ADAC Autotest: Das sind die Testkriterien

Drei Autos stehen in einer Halle
Beim ADAC Autotest werden die Fahrzeuge genau unter die Lupe genommen© ADAC/Peter Neusser

Jedes Jahr nimmt der ADAC etwa 100 aktuelle Modelle ganz genau unter die Lupe. Das Ziel des ADAC Autotests: Autokäufern eine hilfreiche Unterstützung bei der Wahl des richtigen Modells zu geben. Ein Blick hinter die Kulissen und auf die Arbeit der Testingenieure.

  • Mehr als 300 Testkriterien für alle Antriebsarten

  • Hohe Qualitätssicherung nach Verbraucherschutzmaßstäben

  • Extra: Der individuelle Zielgruppencheck

Zehn Vollbremsungen hintereinander, abruptes Ausweichen vor einem Hindernis mit 90 km/h und das Ganze möglichst exakt und reproduzierbar – einen empfindlichen Magen dürfen ADAC Autotester nicht haben, wenn sie die Sicherheit der Fahrzeuge beurteilen wollen.

Im ADAC Technikzentrum Landsberg und auf der Teststrecke in Penzing gehören solche Fahrmanöver zum Alltag der Testingenieure. Ihr Anspruch ist hoch, schließlich sollen am Ende objektive, nachvollziehbare und miteinander vergleichbare Ergebnisse herauskommen. Sie beurteilen neue Fahrzeuge bis ins kleinste Detail, verifizieren die Angaben der Hersteller und können durch präzise Messungen Unterschiede zwischen einzelnen Modellen viel besser herausfinden als ein Laie. 

Doch wie genau sehen die Autotests in den Hallen des ADAC Technikzentrums und auf den Teststrecken aus? Welche Kriterien werden überprüft, und wo kommen die Autos für den Test her?

Überblick: Acht Haupt-, 300 Unterkriterien

Martin Ruhdorfer sitzt während eines Autotests im Auto
ADAC Autotester Martin Ruhdorfer testet die Bedienbarkeit im Cockpit© ADAC/UweRattay

Jedes Testfahrzeug muss sich beim Autotest acht Haupt- und mehr als 300 Testkriterien stellen. Sie decken dabei alle Aspekte des Fahrzeugs ab – das Spektrum reicht von Technik und Sicherheit über Handhabung und Bedienbarkeit bis hin zur Umweltbelastung. Auch die Kosten werden separat berücksichtigt.

Die meisten Kriterien lassen sich objektiv durch Messungen bewerten, manche aber nicht: Die Verarbeitung zum Beispiel, das Fahrverhalten, der Sitzkomfort oder auch die Nutzbarkeit des Kofferraums werden von den erfahrenen Testingenieuren subjektiv überprüft. Um sicherzustellen, dass jedes Fahrzeug von jedem Tester gleich beurteilt wird, gleichen die Kollegen ihre Bewertung wesentlicher Kriterien untereinander ab.

Das sind die acht Hauptkriterien des ADAC Autotest:  

Karosserie und Kofferraum

Ein ADAC Mitarbeiter misst das Volumen eines Kofferraumes anhand von Schaumstoffwürfeln.
Das Volumen des Kofferraums wird mit Schaumstoffelementen vermessen© ADAC/Uwe Rattay

Wie gut ist die Verarbeitungsqualität? Und wie hochwertig sind die verwendeten Materialien? Nicht nur das bewerten die Tester in diesem Kapitel. Das Auto wird auch auf seine Alltagstauglichkeit geprüft: Wie viele Sitzplätze sind vorhanden? Wie weit reicht eine Tankfüllung oder eine volle Batterie bei Elektroautos? Wie lange braucht man beim Tanken oder Laden? Welche Hilfsmittel sind im Fall einer Reifenpanne vorhanden? Auch der Wendekreis wird gemessen.

Beim Unterkriterium Licht und Sicht wird eine subjektive Beurteilung der Gesamtsicht sowie der Straßenausleuchtung durch die Scheinwerfer in der Nacht durchgeführt. Zudem wird bewertet, ob beispielsweise Rückfahr- und 360-Grad-Kameras, Kurven- und Abbiegelichter oder auch Fernlichtassistenten erhältlich oder sogar serienmäßig sind.

Ob man bequem ein- und aussteigen kann, lässt sich sowohl mit Messwerten, als auch subjektiv beurteilen. Das Kofferraumvolumen wird mit Schaumstoff-Volumenkörpern ermittelt. Hier können sich durch das alltagsnahe Messverfahren durchaus Abweichungen zu den Herstellerangaben ergeben, denn Staufächer und Reserveradmodule werden beim ADAC nicht berücksichtigt.

