BYD Atto 3 Testfahrt: Der Volkswagen aus China

Der chinesische Hersteller BYD kommt nach Europa – und die erste Ausfahrt mit dem Atto 3 macht richtig Laune. Das kompakte Elektro-Crossover hat das Zeug zum Erfolgsmodell. Auch, weil es das richtige Format hat. Testfahrt, Daten, Preise.
BYD Atto 3 mit satter Leistung: 150 kW/204 PS, 310 Nm
Gute Reichweite: 420 Kilometer (WLTP)
Drei Ausstattungen: ab 42.245 Euro
BYD? Nein, müssen Sie noch nicht kennen – zumindest in Europa. Als Chinese wüssten Sie genau: BYD (sprich englisch: Bi-Wei-Di) ist der weltweit führende Hersteller von Elektroantrieben, der bis Ende 2022 weltweit insgesamt mehr als 3,3 Millionen Fahrzeuge verkauft hat.
Und jetzt wagt BYD den Sprung nach Europa. Aktuell in Deutschland im Angebot: das Siebensitzer-Elektro-SUV Tang, die sportliche Luxus-Limousine Han (beide etwa 70.000 Euro) und das kompakte Crossover-SUV Atto 3 (ab 42.245 Euro), das wir jetzt erstmals fahren konnten.
Wer ist BYD?

BYD – der Name ist die Abkürzung von Built Your Dreams – wurde 1995 als Hersteller von wiederaufladbaren Batterien im chinesischen Shenzen gegründet und ist nach eigenen Angaben inzwischen der einzige Autohersteller, der die komplette elektronische Architektur seiner Fahrzeuge selbst entwickelt und herstellt – einschließlich Batterien, Halbleitern, Motoren und Steuergeräten. Alle Pkw sind mit der sogenannten Blade-Batterie-Technologie ausgestattet, also Platten aus Lithium-Eisenphosphat, die kompakt nebeneinander gestapelt werden und weniger hoch bauen als Lithium-Ionen-Packs.
Die Blade-Batterie – BYD beliefert damit auch Tesla – sorgt für eine höhere Effizienz in Bezug auf Leistung, Reichweite sowie Lebensdauer und ist auch unempfindlicher gegen äußere Verletzungen.
In Deutschland hat die schwedische Hedin-Gruppe den Vertrieb der Autos übernommen, erste Premium-Stores in Frankfurt und Köln eröffnet und sechs größere BMW- und Mercedes-Händler als Verkaufs- und Servicepartner unter Vertrag genommen.
Der Atto 3 ist das erste BYD-Modell der unteren Mittelklasse in Europa, wo die vollektrische Konkurrenz mit VW ID.3, Cupra Born, Hyundai Kona Elektro, Kia Niro EV oder MG4 noch überschaubar ist. Und auf der gleichen Elektroplattform 3.0 kommen in diesem Jahr noch der Kleinwagen Dolphin als Alternative zum Peugeot e-208 und Opel Corsa-e und der Seal als neuer Tesla-Model-3-Jäger. BYD bringt den Markt in Bewegung.
Atto-3-Design: Außen hui, innen pfiffig

Beim Design des Atto 3 hat BYD schon mal alles richtig gemacht. Von außen wirkt der Atto modern und zeitlos, mit einer breiten Chromleiste zwischen den flachen LED-Scheinwerfern vorne und einer durchgehenden Lichtleiste mit dem ausgeschriebenen Markennamen hinten. Die Seitenlinie des 4,45 Meter langen Atto 3 entspricht der typischen SUV-Crossover-Silhouette und endet hinten mit einem kräftigen Dachspoiler und einer genarbten Chromapplikation, die laut BYD an die Schuppen eines Drachen erinnern soll.
Der erste Eindruck im Innenraum: Etwas verspielt, aber durchaus pfiffig. Die dreifarbigen Sitze aus veganem Leder haben hinten und sogar am Beifahrersitz Isofix-Befestigungen, die mehrfarbigen Kunststoffe sind für die bessere Haptik unterschäumt, die Türgriffe "umarmen" seitlich angebrachte Lautsprecher, die bei Bedarf im Rhythmus der Musik leuchten. Gespannte Schnüre, die wie bei einer Gitarre sogar gestimmt sind, fungieren als Halterung in den Türen, und zahnradartige Drehelemente sorgen für die Luftverteilung.
Das große Display ist drehbar

