ADAC Vergleich: Zug oder Flug für den Städte-Kurztrip?
Für eine Städtereise in Europa besser die Bahn oder das Flugzeug nehmen? Ein ADAC Vergleich von 80 Verbindungen nach Amsterdam, Paris, Prag und Wien zeigt: Flieger sind zwar meist schneller am Ziel. Doch oft dauert es per Zug nicht viel länger – zum günstigeren Preis.
Auf vier von 20 Strecken liegt die Bahn vorne
Zug bis 400 Kilometer Luftlinie tendenziell zeitlich attraktiver
Wer früher bucht, kann meistens sparen
Von einer typischen Wochenend-Kurzreise in Europas Metropolen ging das ADAC Team bei der Untersuchung aus: Ein Erwachsener möchte Freitagmorgen (zwischen 6 und 13 Uhr) möglichst früh starten. Er oder sie hat nur gängiges Handgepäck dabei, reist in der 2. Klasse bzw. Economyclass – ohne weitere Rabatte wie etwa die Bahn Card – und möchte so schnell und günstig ans Ziel wie möglich. Angenommenes Reisedatum war der 17. Juni 2022.
Übers Wochenende nach Amsterdam, Paris, Prag, Wien
Beim Klick auf die jeweilige Start-Metropole Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln oder München in der Karte werden in der Tabelle alle Verbindungen angezeigt, die von dort aus in der ADAC Studie untersucht wurden:
Als Startmetropolen hat das Team die fünf deutschen Städte mit dem höchsten Fahrgastaufkommen an den Hauptbahnhöfen ausgewählt: Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln und München. Bei Köln wurde neben Köln/Bonn auch Düsseldorf als Flughafen mit einbezogen, aufgrund der räumlichen Nähe und weil dieser wesentlich höhere Passagierzahlen und damit ein größeres Angebot aufweist.
Zielorte waren die vier beliebtesten Städte deutscher Urlauberinnen und Urlauber auf dem europäischen Festland: Amsterdam, Paris, Prag und Wien. Jede Verbindung wurde jeweils einmal per Zug und einmal per Flug gebucht, und zwar zu zwei verschiedenen Zeitpunkten – das erste Mal etwa drei Wochen vor der Reise, das zweite Mal eine Woche vorher. Insgesamt also 80 Verbindungen: 20 Zug- und parallel 20 Flugrouten zu jeweils zwei Buchungszeitpunkten.
Flugzeug im Schnitt eineinhalb Stunden schneller
Im Schnitt standen für den Modell-Reisenden jeweils mehr Flug- als Zugverbindungen zur Verfügung – zwölf versus vier. Fliegen bedeutet also mehr Flexibilität. Auch bei der Gesamtreisezeit hängt das Flugzeug im Durchschnitt die Bahn ab: Mit gut fünfeinhalb Stunden war der Flieger im Schnitt eineinhalb Stunden früher am Ziel als der Zug. Im Detail: Bei zwölf von 20 Routen war das Flugzeug mit über einer Stunde Zeitgewinn klar im Vorteil. Auf der Strecke Köln – Wien waren es viereinhalb Stunden, auf der Strecke Hamburg – Wien sogar fünf.
München – Paris: Zug nur 39 Minuten langsamer
Teils war der Unterschied jedoch relativ gering. Vier Zugverbindungen sind nur unter einer Stunde langsamer als Flugverbindungen: München – Paris schaffte das Flugzeug zum Beispiel nur 39 Minuten schneller. Knappe Ergebnisse gab es auch auf den Strecken München – Wien, Frankfurt – Amsterdam und Hamburg – Prag. Und bei vier Strecken war die Bahn schneller: Berlin – Prag, Frankfurt – Paris, Köln – Amsterdam und Köln – Paris, im letzten Fall sogar um fast drei Stunden.
Auf den Verbindungen nach Frankreich liegt das zum Beispiel auch daran, dass die Züge dort im Gegensatz zu Deutschland auf eigenen Hochgeschwindigkeits-Bahntrassen unterwegs sind und sich die Schiene nicht mit anderen, langsameren Zügen teilen müssen. Zudem legt die Bahn im Schnellzugnetz ab der französischen Grenze bis Paris kaum noch Stopps ein.
Insgesamt zeigte sich in der ADAC Studie: Tendenziell ist der Zug bis 400 Kilometer Luftlinie zeitlich attraktiver.
