Porsche Macan E 2024: Elektro-SUV mit über 1000 Nm Drehmoment
Bis spätestens Herbst kommt der neue Porsche Macan zu den Händlern. Und zwar ausschließlich mit Elektroantrieb. Das wichtigste Auto der Marke soll die Kunden vor allem mit Sportlichkeit überzeugen. Kann er das? Ein erster Fahrbericht.
Neuer Porsche Macan: langer Radstand, mehr Platz
Bis zu 639 PS, 1130 Nm und 613 Kilometer Reichweite
800 Volt und innovative Ladetechnik
Kein Plan B, keine Kompromisse, keine Hintertür, die einen Spalt offen lässt. Wenn der neue Porsche Macan zu den Händlern rollt, dann ausschließlich als Vollblutstromer. "Wir müssen da eine Vorreiterrolle einnehmen", sagt Baureihenleiter Jörg Kerner mit tiefer Überzeugung in der Stimme, die den klassischen Verbrenner – zumindest verbal – schon mal auf den Müllhaufen der Geschichte wirft. Lediglich in Ländern, wo die elektrische Zukunft noch etwas länger zur Entfaltung braucht, wird der alte Macan noch eine Zeitlang weiter angeboten.
Länger, breiter, aerodynamischer
Ganz schön mutig. Schließlich ist der Macan neben dem Cayenne der Goldesel der Familie. Seit 2013 über 800.000 Mal verkauft, hat das Sport-SUV bei Porsche die meisten weiblichen Käufer, den höchsten Neukundenanteil – und erwirtschaftet auch mit den höchsten Deckungsbeitrag.
Nun also dieser radikale Schnitt. Keine Schraube habe der Neue mehr mit dem Alten gemeinsam, erklärt Kerner, "nicht mal das Logo". Gut 10 Zentimeter länger streckt sich die Karosserie jetzt (4,78 Meter), ist auch etwas breiter geworden, dafür minimal flacher. An der Front fallen die Kotflügel auf, sie beherbergen LED-Scheinwerfer mit vier waagerechten LEDs, die wir bereits vom Taycan kennen.
Einen klassischen Kühlergrill gibt es nicht. Der Fahrtwind strömt im unteren Bereich durch die Öffnungen vorbei an variablen Kühlluftklappen und einem geschlossenen Unterboden. Die neuen Räder (20 bis 22 Zoll) sind ebenfalls strömungsoptimiert. Oben sucht sich der Wind seinen Weg über die typische "Flyline-Dachlinie" und rahmenlose Seitenscheiben bis zum Heck, wo ein aktiver Spoiler ab 60 km/h den Anpressdruck in drei Grundstufen (Eco, Sport, Sport+) erhöhen soll.
Aerodynamik stand im Lastenheft extrafett unterstrichen. Der Cw-Wert beträgt 0,25. Im Vergleich zum bisherigen Macan mit 0,37 bedeutet das mindestens 85 Kilometer mehr elektrische Reichweite, erklärt Kerner.
Bildergalerie: Macan im Detail
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Viel Platz und Entertainment
Der Umstieg auf Stromantrieb lässt viel Raum für neue Ideen, vor allem aber für die Passagiere. Die können hinten nun 540 bis 1348 Liter Gepäck einladen, zudem gibt es vorne, unter der auf Knopfdruck öffnenden Haube, ein zusätzliches 84-Liter-Fach (Frunk) zum Verstauen von Ladekabeln und kleinen Taschen. Gegenüber dem Vorgänger bietet der Macan insgesamt 136 Liter mehr Ladevolumen.
Da auch der Radstand um üppige 8,6 Zentimeter zulegt, wird es innen schön luftig. Auf der Rückbank wächst die Beinfreiheit gefühlt um mindestens eine halbe Klasse, insgesamt sitzen alle Passagiere etwas tiefer. In einem Ambiente, das zwar komplett neu ist, aber typisch Porsche bleibt. Auch hier drin erinnert vieles an den Taycan. Wie die drei Bildschirme, einer davon für den Beifahrer. Schaut er Filme, verhindert eine Spezialfolie, dass der Fahrer ihm etwas abguckt.
Erstmals gibt es im Macan ein Head-up-Display. Augmented-Reality-Technologie projiziert virtuelle Elemente wie Navigationspfeile zum Greifen nahe in die Scheibe. Das neue Betriebssystem nutzt ab sofort Android Automotive OS, Apps wie Spotify lassen sich herunterladen, per QR-Code wandern die eigenen Playlists in den Macan. Alles ganz easy und superschnell. Je nach Geschmack, je nach Land, je nach Kontinent können das völlig andere Apps sein. Das gab es noch nie in einem Auto: Durch die weltweit nutzbaren Appstores sind die Möglichkeiten quasi unbegrenzt.