Zentrales Bedienelement ist ein je nach Ausstattung 12,8 oder 15,5 Zoll großes Touch-Display, das wie bei den ID-Modellen von VW durch ein kleines 5-Zoll-LCD-Display vor dem Fahrer ergänzt wird. Auf Knopfdruck kann das große Display z.B. für die Navigation über Google senkrecht und zum Filmschauen beim Laden waagrecht gestellt werden.
Die Grafik ist sehr schön gestaltet und lässt sich anders als bei einigen chinesischen Konkurrenten auch recht logisch bedienen. Was aber auch im Atto fehlt, sind haptische Drehschalter für die Klimabedienung oder Tasten für die Sitzheizung – das funktioniert nur umständlich über das Bedienmenü.
Bildergalerie: Der BYD Atto 3 im Detail







1 von 5
BYD Atto 3: Gute Platzverhältnisse

Mit einer Länge von 4,46 Metern, die zwischen dem VW ID.3 (4,26 m) und ID.4 (4,58 m) liegt, bietet der Atto 3 den Passagieren ausreichend Platz. Vorne fällt das Raumgefühl ohnehin großzügig aus, doch auch hinten sitzt man mit viel Kniefreiheit und guter Oberschenkelauflage bequem. Trotz des serienmäßigen Panoramadachs, das sich auch öffnen lässt, ist die Kopffreiheit ausreichend bemessen. Der Kofferraum fasst dagegen nur durchschnittliche 440 Liter, ist mit geklappten Sitzen immerhin auf 1338 Liter erweiterbar.
Im doppelten Ladeboden des Kofferraums müssen die Ladekabel verstaut werden, denn ein Extra-Staufach im Motorraum (Frunk) gibt es dafür leider nicht – schade bei einem neu konstruierten Elektroauto.
Die 420 Kilo schwere Batterie ist komplett im Unterboden versteckt und baut dank der Blade-Technologie mit senkrecht geschichteten Quadern relativ flach. BYD gibt die Brutto-Kapazität mit 60,5 kWh an, was bei einem WLTP-Verbrauch von 15,6 kWh/100 km für eine Reichweite von 420 Kilometern sorgen soll. Geladen wird AC (ab der Comfort-Ausstattung) dreiphasig mit 11 kW in 6,5 Stunden, an DC-Schnellladesäulen im Idealfall mit 88 kW in 29 Minuten von 30 bis 80 Prozent.
Das ist zumindest die letzte Info auf der BYD-Internetseite, denn in allen früheren Unterlagen galt die Ansage: Mit 150 kW in 30 Minuten von 30 auf 80 Prozent. Wie das jetzt mit weniger Ladeleistung sogar noch schneller gehen soll, weiß wohl nur Konfuzius.
BYD Atto 3: Macht beim Fahren Spaß

Und wie fährt sich der neue Atto 3? Kurz gesagt: Prima. Der Motor beschleunigt mit einem Drehmoment von 310 Nm vom Stand weg enorm spurtstark, das Fahrwerk ist überraschend schluckfreudig, federt angenehm, die leichtgängige Lenkung vermittelt noch ausreichend Fahrbahnkontakt, und auch das Bremsgefühl ist trotz Rekuperation (nur einstufig verstärkbar) gut definiert.
Die starke Leistung, die in der Fahrstufe Sport sogar noch direkter anliegt, hat allerdings ihren Preis: Die Räder des Fronttrieblers drehen schnell durch und können von der Antriebsschlupfregelung nur mühsam abgeregelt werden – ein Effekt, der sich bei Nässe natürlich noch verstärkt.
Die Sicherheitsausstattung ist komplett. Notbrems-, Spurhalte-, Fernlicht- oder Querverkehrsassistent, Verkehrszeichen-Erkennung, ACC oder Speed-Limiter: alles an Bord. Das hohe serienmäßige Sicherheitsniveau wurde dem Atto 3 auch offiziell von Euro NCAP bescheinigt: Seine erreichten 5 Sterne sind keine Selbstverständlichkeit.
Das BYD-Garantie-Angebot ist fair: 4 Jahre oder 120.000 Kilometer auf das Fahrzeug, 8 Jahre oder 200.000 km auf die Antriebsbatterie.
Fazit: Es kommt auch auf den Preis an

