Jaguar I-Pace: Der Elektro-SUV im Auto- und Crashtest

Der elektrische I-Pace mit typischem Jaguar-Grill
Der elektrische I-Pace mit typischem Jaguar-Grill© Jaguar

Der Jaguar I-Pace ist ein 400 PS starker Elektro-SUV, der in 4,8 Sekunden auf 100 km/h schnellt. Er soll mit großer Reichweite, tollen Fahrleistungen und viel Sicherheit überzeugen. Im Autotest musste er zeigen, wie gut er tatsächlich ist.

  • 90-kWh-Batterie ermöglicht 365 Kilometer Reichweite im ADAC Ecotest

  • Fahrspaß: Dynamik und Fahrleistungen wie bei einem Sportwagen

  • Hoher Preis für den eleganten Briten: ab 76.815 Euro

"Wer kann von Reichweitenangst betroffen sein?" Diese Frage trieb dem Kandidaten bei Günther Jauch die Schweißperlen auf die Stirn. Er entschied sich falsch und musste bei "Wer wird Millionär?" gehen. Ein E-Autofahrer hätte die 1000-Euro-Antwort gewusst. Denn wer die oft recht magere Fahrdistanz auf der Autobahn oder im Winter rasend schnell dahinschmelzen sieht, kennt die Angst, mit leerem Akku stehenzubleiben. Als Gegenmittel hilft nur ein E-Auto mit dicker Batterie.

Zwar gibt es schon einige mit annehmbarer Reichweite, etwa der aktuelle Spitzenreiter Mercedes EQS, der Porsche Taycan oder Kandidaten wie der Hyundai Kona, der Kia e-Niro und der Renault Zoe. Nicht zu vergessen natürlich  Tesla Model STesla Model 3 und das  Model X. Schafft auch der Jaguar I-Pace einen alltagstauglichen Wert? Der Hersteller verspricht bis zu 470 Kilometer mit einer Akkuladung. Ist also auch beim eleganten Briten die Reichweitenangst kein Thema?

Reichweite im ADAC Ecotest: 365 Kilometer

Mix aus SUV und Limousine: Der 4,68 Meter lange I-Pace © Jaguar

Grundsätzlich ja. Denn mit seiner 90 kWh-Batterie, die komplett im Unterboden verbaut ist, kann der Brite aus dem Vollen schöpfen. Wer nicht die maximale Geschwindigkeit von 200 km/h ausreizt, sondern höchstens 140 km/h fährt, braucht die Reichweitenanzeige kaum im Auge zu behalten. Zum Vergleich: Ein elektrischer (und viel kleinerer) Mazda MX-30 hat nur 35,5 kWh. Doch auch beim Jaguar existiert die nach dem neuen WLTP-Zyklus gemessene Reichweite im Grunde nur auf dem Papier. Es mag sein, dass Sparkünstler mit einem Auto in Basisausstattung, kleinen Rädern (18 bis 22 Zoll sind beim I-Pace möglich) und bei günstigen Bedingungen (dauerhaft 50 km/h im fließenden Verkehr, 20 Grad Außentemperatur) auf 470 Kilometer kommen.

Doch unter normalen Umständen sind höchstens 400 Kilometer drin, wie unsere Testfahrten gezeigt haben. Nicht schlecht, aber eben nicht der werbewirksam versprochene Wert. Im Alltag kann’s einem aber egal sein, die Reserve ist groß genug, um zur nächsten (Schnell-)Ladestation zu gelangen.

Im standardisierten ADAC Ecotest, dem sich alle Fahrzeuge – ob Verbrenner oder Elektroauto – gleichermaßen unterziehen müssen, schaffte der Brite 365 Kilometer. Für ein Elektroauto immer noch ein guter Wert, doch ein Reichweitenwunder ist der Jaguar nicht. Grund ist sein hoher Verbrauch, der noch höher ausfällt, wenn die Ladeverluste einkalkuliert werden: Im ADAC Test mussten bei komplett leerer 90-kWh-Batterie 100,8 kWh nachgeladen werden. Auf 100 Kilometer umgerechnet bedeutet das einen Stromverbrauch von 27,6 kWh.

