Leapmotor B10: Ist das ein Škoda-Killer?
Von Jochen Wieler

Ein familientaugliches Elektroauto für unter 30.000 Euro? Gibt es. Die Kampfansage aus China heißt Leapmotor B10 und ist ab sofort zu haben. Warum das Kompakt-SUV die europäische Konkurrenz ins Schwitzen bringt, zeigt die erste Testfahrt.
- Vertrieb über stationäre Händler ab sofort 
- Preis für Basisversion unter 30.000 Euro 
- 160 kW/218 PS Elektromotor für gute Fahrleistungen 
Hat sich Stellantis da ein Ei ins Nest gelegt? Ab sofort steht bei mehr als 100 Händlern, die zum Großteil bereits Marken aus dem Stellantis-Konzern vertreiben, auch der Leapmotor B10 im Verkaufsraum. Und damit direkt neben dem elektrischen Opel Frontera, Citroën C3 Aircross, Peugeot 3008, Alfa Junior und Fiat 600e.
Zum Preis ab 29.900 Euro stiehlt der B10 von Joint-Venture-Partner Leapmotor den etablierten Stellantis-Modellen regelrecht die Show: Vor allem bei der Ausstattung, aber auch bei der Technik. Wie gut der B10 ist, hat die erste Testfahrt gezeigt.
Innenraum mit viel Platz und Ablagen

Nicht nur optisch weiß der B10 zu gefallen, der ein bisschen wie ein Modell von Nio aussieht und von hinten sogar als kleiner Bruder des Porsche Macan durchgehen könnte. Die schmale Lichtleiste vorn mit den integrierten Tagfahrlichtern sieht sehr modern und hochwertig aus – wie ein Billigauto wirkt das alles nicht. Da sieht Leapmotors Erstlingswerk in Deutschland, der günstige T03 für unter 20.000 Euro, eher nach Sparbrötchen aus.
Am großzügig dimensionierten Innenraum des B10 zeigt sich, dass Familien kein riesiges SUV brauchen, um kommod untergebracht zu sein. Auf den im wörtlichen Sinne noch überschaubaren 4,52 Metern Länge können selbst hinten Sitzende die Beine ausstrecken und es sich auf der Rückbank bequem machen. Anders als bei vielen anderen E-Autos, bei denen man mit stark angewinkelten Beinen auf den billigen Plätzen kauert, sitzt es sich hinten auch sehr angenehm.
Der (nicht höhenverstellbare) Beifahrersitz lässt sich übrigens so nach hinten umlegen, dass man sich auf der Rückbank sitzend ganz gemütlich ins Auto lümmeln kann wie in einem Fernsehsessel – etwa bei einem Ladestopp.
Leapmotor B10: Kofferraum und Frunk
Wenn man den doppelten Ladeboden entfernt und damit die versprochenen 420 Liter Gepäckraum ausnutzt, sollte auch das Familiengepäck gut unterkommen. Zusätzlich gibt es einen Frunk unter der Motorhaube, der mit übersichtlichen 25 Litern Fassungsvermögen zumindest für Ladekabel, Warndreieck und Verbandskasten reichen dürfte.
Das Cockpit des B10 bietet zunächst wenig Überraschungen. Im Prinzip sieht es so aus wie in vielen anderen chinesischen Autos, eine eigene Handschrift ist hier nicht auszumachen. Heißt: Hinter dem Lenkrad findet sich ein kleiner, übersichtlicher Bildschirm für die wesentlichen Fahrinformationen. Und in der Mitte des Armaturenbretts thront der obligatorische Touchscreen, dessen Bedienstruktur sich relativ schnell erschließt und ebenfalls kaum von den aktuellen Modellen von BYD und Co. abweicht.

