Test Alfa Romeo Junior: Was kann der Herzensbrecher?

Den Alfa Romeo Junior gibt es als Hybrid oder mit vollelektrischem Antrieb. Im ADAC Test musste sich der Junior Elettrica mit 115 kW/156 PS beweisen. Kann der kleine Romeo die Herzen erobern? Reichweite, Daten, Preis.
Mini-SUV als Hybrid und elektrisch zu haben
Alfa Junior Elettrica ab 39.500 Euro
Reichweite im Test: 335 Kilometer
Dass das Mini-SUV von Alfa ursprünglich mal Milano heißen sollte, wissen wohl die Wenigsten. Doch weil der Wagen nicht in Italien, sondern im polnischen Tichy gefertigt wird, war die italienische Regierung von der Namensgebung wenig begeistert. Nun hört das Auto kurzerhand auf den Namen Junior.
Und der passt gut, denn der Sprössling ist Alfas Angebot in der Kleinwagenklasse, hat aber natürlich dem Trend entsprechend eine leicht erhöhte SUV-Karosserie. Umso gespannter blicken wir auf das neue Alfa-Modell, auch vor dem Hintergrund, dass es auf dem umkämpften Markt der kleinen Elektro-SUVs etliche Konkurrenten gibt.
So muss der Alfa Romeo Junior nicht nur dem sportlich-eleganten Stil italienischen Karosserie-Designs entsprechen, er muss sich auch sportlich fahren. Gelingt das auch mit der "nur" 114 kW/156 PS starken Elektroversion? Die hat der ADAC ausführlich getestet – und außerdem eine Runde mit der 280-PS-Variante gedreht.
Alfa Junior: Geteilte Technik, frische Optik

Bei der technischen Plattform des Junior konnten die Italiener in das mit 14 Marken prall gefüllte Stellantis-Konzernregal greifen, gaben dem kleinen SUV aber ein eigenständiges Blechkleid. Vor allem die Front mit den schmalen LED-Tagfahrlichtern und dem Alfa-typischen Grill ist sportlich und unverwechselbar gestaltet.
Optische Individualität tut auch Not, denn unter dem Blech teilt sich der Alfa Junior den elektrischen Antriebsstrang grundsätzlich mit zahlreichen Konzernbrüdern wie Opel Mokka, Jeep Avenger, DS 3 E-Tense, Fiat 600e oder Lancia Ypsilon.
280-PS-Variante: Viel Power für den Alfa

Highlight im Antriebsprogramm ist die Elektro-Topversion Veloce, dessen E-Maschine 207 kW/280 PS Leistung an den Start bringt. Das im unteren Drehzahlbereich verfügbare Drehmoment von 345 Nm hat es beim Junior Veloce mit einem Leergewicht von nur 1590 Kilogramm zu tun. Ein vergleichbarer Volvo EX30 zum Beispiel wiegt leer 250 Kilogramm mehr.
Der Gewichtsvorteil zahlt sich aus, wenn es um das Beschleunigungsvermögen (5,9 Sekunden auf Tempo 100), aber auch um das Fahrverhalten geht. Das war bei einer kurzen Testfahrt auf abgesperrter Strecke deutlich zu spüren.
Dazu kommt die Feinarbeit, die die Alfa-Ingenieure in Bezug auf das Fahrwerk, die Bremsen und die Lenkung geleistet haben. Dabei wirkt das Fahrverhalten auch im Grenzbereich jederzeit gut beherrschbar, sodass sich beim Fahrer schon nach wenigen Kilometern großes Vertrauen einstellt, auch mal schneller in die Kurve zu gehen.
Fahrwerk mit einer Besonderheit

