Tesla-Facelift: Warum das Model 3 nicht nur besser wurde

Der neue Tesla Model 3 wird von unserem Autoredakteur getestet
Wird endlich gut, was lange währt? Nach sieben Jahren hat Tesla sein Model 3 geupdatet© ADAC/Martin Hangen

Das Tesla Model 3 zählt zu den meist verkauften und auch besten E-Autos auf dem Markt. Nach sieben Jahren Bauzeit erhielt es eine Überarbeitung: Offensichtliche Verbesserungen stehen neben Entscheidungen, die ratlos machen. Das Tesla Model 3 im Test.

  • Top: Exzellenter Antrieb, deutlich mehr Komfort

  • Das Standard-Modell kommt 400 Kilometer weit

  • Innenraum noch mehr reduziert. Zu reduziert?

Auch wenn andere Marken bei der Elektromobilität erheblich aufgeholt haben: Tesla bleibt der vielleicht wichtigste Vergleichsmaßstab für die Konkurrenz von BMW, Mercedes, BYD und Co. Das Model Y war 2023 das E-Auto mit den meisten Neuzulassungen in Deutschland. Ebenfalls in der Top 10: Das Model 3, das sich schnell zum Kassenschlager entwickelte.

Ein wenig hatte das Mittelklasse-Fahrzeug zuletzt aber an Beliebtheit eingebüßt, 2022 war es noch auf Rang 2 der Neuverkäufe gekommen. Kein Wunder, schließlich ging die erste Generation schon in ihr siebtes Baujahr. Ende 2023 präsentierte Tesla deshalb ein Facelift für das Model 3 – das nun den ausführlichen ADAC Test durchlaufen hat. Was hat sich getan?

Tesla Model 3 Highland Facelift

Tesla hat sein Facelift "Highland" getauft und von einer grundsätzlichen Überarbeitung abgesehen. Getüftelt wurde dennoch, etwa an der Schnauze des Stromers. Die ist jetzt deutlich straffer und wenig knautschig, die Front läuft spitzer zu und der Lufteinlass unten ist merklich schmaler geworden. Änderungen, die die ohnehin schon gute Aerodynamik der Limousine verbessern sollen.

Hinten ist außer bei den etwas verengteren Rückleuchten wenig passiert. Neu ist, dass der Name der Musk-Marke nun unter dem Überhang zu lesen ist.

Mehr Fahr- und Innenraumkomfort

Der neue Tesla Model 3 wird von unserem Autoredakteur getestet
Deutlich kommoder auf der Straße: Das Facelift ändert auch das Fahrverhalten© ADAC/Martin Hangen

Überraschender ist da schon, dass sich beim Fahrverhalten durch die Überarbeitung merklich etwas getan hat. Und zwar zum Guten: Wo die alte Version noch betont hart über die Straße hoppelte, werden Unebenheiten nun kommod weggefedert. Elektronische Dämpfer gibt es zwar weiterhin nicht, ihr Fehlen fällt nun aber nicht mehr auf. Nur harte Kanten spürt man unter sich noch recht deutlich.

Dazu kommen noch die bekannten E-Auto- bzw. Tesla-Stärken: Der Heckantrieb mit 208 kW/283 PS bringt das Fahrzeug dank nachdrücklicher Beschleunigung mühelos voran, in unter einer Sekunde geht es von 15 auf 30 km/h. Da sich dank neuer Doppelverglasung auch die Innenraumgeräusche deutlich reduziert haben, fährt das Model 3 scheinbar geräusch- und vibrationslos über Landstraße und Autobahn.

Gerade auf kurvigen Straßen macht der Stromer am meisten Spaß. Warum? Weil das Model 3 so direkt und unvermittelt auf Lenkbefehle reagiert, wie man es sonst nur von einem Mini her kennt. Dabei lässt sich ein sauberer Strich ziehen und man hat stets das Gefühl, in einem äußerst fahraktiven Fahrzeug zu sitzen. Wir direkt die Lenkung ausgelegt ist, zeigt sich auch daran, dass von Anschlag zu Anschlag gerade einmal 2,2 Umdrehungen nötig sind.

Gut, dass auch das Fahrwerk mithält und klaglos selbst für eine forsche Fahrweise offen ist. Keine Frage: Eine langweilige Elektro-Familienkutsche ist das Model 3 nicht, sondern ein Dynamiker in Bestform. Auch beim ADAC Ausweichtest gibt sich der Kalifornier keine Blöße, präzise und sicher lässt er sich durch den engen Pylonen-Parkour zirkeln.

