. Und das hat mit den Angaben zu den Reichweiten und dem Verbrauch von Elektroautos zu tun, die die Hersteller machen. Man kann sich nämlich schlecht auf die Werte verlassen, die Abweichungen in der Praxis sind zum Teil sehr groß (siehe auch Artikel zu Testverbrauch und -Reichweite).
Auch die Angaben zur maximalen Ladeleistung, die den Ladevorgang eigentlich transparent machen sollen, sind wenig Vertrauen erweckend. Denn die Werte liegen bestenfalls am Anfang des Ladevorgangs mit niedrigem Akkufüllstand (SoC) an und nehmen mit ansteigendem SoC ab. Aber das erfährt der Kunde bzw. die Kundin nicht im Herstellerprospekt.
Wer exakte Informationen zu Elektro-Reichweiten und Ladekurven will, benötigt unabhängige Messungen. Die nimmt der ADAC mit jedem neuen Autotest vor. Hier die aktuellen Top 10 der langstreckentauglichen Elektroautos.
Top 10: E-Autos auf der Langstrecke
DC-Laden Top 10 Modelle | Gesamt-Reichweite mit einem Ladestopp | Reichweite mit vollem Akku (10% Restenergie) * | gewonnene Reichweite durch 20 Minuten Laden |
---|---|---|---|
981 km | 513 km | 468 km | |
931 km | 502 km | 429 km | |
859 km | 550 km | 309 km | |
835 km | 553 km | 282 km | |
825 km | 521 km | 304 km | |
806 km | 503 km | 303 km | |
801 km | 481 km | 320 km | |
792 km | 466 km | 326 km | |
786 km | 423 km | 363 km | |
783 km | 480 km | 303 km |
Als Maß für die Langstreckentauglichkeit hat der ADAC ein Szenario definiert, das eine Fahrt mit einem Stopp für eine Zwischenladung vorsieht. Die Gesamtreichweite in diesem Szenario setzt sich zusammen aus 90 Prozent der vom ADAC ermittelten Reichweite mit vollgeladenem Akku plus der Reichweite, welche in 20 Minuten nachgeladen werden kann. 90 Prozent der Reichweite wird deshalb als Basis genommen, weil der Akku bis zum Ladestopp ja nie komplett leer gefahren wird.
Aktueller Reichweitenkönig ist der Porsche Taycan Performance Plus mit dem 97-kWh-Akku. Der Taycan kommt mit einer 20-minütigen Ladepause auf eine Gesamtreichweite von 981 Kilometer. Mit 50 Kilometer weniger landet die heckangetriebene Version des Hyundai Ioniq 6 auf Platz 2.
Der Lucid Air, das E-Auto mit dem größten Akku an Bord (112 kWh), erklimmt den dritten Platz. Die besten Modelle aus China sind der reichweitenstarke Polestar 2 (Platz 7) sowie der Nio ET5 Touring (Platz 8).
Alle Reichweiten und Ladekurven
Die Messergebnisse aus dem ADAC Autotest zeigen, wie schnell die unterschiedlichen Elektroautos unter identischen Bedingungen laden. Und welche Modelle mit einem Ladestopp am weitesten kommen. Insgesamt 95 Modelle mit Elektroantrieb finden Sie hier mit Alltags-Reichweiten und den Ladekurven, die die tatsächliche Ladeleistung abbildet.
In dieser ausführlichen Tabelle sind die Modelle in der Reihenfolge der gemessenen Gesamtreichweite gelistet. Die zweite Spalte gibt die Reichweite bis zum ersten Ladestopp an (10 Prozent Restenergie im Akku), die dritte zeigt die Strecke an, für die das Auto in 20 Minuten nachladen kann.
Sehr gute Langstreckentauglichkeit (mehr als 750 Kilometer) beweisen 14 von 95 getesteten E-Autos. Darunter vier Modelle von Mercedes, zum Beispiel der Mercedes EQS, oder auch das Model X von Tesla. Gut auf der Langstrecke sind weitere 27 Modelle, vom Volvo XC40 bis zum MG4, der als kleine Überraschung gelten darf.
