Verbrenner-Aus in der Diskussion: Werden die Hersteller wankelmütig?

Ab 2035 dürfen EU-weit keine neuen Pkw mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden. Jetzt diskutiert Brüssel über einen Rückzieher. Die Hersteller sind in der Frage hin und hergerissen. So ist der Stand.
Absatz von E-Autos schwächelt
Verbrenner-Aus: Der richtige Weg?
Das planen die Autohersteller
Der Absatz von Elektroautos schwächelt. Auf EU-Ebene wird deshalb diskutiert, ob das
beschlossene Verbrenner-Aus 2035 gekippt oder verschoben werden soll. Die unsichere politische Lage wirft für die Automobilhersteller die Frage auf, ob sie ihre jeweilige Elektrostrategie anpassen sollten. Mindestens genauso wichtig für Konzerne wie VW, Mercedes oder BMW: Eine Modellstrategie für die Märkte außerhalb Europas. Das sind die Pläne.
BMW

Die BMW Group verfolgt einen technologieoffenen Ansatz und befähigt ihre Werke, je nach Kundennachfrage verschiedene Antriebsvarianten flexibel zu produzieren.
2024 werden mehr als 15 verschiedene Elektro-Modelle von den Marken der BMW Group verfügbar sein. Darunter sind der BMW i5, iX2, die Modellüberarbeitung des BMW i4 sowie die neuen Minis, darunter auch das Mini E Cabrio.
Die "Neue Klasse" besitzt aus Sicht der BMW Group das Potenzial, die Marktdurchdringung der E-Mobilität zu beschleunigen.
Die BMW Group hält es für möglich, dass noch vor 2030 die Hälfte ihrer verkauften Autos einen reinen Elektroantrieb hat.
Ford

Ford wird in Europa eine ganze Reihe Elektrofahrzeuge einführen. Ford hat mehr als zwei Milliarden US-Dollar in europäische Fertigungsstandorte investiert, um die komplette Pkw- und Nutzfahrzeug-Palette bis 2035 auf Elektroantrieb umzustellen.
Über die globale Strategie liegt im Moment kein Statement vor.
Mercedes-Benz

Mercedes-Benz arbeitet daran, im Jahr 2039 eine bilanziell CO₂-neutrale Neuwagenflotte zu haben.
Mercedes geht davon aus, dass der weltweite Anteil von Elektroautos und Plug-in-Hybriden an den Neuwagenverkäufen in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts bis zu 50 Prozent erreichen wird.
Mit zehn Pkw-Modellen (plus AMG-Derivaten) hat Mercedes bereits heute ein breites Portfolio vollelektrischer Fahrzeuge im Angebot und baut es sukzessive aus.
Das Tempo der Transformation wird laut Mercedes durch die Marktbedingungen und die Wünsche der Kundinnen und Kunden bestimmt.
Bis in die 2030er-Jahre hinein will Mercedes flexibel Fahrzeuge mit vollelektrischem Antrieb als auch mit elektrifizierten Hightech-Verbrennungsmotoren anbieten. Die Produktionsstätten sind antriebsflexibel aufgestellt.
Für die nachhaltige Weiterentwicklung will Mercedes Synergien zwischen neuen und existierenden Baureihen nutzen.
Renault

Renault hat sich für die Entwicklung einer dualen Fahrzeugpalette entschieden.
Auf der einen Seite 100 Prozent elektrische Fahrzeuge, die auf speziellen Plattformen entwickelt werden (R5, R4, Mégane und Scenic). Dieses Angebot richtet sich an Märkte und Kunden, die mit Elektrofahrzeugen kompatibel sind und diese problemlos laden können.
Auf der anderen Seite Hybridfahrzeuge, die einen geringeren Kraftstoffverbrauch (im Vergleich zum Benzin oder Dieselmodell, das sie ersetzen) bieten, und im Stadtverkehr bis zu 80 Prozent elektrisch fahren (Clio, Captur, Symbioz, Arkana, Austral, Espace und Rafale).
Die Strategie mit einer doppelten Modellpalette (Elektro- und Hybridantrieb) ist laut Renault die beste Antwort, um sich an alle Situationen anzupassen (Kundennachfrage, europäische Vorschriften). Renault erklärt, dass die Strategie auch in den kommenden Jahren unverändert bleiben wird.
Außerhalb von Europa konzentriert sich Renault auf die stetige Reduzierung der CO₂-Emissionen künftiger Fahrzeuge. Dies soll in erster Linie durch die Hybridisierung der Antriebe erreicht werden, aber auch durch die Markteinführung von Elektromodellen nach dem Beispiel des Mégane E-Tech electric, der bereits in Brasilien und der Türkei eingeführt ist.
Renault will außerhalb Europas bis 2027 rund 33 Prozent der Fahrzeuge mit Hybrid- oder Elektroantrieb verkaufen.
Ende Mai 2024 hat Renault mit Geely als gleichberechtigtem Partner die Firma "Horse Powertrain Limited" gegründet. In diesem Joint Venture sollen zukünftig emissionsarme Verbrennungsmotoren und hocheffiziente Hybridtechnologien für den Weltmarkt entwickelt werden. Kurz darauf ist dem Joint Venture der saudi-arabische Ölkonzern Aramco beigetreten, der sich hier um die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe kümmern will.
Stellantis
Zum Automobilkonzern Stellantis gehören Peugeot, Citroën, Fiat, Opel, Alfa Romeo, DS, Lancia sowie die amerikanischen Marken Jeep, Dodge, RAM.