Und auch im Innenraum wurde spürbar mehr Wert auf Komfort gelegt. Fast alle Flächen sind nun mit Teppich ausgekleidet, die A- und B-Säulen sind sogar gepolstert. Eigentlich ein Luxus, der der Oberklasse vorbehalten ist. Und auch an der Außenhülle passt jetzt jede Niete aufeinander. Gerade bei der Verarbeitungsqualität der Karosserie musste sich Tesla in der Vergangenheit teils heftige Kritik gefallen lassen, nun lässt sich – zumindest am ADAC Testauto – kein Makel mehr finden. Das war beim Vorgänger noch anders.

Wem das alte Model 3 also allzu schlicht vorkam, findet nach dem Facelift ein fraglos besseres Auto vor.

Kleine Änderung, große Irritation

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Blinken wie ein Fahrschüler: Tesla schickt seine Kunden auf Zeitreise© ADAC/Martin Hangen

Dass Tesla sich bei der Steuerung von Klimaanlage, Sound, Navigation und Co. komplett auf den zentralen Touchscreen verlässt, ist bekannt. Dieser Ansatz hat inzwischen zahlreiche Nachahmer gefunden, nicht nur bei Polestar, BYD und Nio. Auch im neuen Model 3 ist das so. Intuitiv und schnell findet man sich in den Menüs zurecht, wenn man das Prinzip erst einmal verstanden hat. Und bei der Responsivität des Screens kann sich etwa der VW ID.3 eine große Scheibe abschneiden.

Das Facelift treibt den Design-Minimalismus aus Silicon Valley allerdings nun auf die Spitze: Beide Hebel hinterm Lenkrad, also für Automatik und Blinker, sind verschwunden. Ob man vorwärts oder rückwärts fahren oder parken will, wählt man nun auf dem Touchscreen aus. Man "slidet" nun mit dem Zeigfinger am Rand des Bildschirm vor oder zurück oder drückt auf "P". Den Blinker setzt man neuerdings mit zwei kleinen Knöpfen links am Lenkrad.

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Während man sich an das Fahrmodus-Auswählen auf dem Touchscreen noch leidlich schnell gewöhnen kann, fühlt sich das Blinken per Knopfdruck auch nach längerer Fahrt noch vollkommen unintuitiv und schlicht unsicher an. Vor allem beim schnellen Rangieren in der Stadt oder auf Parkplätzen kommt man mit dem Rumfingern auf dem Lenkrad oft nicht hinterher. Beim Verlassen von Kreisverkehren wird das Blinken sogar nahezu unmöglich: Mit eingeschlagenem Lenkrad muss man plötzlich eine Hand lösen und den Pfeil am unteren untere des Rads finden. "Irritierend" ist für dieses Gefühl eine freundliche Umschreibung.

Tesla hat es also geschafft, dass man zum ersten Mal seit der ersten Fahrstunde wieder darüber nachdenken muss, wie man richtig blinkt. Anders als beim Touch-Bedienkonzept gibt es für den Wegfall des Blinkerhebels zudem keinerlei praktischen Grund. Außer natürlich die Kostenersparnis für den Hersteller. Im Notfall kann man den Fahrmodus im Übrigen auch durch einen Schalter unterm Dach bedienen. Dennoch: Eine Testfahrt vor dem Kauf ist unbedingt zu empfehlen.

Autopilot? Besser nicht!

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Rundumblick, auch wenn das Auto steht. Eine fragwürdige Errungenschaft© ADAC/Martin Hangen

Auch in Sachen Assistenzsysteme geht Tesla einen eigenen Weg. Während andere Hersteller, allen voran etwa Volvo mit dem EX90, auf eine ganze Armada aus Lidar-, Radar- und Ultraschalltechnik vertrauen, findet man beim neuen Model 3 nichts dergleichen. Stattdessen sollen ganze acht Kameras die Umgebung um das Auto überwachen und etwa vor Kollisionen warnen.

