Der noble DS 9 im Test: Vive la Stufenheck!

Motorjournalist Lars Hönkhaus war für den ADAC im DS9 unterwegs ∙ Bild: © news to do GmbH + ADAC/David Klein, Video: © ADAC e.V.

Nach DS 3 und DS 7 rollte der DS 9 als dritte Modellreihe zu den Händlern der jungen Luxusmarke. Die Limousine sieht sich als extravagante Alternative zu BMW 5er und Mercedes E-Klasse. Aktuell bietet DS das Flaggschiff mit zwei Plug-in-Hybriden an.

  • DS 9 nur noch mit zwei Plug-in-Hybriden

  • Eleganter Innenraum mit viel Platz

  • Hoher Fahrkomfort, Preise ab 58.910 Euro

Mon dieu, fast hätte man schon vergessen, wie elegant eine Stufenhecklimousine aussehen kann! Bei all den gleichförmigen SUVs, die aus den Verkaufsräumen wuchern, scheint sich DS Automobiles gegen den Trend stemmen zu wollen und hat diese Kampfansage an Audi, BMW und Mercedes hervorgezaubert. Mit jeder Menge Pariser Chic im Blech, liebevollen Design-Details und sogar einer kleinen Reminiszenz an den legendären Citroën DS in Form von Positionslichtern auf Dachhöhe soll der DS 9 Audi A6-, Mercedes E-Klasse- und BMW 5er-Kunden die Augen verdrehen – so zumindest der Plan des Herstellers.

Ganz leicht dürfte das aber nicht werden. Denn auch gut acht Jahre nach der Abspaltung von Citroën als eigenständige Marke können die wenigsten mit dem verschlungenen "DS" an Front und Heck etwas anfangen. Und: In der Preisklasse um die 60.000 Euro neigen viele dazu, zu Altbewährtem zu greifen.

Warum man dem in China (!) gebauten Franzosen dennoch eine Chance geben kann? Weil er einfach anders ist. Und weil er konsequent auf Fahrkomfort statt auf übertriebene Sportlichkeit setzt.

360-Grad-Blick: DS 9 mit elegantem Innenraum

Das merkt man schon beim Öffnen der Türen über die elektrisch ausfahrbaren Griffe. Hier dürfen die Ledersitze mit handwerklich aufwändig gemachten Nähten (und Leder aus Bayern!) noch wie wuchtige Wohnzimmer-Fauteuils aussehen. Zwischen den Lüftungsdüsen dreht sich beim Motorstart eine analoge Uhr ins Blickfeld und es gibt reichlich verchromte Bedienelemente, die nicht nur hübsch aussehen, sondern sich auch noch gut anfassen: Drehwalzen im Lenkrad und unterhalb des Bildschirms sind wahre Handschmeichler. Und die Verarbeitungsqualität ist top. Drei umlaufende Gummidichtungen an jeder Tür? Da hat sich jemand um Qualität bemüht.

Dass der Touchscreen die selbe Bedienlogik hat und die Menüs genauso aussehen wie bei einem Peugeot 208, bemerkt nur, wer sich in der Peugeot/Citroën-Welt gut auskennt. Wie bei den Schwestermodellen gibt es feste Direktwahltasten etwa für Navi, Einstellungen oder Entertainment. An sich lobenswert – wenn sie etwas größer wären und nicht gar so gleichförmig aussehen würden. Hier muss man den Blick einen Tick zu lange von der Straße abwenden, um die richtige Taste zu treffen.

Die Tasten links vom Lenkrad sind verdeckt und die Schalter für die Fensterheber befinden sich in der Mittelkonsole – dort sucht man sie eigentlich nicht. Zudem hätte man die Heizungssteuerung nicht in den Touchscreen packen sollen. Und: Warum gibt es kein Head-up-Display? In dieser Klasse sollte man das erwarten können.

Limousine mit viel Platz auf der Rückbank

Ein Fahrbericht des neuen DS9 von dem ADAC Autoredakteur Jochen Wieler
Großer Pluspunkt: Reichlich Beinfreiheit im Fond© DS Automobiles/Dani Heyne

Hinten geht es einladend zu. Die Beinfreiheit ist so großzügig bemessen, wie man es von einem 4,93 Meter langen Auto mit 2,90 Metern Radstand erwarten kann: Sind die Vordersitze für 1,85 Meter große Personen eingestellt, würde die Beinfreiheit hinten sogar für 2,20-Meter-Riesen reichen. Wenn nicht die eingeschränkte Kopffreiheit wäre: Hier ist bei 1,85 Meter Körpergröße Schluss. Gegen Aufpreis und im feinsten Modell Opera Première serienmäßig lassen sich im Fond sogar Sitzheizung und -lüftung sowie eine Massagefunktion integrieren – das gibt es sonst nur in der Luxusliga von S-Klasse, BMW 7er und Co, in der oberen Mittelklasse aber nicht.