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Bedienung: Fast keine Tasten
Dass man fast keine realen Tasten mehr vorfindet und die Spiegelverstellung über den Bildschirm vornehmen muss, mag zunächst irritieren. Doch es lassen sich individuelle "Shortcuts" für häufig gebrauchte Einstellungen anlegen, so dass der Umweg über den Bildschirm nur ein kleiner ist. Für das Aus- und Einschalten der Assistenzsysteme ist diese Vorgehensweise ohnehin ratsam.
Zwar nervt der B10 nicht annähernd so sehr wie etwa ein BYD Atto 2 mit übergriffigen Systemen und lästigem Gebimmel. Doch auf engen Straßen kann es dennoch nötig sein, den Spurhalteassistenten zu deaktivieren, um das dann ständige, mit Warntönen gepaarte Geruckel am Lenkrad zu unterbinden. Bei der Tempolimiterkennung ist das nicht nötig, denn der B10 erkennt im Gegensatz zu vielen anderen Modellen Verkehrszeichen erstaunlich zuverlässig. Hier könnte sich Toyota oder Mazda eine Scheibe abschneiden.
Bemerkenswert gute Ausstattung

Und die Stellantis-Modelle eine Scheibe davon, was die Ausstattung betrifft. Zur Basisversion "Life" gehören unter anderem ein 14,6 Zoll großer Touchscreen, Klimaautomatik, Navigationssystem, Panorama-Glasdach mit elektrischem Sonnenschutz, 18-Zoll-Leichtmetallfelgen sowie eine 360-Grad-Kamera.
Einen Fahrzeugschlüssel braucht es nicht mehr, das erledigt das Smartphone über Bluetooth und die eigene Leapmotor-App, die auch andere Funktionen bereitstellt, etwa eine Ladeplanung. Und eine Dashcam zeichnet 30 Sekunden vor und 30 nach einem Unfall das Geschehen vor und hinter dem Auto auf.
Zudem lassen sich Ziele über das Smartphone direkt in das Navi des Autos übertragen. Das ist beim B10 genauso selbstverständlich wie die automatische Berücksichtigung von Ladestopps. Ein Opel Frontera kennt das nur vom Hörensagen. Außerdem ist ein Assistenzpaket mit 17 Fahrfunktionen serienmäßig an Bord.
Android Auto und Apple CarPlay für eine zeitgemäße Smartphoneanbindung fehlt zwar noch, doch beides wird Ende 2025 nachgereicht, bei den bereits verkauften Modellen "over the air". Leapmotor verspricht ohnehin, das Auto lebenslang via Updates frisch zu halten. Dass ein Auto dieser Preisklasse diesen Stand der Technik hat, ist bemerkenswert.
Alternativ gibt es die höhere Ausstattungslinie "Design", die unter anderem Sitzbezüge in Lederoptik sowie elektrisch einstellbare, beheizbare und belüftete Vordersitze bietet.
Der Einstandpreis mit all der Ausstattung beträgt übrigens nur 29.990 Euro (Basis). Der B10 mit der größeren Batterie kostet 32.400 Euro, und wenn es die Design-Ausstattung sein soll, werden 33.900 Euro fällig.
Testfahrt: So fährt das Elektro-SUV

Der Leapmotor B10 mit 56-kWh-Akku ermöglicht laut Hersteller eine Reichweite von 361 Kilometern (WLTP), die Version mit 67-kWh-Batterie soll für 434 Kilometer reichen. Weil dazwischen gerade mal 2410 Euro Differenz liegen, empfiehlt es sich, gleich zur größeren Batterie zu greifen, zumal diese mit bis zu 168 kW Ladeleistung an DC-Schnellladesäulen auch die bessere Ladeperformance aufweist als die kleinere Variante mit maximal 140 kW.
An sich ist beides für die Fahrzeug- und Preisklasse okay, so dass sich der Ladehub von 10 auf 80 Prozent in gut einer halben Stunde erledigt haben sollte. Mit Wechselstrom an AC-Säulen oder an der heimischen Wallbox lädt der B10 maximal mit 11 kW. Eine komplett leere Batterie ist dort nach knapp sieben Stunden wieder voll.
Auf der ersten Testfahrt hat sich der B10 als sparsam erwiesen. Die angegebenen 17,3 kWh auf 100 Kilometer lassen sich bei gemischter Fahrweise und angenehmer Außentemperatur locker unterbieten. Auf der Autobahn wird das nicht ganz gelingen, hier dürfte man eher mit rund 300 Kilometern rechnen. Der ADAC Reichweitenrechner gibt Auskunft, wie sich Temperatur und Geschwindigkeit in etwa auswirken.
ADAC Reichweitenrechner
Leapmotor B10 BEV Pro Max Life 160 kW (218 PS)
-10
30
50
130
Berechnete Reichweite
421km
(Reichweite laut Hersteller: 434 km)
Komfort ist Trumpf beim Elektro-SUV B10