Wenn Sie durch Liste zu dem für Sie interessanten Modell scrollen und auf die Modellbezeichnung klicken, erscheint unter der Tabelle die gemessene Ladekurve zu ihrem Modell. Die Ladekurve zeigt genau, wie lange die Ladeleistung hoch bleibt bzw. wie schnell sie absinkt. Und das ist von Modell zu Modell sehr unterschiedlich.
Bewertung der Langstreckentauglichkeit | Gesamtreichweite mit 20 Minuten Ladedauer |
---|---|
voll langstreckentauglich | > 750 km |
langstreckentauglich | 600 bis 750 km |
langstreckentauglich mit etwas mehr Ladezeit | 500 bis 600 km |
bedingt langstreckentauglich | 400 bis 500 km |
kaum langstreckentauglich | < 400 km |
DC-Laden: Testmethodik
Um die Schwankungen der Ladeleistung von Elektroautos transparent zu machen, werden die Ladekurven aufgezeichnet. Um vergleichbare Bedingungen herzustellen, werden die Fahrzeuge über Nacht in einer 20 Grad warmen Testhalle vorkonditioniert, bevor die Messungen stattfinden.
Grundlage der Reichweitenmessung ist der gemischte Fahrbetrieb, mit einem Stadt-, einem Land- und einem Autobahnanteil, definiert nach dem realitätsnahen ADAC Ecotest-Zyklus.
Geladen wird im Test an einer 300 kW starken Schnellladesäule von Alpitronic, welche die meistverbreitete High-Power-Ladesäule (HPC) in Deutschland ist. Sofern es bei dem jeweiligen E-Auto möglich ist, wird die automatische Batteriekonditionierung über die Routenplanung angestoßen, bevor es an den Schnelllader kommt.
Wie stark die Ladeleistungen von Elektroautos während eines Ladevorgangs schwanken bzw. vom Maximalwert abweichen, ist abhängig vom momentanen Zustand der Akkuzellen und vom Eingreifen des Lademanagements. Ganz zu schweigen vom eklatanten Einfluss winterlicher Außentemperaturen, wie hier später noch ausgeführt wird.
Warum die Ladeleistung schwankt
Die Ladeleistung beim Schnellladen von Elektroautos ist nicht konstant über den gesamten Ladebereich. Die Ladeleistung beschreibt eine Kurve mit teils erheblichen Schwankungen.
Grundsätzlich erreicht die Ladekurve ihr Maximum bei geringeren Ladeständen und fällt dann mit zunehmendem Batteriestand immer weiter ab. Für diesen Verlauf gibt es technische Gründe: Je voller die Batterie geladen ist, desto weniger Leistung kann sie verkraften, ohne Schaden zu nehmen – entsprechend reduziert das Batteriemanagement die Ladeleistung.
Die so entstehende charakteristische Ladekurve wird jedoch von den Herstellern nur selten veröffentlicht. Meist wird lediglich die maximale Ladeleistung angegeben und die erwartbare Ladedauer, um einen weitgehend geleerten Akku wieder auf 80 Prozent zu füllen. Beide Werte werden in der Praxis, wenn überhaupt, nur unter idealen Bedingungen erreicht. So beobachten Fahrerinnen und Fahrer immer wieder, dass ihr E-Auto mal schneller, mal weniger schnell lädt.
Schwankende Ladeleistungen sind technisch bedingt und von den Entwicklern der Autos durchaus gewollt. Warum? Die beste Leistung erreicht eine Batterie in ihrer Wohlfühltemperatur. Wenn Zellen heiß zu werden drohen oder noch zu kalt sind, wird die Ladeleistung vom Batteriemanagement reduziert. Geschähe das nicht, würden die Zellen unter Umständen beschädigt, und der Akku verlöre seine volle Energiekapazität beziehungsweise seine garantierte Lebensdauer.
Die verschiedenen Ladestrategien
Aufzeichnungen der Ladekurven beim Laden an der High-Power-Säule (HPC) machen die Schwankungen transparent. Die maximale Ladeleistung wird meist nur für eine kurze Zeit erreicht. Mit zunehmendem Akkufüllstand regeln Elektroautos die Ladeleistungen sukzessive runter. Die Ladestrategien zur Schonung des Akkus fallen bei Modellen verschiedener Hersteller tatsächlich sehr unterschiedlich aus.