Der DS 9 als Chauffeur-Auto? Warum nicht, zumindest in China, wo das sich fahren lassen als erstrebenswertes Statussymbol gilt. Weil dem DS 9 aber die Breite einer S-Klasse fehlt, sollte man es auf längeren Strecken bei zwei Mitfahrern oder Mitfahrerinnen hinten belassen. Für drei wird’s zu kuschelig. Unter dem Stufenheck verbirgt sich ein Kofferraum von durchschnittlicher Größe (Herstellerangabe 510 l, ADAC Messwert 355 l), der sich durch Umklappen der Rückenlehnen noch erweitern lässt. Die hohe Ladekante und die kleine Ladeöffnung erschweren das Beladen.

DS 9: Zügig unterwegs mit 225 PS

Ein Fahrbericht des neuen DS9 von dem ADAC Autoredakteur Jochen Wieler
Reminiszenz an den alten DS: Positionsleuchten in Höhe der Heckscheibe© DS Automobiles

Für den ADAC Test stand noch der Plug-in-Hybrid namens E-Tense 225 zur Verfügung, der inzwischen nicht mehr angeboten wird und durch zwei stärkere Versionen ersetzt wurde (siehe unten). Seine 225 PS Gesamtleistung haben sich aus einem Vierzylinder-Benziner mit gerade einmal 1,6 Liter Hubraum und 181 PS sowie einem Elektromotor mit 110 PS gespeist. Selbst bei rein elektrischer Fahrt reicht die Kraft des Motors aus, um zügig voranzukommen – zumindest bis 135 km/h, darüber muss der Benziner dazu helfen.

Fährt man rein elektrisch, brauchte der Testwagen von 60 auf 100 km/h 8,7 Sekunden. Nicht nur der Durchzug ist erstaunlich, ebenso das Ansprechverhalten – durch die E-Maschine reagiert der Hybrid spontan auf den Tritt aufs Gaspedal. Im Elektromodus ist der DS 9 in seinem Element. Dann gleitet er sanft und überaus leise dahin, wozu auch die doppelt verglasten Fenster beitragen. Der Stress bleibt draußen – so wie es sich für eine gehobene Limousine gehört.

Grundsätzlich ist das auch so, wenn der Benziner mitmischt. Allerdings sollte man sich dann beim Beschleunigen zurückhalten und dem Motor keine Höchstleistung abverlangen. Denn wird der Benziner über das Drehzahlband gejagt, beschleunigt er zwar in ordentlichen 8,7 Sekunden auf Tempo 100 (Spitze 240 km/h) klingt aber knorrig und angestrengt.

Elektrische Reichweite: 46 km im ADAC Test

Ein Fahrbericht des neuen DS9 von dem ADAC Autoredakteur Jochen Wieler
Den DS 9 gibt es aktuell in zwei Plug-in-Hybrid-Versionen© DS Automobiles

Am besten also möglichst oft flugs wieder nachladen, um dem Elektromotor wieder genügend Saft zu geben. Immerhin sind 46 Kilometer rein elektrische Reichweite mit der 11,9 kWh fassenden Batterie laut ADAC Test zu schaffen, was recht nah an den 48 Kilometern der Werksangabe liegt. Von den rund 100 Kilometern Elektro-Reichweite, die Mercedes mit der neuen E-Klasse als Plug-in-Hybrid schafft, ist DS Automobiles auch mit den aktuellen Antrieben aber immer noch weit entfernt.

Testverbrauch: 4,4 l Super und 9,0 kWh Strom

Vorschaubild zum Fahrbericht des DS 9
Elegant: Schade, dass man den DS9 so selten sieht© DS Automobiles

Im Hybrid-Modus (Batterie leer oder Ladung wird gehalten) ergibt sich ein Kraftstoffverbrauch von durchschnittlich 7,0 Liter Super pro 100 km. Kombiniert man die elektrische Strecke mit der Hybrid-Strecke und startet bei vollgeladener Batterie, verbraucht der DS 9 E-Tense 225 auf den ersten 100 Kilometern 9,0 kWh (Strom) und 4,4 l (Super). Damit verbunden ist eine CO₂-Bilanz von 165 g/km: 120 g/km für Kraftstoff und 45 g/km für den Stromverbrauch.

