Test Polestar 2: Das kann der Elektro-Volvo aus China
Das Elektroauto Polestar 2 bietet viel High-Tech und eine Menge Fahrspaß. Für das Modelljahr 2024 wurde es kräftig überarbeitet. Alle Infos zu den Änderungen, Preise, Reichweite, technischen Daten plus die PDFs zu den ADAC Tests von 2021 und 2022
Überarbeitung: Heck- statt Frontantrieb, Leistung bis 476 PS
Akkus mit 69 kWh und jetzt 82 kWh
Preise ab 50.775 Euro für das einmotorige Modell
Thomas Ingenlath – in einer Person Chefdesigner und Vorstandsvorsitzender der Elektromarke Polestar – weiß, worauf er bauen kann: Erstens auf den chinesischen Automobilhersteller Geely, der als Eigner von Polestar das finanzielle Durchhaltevermögen besitzt. Zweitens auf die schwedische Mutter-Marke Volvo, die das technische Knowhow zur Verfügung stellt. Drittens auf die Erfahrung und das Netzwerk eines Konzerns, der die notwendige industrielle Infrastruktur beherrscht.
Polestar 2 mit unverwechselbarem Design
Während die Konkurrenz in erster Linie auf hochbeinige SUV setzt und damit mehr oder weniger beliebig wirkt, überzeugt die Karosserie des Polestar 2 auch nach dem Facelift mit Klarheit und Bestimmtheit. Trotz des im Fahrzeugboden untergebrachten Akkupakets bleibt der Polestar 1,48 Meter flach und damit der Form einer klassischen Limousine verpflichtet.
Ein Nachteil ist geblieben, nämlich der nach ADAC Messmethode nur 340 bis maximal 715 Liter fassende Kofferraum. Immerhin erleichtert die große Heckklappe das Einladen von sperrigem Transportgut. Unter dem Kofferraumboden gibt es noch etwa 45 Liter Stauraum, der sich für kleinere Utensilien gut eignet. Und im Vorderwagen befindet sich ein 35-Liter-Fach, in dem sich die zwei Ladekabel verstauen lassen und so nicht im hinteren Gepäckabteil herumfliegen oder im Weg liegen.







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Mehr Power am Schnelllader
Das umfangreiche Facelift 2023 hatte gute Gründe. Denn mit den Fähigkeiten neuer Wettbewerber wie dem BYD Seal – und dem preisgesenkten Nimbus des Platzhirschen Tesla Model 3 – konnte die kantige Limousine in ihrer bisherigen Form nicht mehr mithalten. Darum hat Polestar das Fahrzeug an neuralgischen Stellen nachgeschärft. Und das ist ab dem ersten Meter zu spüren.
Genau genommen sogar schon vorher. Denn mit jetzt bis zu 205 kW Ladeleistung am Schnelllader ist der Polestar deutlich schneller wieder vollgesogen als sein chinesischer Konkurrent von BYD. Muss er auch, weil die Akkukapazität jetzt mehr Füllung zulässt. Mit der nutzbaren Batteriekapazität von 79 kWh in der Long Range-Version (echte 67 sind es in der Basis) können laut Norm maximal 655 Kilometer Reichweite geladen werden. Beim Allradmodell und erst recht in der Performance-Variante sind es natürlich weniger Kilometer. Dafür aber sportlichere. Zur Orientierung: In den zwei ADAC Tests vor der Überarbeitung kamen die Polarsterne 395 und 480 Kilometer weit.
Mit Heckantrieb zur Fahrmaschine mutiert
Dem Polestar 2 tut die größte Umstellung technischer Art spürbar gut: Das Modell fährt nun analog zu den Volvo-Verwandten mit Heck- statt Frontantrieb vor. Auch die Wettbewerber im elektrischen Segment setzen auf diese Antriebs-Priorität. Spätestens die erste zackig gefahrene Kurve belegt: Hier kommt eine Fahrmaschine. Straff abgestimmt und mit bester Übertragung jeder Feinheit des Geläufs an die Hände am Steuer. Jetzt geht's bei entsprechender Geschwindigkeit mit dem Heck leicht Richtung Kurvenrand, spürbar eingreifende Assistenten fangen aber Übermut rechtzeitig ein.
Und zu Übermut könnte der Polestar 2 durchaus verleiten, vor allem in seiner Topvariante. Bietet schon die Basis (ab 50.775 Euro) mit 272 PS und 490 Newtonmetern Drehmoment nicht gerade Schonkost, so wird der noch einmal angespitzte Performance-Allradler ein echter Sportwagen: 476 PS und ein maximales Drehmoment von 740 Newtonmetern schießen den Fahrer samt Auto in 4,2 Sekunden auf Tempo 100. Aber auch diese Schnellstarts sind dank ausgewogenem Fahrwerk sehr gut zu beherrschen. Ein reiner Geradeausfahr-Poser ist der Polestar nicht.
Polestar 2: Fahrleistungen wie ein Sportwagen

Allerdings auch kein Preisbrecher. Für die Topversion möchte Polestar 65.275 Euro auf den Ladentisch bekommen. Wer sinnvolle Assistenten wie einen adaptiven Tempomaten (leider ohne automatische Anpassung an Geschwindigkeitsbeschränkungen) und bessere Scheinwerfer haben möchte, legt noch einmal 2500 Euro für das Pilot-Paket drauf, Harman-Kardon-Anlage, allerlei elektronische Komfortextras und ein Panorama-Glasdach kosten im Plus-Paket weitere 4800 Euro. Damit verabschiedet sich das Angebot endgültig aus den Preissphären von Tesla und BYD. Selbst ein Nio ET5 mit 100 kWh-Akku ist dann etwas günstiger.