Theoretisch kann der I-Pace mit 100 kW laden

Das Laden sollte recht flott klappen – theoretisch kann der I-Pace mit inzwischen im Wettbewerbsumfeld nicht mehr wirklich berauschenden 100 kW aufgeladen werden, so dass eine Vollladung in knapp einer Stunde erledigt wäre. Mit dem Schuko-Stecker an der gewöhnlichen Haushaltssteckdose kommt man jedenfalls nicht sonderlich weit: Hier bräuchte eine volle Ladung mehr als 40 Stunden. Enttäuschend war bei den ersten Modellen, die bis Juni 2020 gebaut wurden, dass sie an einer gewöhnlichen Ladesäule mit 22 kW nur sieben kW ziehen konnten. Das hat sich mittlerweile geändert. Serienmäßig kann der I-Pace nun dreiphasig mit 11 kW laden.

Dass es sich in dem Jaguar-SUV so entspannt wie in kaum einem anderen Auto fährt, liegt nicht nur an der großen Akku-Reserve. Es herrscht eine wohltuende Stille – Balsam für die Seele gestresster Autofahrer. Seine beiden Elektromotoren arbeiten flüsterleise, der I-Pace setzt sich nahezu lautlos in Bewegung. Sie leisten jeweils 200 PS und sitzen an Vorder- und Hinterachse, so dass alle vier Räder angetrieben werden.

Mit insgesamt 400 PS ist der I-Pace so reichlich mit Kraft gesegnet, dass er bei jedem beherzten Druck auf das Fahrpedal spontan nach vorne schießt und die Insassen eindrucksvoll in die opulenten Sessel presst. Bei einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 4,8 Sekunden fährt der Brite auch reinrassigen Sportwagen um die Ohren – mit einer Lockerheit, die nach wie vor fast schon irreal wirkt.

Leichtfüßig trotz 2,2 Tonnen Leergewicht

Der tiefe Schwerpunkt des I-Pace sorgt für eine gute Straßenlage © Jaguar

Knapp 700 Nm Drehmoment sind schon beim Anfahren abrufbar und lassen schnell vergessen, dass man in einem 2,2 Tonnen schweren Fahrzeug sitzt. Weil das Gewicht mit 50:50 auf Vorder- und Hinterachse gut verteilt ist und der Schwerpunkt durch die Batterie im Unterboden weit unten liegt, ist das Fahrverhalten des I-Pace beeindruckend. Er schnürt wie auf Schienen mit aberwitzigem Tempo durch die Kurven, hat dabei kaum Seitenneigung (der Testwagen war mit Luftfederung ausgestattet) und lässt noch nicht mal die Reifen quietschen. Die Fahrsicherheit ist enorm: Den ADAC Ausweichtest durchfährt der I-Pace stets gut beherrschbar. Solch eine Straßenlage kennt man sonst nur von Supersportwagen, die ihre Fahrdynamik aber immer mit einem brettharten Fahrwerk erkaufen. Nicht so beim I-Pace, der mit dem Federungskomfort der oberen Mittelklasse verwöhnt.

"Die zwei Elektromotoren sorgen für eine ideale Drehmomentverteilung", sagt Wolfgang Ziebart, der Vater des I-Pace. Wo also andere Autos durch ESP-Eingriffe das Auto einbremsen, schickt der I-Pace das Drehmoment genau zu dem Rad, wo es gebraucht wird. Der Wagen wird stabilisiert und kommt erst gar nicht in den Grenzbereich.

Noch einen Nebeneffekt haben die zwei Motoren: Geht man vom Gas oder bremst, kann der Jaguar wesentlich mehr Energie zurückgewinnen ("Rekuperation") als andere E-Autos. Selbst bei zackiger und wenig vorausschauender Fahrweise ist der Energieverlust also gering.

