Byton M-Byte: Aus, schluss, vorbei
Es hätte eine große Erfolgsgeschichte werden sollen. Aber nun scheint das Schicksal des Byton M-Byte besiegelt zu sein. Der deutsche Standort ist insolvent, die Chinesen ziehen sich zurück
Digital-Cockpit mit Riesenbildschirm als Zukunftsversprechen
Batterien mit 72 und 95 kWh; wahlweise 200 oder 300 kW Leistung
Wiederbelebung des Byton M-Byte mehr als fraglich
Als Byton 2018 auf der CES in Las Vegas sein Messedebüt gab, staunten die Gäste Bauklötze. Das Auto-Start-up aus China versprach, alles besser zu machen als die etablierten Hersteller. Autonom und elektrisch fahren, die Bedienung revolutionieren, keine Schlüssel mehr dank Gesichtserkennung.
Der M-Byte – eine Mischung aus SUV und Van mit zukunftsträchtigem elektrischen Antrieb – war so gut wie fertig entwickelt. Es fehlten nur noch die letzten technischen Feinabstimmungen. Weitere Modelle von Byton waren schon in der Pipeline. Dann brach Corona in China aus. Investoren zogen ihre Zusagen zurück. Plötzlich fehlte das nötige Geld.
Zur Jahreswende 2020/2021 wurde vermeldet, dass Byton einen neuen Investor gefunden habe. Die Firma Foxconn, bekannt als Auftragsfertiger für das Apple-iPhone, wolle 200 Millionen Dollar investieren, damit der M-Byte bald in Serie gehen könne. Von einem Produktionsbeginn in China Anfang des Jahres 2022 war die Rede.
Dann der Kollaps. Die Unternehmensführung in China versinkt im Chaos. Das Designzentrum in München wird geschlossen. Das zuständige Gericht ordnet ein Insolvenzverfahren in Deutschland ein. Ob und wie es weitergehen könnte, weiß niemand zu sagen. Verlässliche Aussagen von der Unternehmensführung in China sind schon lange nicht mehr zu bekommen. Im Gegensatz zu vielen anderen Autoherstellern mit chinesischem Geld und chinesischem Management – Beispiele: Nio oder BYD – scheint das Firmenkonstrukt von Byton unterzugehen.
"Ein Elektroauto muss bequem sein"
Dass der M-Byte ein wirklich innovatives und beeindruckendes Auto hätte werden können, davon hatten wir uns bei mehreren Gelegenheiten überzeugen können. Entwicklungschef David Twohig ging mit einer Philosophie daran, die ganz anders ist als die von Tesla & Co. Sein Credo: "Ein Elektroauto muss bequem sein." Nur, weil jedes Elektroauto dank unmittelbarer Kraftübersetzung beschleunigen könne wie ein Sportwagen, müssten die Ingenieure es noch lange nicht so auslegen. "Sonst machen die Autos am Ende nur dem Fahrer Spaß", so Twohig.
Und weil der M-Byte zunächst vor allem in chinesischen Stauhochburgen wie Schanghai oder Peking unterwegs sein sollte, verlor das Thema Fahrdynamik noch mehr an Bedeutung. Die Entwickler legten deshalb viel Wert auf Komfort und sanftes Dahingleiten. Folge: Die Insassen fühlen sich bei der Fahrt im Prototyp eher wie in einer traditionellen Oberklasse-Limousine – und nicht wie in einem Elektro-Renner.
460 Kilometer Reichweite nach WLTP
Trotzdem war der M-Byte alles andere als eine lahme Hütte. Schließlich war geplant, dass er entweder mit Heckantrieb und 200 kW oder mit Allrad und 300 kW ausgestattet wird. Das reicht, um den 2,5 Tonnen schweren Wagen mit gehörigem Nachdruck zu beschleunigen. 5,5 Sekunden gibt der Hersteller für die stärkere Allradversion für den Spurt von null auf 100 km/h an. Und erst bei 190 km/h ist Schluss.
Die leistungsschwächere Version mit Heckantrieb (RWD) und 72-kWh-Akku sollte gemächlich gefahren bis zu 360, mit 95-kWh-Akku 460 Kilometer weit kommen. Die Topvariante mit Allrad 435 Kilometer. Die maximale Ladeleistung ist an der DC-Schnellladesäule (Gleichstrom) je nach Ausführung des M-Byte entweder mit 120 oder 150 Kilowatt ausgelegt. Das wären durchaus konkurrenzfähige Werte verglichen mit Audi e-tron, Jaguar i-Pace und Mercedes EQC.
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Ein Bildschirm als Zukunftsversprechen
Herausragend ist das futuristische Ambiente mit der riesigen Bildschirmlandschaft. Sie besteht aus Touchscreens in der Armlehne zwischen den Sitzen, im Lenkrad und am Armaturenbrett. Dort erstreckt sich das Display über die komplette Fahrzeugbreite.
Allerdings ist das Geflimmer arg gewöhnungsbedürftig: Während sich das Tablet in der feststehenden Nabe des Lenkrads überraschend gut bedienen lässt, bindet der riesige Screen unter der Scheibe gefährlich viel Aufmerksamkeit. Außerdem behindert er den Blick auf die Straße, speziell direkt vor die Haube.
Der Hersteller entgegnete auf die Kritik, dass sich jeder Fahrer den Schirm so konfigurieren könne, wie er es haben möchte. Außerdem seien die Anzeigen auch reduzierbar und die Helligkeit individuell dimmbar.
Byton M-Byte: Von China in die Welt?
Dass Käufer in Europa existentiell seien für den Erfolg von Byton, das hätten Marktanalysen vorab ergeben. Die Verhandlungen mit möglichen Vertriebspartnern in Deutschland waren schon weit gediehen. Der erste europäische Showroom sollte in Zürich eröffnet werden, hieß es. Nun zumindest das vorläufige Aus.
Die Gründe für den Zusammenbruch sind vielfältig. Ein Großserienauto auf die Straße zu bringen kostet irrsinnig viel Geld und fordert eine klare Unternehmensstrategie. Beides scheint Byton abhanden gekommen zu sein. Und das, obwohl das Auto so gut wie serienfertig war und die Fabrik in China zur Produktion bereitstand. Mit Presswerk und allem, was dazu gehört.
Byton M-Byte RWD | Byon M-Byte AWD | |
---|---|---|
Motor | Elektromotor, 200 kW/272 PS, 410 Nm | Elektromotor, 300 kW/408 PS, 325 Nm Vorderachse + 410 Nm Hinterachse |
Batteriekapazität / DC-Ladeleistung max. | 72 oder 95 kWh / 120 oder 150 kW | 95 kWh / 150 kW |
Fahrleistungen | 7,5 s auf 100 km/h, 190 km/h Spitze | 5,5 s auf 100 km/h, 190 km/h Spitze |
Reichweite nach WLTP | 360 km oder 460 km | 435 km |
Maße | L 4,88 / B 1,97 / H 1,67 m | L 4,88 / B 1,97 / H 1,67 m |
Kofferraum | 550 - 1450 l | 550 - 1450 l |
Preis | 53.550 € (incl. MwSt.) | k. A. |
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Text: Thomas Geiger, Wolfgang Rudschies