Viel Zeitaufwand rund um den Flug
Wer Städte-Reisen bucht, will in die Innenstadt. Fiktiver Start- und Zielpunkt der Touren war deshalb jeweils das Rathaus der Metropole. Bei der Reisedauer kalkulierte das Studien-Team neben der An- und Abfahrt mit dem Nahverkehr die sogenannten Prozesszeiten mit ein: die Dauer der Fußwege ab ÖPNV-Haltestelle zum und vom Bahngleis oder Flughafen-Gate plus Zeit für Check-in, Sicherheitskontrollen und Boarding am Flughafen.
Bei der Bahn wurden dafür zehn Minuten Wegzeit vom ÖPNV zum Zug und umgekehrt berechnet, also 20 Minuten. Beim Flug dagegen mussten im Durchschnitt 150 Minuten zusätzlich eingeplant werden – davon ausgehend, dass Passagiere zwei Stunden vor Abflug am Airport sein sollten und 30 Minuten zum Aussteigen nach der Landung und weiter zur ÖPNV-Haltestelle brauchen.
Den relativ hohen Zeitaufwand rund um den eigentlichen Flug zeigt die Studie in Zahlen: Tatsächlich in der Maschine saßen Flugreisende gerade mal 26 Prozent der gesamten Reisedauer, 25 Prozent brauchten sie für die An- und Abfahrt mit dem ÖPNV. Den mit 45 Prozent größten Zeitanteil benötigten sie für den Prozess am Flughafen wie Fußwege, Check-in und Sicherheitskontrollen etc. Bahnreisende dagegen verbrachten die meiste Zeit wirklich im Zug: 89 Prozent.
Direkt in Europas Citys
Meist müssen Passagiere nicht umsteigen – 65 Prozent aller Bahn- und 85 Prozent aller Flugverbindungen führten auf den Strecken in der Untersuchung direkt ans Ziel. Bei fünf Prozent der Bahnverbindungen mussten Reisende aber sogar zweimal umsteigen. Beim Zug war die Umsteigezeit jedoch fast eine Stunde geringer als beim Flugzeug.
Kosten: Fliegen ist fast immer teurer
Der durchschnittliche Flugpreis (222,42 Euro) war in der Studie mehr als zweieinhalb Mal so hoch wie der Bahnpreis (83,22 Euro). Im Extremfall: Wer eine Woche vor Abreise buchte, zahlte für die Bahnreise Hamburg – Amsterdam 88 Prozent weniger als für die Flugreise (bei 1 ¼ Stunden längerer Reisezeit). Drei Wochen vor Abreise sparte man sich für die Verbindung von München nach Wien im Vergleich zum Flieger 85 Prozent und brauchte gerade mal neun Minuten länger.
Aber es geht auch andersherum: Bei drei Wochen Vorlaufzeit war die Flugreise Hamburg – Wien um circa fünf Euro billiger als die Bahn – bei fünf Stunden weniger Reisezeit. Der Vergleich lohnt sich also für Frühbucher. Eine Woche vor Abreise war bis auf die Ausnahme Hamburg – Wien keine Flugreise mehr preiswerter als die Zugreise.
Bei der Untersuchung hat das Team stets – wie auch der typische Urlauber oder die Urlauberin – die Gesamtreisekosten verglichen, also inklusive Ticket, ÖPNV und eventuellen Zusatzkosten für Sitzplatzreservierung und Handgepäck. Angenommenes Reisedatum war der 17. Juni 2022, also außerhalb der Sommerferien in Deutschland, um eine eventuelle Verzerrung der Ergebnisse auszuschließen.
Sparpreis-Tickets für Bahnreisende
Vom ersten Buchungszeitpunkt (drei Wochen vor Abreise) zum zweiten (eine Woche) stiegen die Bahnpreise im Schnitt um 20 Prozent (entspricht ca. 15 Euro). Im Extremfall war der Preis von Hamburg nach Wien um rund 60 Prozent höher. Bei fünf Routen blieb er gleich, bei drei war er sogar um etwa zehn Prozent niedriger. Die Preissteigerungen bei den anderen zwölf Strecken beruhten größtenteils darauf, dass das Kontingent für Sparpreise geringer war. In der Untersuchung stand zum ersten Buchungszeitpunkt noch für 90 Prozent der Verbindungen der "Super Sparpreis Europa“ zur Auswahl. Zwei Wochen später war das nur noch bei 80 Prozent so.