Ein Raumwunder mit nur 4,68 Meter Länge

Im Fond herrschen sehr gute Platzverhältnisse © Jaguar

Weil der I-Pace immer Allradantrieb hat und bei den Versionen mit Luftfederung auch die Bodenfreiheit erhöht werden kann, eignet er sich sogar fürs Gelände, kraxelt unbeeindruckt geröllhaltige Steigungen hoch, pariert (seichte) Wasserdurchfahrten und wühlt sich durch den Schlamm. Auch das ist für ein Elektroauto keine Selbstverständlichkeit. Die meisten Käufer werden im Briten aber eher einen komfortablen Reisewagen sehen. Auf überschaubaren 4,68 Metern Länge (ein BMW X5 ist 21 Zentimeter länger) bietet er fünf Personen so viel Raum wie ein deutlich größeres Fahrzeug, Jaguar spricht sogar von Platzverhältnissen wie in einem XJ.

Die ADAC Messwerte sehen etwas differenzierter aus: Vorn reicht das Platzangebot für etwas über 1,90 Meter große Personen, wobei nur die Beinfreiheit limitierend ist, die Kopffreiheit würde auch für knapp 2,15 Meter große passen. Und im Fond? Sind die Vordersitze für 1,85 Meter große Menschen eingestellt, hätten auf den Rücksitzen auch Zwei-Meter-Riesen Platz – doch wegen der eingeschränkten Kopffreiheit hinten fühlen sich dort nur bis zu 1,90 Meter große Personen wirklich wohl.

Der Kofferraum schluckt laut Jaguar 656 bis 1453 Liter. Doch nach ADAC Messung passen bis unter die Kofferraumabdeckung nur magere 370, dachhoch immerhin 490 und umgeklappt bis zu 1330 Liter. Unter der Fronthaube befindet sich zusätzlich ein kleines Gepäckfach mit 27 Litern, doch für mehr als das Ladekabel eignet sich der kleine Schacht nicht.

Die Bedienung ist gewöhnungsbedürftig

Klare Angaben auf dem Display hinter dem Lenkrad © Jaguar

Auf dem Fahrersitz findet sich schnell eine passende Sitzposition, die Automatik wird über Knöpfe statt über einen Hebel gesteuert und gleich drei Bildschirme informieren den Fahrer. Das Display hinter dem Lenkrad wirkt recht übersichtlich und wo der Touchscreen auf der Mittelkonsole anfangs noch mit unstrukturierten Menüs verwirrt hat, hat Jaguar zum Modelljahr 2021 aufgeräumt und es dem Fahrer etwas leichter gemacht. Zuletzt zog auch noch Alexa in den I-Pace ein: Durch die Integration von Amazons Sprachsteuerung ins bordeigene Pivi Pro Infotainment-System können sich die Nutzer jetzt manche Touchscreen-Suche sparen, Software-Updates klappen jetzt "over the air".

Warum es für das Einstellen von Klimaanlage und Radio noch einen Bildschirm etwas oberhalb der Kniehöhe braucht, erschließt sich nicht. Das Ganze sieht zwar modern aus, ist aber nicht frei von Spiegelungen, so dass manche Piktogramme schlecht zu erkennen sind. Zudem fällt die Sicht nach hinten durch das kleine Heckfenster eher dürftig aus.

Der I-Pace macht äußerlich zwar auf SUV, aber eigentlich baut er kaum höher als eine gewöhnliche Limousine. Dennoch sind die paar Zentimeter mehr von Vorteil für das Ein- und Aussteigen. Die Türausschnitte sind groß genug und die Sitzflächen vorn liegen knapp 50 Zentimeter über der Straße in angemessener Höhe. Nur auf das spitz zulaufende Armaturenbrett sollte man achten, um sich nicht die Knie zu stoßen.

76.815 Euro Grundpreis

Viel mehr zu kritisieren gibt es nicht – vom Grundpreis von 76.815 Euro einmal abgesehen. Allerdings war ein Jaguar noch nie günstig. Dieser spielt mit seiner beeindruckenden Leistung immerhin in der Oberliga mit und ist schon in der Basis mit Keyless, LED-Licht, Allrad, Assistenzsystemen und Navi ordentlich, aber immer noch ausbaufähig ausgerüstet. Mehr Luxus wie elektrisch verstellbare Ledersitze oder Assistenzsysteme wie Totwinkel- oder Spurhalteassistent bieten erst die besseren Ausstattungslinien SE und HSE.

