Mercedes E-Klasse: Die Business-Class im ADAC Test

Die 2020 überarbeitete Mercedes E-Klasse fährt allmählich ihrem Ende entgegen. Daimlers Business-Klasse wird 2023 komplett neu durchstarten. Doch auch die "alte" E-Klasse hat noch einiges zu bieten. ADAC Test des 300 d und des 400 d T-Modells, Daten, Motoren
E-Klasse Limousine nicht mehr konfigurierbar
Breite Motorenpalette mit vielen Hybrid-Versionen
Basispreis: gut 51.000 Euro für Einstiegs-Diesel und -Benziner
„Du hast Dein Ziel erreicht.“ Du – das ist bei Mercedes neu. Mercedes duzt seine Kunden jetzt. Eigentlich keine große Sache, aber wer seit Jahren von seinem Navi gesiezt wird, wundert sich. Seit wann sind wir Kumpels?
Seit jetzt. Mercedes will hipper, cooler, zeitgemäßer werden. So richtig passt das eigentlich nicht zur E-Klasse (nicht mehr individuell konfigurierbare Limousine ab 51.319 Euro, T-Modell ab 55.395 Euro). Denn so gut sich die obere Mittelklasse auch verkauft, sie ist eher ein Auto für die gesetzte Kundschaft. Für Fahrer, die es solide statt flippig mögen, aber dennoch Wert auf neueste Technik legen.
Mercedes E-Klasse: Optisch nur dezent renoviert

Daher hat Mercedes dem soliden Blech ein paar Innovationen mitgegeben. Optisch unterscheidet sich die 2020 modellgepflegte E-Klasse kaum vom Vorgänger: Neu gestaltete LED-Scheinwerfer, optional mit Multibeam-LED genanntem Matrix-Licht (1547 Euro) und die Heckleuchten sind bei der Limousine nun im Querformat angeordnet statt hochkant. Die alte Basisausstattung entfällt, die drei Ausstattungsvarianten Avantgarde, Exclusive und AMG-Line unterscheiden sich optisch nur in Details. Die Ausstattung Exclusive erhält dafür den Mercedes-Stern auf der Haube.
Innenraum: 360-Grad-Blick in die Mercedes E-Klasse
Innen fallen sofort die beiden mindestens 10,25 Zoll breiten, volldigitalen Bildschirme auf, optional sind sie sogar 12,3 Zoll groß. Über die Bildschirme lassen sich per Sprache oder Touchpad Radio, Navi und diverse Fahrzeug- sowie Komfortfeatures bedienen. Die bisherigen analogen Rundinstrumente wurden gestrichen. Auch der Sprachassistent ("Hey Mercedes") wurde überarbeitet und versteht seinen Fahrer nun besser.
Der bisherige Dreh-Drück-Steller sowie das aufpreispflichtige Touchpad aus Kunststoff entfielen, stattdessen findet man das bereits aus anderen Mercedes-Modellen bekannte Touchpad vor. Allerdings stellt auch diese Lösung gegenüber dem bisherigen System einen Rückschritt dar, da sich durch die smartphoneähnliche Bedienung weniger zielsicher und vor allem langsamer und somit ablenkungsintensiver durch die teils recht verschachtelten Menüs navigieren lässt.
Neu ist auch die Menüführung über das umgestaltete Lenkrad: Statt Dreh-Drück-Köpfen gibt es nun Slider. Keine gute Idee. Die Touchflächen reagieren weniger sensibel und zuverlässig auf Berührung und haben eine deutlich stärkere Ablenkung vom Verkehrsgeschehen zur Folge. Durch die fehlende haptische Rückmeldung der Touchflächen muss man immer kurz schauen, ob der Befehl auch ausgeführt wurde. Hinzu kommt, dass das Multifunktionslenkrad mit 18 Bedienflächen überfrachtet ist. Fazit der ADAC Ingenieure: "Bei der Überarbeitung der Bedienung ist Mercedes einen Schritt zu weit gegangen."
Sicherheit: Verbesserte Assistenzsysteme

Speziell den Plug-in-Hybriden vorbehalten ist eine neue Power-Nap-Funktion, die mithilfe von Licht und Tönen ein Nickerchen während einer Fahrpause erleichtern soll. Im Idealfall hat vorher der Müdigkeitsassistent angeschlagen und den Fahrer zu einer Pause ermahnt. Neu ist auch der Urban Guard. Er registriert, ob das Fahrzeug gestohlen, abgeschleppt oder angerempelt wird und informiert seinen Besitzer. Auch eine Ortung ist möglich, was der Polizei helfen kann, ein gestohlenes Fahrzeug zu finden.