Die Fahrleistungen des B10 können sich sehen lassen. Mit dem 160 kW/218 PS starken Elektromotor lässt sich der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 in acht Sekunden absolvieren. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 170 km/h.
Subjektiv geht es im Sport-Modus recht flott voran, im Standard-Modus etwas gemächlicher und im Comfort-Modus gleitet der B10 betulich vor sich hin. Im Alltag dürfte man sich daher am ehesten für die mittlere Einstellung entscheiden, was genauso für die drei Rekuperationsstufen (eine vierte für "One-Pedal-Fahren" kommt noch) und auch für die Einstellung der Lenkung gilt. In "Sport" wirkt die Lenkung am direktesten, aber auch bei Standard lässt sich im Gegensatz zum schwammigeren "Comfort"-Modus noch ein präziser Strich durch die Kurve ziehen.
Besonders sportliche Ambitionen hat der B10 aber nicht, was sich sehr gut an der Fahrwerksauslegung zeigt. Sie ist betont komfortabel gehalten, filtert Unebenheiten gekonnt weg und sorgt für Ruhe in der Karosserie. Für die Fahrzeugklasse ist das einwandfrei, Gleiches gilt für das Geräuschniveau: Es geht leise und unaufgeregt zu im B10.
Fazit
Unter dem Strich bleibt ein überaus positiver Eindruck, den die erste Begegnung mit dem B10 hinterlassen hat. Wirkliche Kritikpunkte gibt es nicht. So zeigt Stellantis chinesischer Joint-Venture-Partner eindrucksvoll, wie weit die Autos aus dem Reich der Mitte sind, selbst wenn es sich um eine hierzulande noch weitgehend unbekannte Marke handelt.
Stellantis wusste wohl sehr genau um die Kompetenzen von Leapmotor. Und da erscheint es umso naheliegender, dass der Konzern künftig möglicherweise die chinesische Technik auch für eigene Produkte verwendet. Ein erster Hinweis darauf könnte sein, dass der B10 ab Ende 2026 nicht mehr nur in China gebaut wird, sondern auch in einem Stellantis-Werk in Europa. Ob in Spanien oder Portugal steht noch nicht fest.
Konkurrenten sind Škoda Elroq, Kia EV3, Opel Frontera, Hyundai Kona, Renault Megane und Scénic sowie der MG S5 aus China. Für alle gilt gleichermaßen: Die Hersteller sollten die Marke Leapmotor nicht unterschätzen.
Leapmotor B10: Technische Daten, Preis
| Technische Daten (Herstellerangaben) | Leapmotor B10 BEV Pro Life (ab 09/25) | Leapmotor B10 BEV Pro Max Life (ab 09/25) | 
|---|---|---|
| Motorart | Elektro | Elektro | 
| Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 160 | 160 | 
| Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 218 | 218 | 
| Drehmoment (Systemleistung) | 240 Nm | 240 Nm | 
| Antriebsart | Hinterrad | Hinterrad | 
| Beschleunigung 0-100km/h | 8,0 s | 8,0 s | 
| Höchstgeschwindigkeit | 170 km/h | 170 km/h | 
| Reichweite WLTP (elektrisch) | 361 km | 434 km | 
| CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km | 0 g/km | 
| Verbrauch kombiniert (WLTP) | 17,2 kWh/100 km | 17,3 kWh/100 km | 
| Batteriekapazität (Brutto) in kWh | 56,2 | 67,1 | 
| Ladeleistung (kW) | AC:3,7-11,0 DC:140,0 | AC:3,7-11,0 DC:168,0 | 
| Kofferraumvolumen normal | 420 l | 420 l | 
| Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.300 l | 1.300 l | 
| Leergewicht (EU) | 1.780 kg | 1.845 kg | 
| Zuladung | 435 kg | 435 kg | 
| Anhängelast ungebremst | 750 kg | 750 kg | 
| Anhängelast gebremst 12% | 750 kg | 750 kg | 
| Garantie (Fahrzeug) | 4 Jahre oder 100.000 km | 4 Jahre oder 100.000 km | 
| Länge x Breite x Höhe | 4.515 mm x 1.885 mm x 1.655 mm | 4.515 mm x 1.885 mm x 1.655 mm | 
| Grundpreis | 29.900 Euro | 32.400 Euro | 
Text mit Material von SP-X
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