Ein Tipp des Untersuchungs-Teams: Schnäppchenjäger sollten auch alternative Abfahrtzeiten prüfen. Im ADAC Vergleich waren die Tickets beispielsweise bis kurz vor acht Uhr am preiswertesten.
Früh buchen lohnt sich – vor allem für Flugpassagiere
Flugreisen wurden in der Studie bis auf eine Ausnahme (Köln – Wien) teurer, je näher die Abreise kam. Günstiger wurde keine Verbindung. Die durchschnittliche Differenz zwischen dem ersten Buchungszeitpunkt (drei Wochen im Voraus) und dem zweiten (eine Woche vorab) lag bei 54 Prozent (entspricht ca. 95 Euro). Im Extremfall stieg der Preis für die Flugreise Frankfurt – Prag um 163 Prozent. Im gewählten Zeitfenster (6 - 13 Uhr) kosteten Flugtickets zwischen 9 und 10 Uhr morgens am wenigsten.
Durch die höheren Kosten für den ÖPNV und durch eventuelle Extragebühren für Handgepäck sind die Zusatzkosten bei Flugreisen deutlich höher als bei Zugfahrten (um ca. 25 Euro). In der Stichprobe wurden nur bei Eurowings und EasyJet Gebühren für das Handgepäck fällig. Bei den anderen Fluggesellschaften war es im Ticketpreis inbegriffen. Bei den meisten Zugverbindungen fielen Zusatzkosten für eine Sitzplatzreservierung an (4 Euro).
So viel höher ist der CO₂-Ausstoß beim Fliegen
Bei der Berechnung der CO₂-Emissionen müssen neben der Entfernung zwischen Startpunkt und Reiseziel verschiedene Faktoren wie zum Beispiel das Zug- oder Flugzeugmodell, die Auslastung, die Geschwindigkeit und bei Flügen auch die Höhe oder die Wetterlage berücksichtigt werden. Das war für die Untersuchung nicht zuverlässig möglich.
Orientieren können sich Verbraucherinnen und Verbraucher aber laut ADAC Studien-Team an den Durchschnittswerten des Umweltbundesamtes pro Personenkilometer für Bahn und Flug: Auf Basis der 2019er Werte verursacht ein Passagier im deutschen Fernverkehr der Bahn durchschnittliche 28 Gramm CO₂ pro Personenkilometer, bei Nutzung des Flugzeugs (in der Distanzklasse bis 1000 Kilometer) im Schnitt 150 Gramm CO₂ pro Personenkilometer.
Fazit: Grenzübergreifendes Schienennetz ausbauen
Damit Bahnfahren in Europa für Städte-Reisende künftig eine konkurrenzfähige Alternative zum Fliegen wird, muss nach Ansicht des ADAC Untersuchungs-Teams das grenzübergreifende Schienennetz weiter ausgebaut werden. Die wichtigsten Ziele seien schnellere Verbindungen, zum Beispiel durch eigene Hochgeschwindigkeitstrassen, sowie ein größeres Angebot. Zudem sollten Zugreisen durch mehrere europäische Länder bequem auf einem Portal buchbar und kostengünstig sein.
Buchung: Kostenfallen vermeiden
Für die Studie wurden die Bahntickets, wenn möglich, komplett auf der Webseite der Deutschen Bahn gebucht, gegebenenfalls mit Weiterleitung auf die internationale Buchungsseite der Bahn. Zur Flugsuche nutzte das Recherche-Team Google Flights und setzte die Buchung dann direkt bei der Airline fort. Dadurch kann man Kostenfallen von Flugportalen umgehen, die zum Beispiel für bestimmte Zahlungsarten, Sitzplatzreservierung oder Handgepäck zum Teil happige Aufschläge verlangen. Dauer und Kosten für den Nahverkehr wurden direkt auf den Webseiten der Verkehrsverbünde ermittelt.
Mit der Untersuchung und Auswertung beauftragte der ADAC die Facit Research GmbH & Co. KG, ein Marktforschungsunternehmen mit Sitz in München.
10 Tipps für Städte-Reisende
Gesamtdauer, -preis und Umweltbelastung bei Zug und Flug vergleichen.
Bei der Reisedauer speziell auch die Fahrt zum und vom Bahnhof und Flughafen sowie Check-in, Securitycheck und Boarding berücksichtigen.
Neben der gewünschten Abreisezeit weitere Zeitfenster prüfen, da es dann möglicherweise mehr Auswahl bei den Verbindungen gibt.