Manchmal nervt die intelligente Technik der E-Klasse
Neue Sensoren reagieren schneller und feinfühliger: Das automatische Einparken etwa erfolgt flüssiger und bei kleineren Hindernissen bremst das Fahrzeug selbsttätig ab. Was auch passiert, wenn der Totwinkelwarner eine Gefahr erkennt. Nachteil: Die E-Klasse verzeiht keine Fehler. Schon beim leichten Touchieren der Mittellinie ohne zu blinken rappelt das Lenkrad. Schon beim Überschreiten der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit um einen Stundenkilometer blinkt es im Head-up-Display (ab 1249,50 Euro) wild auf.
Praktisch, dass der aktive Spurhalteassistent auch in engen Autobahnstücken wie Baustellen aktiv bleibt – die Sensoren und Kameras erkennen nun auch schmale Fahrstreifen. Im Stopp-and-Go im Stau kann die E-Klasse nun auch selbstständig wieder anfahren. Und falls es zum Stillstand auf der Autobahn kommt, hilft der Rettungsgassen-Assistent: Er lenkt die E-Klasse automatisch zum ganz rechten oder linken Rand – je nachdem, auf welcher Fahrspur sich das Auto aufhält.
Insgesamt ist das Angebot an Fahrerassistenzsystemen sehr umfangreich, allerdings sind viele Sicherheitssysteme nur gegen Aufpreis zu haben. Das ist nicht nur in Anbetracht des
Anspruchs der Stuttgarter, Vorreiter beim Thema Sicherheit zu
sein, unverständlich, sondern vor allem, weil es sich beim getesteten E 400
d Exclusive um ein knapp 75.000 Euro teures Modell der oberen
Mittelklasse handelt.
Viel Platz in der Mercedes E-Klasse
Über allen Zweifel erhaben sind die praktischen Fähigkeiten des T-Modells: Das Raumangebot ist insgesamt tadellos. Personen bis zwei Meter Körpergröße finden problemlos genügend Bein- und Kopffreiheit vor. Und im Fond ist genügend Bein- und Kopffreiheit für zwei Meter große Insassen.
Der T-Modell-Kofferraum ist nach wie vor groß, wenn auch im Vergleich zum Vorgänger geschrumpft: 450 Liter passen laut ADAC Messmethode unter das Kofferraumrollo. Dachhoch fasst der Kofferraum aber schon 800 Liter oder bis zu 14 Getränkekisten. Unter dem Kofferraumboden findet man zudem ein großes Fach mit 60 Litern Volumen. Legt man die Rücksitzlehnen um, passen bis zur Fensterunterkante 860 und bis zum Dach 1585 Liter in den Mercedes.
Die Limousine bietet bei aufgestellten Rücksitzlehnen 430 Liter Kofferraumvolumen – alternativ passen sieben Getränkekisten hinein. Klappt man die Lehnen um und belädt den Gepäckraum bis zur Fensterunterkante (was aus Sicherheitsgründen empfohlen wird), stehen 905 Liter Ladevolumen zur Verfügung.
Mild-Hybrid für die meisten Verbrennungsmotoren

Die Motorenpalette bleibt groß. Zudem hat Mercedes die meisten Antriebe elektrifiziert. Als Mildhybride können sie nicht rein elektrisch fahren, doch ein Startergenerator unterstützt die Verbrenner beim Beschleunigen mit bis zu 22 PS. Die Bandbreite reicht bei den Benzinern vom E 200 mit 197 + 14 PS bis zum mächtigen E 63 AMG mit 4,0-Liter-V8 und wuchtigen 612 PS Leistung.
Auch bei den Dieselmotoren hat Mercedes nachgelegt: Die Basis bildet der E 200 d (160 PS) und auch hier ergänzt ein ebenfalls vom ADAC getesteter Mildhybrid in Form des E 300 d mit 265 + 20 PS die Modellpalette. Interessant auch die beiden Plug-in-Hybride E 300 e mit 211 PS (Benziner) samt 122 PS starkem Elektromotor und der E 300 de, dessen Antrieb sich aus einem Vierzylinder-Diesel mit 194 PS und einer E-Maschine mit 122 PS zusammensetzt.
Das E 400 d T-Modell im ADAC Test ist mit der stärksten Ausbaustufe des Dreiliter-Sechszylinderdiesels sehr souverän motorisiert. Dank der Stufenaufladung setzt das immens hohe Drehmoment von 700 Nm bereits ab 1200 Touren ein. Der Selbstzünder schiebt den Kombi in jeder Lebenslage eindrucksvoll und nachdrücklich an. Weil der Motor so gleichmäßig und akustisch unaufgeregt seine Leistung abgibt, verrät hauptsächlich die Tachonadel, wie rasant es vorangeht.
