ÖPNV-Tickets in Europa: 13 Metropolen im Preisvergleich 2023

Städtereisen in Europa werden immer beliebter. Der ADAC hat die ÖPNV-Ticketpreise und Tarifstrukturen in zehn wichtigen europäischen Metropolen erhoben und mit den Preisen in drei deutschen Städten verglichen.
Im Vergleich: Einzeltickets, Tageskarten und City Cards
London und Stockholm teuer, Athen preiswert
Große Unterschiede in den Tarifsystemen
ADAC Tipps für Städtereisende
Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel bei Städtereisen ist die schnellste und bequemste Art, eine Stadt zu erkunden. Das Problem: Die Betreiber machen es Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht leicht, und der Tarifdschungel ist ziemlich dicht: Ab wie vielen Fahrten lohnt sich eine Tageskarte? Rentiert sich eine City Card durch die enthaltenen Vergünstigungen? Kann ich mein Kind kostenlos mitnehmen? Und wie komme ich überhaupt an Tickets? Die ADAC Untersuchung liefert die Antworten.
ADAC Erhebung: Städte und Ticketarten
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Gegenstand der ADAC Erhebung waren die ÖPNV-Ticketpreise und Tarifsysteme in zehn europäischen Metropolen und zum Vergleich in den drei größten deutschen Städten Berlin, Hamburg und München für Fahrten im Stadtgebiet.
Im Zentrum der Untersuchung standen Ticketarten, die für Städtereisende die größte Relevanz haben:
Einzelfahrt Erwachsene
Einzelfahrt Kinder
Tageskarte 24 Stunden
City Card mit ÖPNV 48 Stunden
ÖPNV-Tickets: Immense Preisunterschiede
Die festgestellten Preisunterschiede sind enorm: London und Stockholm sind die teuersten Städte: Bei jeder Ticketart befinden sie sich unter den Top 5 der teuersten Tickets. Am günstigsten ist man in Athen unterwegs. Die griechische Hauptstadt weist bei drei von vier Tickets den geringsten Preis auf. Die drei deutschen Städte liegen im Vergleich im unteren Mittelfeld.
Höchster Preis | Niedrigster Preis | Ø alle Städte | Differenz in € | Differenz in % | |
---|---|---|---|---|---|
Einzelfahrt Erwachsene | London 7,72 € | Athen 1,20 € | 2,81 € | 6,52 € | 543 % |
Einzelfahrt Kinder | London 3,80 € | Athen 0,50 € | 1,82 € | 3,30 € | 660 % |
Tageskarte 24 Stunden | Stockholm 14,50 € | Athen 4,10 € | 8,46 € | 10,40 € | 254 % |
City Card 48 Stunden | London 152,23 € | Hamburg 20,90 € | 69,41 € | 131,33 € | 628 % |
Kurz und knapp: Die wichtigsten Ergebnisse
Ein Einzelticket für Erwachsene ist mit 1,20 Euro in Athen am billigsten, während man in London mit 7,72 Euro am meisten bezahlen muss. Günstiger als im Durchschnitt (dieser liegt bei 2,81 Euro) ist das Einzelticket in acht Städten (Athen, Rom, Lissabon, Prag, Madrid, Paris, Wien und Hamburg), wohingegen man in fünf Metropolen (Berlin, Amsterdam, Stockholm, München und London) mehr bezahlen muss.
Eine Einzelfahrt für Kinder kostet zwischen 50 Cent in Athen und 3,80 Euro in London – im Schnitt 1,82 Euro. Manche Städte bieten gar kein spezielles Einzelticket für Kinder an, sodass auch junge Passagiere den Erwachsenenpreis zahlen müssen. In Amsterdam gilt das z.B. schon ab vier Jahren, in Rom ab zehn Jahren. In Prag ebenfalls ab zehn Jahren, allerdings fahren junge Nutzer bis 14 Jahre zum reduzierten Preis. Andere Metropolen, wie etwa Lissabon oder Madrid lassen Kinder bis zu einer festgelegten Altersgrenze ebenfalls kostenfrei fahren, aber nur, sofern sie über eine personalisierte Kinderkarte verfügen. Das ist für Touristen wenig praktikabel.