Dass moderne Autos immer größer und massiger werden, ist eine Tatsache. Ob sie dadurch auch unübersichtlicher sind, zeigt die Rundumsichtmessung: Ein automatisiertes Messverfahren mit einer Kamera im Fahrzeuginneren erfasst das Blickfeld des Fahrers. Am Rechner wird später ausgewertet, wie stark etwa Kopfstützen oder breite Säulen die Sicht beeinträchtigen. 

Innenraum: Wie viel Platz hat man im Auto?

Opel Corsa wird mit Sitzdummy gestestet
Die maximale Personengröße wird mit einem Dummy ermittelt© ADAC/Uwe Rattay

Das Platzangebot wird mit einem Dummy vermessen, mit dessen Hilfe die maximale Personengröße auf den vorderen Sitzplätzen ermittelt wird. Zudem notiert der Testingenieur, wie er den Raum wahrnimmt und welche Ablagemöglichkeiten für die Insassen existieren.

Zuletzt geht es um die Bedienbarkeit: Wie schnell findet man sich im Cockpit zurecht, und sind die Tasten und Regler gut zu erreichen? Gerade in Zeiten, in denen sich die Steuerung weg von haptischen Knöpfen hin zum Touchscreen verlagert hat, ist das eine immer wichtigere Kategorie. Außerdem bewerten die Ingenieure, wie umfangreich die Multimediaausstattung ist.

Eine 360-Grad-Aufnahme zeigt die Übersicht

Komfort: Wohlfühlfaktor im Inneren

Werden die Insassen auf schlechten Straßen durchgerüttelt, oder gleicht das Fahrzeug Unebenheiten gut aus? Die Federung wird auf einer einheitlichen Route mit verschiedenen Straßenzuständen und bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten getestet.

Auch das Geräuschniveau ist ein wichtiges Komfortmerkmal. Hierfür wird der Schallpegel in der Mitte des Fahrzeugs auf Kopfhöhe bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h ermittelt. Es werden mehrere Messungen durchgeführt, aus welcher dann der Mittelwert gebildet wird. Zusätzlich erfolgt eine subjektive Beurteilung von Wind-, Fahr- und Motorgeräuschen.

Ebenfalls wichtig für den Fahrkomfort ist die Qualität der Sitze. Die Tester beurteilen neben den Verstellmöglichkeiten auch den Sitzkomfort sowie die Sitzposition vorn und hinten.

Motor und Antrieb: Die Fahrleistungen

Für viele sind die Fahrleistungen eines Wagens maßgeblich – und die kommen im ADAC Autotest nicht zu kurz. Auf einer Teststrecke wird beispielsweise der Überholvorgang von 60 auf 100 km/h simuliert – ein typisches Szenario, wenn auf der Landstraße ein Lkw überholt werden muss.

Gibt es bei bestimmten Geschwindigkeiten und Drehzahlen störende Geräusche oder Vibrationen? Das beurteilen die Tester ebenso wie die Präzision der Schaltvorgänge bei einem manuellen Getriebe.

Bei Fahrzeugen mit Automatikgetriebe wird der Fokus auf Schaltstrategie, Schaltkomfort und Schaltgeschwindigkeiten gelegt.

Fahreigenschaften

VW IQ4 beim Ausweichmanöver
Beim Ausweichtest geht es eng um die Kurve, denn im Notfall muss das Auto schnell reagieren können© ADAC/Uwe Rattay

Wie verhält sich ein Fahrzeug bei Lenkmanövern, und wie stabil fährt es geradeaus? Die Fahreigenschaften sind sicherheitsrelevant. Hier fließen Ergebnisse aus dem ADAC Ausweichtest ein, bei dem eine mit 90 km/h vorgegebene Ausweichsituation nachgefahren und das Fahrverhalten des Autos beurteilt wird. Dieses Manöver erfordert großes fahrerisches Können, denn trotz serienmäßigem Stabilitätsprogramm verhalten sich manche Autos kritisch und fallen beim ADAC Ausweichtest durch.

Genauso wichtig: das Bremssystem. Um dieses zu überprüfen, wird das Testfahrzeug mit 200 Kilo beladen und auf 100 km/h beschleunigt, ehe eine Vollbremsung durchgeführt wird. Am Ende wird der Mittelwert aus zehn Bremsmessungen benotet. Hinzu kommen subjektive Beurteilungen des Ansprechverhaltens und der Dosierbarkeit der Bremsen.

Sicherheit: Assistenzsysteme und Crashtest

Ein VW ID4 beim Crash in Landsberg
Auch der Crashtest fließt in die Bewertung mit ein© Euro NCAP

Moderne Fahrzeuge besitzen inzwischen eine Armada an Assistenzsystemen, die helfen sollen, einen Unfall zu vermeiden. Schon Kleinwagen sind heutzutage mit elektronischen Helfern wie einem Notbremssystem oder einem Spurhalteassistenten ausgestattet. Die ADAC Tester bewerten dabei, welche Assistenzsysteme serienmäßig oder gegen Aufpreis zu haben sind.