Die Zahlen sprechen für sich: Den Zwischenspurt von 60 auf
100 km/h erledigt der Mercedes in glatten drei Sekunden. Die
Werksangabe von null auf 100 km/h in 5,1 Sekunden stellt man
damit nicht in Frage. Bei Tempo 250 km/h wird elektronisch
abgeriegelt. Zudem ist der neue Reihensechszylinder eine Ansage an alle
Dieselskeptiker. Abgesehen von einem leisen Grummeln und
einem dezent kernigen Laufgeräusch beim Kaltstart ist der
Motor nur gut gedämmt zu vernehmen. Ebenfalls gut gelungen
für einen Selbstzünder ist das Vibrationsverhalten, lediglich im
Lenkrad sind ganz leichte Vibrationen zu spüren.
Die Motoren der E-Klasse im Überblick
Modell | Motor | Leistung |
---|---|---|
E 200 | Vierzylinder-Mildhybrid-Benziner | 197 + 14 PS |
E 300 | Vierzylinder-Mildhybrid-Benziner | 258 + 14 PS |
E 350 | Vierzylinder-Mildhybrid-Benziner | 272 + 20 PS |
E 450 | Sechszylinder-Mildhybrid-Benziner | 367 + 22 PS |
E 53 AMG | Sechszylinder-Mildhybrid-Benziner | 435 + 22 PS |
E 63 S AMG | Achtzylinder-Benziner | 612 PS |
E 200 d | Vierzylinder-Diesel | 160 PS |
E 220 d | Vierzylinder-Diesel | 194 PS |
E 300 d | Vierzylinder-Mildhybrid-Diesel | 265 + 20 PS |
E 400 d | Sechszylinder-Diesel | 330 PS |
E 300 e | Vierzylinder-Plug-in-Hybrid-Benziner | 211 + 122 PS (Systemleistung 320 PS) |
E 300 de | Vierzylinder-Plug-in-Hybrid-Diesel | 194 + 122 PS (Systemleistung 306 PS) |
Der Spitzendiesel schluckt 6,8 l/100 km

Auch wenn der Verbrauch des E 400 d T-Modells in Anbetracht der Fahrzeuggröße und der sehr guten Fahrleistungen vergleichsweise moderat ausfällt, ist er absolut gesehen mit 6,8 l/100 km im ADAC Ecotest doch recht hoch. Innerorts verbraucht der Diesel 7,6, außerorts 5,8 und auf der Autobahn 7,9 Liter pro 100 Kilometer. Die Emissionswerte liegen auf durchgehend niedrigem Niveau, das verschafft dem T-Modell trotz seiner einer CO₂-Bilanz von 216 g/km immerhin drei von fünf möglichen Ecotest-Sternen.
Im ebenfalls getesteten viertürigen 300 d 4Matic sorgt weiter ein Zweiliter-Diesel für Vortrieb. Der ist nun allerdings mit einem integrierten Startergenerator samt zusätzlichem 48-Volt-Bordnetz ausgerüstet. Der E-Motor boostet mit bis zu 20 PS und steigert die Gesamtleistung auf 285 PS. Damit übertrifft der zweistufig aufgeladene Selbstzünder den sechszylindrigen 350 d mit 258 PS, an dessen Stelle er gerückt ist.
Der Vierzylinder motorisiert den knapp zwei Tonnen schweren Allradler überaus souverän, gleichzeitig bleibt der Verbrauch mit ermittelten 6,2 Litern pro 100 Kilometer im Rahmen. Zudem befinden sich die Abgasemissionen auf sehr niedrigem Niveau. Das gibt unterm Strich vier von fünf möglichen Ecotest-Sternen.
Die Fahrstabilität von Limousine und T-Modell ist erstklassig, hier macht dem Stuttgarter kaum einer etwas vor. Den ADAC Ausweichtest meistert die E-Klasse vollkommen problemlos
und bei Bedarf auch verblüffend schnell. Hier zeigt sich eine
große Stärke der E-Klasse: Wie kein zweites Fahrzeug der
oberen Mittelklasse vereint sie fahrerische Gelassenheit mit
bemerkenswerter Agilität, ohne dabei nervös zu wirken. Die Traktion ist dank des bei E 300 d und E 400 d serienmäßigen
Allradantriebs 4Matic ebenfalls hervorragend.