Zwar funktionierten im ADAC Test Spurhalte- und Totwinkelassistent weitgehend zuverlässig. Der Nachteil am Verzicht auf branchenweit eingesetzte Ultraschallsensoren ist aber zum Beispiel, dass die Einparkhilfe bei Dunkelheit nicht mehr vollumfänglich assistieren kann. Wirklich unzuverlässig agierte hingegen der Tempomat mit Abstandsregelung, immer wieder verzögerte das Auto ohne erkennbaren Grund und irritierte so die Hinterherfahrenden. Auf einen manuellen Tempomat kann man aber auch nicht wechseln, den gibt es nämlich nicht.

Das ist nicht nur unpraktisch und ärgerlich, es lässt auch beim Thema teilautonomes Fahren Fragen aufkommen. Für 3800 Euro Aufpreis kann das Model 3 selbst die Spur wechseln, für 7500 Euro schaltet man "volles Potential für autonomes Fahren" frei. Dieses bleibt zwar auch aufgrund der Gesetzeslage in Deutschland noch ein ferner Traum, doch auch die Tesla-Technik selbst kann nicht überzeugen.

Dafür finden die verbauten Kameras im sogenannten "Wächter-Modus" genug zu tun. Kommt jemand dem geparkten Model 3 zu nahe, springen die Überwachungskameras an und später kann man auf dem Display verfolgen, wer einem die Luft aus dem Reifen gelassen hat. Oder wer nichtsahnend mit seinem Dackel etwas zu nah am Kofferraum vorbeispaziert ist. Da will oder kann die Technik keinen Unterschied machen, verständlich, es geht ja schließlich um die Privatsphäre eines Tesla...

Tesla Model 3: Reichweite weiter spitze

Der neue Tesla Model 3 wird von unserem Autoredakteur getestet
Auch das neue Model 3 lässt technisch kaum Wünsche offen© ADAC/Martin Hangen

Und wie steht es um die E-Auto-Königsdisziplin, die Reichweite? Zum Besten, wie bei allen Tesla-Modellen: 17,2 kWh verbrauchte der Testwagen im ADAC Ecotest, der ein realistisches Fahrszenario zwischen Stadt, Autobahn und Landstraße abbildet. Zum Vergleich: BMW i4, Nio ET5 und Polestar 2 verbrauchen allesamt mehr und haben teilweise sogar eine schwerere Batterie verbaut. An den Hyundai Ioniq 6 kommt Tesla aber nicht heran.

Der niedrige Verbrauch ergibt eine sehr alltagstaugliche Reichweite beim getesteten Basismodell von 395 Kilometern, im Winter dürfte dieser Wert aber niedriger sein. Mit der Version für maximale Reichweite und Allradantrieb sollten über 500 Kilometer drin sein, dann sind 79 kWh statt 62 kWh im Akku.

Auch in Sachen Ladeleistung an der Schnellladesäule gibt es am Model 3 nichts zu beanstanden. Allenfalls könnte man sich die Ladekurve ein wenig geradliniger wünschen. Denn diese fällt nach Erreichen des Maximums von 173 kW fast umgehend ab. Tesla betont, dass das Laden an den hauseigenen Superchargern noch glatter läuft, in der Praxis dürfte dieser Effekt aber eher gering ausfallen. Wichtiger ist, dass die Batterie vor Erreichen der Ladesäule vorheizt.

Und so komfortabel wie bei Tesla lädt man ohnehin bei keinem anderen. Die Plug&Charge-Funktion macht das Laden nahezu so einfach wie das Tanken: Einfach den Stutzen in den Stecker, schon lädt das Auto. Keine Karte, kein Drücken auf dem Display, unschlagbar kommod. Im ADAC Test ging es in 31 Minuten von 10 auf 80 Prozent State of Charge.

Genug Platz – und sogar ein Frunk

Die Platzverhältnisse sind für ein Auto der Mittelklasse in Ordnung: Vorn sitzen Menschen bis zu einer Körpergröße von zwei Metern bequem, hinten kommen Personen bis 1,90 Meter komfortabel unter. Limitierend ist hier die Kopffreiheit, in Sachen Beinfreiheit ginge sogar noch mehr. Der Kofferraum fasst nach ADAC Messmethode 415 Liter. Legt man die Rücksitzlehnen um und belädt bis zur Fensterunterkante, passen 825 Liter hinein. Durchaus alltagstauglich.

Praktisch: Unter dem Kofferraumboden gibt es ein zusätzliches Fach und unter der Motorhaube verbirgt sich der Frunk mit noch einmal mehr Stauraum. Bei weitem keine Selbstverständlichkeit mehr bei aktuellen E-Autos.