Entscheidend für die Geschwindigkeit des Aufladens ist nicht die zeitweilige Spitzenleistung, sondern wie stabil die Kurve über die gesamte Ladezeit verläuft. Erst daraus (und aus der Größe des Akkus natürlich) ergibt sich, wie lange der Ladestopp an der HPC-Säule dauert. Daher weisen die ADAC Tests von Elektroautos auch die durchschnittliche Leistung beim Laden von 10 auf 80 Prozent Batterieladestand aus – der beste Indikator, um die Ladeleistungen von Elektroautos miteinander zu vergleichen.
DC-Laden: Zwei Autos, halbierte Leistung!
Zu Stoßzeiten an der DC-Ladesäule lässt sich an Schnellladern unter Umständen nicht die komplette Power nutzen. Grund: Viele Ladesäulen splitten ihre Leistung auf, wenn hier zwei Fahrzeuge gleichzeitig laden.
Das heißt, an einer 150-kW-Säule stehen de facto nur 75 kW für jedes einzelne Auto parat. An 300-kW-Säulen gilt die Halbierung der Ladeleistung bei Doppelbelegung genauso. Nutzen Sie also, wenn es geht, eine DC-Säule, an der nicht schon ein anderes E-Auto lädt!
Problematisch: Schnellladen bei Kälte
Bei Minustemperaturen im Winter sehen die Ladekurven von Elektroautos deutlich schlechter aus als im Sommer – und die von den Herstellern genannten Ladedauern verlängern sich erheblich. Das zeigen Messungen des ADAC, bei denen exemplarisch Renault Zoe, Tesla Model Y, VW e-Up und VW ID.3 untersucht wurden. Ergebnis: Bei allen vier Testfahrzeugen ist die Ladeleistung teils signifikant reduziert.
Konkretes Beispiel: Statt mit zeitweilig 125 kW bei sommerlichen 23 Grad startet der VW ID.3 bei minus 7 Grad mit weniger als 50 kW und erreicht über die gesamte Zeit auch nicht die ideale Ladekurve eines warmen Akkus. Der Tesla erreicht diese immerhin ab 50 Prozent, jedoch heizt er zuerst ca. 18 Minuten lang die Batterie auf, bevor er überhaupt anfängt zu laden.
Das bedeutet: Tesla-Besitzerinnen und -Besitzer stehen mit einem nicht vorgeheizten Akku statt 33 nun 56 Minuten an der Ladesäule – 70 Prozent länger. VW ID.3-Fahrerinnen und -Fahrer brauchen 50 Prozent länger, Nutzerinnen und Nutzer eines Renault Zoe oder VW e-Up jeweils 40 Prozent länger, wenn sie mit einer durchgekühlten Batterie schnellladen wollen.
Die Hersteller kennen diese Probleme und arbeiten eifrig an Abhilfe: Immer mehr Elektroautos bekommen eine automatisierte Heizfunktion, um die Batterie vor einem Stopp an der Ladesäule vorzutemperieren. So hätte beispielsweise das Tesla Model Y auf einer geplanten Route mit eingeplantem Ladestopp seine Batterie vorgeheizt.
Allerdings wird die Batterieheizung häufig an die fahrzeugeigene Navigation gekoppelt. Das heißt: Nur wenn eine passende Ladesäule als Navigationsziel eingegeben ist, wird auch vorgeheizt. Ist die gewünschte Säule im Navi nicht enthalten, wird per Smartphone navigiert oder schlichtweg kein Ziel eingegeben, bleibt die Batterieheizung kalt, und der Ladestopp verlängert sich spürbar.
Chinesische Elektroautos von MG und Nio waren die Vorreiter, andere Hersteller ziehen nun vereinzelt nach: Per Knopfdruck kann dort die Batterie geheizt werden – denn am Ende weiß der Fahrer bzw. die Fahrerin selbst am besten, ob und wann es an die Schnellladesäule gehen soll. Hilfreich wäre für die manuelle Heizfunktion noch eine Zeitprognose, bis wann die Batterie auf die volle Schnellladeleistung konditioniert ist.