Der Preis für die E-Klasse ist hoch
Die Preisgestaltung ist Mercedes-typisch deftig, gleichzeitig ist die serienmäßige
Sicherheitsausstattung erstaunlich dürftig. Auf der anderen Seite überzeugt die E-Klasse auch nach dem Facelift mit hervorragenden Fahreigenschaften und beispielhaftem Fahrkomfort. Ebenso können die Verarbeitungs- und Materialqualität vollauf überzeugen – zumindest letztere gab bei einigen Neuerscheinungen jüngster Zeit durchaus Anlass zur Kritik.
Lesen Sie hier den ausführlichen Test des Mercedes E 400 d T-Modell als PDF
Lesen Sie hier den ausführlichen Test des Mercedes E 300 d als PDF
Mercedes E 300 d und 400 d T-Modell: Technische Daten
Technische Daten (Herstellerangaben) | Mercedes-Benz E 400 d T-Modell Exclusive 4MATIC 9G-TRONIC (ab 07/20) | Mercedes-Benz E 300 d Exclusive 4MATIC 9G-TRONIC (ab 01/21) |
---|---|---|
Motorart | Diesel | Diesel (Mild-Hybrid) |
Hubraum (Verbrennungsmotor) | 2.925 ccm | 1.993 ccm |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 243 | 210 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 330 | 285 |
Drehmoment (Systemleistung) | 700 Nm | 550 Nm |
Leistung maximal bei U/min. (Verbrennungsmotor) | 3.400 U/min | n.b. |
Antriebsart | Allrad | Allrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 5,1 s | 6,3 s |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 178 g/km | 149 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 6,8 l/100 km | 5,7 l/100 km |
Kofferraumvolumen normal | 640 l | 540 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.820 l | - |
Leergewicht (EU) | 2.015 kg | 1.925 kg |
Zuladung | 680 kg | 660 kg |
Anhängelast ungebremst | 750 kg | 750 kg |
Anhängelast gebremst 12% | 2.100 kg | 2.100 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 2 Jahre | 2 Jahre |
Länge x Breite x Höhe | 4.945 mm x 1.852 mm x 1.460 mm | 4.935 mm x 1.852 mm x 1.460 mm |
Grundpreis | 73.161 Euro | 62.703 Euro |
ADAC Messwerte
ADAC Messwerte (Auszug) | Mercedes E 400 d T-Modell Exclusive 4Matic | Mercedes-Benz E 300 d Exclusive 4Matic |
---|---|---|
Überholvorgang 60 – 100 km/h | 3,0 s | 3,6 s |
Bremsweg aus 100 km/h | 32,5 m | 32,9 m |
Wendekreis | 11,9 m | 11,7 m |
Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest | 6,8 l Diesel/100 km, 216 g CO₂/km (Well-to-Wheel) | 6,2 l Diesel/100 km, 191 g CO₂/km (Well-to-Wheel) |
Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne) | *** | **** |
Reichweite | 735 km | 805 km |
Innengeräusch bei 130 km/h | 66,0 dB(A) | 65,2 dB(A) |
Leergewicht / Zuladung | 2010 / 685 kg | 1960 / 625 kg |
Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch | 450 / 860 / 1585 l | 430 / 905 / - l |
ADAC Testergebnis
ADAC Testergebnis | Mercedes-Benz E 400 d T-Modell Exclusive 4MATIC 9G-TRONIC (ab 07/20) | Mercedes-Benz E 300 d Exclusive 4MATIC 9G-TRONIC (ab 01/21) |
---|---|---|
Karosserie/Kofferraum | 2,2 | 2,6 |
Innenraum | 1,8 | 2,2 |
Komfort | 1,8 | 1,6 |
Motor/Antrieb | 1,1 | 1,2 |
Fahreigenschaften | 1,6 | 1,7 |
Sicherheit | 1,2 | 1,4 |
Umwelt/EcoTest | 3,0 | 2,5 |
Gesamtnote | 1,9 | 1,9 |
sehr gut
0,6 - 1,5
gut
1,6 - 2,5
befriedigend
2,6 - 3,5
ausreichend
3,6 - 4,5
mangelhaft
4,6 - 5,5
Mercedes E-Klasse 2023: Erste Erlkönigbilder
2023 wird Mercedes die nächste Generation der E-Klasse vorstellen. Erste Erlkönige drehen längst ihre Runden auf öffentlichen Straßen. Noch sind die Fahrzeuge stark getarnt, doch die Linienführung lässt sich zumindest schon erkennen.





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Text: Fabian Hoberg, Jochen Wieler
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