Letzteres gelingt auch deshalb so gut, weil Alfa dem Junior – der auch in Topversion nur mit Frontantrieb arbeitet – ein Torsen-Differenzial an der Antriebsachse spendiert hat. Das Differenzial verteilt die Kraft komplett mechanisch: Verliert ein Rad an Haftung, wird das überschüssige Drehmoment zum gegenüberliegenden Antriebsrad geleitet. Für den Fahrer fühlt sich das an, als würde das Auto fest auf die Straße und in die Kurve "hineingesogen".
Das Fahrwerk ist insgesamt sportlich-straff ausgelegt, auch die Lenkung arbeitet sehr präzise und direkt. Nachteil der Fahrwerksabstimmung ist der leicht eingeschränkte Federungskomfort. So werden Querfugen und Unebenheiten der Fahrbahn nicht weggebügelt, sondern von den Insassen deutlich bemerkt. Alfisti sollten damit aber leben können. So viel zur kurzen Testfahrt mit dem 280-PS-Elektriker.
ADAC Test: Alfa Junior Elettrica 156
So sportlich wie der Elettrica 280 ist der Antrieb des getesteten Elettrica 156 nicht, aber die meisten Kunden werden sich wohl für schwächere Variante entscheiden. Wie schlägt sie sich im ADAC Test?
Auch diese Version hat ein sicheres Fahrverhalten mit auf den Weg bekommen. Im Vergleich zum tiefergelegten 280er-Modell stellt man aber fest, dass sich die Karosserie in schnellen Kurven mehr zur Seite neigt. Auf Lenkimpulse reagiert der Italiener mit rascher Richtungsänderung, aber auch etwas schwammig mit deutlichem Wanken. Er beruhigt sich dann schnell wieder und das ESP greift sensibel ein, so dass er stets gut beherrschbar bleibt.
Das gilt auch für den ADAC Ausweichtest, den der Alfa dank ESP zwar sicher durcheilt. Man merkt aber, dass er nicht zu den größten Fahrdynamikern zählt, wozu auch die gefühllose, sehr leichtgängige Lenkung beiträgt. Synthetisch ist auch das Bremsgefühl des Junior, so dass feines Dosieren schwerfällt und etwas an Übung verlangt. Dynamischer fährt fraglos die Sportversion des Alfa.
Reicht der 156-PS-Motor?

Dass die 280-PS-Version mehr Emotionen hervorruft und im Grunde besser zu einem sportlichen Alfa passt, dürfte einleuchten. Aber: Auch mit der schwächeren Variante kann man motorseitig sehr gut leben. 9,0 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100 sind allemal ausreichend. Gemessene 4,6 Sekunden für die Beschleunigung von 60 auf 100 km/h und 6,1 für den Zwischenspurt von 80 auf 120 km/h sind so zügig, dass man flott genug im Alltag ist.
Auch bei höherem Tempo schiebt die E-Maschine souverän an. Zumindest bis Tempo 150, dann wird der Vortrieb begrenzt.
Vom Antriebsstrang bekommt man selbst bei hoher Leistungsanforderung sehr wenig mit. Insgesamt gehört der Alfa aber nicht zu den leisesten Fahrzeugen, Windgeräusche bestimmen insbesondere bei höherem Tempo die Geräuschkulisse. Wer es mag: Bei Bedarf lässt sich ein synthetisches Motorgeräusch ("aktiver Sport-Sound") aktivieren.
Die Rekuperation, also die Energierückgewinnung über das Bremsmoment des E-Motors, lässt sich beim Junior nur über den Automatikwählschalter verstellen und dann auch nur in einer Stufe (B statt D). Selbst ein Hyundai Inster hat hier fünf Abstufungen zu bieten.
335 km Reichweite im Test
Und die Reichweite? Die gibt Alfa mit 410 Kilometern nach WLTP-Zyklus an, doch im praxisnahen ADAC Ecotest sieht die Sache anders aus. 335 Kilometer konnten die Ingenieure im gemischten Betrieb ermitteln, im Winter und bei reiner Autobahnfahrt können es noch deutlich weniger sein.
Das ist enttäuschend und zeigt, dass der Junior mit seiner 54-kWh-Batterie (nutzbar sind 51 kWh) für Langstrecken nicht die erste Wahl darstellt. Mit Ladeverlusten hat der ADAC einen Verbrauch von 16,6 kWh auf 100 Kilometer errechnet. Wie sich die Reichweite unter verschiedenen Bedingungen in etwa verhält, zeigt der ADAC Reichweitenrechner:
ADAC Reichweitenrechner
Alfa Romeo Junior Elettrica 156 Speciale 115 kW (156 PS)
-10
30
50
130
Berechnete Reichweite
397km
(Reichweite laut Hersteller: 410 km)
AC-Laden an entsprechenden Säulen oder an der heimischen Wallbox ist mit maximal 11 kW möglich. Eine komplett leere Batterie ist somit in rund fünf Stunden wieder gefüllt. Flotter gelingt das an CCS-Schnellladesäulen. Die DC-Ladeleistung beträgt maximal 100 kW – für den aktuellen Stand der Technik ist das mau, in dieser Fahrzeugklasse aber durchaus die Regel. Nach 30 Minuten ist der Akku nach den Messungen des ADAC von 10 auf 80 Prozent geladen.
In nachgeladener Reichweite umgerechnet bedeutet das auf Grundlage des Testverbrauchs: 236 Kilometer Aktionsradius sind nach dieser Zeit wieder möglich. Die durchschnittlich gemessene Ladeleistung lag dabei bei 78,2 kW. Wie die Ladekurve im Detail aussieht, sehen Sie auf der letzten Seite des ausführlichen PDF-Testberichts zum Alfa Junior.
Ladesäulen lassen sich in die Routenplanung automatisch integrieren, sodass die Gefahr minimiert wird, die Batterie versehentlich leer zu fahren. Während des Ladens informieren sowohl die Displays im Innenraum über den Ladeprozess als auch die LED an der Ladebuchse.