Der 1,6-l-Turbobenziner hält die Grenzwerte der Euro 6d-Norm ein, kann allerdings den höheren, praxisgerechteren Anforderungen des ADAC Ecotest nicht gerecht werden. Trotz des verbauten Otto-Partikelfilters (OPF) ist die Partikelanzahl in sämtlichen Prüfzyklen leicht erhöht. Zudem fallen im anspruchsvollen Autobahnzyklus mit hohem Volllastanteil die CO-Emissionen (Kohlenmonoxid) zu hoch aus. Macht unter dem Strich nur drei von fünf Sternen im ADAC Ecotest.

Hoher Fahrkomfort mit Hightech-Federung

Besonders stolz ist DS auf den Federungskomfort des DS 9, vergleicht ihn sogar mit dem schwebenden Fahrgefühl früherer Citroën-Modelle. Dafür soll Hightech sorgen: Eine Kamera scannt die Straße ab, erkennt Unebenheiten und stellt die Dämpfung darauf ein. Im Testwagen war die Technik nicht verbaut, er hatte das Standardfahrwerk. Zwar rollt der DS 9 auf ebener Strecke tatsächlich sehr sanft und komfortabel dahin.

Auf Autobahnen gefällt das leichte Wogen über lange Wellen, gerade weil es der DS 9 nicht übertreibt und nie schwammig wirkt. Schlaglöcher, Gullideckel und Teerkanten pariert das Fahrwerk aber auch nicht merklich besser als die Konkurrenz – zaubern kann DS ohne Luftfederung eben auch nicht. Insgesamt dennoch eine gelungene und passende Abstimmung des Standardfahrwerks.

DS 9: Zwei Plug-in-Hybride mit bis zu 360 PS

Ein Fahrbericht des neuen DS9 von dem ADAC Autoredakteur Jochen Wieler
Der DS 9 erstreckt sich auf über 4,90 Meter Länge© DS Automobiles

Wie erwähnt: Der E-Tense 225 ist wie die urspünglich angebotene konventionelle 225-PS-Variante mittlerweile nur noch als Gebrauchter zu haben. Inzwischen geben die Plug-in-Nachfolger namens E-Tense 250 und 360 4x4 den Ton an. Letzteren konnten wir auf einer kurzen Runde ebenfalls bewegen. Er ist das sportliche Aushängeschild, liegt rund zwei Zentimeter tiefer und federt dadurch schlechter. Dass er mit seinen 360 PS Systemleistung keine Wünsche mehr offen lässt, liegt auf der Hand. Kostenpunkt: ab 69.700 Euro.

Als angenehm-kultivierter Begleiter zeigt sich das derzeitige "Einstiegsmodell" E-Tense 250. In ihm erlebt man die Fahrt im Hybridmodus vor allem entspannt. Beim Beschleunigen kommt der E-Motor häufiger mit sämigem Drehmoment geräuschlos ins Spiel. Nur wenn man kräftig aufs Gaspedal tritt, macht sich der Vierzylinder in bisweilen auch etwas aufdringlicher Weise bemerkbar. Entscheidende Veränderung bei beiden Varianten neben der erhöhten Leistung: Die Kapazität der Traktionsbatterie wurde von 11,9 auf 15,6 kWh vergrößert. Statt 55 Norm-Kilometern rein elektrischer Reichweite sind beim 250er 67 und beim 360 4x4 bis zu 61 Kilometer emissionsfreie Fahrt drin.

DS 9: Preise ab 58.910 Euro

Nach der Neustrukturierung des Angebots startet die Preisliste bei 58.910 Euro für die bereits gut ausstaffierte Version E-Tense 250 Performance Line +. Den Spitzenplatz markiert der E-Tense 360 4x4 Opera Première für 82.450 Euro. An einen DS zu kommen gestaltet sich in manchen Regionen aber schwierig. Der Grund: Der Hersteller traut den Citroën-Händlern nicht zu, auch einen DS an den Mann zu bringen – die Erwartungen von Premium-Kunden seien höher, heißt es. Für DS bräuchte es speziell geschulte Verkäufer. Na ja, bei Bentley oder Rolls-Royce ist das nachvollziehbar. Aber bei DS?