Aber es geht ja eben auch volkstümlicher – und schon in der Basis ist der Polestar 2 ein absolut wohnliches und mehr als genügend leistendes Fahrzeug. Durchdrehende Vorderräder bei dynamischer Beschleunigung sind anders als bisher kein Thema mehr. Und mit auf 205 Stundenkilometern angehobener Endgeschwindigkeit bewegt sich schon die Basis bei Bedarf in der Spitzengruppe der Konkurrenten. Dennoch verspricht der Hersteller 14,9 bis 15,9 kWh Verbrauch auf 100 Kilometer – erheblich weniger als bisher. Auch der Allradler liegt mit 15,9 bis 17,2 kWh deutlich unter dem bisherigen Durst.
Allerdings nur dann, wenn sich der Kunde auch vorausschauend und mit subtilem Einsatz des Strompedals gleiten lässt. Angesichts der neuen Spielmöglichkeiten mit dem Zweitonner kein einfaches Unterfangen. Bei der ersten Testfahrt über Land und durch die Stadt hat der Wagen denn auch bei sportlicher Fortbewegung die angegebenen Zielwerte deutlich verfehlt. Die gleiche Runde mit bravem Verhalten – und der Verbrauch ist wie versprochen.
Feine Software: Google Android-Automotive
Eine Punktlandung ist nach wie vor die Software, gerade in Zeiten der digital vernetzten Infotainment-Systeme ein wichtiges Kaufargument. Die tiefe Integration von Googles Android-Automotive, da war Polestar Pionier, begeistert auch ein paar Jahre nach der Premiere noch. Der große Hochkant-Touchscreen reagiert schneller als viele Wettbewerber auf ganz normal gesprochene Wünsche von Navigation über Streaming. Nur bei der Ladesäulenplanung macht Tesla noch einen etwas besseren Job – nicht zuletzt wegen der eigenen Infrastruktur.
Und dank des hochwertigen und stilvollen Interieurs ist der Polestar 2 ein Hingucker und Handschmeichler. In der Innenraumgestaltung ist die Verwandtschaft zu dem Konzernbruder Volvo-SUV XC40 unverkennbar. Er steht ja auch auf der gleichen Plattform von Mutterkonzern Geely. Einziger Kritikpunkt ist die sehr breite Konsole zwischen den Vordersitzen. Größere Reisende könnten sich da ein wenig beengt fühlen. Sonst geht es luftig zu, auch auf den Rücksitzen.
Mit veganen Stoffen, kohlenstoffarmem Aluminium in Rädern und Batterieträger oder der Umstellung auf Strom aus erneuerbaren Energien im chinesischen Werk will Polestar zudem den nachhaltig interessierten Kunden überzeugen. Angesichts rapide wachsender Konkurrenz auch aus dem eigenen Hause mit Marken wie Zeekr oder Lynk & Co ist auch das eine Facette, die dem Polestar 2 gut tut für die nächsten Modelljahre.
Polestar 2: Technische Daten, Preise
Technische Daten (Herstellerangaben) | Polestar 2 Standard Range Single Motor (69 kWh) (ab 07/23) | Polestar 2 Long Range Single Motor (82 kWh) (ab 07/23) | Polestar 2 Long Range Dual Motor (82 kWh) (ab 07/23) | Polestar 2 Long Range Dual Motor (82 kWh) Performance Paket (ab 07/23) |
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Motorart | Elektro | Elektro | Elektro | Elektro |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 200 | 220 | 310 | 350 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 272 | 299 | 421 | 476 |
Drehmoment (Systemleistung) | 490 Nm | 490 Nm | 740 Nm | 740 Nm |
Antriebsart | Hinterrad | Hinterrad | Allrad | Allrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 6,4 s | 6,2 s | 4,5 s | 4,2 s |
Höchstgeschwindigkeit | 205 km/h | 205 km/h | 205 km/h | 205 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | 546 km | 655 km | 593 km | 568 km |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km | 0 g/km | 0 g/km | 0 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 14,0 kWh/100 km | 14,0 kWh/100 km | 17,0 kWh/100 km | 17,0 kWh/100 km |
Batteriekapazität (Brutto) in kWh | 69,0 | 82,0 | 82,0 | 82,0 |
Batteriekapazität (Netto) in kWh | 67,0 | 78,0 | 78,0 | 78,0 |
Ladeleistung (kW) | AC:11,0 DC:135,0 | AC:11,0 DC:205,0 | AC:11,0 DC:205,0 | AC:11,0 DC:205,0 |
Kofferraumvolumen normal | 405 l | 405 l | 405 l | 405 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.095 l | 1.095 l | 1.095 l | 1.095 l |
Leergewicht (EU) | 2.015 kg | 2.069 kg | 2.188 kg | 2.188 kg |
Zuladung | 375 kg | 421 kg | 412 kg | 412 kg |
Anhängelast ungebremst | 750 kg | 750 kg | 750 kg | 750 kg |
Anhängelast gebremst 12% | 1.500 kg | 1.500 kg | 1.500 kg | 1.500 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 2 Jahre | 2 Jahre | 2 Jahre | 2 Jahre |
Länge x Breite x Höhe | 4.606 mm x 1.859 mm x 1.479 mm | 4.606 mm x 1.859 mm x 1.479 mm | 4.606 mm x 1.859 mm x 1.479 mm | 4.606 mm x 1.859 mm x 1.473 mm |
Grundpreis | 50.775 Euro | 54.475 Euro | 58.775 Euro | 65.275 Euro |
Mit Material von SP-X
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