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ADAC Autotest: Das steckt hinter den Ergebnissen
Die ADAC Autotest-Ergebnisse beruhen auf akribischen Messungen: Mehr als 300 Prüfpunkte untersuchen die Testingenieure des ADAC Technikzentrums in Landsberg am Lech. Vom Platzangebot über die Sicherheit bis hin zum Schadstoff- und CO₂-Ausstoß reicht die Bandbreite.
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Innenraum: Hinten sehr wenig Platz
Weg vom Fahren zu den Platzverhältnissen: Angesichts seiner Kleinwagen-gemäßen Länge macht der Kofferraum des Junior einen unerwartet geräumigen Eindruck, wenngleich er natürlich nicht das Volumen eines größeren SUV bieten kann. Alfa Romeo gibt das Gepäckvolumen mit 400 bis 1280 Liter an, nach ADAC Messung sind es zwischen 295 und 1105 Liter.
Praktisch: Der Laderaumboden lässt sich in drei Höhen einstellen. Ist er ganz oben eingehängt, ergibt sich eine topfebene Ladefläche ohne Ladekante.
Kompromisse müssen auf der Rückbank Sitzende eingehen. Hier fällt der Knieraum für Erwachsene bescheiden aus. Ist der Vordersitz auf eine 1,85 Meter große Person eingestellt, ist hinten bei 1,80 Metern Schluss.
Das Raumgefühl ist ohnehin beengt, hinten sitzt es sich wie in einer dunklen Höhle. Schnell kommt man mit dem Ellenbogen in Kontakt mit den Hartplastik-Verkleidungsteilen, was auf Dauer unangenehm sein kann. Für die Füße wird es unter den vorderen Sitzen ebenfalls eng.
Bedienung nicht perfekt

Wer bei der Bedienung eines modernen Autos nicht nur auf dem Display herumtippen möchte, kann sich freuen. Unter dem verhältnismäßig kleinen Touchscreen offeriert der Junior eine Leiste von Schaltern, mit denen sich beispielsweise die Klimatisierung steuern lässt.
Die Bedientasten am Lenkrad für Lautstärke, Senderwahl und dergleichen sind sinnig und geben beim Drücken haptisch eine Rückmeldung. Und erstmals ist ChatGPT als Sprachassistent in einem Alfa Romeo integriert, der mit "Hey Alfa" aktiviert werden kann.
Gut: Für die Bedienung der Sicherheitsassistenten lassen sich nach Belieben Shortcuts einrichten. Das Navigationssystem errechnet bei längeren Strecken automatisch passende Ladestopps für die Route und gibt die jeweils notwendige Ladedauer an.
Wer will, kann sich einen zusätzlichen Zwischenstopp auf der Route bei einem Restaurant einplanen lassen. Heute mal griechisch? Im Menü kann man die Restaurantauswahl nach Geschmacksrichtungen filtern.
Weniger gut ist es um die Materialqualität bestellt. So fällt der Blick am Armaturenbrett und an den Türen häufig auf billigstes Hartplastik. Anfassen möchte man es noch weniger. Aber das lässt sich halt an vielen Stellen nicht vermeiden. In diesem Punkt löst der kleine Romeo den Premium-Anspruch der Marke leider nicht ein.
Ganz perfekt ist auch die Bedienung mit versteckten Schaltern und teils umständlicher Menüführung nicht. Eine manuelle Intervallschaltung für den Scheibenwischer ist nicht vorgesehen
Fazit