Einzeltickets: Nicht überall ist das Gleiche drin
Einzelfahrkarten gelten meist zwischen 60 und 120 Minuten, in Madrid dagegen ausschließlich für eine Fahrtlänge von maximal zehn Haltestellen, in London für eine Strecke zwischen zwei vorab gewählten Haltestellen, in manchen Städten nur in eine Fahrtrichtung ohne Umstiege.
Kinder bis einschließlich drei Jahre fahren überall kostenlos, die Gültigkeit der Kindertickets reicht von vier bis – wie in Stockholm – 19 Jahre; in den drei deutschen Städten generell von sechs bis 14 Jahre. Auch die Mitnahme von Kindern wird unterschiedlich gehandhabt: Bei Einzeltickets ist sie nur in London und Stockholm erlaubt.
Bei der Tageskarte für Erwachsene ist Stockholm mit 14,50 Euro die teuerste Stadt, deutlich vor Paris (11,30 Euro) und Berlin (9,50 Euro). Am preisgünstigen Ende rangiert mit 4,10 Euro wieder Athen. Die nächstgünstigsten Städte sind Prag (5,07 Euro) und Lissabon (6,60 Euro). Das macht einen Unterschied von 10,40 Euro oder gut 250 Prozent zwischen günstigster und teuerster Stadt. Sieben von 13 Städten (Athen, Prag, Lissabon, Rom, Wien, Hamburg und Madrid) liegen unterhalb des Durchschnittspreises von 8,46 Euro, die restlichen sechs Städte (München, Amsterdam, London, Berlin, Paris und Stockholm) darüber.
Deutlich schwieriger zu vergleichen sind City Cards. Sie sind so verschieden wie die Preise. Die untersuchten City Cards umfassen zwischen fünf und 180 Attraktionen, von komplett freiem Eintritt bis zu maximal 70 Prozent Rabatt. Dementsprechend unterscheiden sich die Preise für 48 Stunden von 20,90 Euro in Hamburg bis zu 152,23 Euro in London. Die drei deutschen Städte liegen hier auf den günstigsten Rängen.
Besonders teuer ist es hingegen immer dort, wo viele Angebote inklusive sind oder wo die City Cards "nachgebaut" werden mussten (aus 2-Tages-Tickets für den ÖPNV plus Touristenpass), weil das Komplettpaket so nicht angeboten wird. Das war in London, Madrid, Paris, Stockholm und Athen der Fall.
Was ist eine City Card?
Eine City Card ist ein Rabattangebot für Städtereisen mit in der Regel flexibler Gültigkeit (24 Stunden bis zu mehreren Tagen). Durch den Kauf einer City Card erhält man Ermäßigungen, zum Teil sogar freien Eintritt für Museen und Sehenswürdigkeiten sowie Rabatte auf Freizeitaktivitäten, Gastronomie, Shopping oder Übernachtungen. Üblicherweise beinhaltet die City Card auch Fahrten mit dem ÖPNV.
Aufgrund des unterschiedlichen Angebots und der in der City Card enthaltenen Leistungen können die Preise beträchtlich variieren.
Wann sich welches Ticket lohnt
Städtereisende begleitet diese Frage ständig: Ab wann rechnet sich eine Tageskarte statt mehrerer Einzelfahrscheine? Ebenso müssen Touristinnen und Touristen genau überlegen, ob sich für sie eine 48-Stunden-City-Card anstelle einer normalen Zwei-Tages-Karte für den ÖPNV und z.B. separater Eintrittskarten für Sehenswürdigkeiten lohnt. Dies hängt natürlich vom persönlichen Nutzerverhalten ab, aber die Mehrkosten können da durchaus einen Hinweis geben.
Eine Übersicht:
Online-Portale und Apps
Schon vor dem City-Trip von zu Hause aus oder unterwegs ein ÖPNV-Ticket besorgen, könnte schwierig werden. Nur acht der 13 Städte bieten neben Fahrinformationen auch Tickets über das Online-Portal ihrer Verkehrsverbünde an, fünf von ihnen verkaufen dort aber keine Einzelfahrscheine, zwei auch keine Tageskarten.