Performance setzt Maßstäbe
Auch in Sachen Performance setzt der elektrische Macan neue Maßstäbe. Porsche bietet ihn zunächst in zwei Leistungsstufen an. Mit 300 kW/408 PS und 470 kW/639 PS beim vorläufigen Topmodell, das erneut den absurden Beinamen "Turbo" trägt. Auf jeden Fall ist er turboschnell und katapultieret seine rund 2,3 Tonnen mit der Kraft von 1130 Newtonmetern laut Porsche in 3,3 Sekunden auf Tempo 100.
Zum Vergleich: Der noch aktuelle Macan GTS braucht für den Sprint 4,5 Sekunden. Und während es der Basis-Macan 4 bei einer Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h belässt, eilt der Turbo auf der Autobahn mit bis zu 260 km/h voraus. Wenn es der Verkehr – und der Akkufüllstand – zulässt.
Macan E: Bis über 600 km Reichweite
Seine geballte Power verteilt der Macan 4 über zwei gemeinsam mit Bosch neu entwickelte E-Motoren an beide Achsen. Modelle mit Heckantrieb folgen. Bei den Allradlern soll die Elektronik die Kraft fünfmal schneller verteilen als konventionelle Systeme und binnen 10 Millisekunden auf Schlupf reagieren. Gespeist werden die permanent erregten Synchronmotoren aus einer 100-kWh-Batterie im Tiefparterre, die auch der kommende Audi Q6 e-tron erhalten wird.
Diese besitzt eine um 60 Prozent höhere Energiedichte als aktuelle Porsche-Akkus und soll 30 Prozent weniger Kobalt benötigen. Sie wiegt 570 Kilo, hat zwölf Module mit 180 Zellen und wird von CATL zugeliefert. Zusammengefügt wird alles im Werk Leipzig, wo der Macan 4 vom Band läuft.
Auch dank einer enormen Rekuperationsleistung von bis 240 kW kann Porsche Reichweiten von bis zu 613 Kilometern für den Macan 4 und bis zu 593 Kilometer für den Turbo versprechen. Und da der E-Antrieb auf einer 800-Volt-Architektur basiert, soll der 100 kWh große Akku ruckzuck zu neuer Energie kommen. Die maximale Ladeleistung an der HPC-Säule beträgt 270 kW. Genug Energie für 100 Kilometer wird binnen 4 Minuten "nachgetankt". An 400-Volt-Säulen nutzt Porsche das sogenannte Bank-Laden: Dabei teilt die Elektronik die 800-Volt-Batterie in zwei Hälften mit halber Spannung und lädt mit bis zu 135 kW.
Nicht ganz optimal aufgestellt ist der Macan in Bezug auf das Wechselstrom-Laden an der Wallbox oder an einer der üblichen AC-Ladesäulen in der Stadt. Hier kann der Macan nicht mit den vollen 22 kW, sondern nur mit 11 kW laden. Auch lässt das Sport-SUV eine manuelle Konditionierung der Batterie vor dem DC-Schnellladen vermissen. Die Vortemperierung ist gekoppelt an eine Zieleingabe im Navigationssystem.
Dynamisch wie ein Sportwagen
Power ist schön und gut, doch man muss sie auch auf die Straße bringen. Das Fahrwerk wurde dafür komplett neu entwickelt – und mit der tiefen Lage der Batterie und einer Gewichtsverteilung von 48 Prozent vorne und 52 Prozent hinten wirkt sich das positiv auf das Handling aus. Erstmals erhält der Macan auch eine Hinterachslenkung, die nicht nur die Fahrstabilität bei hohem Tempo verbessern soll, sondern auch einen citytauglichen Wendekreis von 11,1 Metern ermöglicht – vergleichbar mit einem VW Golf.
Der Macan 4 geht mit konventioneller Stahlfederung an den Start, der Turbo fährt mit Luftfederung und elektronisch geregelten Dämpfern. Beim Porsche Active Suspension Management (PASM) kommt die neue Zwei-Ventil-Technik zum Einsatz, mit der bereits der Cayenne die Schere zwischen Performance und Komfort noch ein Stückchen weiter öffnete. Turbo-Kunden pflanzt Porsche zudem noch die elektronisch geregelte Quersperre Torque Vectoring Plus in die Hinterachse.