Der Alfa Romeo Junior ist eine interessante Alternative für alle, die das Alfa-typische Italo-Flair schätzen, Optik vor dem praktischen Nutzwert sehen und kein großes Auto brauchen. Sieht man von der Sportversion mit 280 PS ab, mit der der Junior auch emotional punkten kann, hat der Italiener ganz rational gesehen nur Durchschnittliches zu bieten. Dafür sind die Preise etwas zu hoch angesetzt.
Das hat uns gefallen: sehr gute optionale Matrix-LED-Scheinwerfer, bequemer Einstieg, praktische Taste zur Konfiguration der Fahrerassistenzsysteme, gute Fahrleistungen bei geringem Verbrauch
Das hat uns nicht gefallen: keine Anhängelast, mäßige Übersicht nach hinten, schlüsselloses Schließsystem ohne ausreichenden Diebstahlschutz, rasternde Lenkung, drückende Atmosphäre im Fond, magere Reichweite, hoher Preis
Hier können Sie den ausführlichen Testbericht zum Alfa Junior Elettrica als PDF herunterladen.
Alfa Romeo Junior: Daten und Preise
Die Preise beginnen bei 30.450 Euro für den Hybrid. Die Elektroversion in der Basis ist ab 39.500 Euro erhältlich. Das Elektro-Topmodell kostet 48.500 Euro.
Technische Daten (Herstellerangaben) | Alfa Romeo Junior Elettrica 156 Speciale (ab 06/24) |
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Motorart | Elektro |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 115 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 156 |
Drehmoment (Systemleistung) | 260 Nm |
Antriebsart | Vorderrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 9,0 s |
Höchstgeschwindigkeit | 150 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | 410 km |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 15,1 kWh/100 km |
Batteriekapazität (Brutto) in kWh | 54,0 |
Batteriekapazität (Netto) in kWh | 51,0 |
Ladeleistung (kW) | AC:1,8-11,0 DC:100,0 |
Kofferraumvolumen normal | 400 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.265 l |
Leergewicht (EU) | 1.620 kg |
Zuladung | 420 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 2 Jahre plus 3 Jahre Anschlußgarantie Maximum Care über FCA Germany AG |
Länge x Breite x Höhe | 4.173 mm x 1.781 mm x 1.533 mm |
Grundpreis | 41.500 Euro |
Im ADAC Autokatalog finden Sie die technischen Daten aller Alfa-Junior-Modelle.
ADAC Messwerte
ADAC Messwerte (Auszug) | Alfa Romeo Junior Elettrica 156 Speciale |
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Überholvorgang 60 – 100 km/h | 4,6 s |
Bremsweg aus 100 km/h | 35,0 m |
Wendekreis | 11,1 m |
Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest | 16,5 kWh Strom/100 km, 83 g CO₂/km (well-to-Wheel) |
Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne) | ***** |
Reichweite | 335 km |
Innengeräusch bei 130 km/h | 68,1 dB(A) |
Leergewicht / Zuladung | 1595 / 445 kg |
Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch | 295 / 685 / 1105 l |
ADAC Testergebnis
ADAC Testergebnis | Alfa Romeo Junior Elettrica 156 Speciale (ab 06/24) |
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Karosserie/Kofferraum | 3,2 |
Innenraum | 3,1 |
Komfort | 2,9 |
Motor/Antrieb | 1,4 |
Fahreigenschaften | 2,7 |
Sicherheit | 2,3 |
Umwelt/EcoTest | 1,0 |
Gesamtnote | 2,2 |
sehr gut
0,6 - 1,5
gut
1,6 - 2,5
befriedigend
2,6 - 3,5
ausreichend
3,6 - 4,5
mangelhaft
4,6 - 5,5
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