Die chinesischen Autohersteller geben Strom. Die Zeiten von Landwind und Brilliance sind vorbei: Die aktuellen Elektroautos chinesischer Herkunft können in puncto Antrieb, Konnektivität und Qualität problemlos mit den Angeboten der etablierten Anbieter mithalten. Und BYD besetzt jetzt auch den massentauglichen Markt der Kleinwagen und kompakten Mittelklasse – ein Markt, der wegen geringerer Rendite von den Platzhirschen bisher ziemlich vernachlässigt wurde.
Die Chancen stehen also gut, doch in Zukunft wird auch der Preis entscheiden. Noch versuchen die chinesischen Marken aufgrund der langen Lieferzeiten das hohe europäische Preisniveau der Elektroautos zu halten. So wird der Atto von BYD in China für umgerechnet etwa 25.000 Euro verkauft, während die europäisch abgestimmte Version in Deutschland mindestens 42.000 Euro kostet.
Bei dieser Art von Mischkalkulation bleiben chinesische Hersteller also meist wenige Tausend Euro unter dem, was die Konkurrenten verlangen. Doch wenn sich das Angebot normalisiert und die Preise wie jetzt bei Tesla kräftig purzeln, wird es spannend. Und manche Hersteller werden wohl neu kalkulieren müssen.
BYD Atto 3: Technische Daten, Preise
Technische Daten (Herstellerangaben) | BYD Atto 3 EV Active (ab 04/23) | BYD Atto 3 EV Comfort (ab 04/23) | BYD Atto 3 EV Design (ab 04/23) |
---|---|---|---|
Motorart | Elektro | Elektro | Elektro |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 150 | 150 | 150 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 204 | 204 | 204 |
Drehmoment (Systemleistung) | 310 Nm | 310 Nm | 310 Nm |
Antriebsart | Vorderrad | Vorderrad | Vorderrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 7,3 s | 7,3 s | 7,3 s |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h | 160 km/h | 160 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | 420 km | 420 km | 420 km |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km | 0 g/km | 0 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 15,6 kWh/100 km | 15,6 kWh/100 km | 15,6 kWh/100 km |
Batteriekapazität (Brutto) in kWh | 60,5 | 60,5 | 60,5 |
Ladeleistung (kW) | AC:7,0 DC:88,0 | AC:7,0-11,0 DC:88,0 | AC:7,0-11,0 DC:88,0 |
Kofferraumvolumen normal | 440 l | 440 l | 440 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.338 l | 1.338 l | 1.338 l |
Leergewicht (EU) | 1.750 kg | 1.750 kg | 1.750 kg |
Zuladung | 410 kg | 410 kg | 410 kg |
Anhängelast ungebremst | n.b. | n.b. | n.b. |
Anhängelast gebremst 12% | n.b. | n.b. | n.b. |
Garantie (Fahrzeug) | 4 Jahre oder 120.000 km | 4 Jahre oder 120.000 km | 4 Jahre oder 120.000 km |
Länge x Breite x Höhe | 4.455 mm x 1.875 mm x 1.615 mm | 4.455 mm x 1.875 mm x 1.615 mm | 4.455 mm x 1.875 mm x 1.615 mm |
Grundpreis | 42.245 Euro | 44.625 Euro | 47.005 Euro |
Hier finden Sie viele weitere Neuvorstellungen, Fahrberichte und Autotests.