Der Macan ist damit das sportlichste Elektro-SUV, das man auf dem Markt finden kann, auch sportlicher als das Schwestermodell Audi Q6 e-tron. Kein Wunder, dass man eine Komfortstufe in den Untermenüs der Fahrwerkseinstellungen vergeblich sucht: Es gibt sie im Macan nicht. Das spürt man schmerzlich, sobald man mit dem Macan in ein Schlagloch oder auf eine harte Fahrbahnkante gerät. Verantwortlich für die Komforteinbußen sind aber vor allem die niedrigen Querschnitte der extrem auf Fahrdynamik ausgelegten und harten Reifen.
Sieht man über die Komforteinbußen hinweg – wozu viele Porsche-Käufer vermutlich großzügig bereit sind –, macht der Elektro-Macan einen Heidenspaß. Verantwortlich dafür ist vor allem die Direktheit der Lenkung, die damit verbundene Präzision beim Einlenken in Kurven und natürlich der unfassbar dynamische Antritt. Und so fragt man sich unterwegs ständig, ob es wohl irgendwo in der Nähe eine für Serienautos zugängliche Rennstrecke wie den Nürburgring geben könnte.
Bedienung und Shortcuts
Funktionen und Bedienmöglichkeiten gibt es im Fahrzeug in Hülle und Fülle. Und wie üblich bei den modernen Autos braucht es eine gewisse Eingewöhnungszeit, bis man sich weitgehend sicher zurechtfindet. Drei Dinge seien hier aber lobend erwähnt: Zum einen, dass der neue Porsche Macan eine separate Bedieneinheit für die Klimafunktionen bereit hält. Zum zweiten, dass es – ebenfalls gut greifbar auf der Mittelkonsole – einen Lautstärkeregler bzw. den Ein-Aus-Knopf für das Infotainment gibt.
Und drittens die Möglichkeit, Funktionen als Shortcut einzurichten. Vorgesehen dafür ist die Lenkradtaste mit der Raute. So kann der Fahrende per Daumentipp zum Beispiel die automatische Tempowarnung aus- oder die Bremsrekuperation einschalten. Insgesamt 15 verschiedene Funktionen stehen als Shortcut zur Auswahl. Doppelt oder dreifach mit Wunschbefehlen belegen kann man die Rautetaste aber leider nicht.
Teurer Macan: ab 84.100 Euro
Viel Technik für viel Geld: Mit mindestens 84.100 Euro startet der Macan 4 rund 14.000 Euro über dem bisherigen Einstiegsmodell. Fairerweise sei gesagt: mit deutlich mehr Power und Ausstattung. Der Turbo verlangt mit 114.600 Euro ebenfalls ein extrem dynamisches Festgeldkonto, satte 18.501 Euro über dem jetzigen Macan GTS. Dem Verkaufserfolg tut das offenbar keinen Abbruch. Denn auf Nachfrage heißt es von Porsche: Noch nie zuvor habe es ein Modell gegeben, das so viele Menschen blind bestellt hätten. Das Kontingent für den Turbo war nach sechs Wochen ausverkauft.
Porsche Macan (2024): Daten und Preise
Technische Daten (Herstellerangaben) | Porsche Macan 4 (ab 06/24) | Porsche Macan Turbo (ab 06/24) |
---|---|---|
Motorart | Elektro | Elektro |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 300 | 470 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 408 | 639 |
Drehmoment (Systemleistung) | 650 Nm | 1.130 Nm |
Antriebsart | Allrad | Allrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 5,2 s | 3,3 s |
Höchstgeschwindigkeit | 220 km/h | 260 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | 613 km | 593 km |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km | 0 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 17,9 kWh/100 km | 18,8 kWh/100 km |
Batteriekapazität (Brutto) in kWh | 100,0 | 100,0 |
Batteriekapazität (Netto) in kWh | 96,0 | 96,0 |
Ladeleistung (kW) | AC:11,0 DC:270,0 | AC:11,0 DC:270,0 |
Kofferraumvolumen normal | 540 l | 480 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.348 l | 1.288 l |
Leergewicht (EU) | 2.405 kg | 2.405 kg |
Zuladung | 515 kg | 545 kg |
Anhängelast ungebremst | 750 kg | 750 kg |
Anhängelast gebremst 12% | 2.000 kg | 2.000 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 2 Jahre | 2 Jahre |
Länge x Breite x Höhe | 4.784 mm x 1.938 mm x 1.622 mm | 4.784 mm x 1.938 mm x 1.621 mm |
Grundpreis | 84.100 Euro | 114.600 Euro |
Text: Tomas Hirschberger/SP-X, Wolfgang Rudschies
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