Eine App mit Fahrplanauskunft, Karten oder Netzplänen hat jeder der Verkehrsverbünde, allerdings mit sehr unterschiedlicher Funktionsbreite. In London und Lissabon ist es z.B. überhaupt nicht möglich, mit dem Handy ein Ticket zu kaufen, in Athen, Madrid und Rom braucht der Fahrgast dafür eine weitere Extra-App. Nur in sieben Städten kann man ohne weitere Voraussetzungen wie einer Registrierung oder einer Plastikkarte über die App Tickets erwerben. Vorbildlich: Hamburg räumt als einzige Stadt einen Rabatt von 7 Prozent auf online gekaufte Fahrscheine ein – egal ob über die App oder das Online-Portal.
Tarifsysteme: Besonderes und Digitalisierung
Das ÖPNV-Tarifsystem regelt jede Stadt unterschiedlich. Die einzige Gemeinsamkeit ist ein festes Ticketsortiment. Viele Städte bieten zusätzlich das sogenannte Pay as you go an. Bei Letzterem wird nach tatsächlich gefahrener Strecke, Zeit oder Anzahl der genutzten Tickets abgerechnet. Darüber hinaus setzen sechs Städte eine Best-Price-Abrechnung ein, die automatisch ermittelt, welches Ticket für den Passagier am günstigsten ist und maximal den Tagespreis verlangt. In Berlin geht dies als einziger deutscher Stadt nicht.
Neben der klassischen Entwertung der Tickets über Entwertungsgeräte bieten einige Verkehrsverbünde das sogenannte "Check-in/Check-out" an, um Ein-, Um- und Ausstieg zu erfassen. Diese werden üblicherweise bei Pay as you go angewendet. Gängige Zahlungsmethoden für die Tickets sind Kreditkarten, Lastschrift, Paypal, Apple Pay, Google Pay und weitere elektronische Zahlungsverfahren.
ÖPNV: ADAC Tipps für Städtereisende
Sich in den sehr unterschiedlichen ÖPNV-Systemen zurechtzufinden, ist nicht leicht. Es lohnt sich daher, sich bereits im Vorfeld einer Städtereise mit dem Angebot zu beschäftigen. Die folgenden Tipps und Hinweise bieten Hilfe und Orientierung:
Am besten bereits zu Hause über Preise, Fahrpläne, Zonen und Gültigkeiten informieren. Falls möglich, Tickets schon im Voraus kaufen, das spart Zeit und Mühe vor Ort.
Gültigkeit der Fahrkarten beachten: In einigen Städten, z.B. in London und Madrid, müssen für verschiedene Transportmittel (u.a. U-Bahn und Bus) separate Tickets mit teilweise unterschiedlichen Preisen gekauft werden.
Bereits vor der Reise die für Kinder und Senioren geltenden Altersgrenzen prüfen, da diese in den untersuchten Städten sehr unterschiedlich geregelt sind. Gut für Familien: In vielen Städten darf ein Vollzahler weitere Kinder mitnehmen. Das reduziert die Kosten erheblich.
Geltungsdauer: Manche 24- oder 48-Stunden-Tickets für den ÖPNV sind tatsächlich ab Entwertung gültig, in einzelnen Städten sogar weiter bis zum Betriebsschluss des jeweiligen Tages. In London und Paris dagegen gilt die Fahrkarte immer nur für den jeweiligen Kalendertag.
Vorsicht bei Pay-as-you-go-Systemen: Im Vorab darüber informieren, welche Art von Check-out (aktiv/passiv) beim Verlassen des Verkehrsmittels gefordert ist und ob der Verkehrsverbund mit automatischer Best-Price-Berechnung oder zumindest einem Tageslimit arbeitet. Wenn nicht, bleibt einem das Rechnen nicht erspart.
Gerade in deutschen Städten können die City Cards für Touristen durch ihren geringen Aufpreis attraktive Alternativen zu einfachen Tagestickets sein. Aber Achtung: In manchen europäischen Städten sind gerade die Touristenpässe ohne ÖPNV sehr teuer. In jedem Fall vorab prüfen, ob während des Aufenthaltes die eingepreisten Rabatte auch wirklich genutzt werden. Auch bei Kindern lohnt es sich, verschiedene Angebote durchzurechnen.