Hier können Sie den ausführlichen Testbericht zum Jaguar I-Pace als PDF herunterladen (Test Oktober 2018)
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Jaguar I-Pace: Technische Daten, Preis

Technische Daten (Herstellerangaben)

Jaguar I-Pace EV400 S AWD (06/20 - 01/23)

Motorart

Elektro

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

294

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

400

Drehmoment (Systemleistung)

696 Nm

Antriebsart

Allrad

Beschleunigung 0-100km/h

4,8 s

Höchstgeschwindigkeit

200 km/h

Reichweite WLTP (elektrisch)

470 km

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

0 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

22,0 kWh/100 km

Batteriekapazität (Brutto) in kWh

90,2

Batteriekapazität (Netto) in kWh

84,7

Ladeleistung (kW)

AC:2,0-11,0 DC:50,0-100,0

Kofferraumvolumen normal

638 l

Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank

1.453 l

Leergewicht (EU)

2.208 kg

Zuladung

462 kg

Anhängelast ungebremst

750 kg

Anhängelast gebremst 12%

750 kg

Garantie (Fahrzeug)

3 Jahre oder 100.000 km, ab 7/2.022: 5 Jahre oder 150.000 km

Länge x Breite x Höhe

4.682 mm x 2.011 mm x 1.566 mm

Grundpreis

76.815 Euro

ADAC Messwerte

ADAC Messwerte (Auszug)


Überholvorgang 60-100 km/h

2,2 s

Bremsweg aus 100 km/h

37,1 m

Wendekreis

12,7 m

Verbrauch / CO₂-Ausstoß ADAC EcoTest

27,6 kWh/100 km , 160 g CO₂/km (well-to-wheel)

Reichweite

365 km

Innengeräusch bei 130 km/h

65,8 dB(A)

Leergewicht / Zuladung

2225 / 445 kg

Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch

370 / 805 / 1330 l

ADAC Testergebnis

ADAC Testergebnis

Jaguar I-Pace EV400 S AWD (10/18 - 06/20)

Karosserie/Kofferraum

2,7

Innenraum

2,2

Komfort

2,0

Motor/Antrieb

0,9

Fahreigenschaften

2,5

Sicherheit

1,9

Umwelt/EcoTest

2,0

Gesamtnote

2,0
Sicherheit und Umwelt werden doppelt gewertet

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

Das hat uns gefallen: Gut abgestimmter Antrieb. Tolle Fahrleistungen. Hohe Fahrdynamik. Relativ hohe Reichweite.

Das hat uns nicht gefallen: Sehr hoher Preis. Hoher Verbrauch. Laden nur bis 100 kW möglich. Magere Serienausstattung bei Basisversion.

Jaguar I-Pace im Crashtest: Volle Punktzahl

Der Jaguar I-Pace erreicht volle 5 Sterne. Das Fahrzeug ist mit Gurtkraftbegrenzern, Gurtstraffer, Kopfairbags sowie optischen und akustischen Gurtwarnern in der ersten und zweiten Sitzreihe ausgestattet. Für die vorderen Plätze sind zusätzlich Seitenairbags verbaut.

Der Insassenschutz ist gut, das Verletzungsrisiko ist für Erwachsene und Kinder überwiegend mittel bis sehr gering. Für den 10-Jährigen auf dem Sitzerhöher besteht jedoch ein hohes Verletzungsrisiko für die Halswirbelsäule im Frontalcrash. Es sind ISOFIX-Halter an den äußeren hinteren Sitzplätzen montiert mit i-Size-Kennzeichnung, für den Beifahrersitz sind sie nicht erhältlich. Der Frontairbag auf der Beifahrerseite ist deaktivierbar.

Der I-Pace ist mit einem umfassenden Assistenzpaket mit automatischem Notbremsassistenten und aktivem Spurhaltesystem serienmäßig ausgestattet.

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