Die gedrungene Form des Model 3 bemerkt man allerdings, wenn man in den Rückspiegel schaut. Die Sicht nach hinten ist sehr begrenzt, mit Passagieren auf der Rückbank erst recht. Ohne Rückfahrkamera würde man hier schnell Probleme bekommen.

Fazit: Gelungen – mit Einschränkungen

Der neue Tesla Model 3 wird von unserem Autoredakteur an einer Tesla Ladesäule betankt
Genial einfach: Die Tesla-eigenen Supercharger© ADAC/Martin Hangen

Blickt man nur auf seine Qualitäten als E-Auto, ist das Model 3 nahezu über jeden Zweifel erhaben. Das ändert sich auch nach dem Facelift nicht: Verbrauch, Lade- und Fahrleistung bewegen sich auf höchstem Niveau, gerade bei letzterer macht der Tesla noch einmal einen deutlichen Sprung, was nach einer eher kleinen Überarbeitung nicht unbedingt zu erwarten ist. Und auch die Verarbeitung, sonst eine (zurecht) gern angebrachte Kritik an Tesla-Fahrzeugen, ist jetzt tadellos.

Doch das aktuelle Facelift markiert auch den Übergang von Minimalismus zu Manie. Der Lenkstockhebel für den Blinker fehlt schmerzlich und ist durch die Knopflösung nicht adäquat ersetzt worden. Nicht einmal das Handschuhfach kann man manuell öffnen, auch dazu braucht man den Touchscreen. Die Fixierung auf Kameras bei den Assistenzsystemen führt zu unrunden bis teils gefährlichen Fahrsituationen, die Paranoia hinterm Wächter-Modus hinterlässt ein ungutes Gefühl.

Tendenzen, die Tesla ohnehin in der DNA hat und die mit diesem Facelift auf die Spitze getrieben wurden. Fans der Marke werden sich daran nicht stören, alle anderen sollten genau überlegen, zu welchen Zugeständnissen sie bereit sind, um ein ohne Frage sehr gutes E-Auto zu fahren. Ein Kompromiss könnte das Vorgängermodell sein, das immer häufiger auf dem Gebrauchtwagenmarkt aufschlagen dürfte.

Hier können Sie den ausführlichen Testbericht zum Tesla Model 3 als PDF nachlesen.

Tesla Model 3: Technische Daten und Preis

Technische Daten (Herstellerangaben)

Tesla Model 3 (ab 09/23)

Motorart

Elektro

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

208

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

283

Drehmoment (Systemleistung)

420 Nm

Antriebsart

Hinterrad

Beschleunigung 0-100km/h

6,1 s

Höchstgeschwindigkeit

201 km/h

Reichweite WLTP (elektrisch)

554 km

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

0 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

13,2 kWh/100 km

Batteriekapazität (Netto) in kWh

62,0

Ladeleistung (kW)

AC:11,0 DC:170,0

Kofferraumvolumen normal

594 l

Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank

n.b.

Leergewicht (EU)

1.765 kg

Zuladung

384 kg

Anhängelast ungebremst

750 kg

Anhängelast gebremst 12%

1.000 kg

Garantie (Fahrzeug)

4 Jahre oder 80.000 km

Länge x Breite x Höhe

4.720 mm x 1.850 mm x 1.441 mm

Grundpreis

42.990 Euro

ADAC Messwerte

ADAC Messwerte (Auszug)

Tesla Model 3

Überholvorgang 60 – 100 km/h

2,9 s

Bremsweg aus 100 km/h

35,2 m

Wendekreis

12,1 m

Verbrauch / CO₂-Ausstoß (Well-to-Wheel)

17,2 kWh/100 km, 86 g CO₂/km

Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne)

*****

Reichweite

395 km

Innengeräusch bei 130 km/h

66,2 dB(A)

Leergewicht / Zuladung

1770 / 430 kg

Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch

415 / 825 / - l

ADAC Testurteil

ADAC Testergebnis

Tesla Model 3 (ab 09/23)

Karosserie/Kofferraum

2,8

Innenraum

2,7

Komfort

2,2

Motor/Antrieb

1,2

Fahreigenschaften

2,2

Sicherheit

2,5

Umwelt/EcoTest

1,1

Gesamtnote

2,0
Sicherheit und Umwelt werden doppelt gewertet

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

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