Apps sind praktisch. Als Besucher aber im Vorfeld informieren, ob man auf diesem Weg auch die gewünschten Tickets ohne komplizierte Registrierung kaufen kann. Tickets digital zu nutzen, kann sich auch finanziell lohnen, wie in Hamburg, wo der Verkehrsverbund 7 Prozent Rabatt auf Tickets gewährt, die online oder per App erworben werden.
Die Testergebnisse im Detail
Stadt | Verkehrsverbund | Land | |
---|---|---|---|
Amsterdam (pdf) | Niederlande | ||
Athen (pdf) | Griechenland | ||
Berlin (pdf) | Deutschland | ||
Hamburg (pdf) | Deutschland | ||
Lissabon (pdf) | Portugal | ||
London (pdf) | Großbritannien | ||
Madrid (pdf) | Spanien | ||
München (pdf) | Deutschland | ||
Paris (pdf) | Frankreich | ||
Prag (pdf) | Tschechien | ||
Rom (pdf) | Italien | ||
Stockholm (pdf) | Schweden | ||
Wien (pdf) | Österreich |
Methodik: Städteauswahl und Vergleichbarkeit
Die Erhebung wurde im Auftrag des ADAC zwischen dem 16. Februar und 7. März 2023 durch das Marktforschungsunternehmen Facit Research GmbH & Co. KG aus München durchgeführt.
Ausgewählt wurden die größten Städte innerhalb der EU, die hohe Besucherzahlen aufweisen und mit U-Bahn und Straßenbahn über einen schienengebundenen ÖPNV verfügen. Eingang in die Erhebung fand zudem London als ehemalige EU-Metropole. Pro Land wurde maximal eine Stadt berücksichtigt, weshalb zum Beispiel Barcelona und Mailand nicht aufgenommen wurden. Um den Vergleich mit den ÖPNV-Preisen in Deutschland zu erleichtern, flossen auch die drei größten deutschen Städte Berlin, Hamburg und München in die Auswertung ein.
Bei den Ticketarten lag der Fokus auf Gelegenheitsfahrten, wie sie für Städtereisende und Kurzzeitbesucher typisch sind. Um die Vergleichbarkeit sicherzustellen, legten die Tester und Testerinnen Wert darauf, dass die untersuchten Ticketarten möglichst in allen ausgewählten Städten erhältlich sind. Dabei wurden nur Tickets für Fahrten in den jeweiligen Stadtgebieten berücksichtigt, die zudem ohne Rabatt oder Abo angeboten werden. Daraus ergaben sich drei ÖPNV-Fahrkarten für den Preisvergleich: Einzelfahrkarten jeweils für Erwachsene und für Kinder sowie Tageskarten für Erwachsene.
Hinzu kommen spezielle Tageskarten für Touristen, oft City Cards genannt. Hier wurde untersucht, ob sie sich neben dem enthaltenen ÖPNV mit ihren Ermäßigungen auf zusätzliche Angebote wie Sehenswürdigkeiten oder Gastronomie im Vergleich zur reinen Tageskarte lohnen. Falls es keine klassische City Card gab, wurden die Kosten für die ÖPNV-Tageskarte und für die gängigen Rabattkarten auf touristische Angebote zusammengerechnet (so in Athen, Madrid, Paris, Stockholm und London).
Bei den Verkehrsbetrieben wurde zusätzlich erhoben, ob sie spezielle Services wie Apps oder Online-Shops anbieten und wie die Fahrpreise berechnet werden (festes Ticketsortiment oder beispielsweise Pay as you go).
Mit der Recherche hat der ADAC das Marktforschungsunternehmen Facit Research GmbH & Co. KG aus München beauftragt. Das Institut besteht seit 1984 und führt bereits seit mehreren Jahren Untersuchungen für den ADAC durch. Grundlage waren Recherchen auf den Webseiten der Verkehrsverbünde beziehungsweise der Tourismusbüros der Städte (City Cards). Die Preise wurden in der jeweiligen Landeswährung zu einem einheitlichen Stichtag erhoben und bei Bedarf über den Währungsrechner der Europäischen Zentralbank (EZB) in Euro umgerechnet. Da die Preise und Angebote teilweise Schwankungen unterliegen, können sich inzwischen Änderungen im Vergleich zu den genannten Angaben ergeben haben.