Stellantis ist überzeugt, dass sich die Elektromobilität durchsetzen wird und hält an der Strategie fest, ab 2030 nur noch emissionsfreie neue Personenkraftwagen (BEVs) in Europa zu verkaufen.
Stellantis will bis zum Ende dieses Jahrzehnts mehr als 75 BEVs im Programm haben.
Mit neuen Produkten wie dem Citroën ë-C3 setzt Stellantis Maßstäbe, um erschwingliche E-Mobilität zu ermöglichen. Über das Joint Venture Leapmotor International führt Stellantis Modelle wie den sehr günstigen Kleinwagen T03 in Europa ein.
Stellantis kann gleichzeitig auch Modelle mit herkömmlichen Antriebsarten produzieren – je nach Region und Kundenwunsch.
Stellantis-Chef Carlos Tavares spricht sich gegen eine Verschiebung der ab 2025 strengeren CO₂-Grenzwerte aus. Stellantis habe in der Vergangenheit viele unpopuläre, aber notwendige Entscheidungen getroffen, um darauf vorbereitet zu sein.
Toyota

Toyota sieht den bestmöglichen Weg für eine schnelle Dekarbonisierung im technologieunabhängigen Ansatz mit einer Vielzahl von emissionsarmen Antriebssträngen.
Toyotas Strategie fußt auf der Überlegung, dass die Infrastruktur sowie die Energieversorgung sowohl weltweit als auch innerhalb Europas sehr unterschiedlich ist.
Dort, wo es die Infrastruktur erlaubt (z.B. in Norwegen), will Toyota bereits früher als 2035 ausschließlich Zero Emission Vehicles anbieten.
Aktuell hat sich Toyota mit Mazda und Subaru auf die gemeinsame Entwicklung einer neuen Motorengeneration geeinigt. Diese soll speziell auf den Einsatz in elektrifizierten Antriebssträngen zugeschnitten sein. Die kompakte Bauweise der neuen Motoren erlaube neue Möglichkeiten für das Packaging. Auch würden sie zu weniger CO₂-Emissionen beitragen, da die neuen Motoren mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden können. Dazu zählt Toyota synthetische Kraftstoffe (E-Fuels), Biokraftstoffe sowie flüssigen Wasserstoff in Brennstoffzellen-Fahrzeugen.
Volkswagen

Volkswagen hält an der eingeschlagenen Elektrostrategie fest. In der Phase der Transformation sei ein flexibles Antriebsangebot sehr wichtig, weil sich die Regionen weltweit unterschiedlich schnell entwickeln.
Volkswagen will die Nachfrage passgenau bedienen: Kunden sollen auswählen können zwischen sparsamen Verbrennungsmotoren, leistungsstarken Plug-in-Hybriden und rein elektrischen Modellen.
Als notwendige Rahmenbedingung fordert Volkswagen verlässliche und verbindliche Vorgaben von der Politik. Die Autoindustrie sei langzyklisch, sie könne nicht alle drei, vier Jahre ihre Entscheidungen infrage stellen. Volkswagen habe umfangreich investiert und arbeite darauf hin, dass in Europa ab 2035 Neufahrzeuge zu 100 Prozent elektrisch angetrieben sein werden.
Die Dekarbonisierung nennt Volkswagen eine der wichtigsten Verantwortungen der aktuellen gegenüber den zukünftigen Generationen. Im Hochlauf seien die gestaffelten CO₂-Ziele kontinuierlich zu überprüfen und realistisch entsprechend der regionalen Marktentwicklung anzupassen.
Volkswagen zeigt sich fest davon überzeugt, dass der Elektromobilität die Zukunft gehört. Die Investitionen von Volkswagen, unter anderem in die Batterietechnologie, seien gerade am Anfang sehr hoch. Nun dürfe man nicht den Fehler machen, beim ersten Gegenwind alles wieder infrage zu stellen. Sonst würde die deutsche Autoindustrie den Wettbewerb mit der chinesischen und amerikanischen Konkurrenz verlieren.
Volvo
Der im chinesischen Geely-Konzern beheimatete Automobilhersteller Volvo Cars hat seine ambitionierte Strategie, ab 2030 ausschließlich reine Elektroautos zu bauen und zu verkaufen, kürzlich etwas nach unten korrigiert. Nun heißt es:
Ziel von Volvo ist es, im Jahr 2040 ein vollständig klimaneutrales Unternehmen zu sein.
Im Jahr 2030 sollen zwischen 90 und 100 Prozent der weltweit verkauften Autos BEVs und Plug-in-Hybride sein.
2025 soll der weltweite Anteil an Autos mit Stromanschluss zwischen 50 und 60 Prozent liegen (im zweiten Quartal 2024 lag der Anteil bei 48 Prozent.)