Trotz der offensichtlichen Relevanz der Akku-Temperatur für die Nutzerinnen und Nutzer werden sie darüber von den Herstellern bis auf wenige Ausnahmen im Dunkeln gelassen. Eine Batterietemperaturanzeige sollte eigentlich selbstverständlich sein, doch sucht man die bei fast allen Herstellern vergeblich.
SoC: Ab wann sollte geladen werden?
Die Ladekurven der Elektroautos zeigen, dass Fahrzeuge mit gut gefülltem Akku langsamer Energie aufnehmen: Ab 80 Prozent Füllstand lässt das Batteriemanagement nur noch sehr geringe Ladeströme zu.
Wie aber sieht es aus, wenn der Ladezustand des Akkus (Fachbegriff SoC = State of Charge) 50 Prozent beträgt? Welche Ladeleistung lässt das Batteriemanagement jetzt zu? Lohnt sich nun ein Stopp? Oder ist das zeitlich eher ineffektiv?
Auch hier zeigen die untersuchten Modelle eine deutlich schwächere Ladeleistung: Im definierten Ladevorgang (10 auf 80 Prozent SoC) lädt der gemessene VW ID.3 bei 50 Prozent Akkustand noch mit 100 kW. Wird er dagegen schon bei 50 Prozent SoC angesteckt, beginnt er mit nur rund 60 kW zu laden.
Ähnlich verhalten sich die Ladekurven bei den drei anderen gemessenen Autos. Somit ist es am zeiteffizientesten, wenn der Ladevorgang bei möglichst geringem Batterieladestand gestartet wird.
Schnellladen: Tipps für E-Auto-Fahrende
Je besser die Schnellladefunktion ist, umso flexibler kann ein Elektroauto im Alltag sowie für längere Strecken genutzt werden.
Vor dem Kauf sollte man überlegen, wie häufig ein Fahrzeug für Strecken über die Fahrzeugreichweite hinaus eingesetzt werden soll. Je häufiger, desto wichtiger ist die Qualität der Schnellladefunktion.
Die Schnellladefunktion sollte immer mitbestellt werden, falls diese nicht zum Serienumfang gehört.
Um zeiteffizient unterwegs zu sein, sollte der Ladevorgang bei geringem Batterieladestand starten und nur bis 80 Prozent aufgeladen werden. Darüber hinaus dauert das Laden unverhältnismäßig lang.
Wer häufig längere Strecken fährt, sollte ein E-Auto mit einer Gesamtreichweite inklusive 20-minütigem Ladestopp von 600 Kilometer oder mehr wählen.
Zur Schonung der Antriebsbatterie sollte nur dann schnellgeladen werden, wenn es wirklich erforderlich ist.
Bei kalten Temperaturen ist es sinnvoll, die Batterie vorzutemperieren bzw. längere Ladezeiten einzukalkulieren.
ADAC Empfehlungen an die Hersteller
Die Angaben zur Dauer des Schnellladens sollten einheitlich gestaltet werden: stets bezogen auf einen SoC von 10 bis 80 Prozent.
Die maximale Ladeleistung allein ist wenig aussagekräftig. Es sollte immer auch die durchschnittliche Ladeleistung von 10 bis 80 Prozent angegeben werden – einmal für den Sommer, einmal für den Winter.
Eine Batterieheizung sollte serienmäßig bei allen Elektroautos verbaut werden.
Die Batterieheizung sollte möglichst manuell aktivierbar sein. Eine Zeitprognose bis zur idealen Temperatur für Schnellladevorgänge ist wünschenswert.
Eine automatische, routenbasierte Batterieheizfunktion ist optional hilfreich.
Dem Fahrer bzw. der Fahrerin sollte die Batterietemperatur angezeigt werden.
Video: So funktioniert das Schnellladen
Studienbericht und fachliche Beratung: Luis Kalb, Matthias Vogt, ADAC Technik Zentrum