Für die Bewertung des Insassenschutzes, der Kindersicherheit sowie des Fußgängerschutzes fließen die Ergebnisse aus dem jeweiligen Euro-NCAP-Test ein. Es werden aber auch eigene Kriterien angewendet, wie etwa die Montagefreundlichkeit von Kindersitzen (Kindersicherheit), die Höhe der Kopfstützen (Insassenschutz) oder das Vorhandensein eines Fußgänger-Notbremssystems.

Umwelt: Kraftstoffverbrauch und Emissionen

Ein Mercedes steht auf dem Prüfstand
Beim ADAC Ecotest muss das Auto auf den Rollenprüfstand© ADAC/Test und Technik

Fahrzeuge sollten möglichst verbrauchsarm sein und die Umwelt nicht zu sehr belasten. Der ADAC führt in seinem Autotest daher auch eine Prüfung auf dem ADAC eigenen Rollenprüfstand durch. Benotet werden hierbei der Kraftstoffverbrauch und die Schadstoffemissionen. Im ADAC Ecotest werden Punkte für das Klimagas CO₂ und die gesetzlich limitierten Schadstoffe vergeben, die in eine leicht nachvollziehbare Sternewertung münden. Maximal werden fünf Sterne vergeben.

Autos mit Verbrennungsmotor, die auf dem Prüfstand besonders gut abschneiden und ein 4- oder 5-Sterne-Ergebnis erzielen, werden zur Überprüfung des Ergebnisses auch im realen Fahrbetrieb getestet. Mithilfe einer mobilen Messanlage (PEMS) werden die Emissionen dann realitätsnah auf der Straße gemessen. Dadurch können Manipulationen bei den Labormessungen aufgedeckt werden.

Wirtschaftlichkeit: Monatliche Kosten des Fahrzeugs

"Außer Konkurrenz" läuft das Kriterium der Wirtschaftlichkeit, also wie kostenintensiv ein Fahrzeug ist: Diese Bewertung geht nicht in die Gesamtnote mit ein, denn sie hat ja nicht unmittelbar mit der Qualität eines Fahrzeugs zu tun, die im Autotest bewertet wird. Weil es aber natürlich trotzdem wichtig ist, wie viel ein Auto kostet, ermittelt der ADAC die tatsächlichen Kosten. Diese umfassen nicht nur den Kaufpreis und den Wertverlust, der sich im Lauf der Jahre ergibt: Auch Kosten für Steuer, Versicherung, Kraftstoff und Reifen fließen hier mit ein.

Die Grundlagen des ADAC Autotests

Zusätzlich: Die Zielgruppenbewertung

Neben den verschiedenen Testkriterien wirft der ADAC Autotest auch den Blick auf die verschiedenen Zielgruppen, denn die Ansprüche an ein Fahrzeug sind unterschiedlich. So spielt für eine Familie bei der Kaufentscheidung die Kindersicherheit sowie das Platzangebot eine wichtige Rolle, während für Pendler eventuell nur ein platzsparendes und verbrauchsarmes Fahrzeug infrage kommt.

Daher beinhaltet der Autotest auch den sogenannten Zielgruppencheck. Dieser wertet bis zu 18 relevante Punkte für unterschiedliche Bedürfnisse aus. Die daraus resultierenden Noten ergänzen die Gesamtnote und bieten zusätzliche Informationen des Fahrzeugs für spezielle Nutzungsprofile. Dies ermöglicht den Vergleich der wichtigsten Eigenschaften der Fahrzeuge separat von der Gesamtbewertung.

Umfangreicher Testbericht präsentiert Ergebnisse

Am Ende des ADAC Autotests steht der umfangreiche Testbericht, in dem der Leser alle wichtigen Informationen zum jeweiligen Fahrzeug findet, beispielhaft hier für den Dacia Jogger (pdf). In diesem wird das Fahrzeug zunächst charakterisiert und Stärken und Schwächen aufgezeigt. Die einzelnen Kriterien werden anschließend mitsamt den positiven und negativen Aspekten, welche im Test zur jeweiligen Benotung geführt haben, ausführlich beschrieben.

Auch der Testbericht wird durchgehend überprüft und durchläuft mehrere Kontroll- und Korrekturphasen. Dabei wird der Bericht neben einem weiteren Testingenieur zusätzlich von einem Ingenieur der Abteilung Fahrzeugtechnik fachlich geprüft.

Hier finden Sie die Übersicht zu allen aktuellen ADAC Autotests

Weitere interessante Beiträge zum ADAC Autotest:

Technische Beratung: Alexander Werner, Technik Zentrum