DS gibt es nur bei wenigen Händlern

Ein Fahrbericht des neuen DS9 von dem ADAC Autoredakteur Jochen Wieler
Redakteur Jochen Wieler sieht den DS 9 als interessante Alternative zur deutschen Konkurrenz© DS Automobiles/Dani Heyne

Stattdessen soll ein exklusives Händlernetz mit derzeit rund 30 Standorten in Deutschland genügen. Zwar gibt es einen (nicht kostenfreien) Hol- und Bringservice, sollte die Werkstatt zu weit entfernt sein. Und jeder DS-Kunde wird Mitglied im "Club Privilège", der exklusive Angebote umfasst, z. B. Champagner zum Selbstkostenpreis oder eine Louvre-Führung bei Nacht als Zuckerl.
Doch bisher sind noch alle Marken gescheitert, die etwas Besonderes sein wollten und die Zahl der Händler der Exklusivität wegen künstlich verknappt haben. Nissans Nobel-Ableger Infiniti etwa (schon wieder weg vom deutschen Markt) oder Lexus als Toyotas High-End-Marke mit kaum wahrnehmbaren Verkaufszahlen. Mit dem Start des DS 4, der in der beliebteren Kompaktklasse antritt, könnte DS Automobiles dieser Ansatz auf die Füße fallen.

Hier können Sie den ausführlichen Test des DS 9 E-Tense 225 von Oktober 2021 als PDF herunterladen
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Technische Daten DS 9 E-Tense*

Technische Daten (Herstellerangaben)

DS Automobiles DS 9 E-Tense 225 Performance Line+ Automatik (07/21 - 06/22)

DS Automobiles DS 9 E-Tense 250 Performance Line+ Automatik (12/21 - 07/23)

DS Automobiles DS 9 E-Tense 360 Performance Line+ 4x4 Automatik (07/21 - 05/23)

Motorart

PlugIn-Hybrid
PlugIn-Hybrid
PlugIn-Hybrid

Hubraum (Verbrennungsmotor)

1.598 ccm
1.598 ccm
1.598 ccm

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

165
183
265

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

225
250
360

Drehmoment (Systemleistung)

320 Nm
320 Nm
520 Nm

Leistung maximal bei U/min. (Verbrennungsmotor)

6.000 U/min
6.000 U/min
6.000 U/min

Antriebsart

Vorderrad
Vorderrad
Allrad

Beschleunigung 0-100km/h

8,7 s
8,1 s
5,6 s

Höchstgeschwindigkeit

240 km/h
240 km/h
250 km/h

Reichweite WLTP (elektrisch)

55 km
67 km
61 km

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

34 g/km
22 g/km
41 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

1,5 l/100 km
1,0 l/100 km
1,8 l/100 km

Batteriekapazität (Brutto) in kWh

11,8
15,6
11,8

Ladeleistung (kW)

AC:1,8-7,4
AC:1,8-7,4
AC:1,8-7,4

Kofferraumvolumen normal

510 l
510 l
510 l

Leergewicht (EU)

1.914 kg
1.864 kg
2.006 kg

Zuladung

415 kg
486 kg
389 kg

Anhängelast ungebremst

750 kg
750 kg
750 kg

Anhängelast gebremst 12%

1.300 kg
1.275 kg
1.205 kg

Garantie (Fahrzeug)

2 Jahre
2 Jahre
2 Jahre

Länge x Breite x Höhe

4.934 mm x 1.855 mm x 1.459 mm
4.934 mm x 1.855 mm x 1.459 mm
4.934 mm x 1.855 mm x 1.459 mm

Grundpreis

52.810 Euro
58.910 Euro
69.700 Euro

* Die getestete Version E-Tense 225 wird nicht mehr angeboten.

ADAC Messwerte

ADAC Messwerte (Auszug)

DS 9 E-Tense 225

Überholvorgang 60 – 100 km/h

4,8 s

Bremsweg aus 100 km/h

34,1 m

Wendekreis

11,6 m

Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest

4,4 l Super + 9,0 kWh Strom/100 km, 165 g CO₂/km (Well-to-Wheel)

Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne)

***

Reichweite

645 km

Innengeräusch bei 130 km/h

66,8 dB(A)

Leergewicht / Zuladung

1915 / 410 kg

Kofferraumvolumen normal / geklappt

355 / 825 l

ADAC Testergebnis

ADAC Testergebnis

DS Automobiles DS 9 E-Tense 225 Performance Line+ Automatik (07/21 - 06/22)

Karosserie/Kofferraum

2,7

Innenraum

2,5

Komfort

2,2

Motor/Antrieb

1,8

Fahreigenschaften

2,3

Sicherheit

1,8

Umwelt/EcoTest

3,0

Gesamtnote

2,3
Sicherheit und Umwelt werden doppelt gewertet

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

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