Verbindungen mit günstigeren Preisen lassen sich eventuell auch finden, wenn man neben der gewünschten noch weitere Startzeiten checkt.
Tickets möglichst früh vor dem geplanten Reiseantritt buchen, um Geld zu sparen.
Gerade bei günstigen Flügen darauf achten, was im Preis enthalten ist, um überflüssige Zusatzkosten zu vermeiden. Bei unübersichtlichen Auswahl-Menüs können Sitzplatzbuchungen oder Gepäckupgrades obligatorisch erscheinen, obwohl sie es nicht sind.
Falls Direktverbindungen mit der Bahn sehr teuer sind, Verbindungen mit Umstieg als eine mögliche günstige Alternative prüfen.
Für die Zugfahrt Sitzplatz reservieren.
Als Bahnfahrer prüfen, ob Vergünstigungen wie "City-Ticket“ bereits im Ticketpreis enthalten sind, um ÖPNV-Kosten zu sparen.
Bei der Buchung Stornoregelungen berücksichtigen. Bei günstigeren Tickets ist eine Stornierung häufig gar nicht oder nur mit höheren Gebühren möglich.
Nachtzüge als Alternative
Seit 2016 bietet die Deutsche Bahn keine eigenen Nachtzüge mehr an, sondern Schlaf- und Liegewagen in Kooperationen mit europäischen Partnerbahnen: ÖBB(Österreich), der SBB(Schweiz), SNCF (Frankreich) sowie der NS (Niederlande). Nach den Recherchen des ADAC Teams waren zum Zeitpunkt der Studie 13 europäische Metropolen durch vier neue Nightjet-Linien verbunden, erst seit Dezember 2021 Wien – München – Paris sowie Zürich – Köln – Amsterdam. Weitere nach Berlin, Brüssel und Barcelona sollen in den kommenden Jahren folgen. Außerdem bietet der niederländische private Betreiber GreenCityTrip Nachtzüge in neun europäische Destinationen auf dem deutschen Markt an.
Da in der ADAC Studie jedoch der Modell-Verbraucher am frühen Freitagmorgen seinen Städte-Trip per Zug bzw. Flug startete, wurde im Rahmen dieser Untersuchung das Nachtzug-Angebot nicht näher betrachtet.
Infos für Städte-Trips nach London
Für weitere beliebte Städteziele hat das Team zwar nicht die gesamte Reisezeit analysiert, aber die Verbindungszeiten nach den Vorgaben der Untersuchung verglichen. Nach London dauerte die Zugverbindung je nach Startmetropole zwischen 5:15 und gut 10:15 Stunden, der Flug rund 1:15 bis 2:15 Stunden. Hier kann je nach Flughafen in London die Fahrt mit dem ÖPNV in die City deutlich zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen: ab Heathrow etwa 15, Stansted etwa 50 Minuten, Luton etwa 1,5 Stunden.
Lange Zugfahrten nach Mailand, Rom, Barcelona, Madrid
Nach Mailand und Rom dauerten Zugfahrten sehr lang: Berlin – Mailand bis zu 11 Stunden, Hamburg – Rom bis zu 16 Stunden, während das Flugzeug zwischen 1 und 2,5 Stunden benötigte. Häufig gab es jedoch keine Direktflüge. Auch wenn die Bahnfahrten jeweils mit ein bis drei Umstiegen auskommen, gibt es teils viele Zwischenstopps, zum Beispiel hält der Zug nach Rom zwischen Berlin und Verona 20-mal. Bei Umstiegen wird manchmal sogar ein Wechsel zwischen zwei Bahnhöfen nötig.
Auch Zugfahrten nach Barcelona und Madrid waren im Vergleich zum Flug zeitlich sehr aufwändig. Die längste Zugverbindung zwischen Hamburg und Barcelona dauerte rund 16 Stunden, von Hamburg nach Madrid etwa 25 Stunden, während ein Flug zwei bis drei Stunden benötigte. Bei Zugfahrten nach Barcelona musste mit zwei bis drei Umstiegen gerechnet werden (teils mit Wechsel des Bahnhofs), nach Madrid mit bis zu vier. Je nach Verbindung musste man nach Madrid etwa 30 Zwischenstopps in Kauf nehmen.
Eine Preisabfrage über das Portal der DB war nicht möglich für die Strecken nach Barcelona und Madrid, ebenso für einige Verbindungen nach Mailand und Rom.