Der Elektroantrieb: So funktioniert ein Elektroauto
Weg vom Pkw mit Verbrennungsmotor, hin zum Elektroauto – der Wechsel erfordert ein neues technisches Verständnis: Wie ein Elektroantrieb funktioniert, wie Batteriezellen Energie speichern, und an welcher Stelle die "Skateboard-Architektur" zum Einsatz kommt, erfahren Sie hier.
Elektroantrieb: Viele Komponenten wirken auf engstem Raum zusammen
Elektromotor: Effiziente Energienutzung mit vielen Vorteilen
Elektrochemie: Bei Kälte haben Batterien Schwächen
Die Zahl der Elektromodelle sowie deren Akkukapazitäten wachsen. Mit realistischen Reichweiten von 400 bis über 500 Kilometern und guter Schnellladetechnik sind auch Langstrecken heute möglich. In vergleichsweise kurzer Zeit hat die Elektromobilität damit einen erheblichen technischen Sprung gemacht, den Vorsprung von Tesla in diesem Bereich haben viele Hersteller inzwischen aufgeholt.
Selbstverständlich wird am Elektroantrieb immer weiter gefeilt. Aber seine grundsätzliche Funktionsweise lässt sich anhand der spezifischen Komponenten ganz gut erklären. Dabei entdeckt man viele Stärken, wie etwa eine große Energie-Effizienz, aber auch Schwächen, die in der zukünftigen Entwicklung der E-Mobilität noch gelöst werden müssen.
Elektroantrieb: Die Komponenten
Das Herz des Elektroautos ist der Akku. Weitere Komponenten sind der Elektromotor, die Leistungselektronik sowie die Kühlsysteme beziehungsweise das Temperaturmanagement. Aggregate wie Lenkung, Bremse und Heizung/Klimaanlage werden elektrisch betrieben. Das "Gehirn" der Batterie ist das Batteriemanagementsystem, das stets den Zustand der Batterie kennt und Ladevorgänge und Leistungen während des Betriebs regelt.
Bei der Anordnung der Komponenten im Fahrzeug hat sich die sogenannte "Skateboard"-Architektur durchgesetzt: Der Akku liegt zwischen den Achsen im Unterboden, der Elektromotor und die Leistungselektronik an Vorder- und/oder Hinterachse. Die Karosserie wird dann über dieses Skateboard "gestülpt". Diese Unterflur-Architektur garantiert einen niedrigen Schwerpunkt und ermöglicht eine etwas bessere Raumnutzung als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Außerdem ist der Platz zwischen den Achsen der sicherste Ort im Falle eines Unfall.
Elektromotor: Fahrkomfort und Effizienz
Der Elektromotor wurde bereits 1837/38 patentiert. Seitdem hat man ihn in unzähligen Bereichen in der Industrie, im Handwerk und bei der Mobilität (elektrische Bahn) eingesetzt. Und er bewährte sich als ideale Antriebsmaschine – da äußerst effizient im Umgang mit Energie: zuverlässig, verschleißarm, nahezu geräuschlos und vibrationsfrei. Vom Start weg steht bei einem Elektromotor das volle Drehmoment über einen großen Drehzahlbereich zur Verfügung. Deshalb reicht für die meisten Anwendungen ein Getriebe mit fester Übersetzung (meist nur ein Gang) aus.
Insbesondere der Fahrkomfort des geräuscharmen Antriebs ohne lästige Schaltvorgänge und der Fahrspaß aufgrund der spontanen Drehmomententfaltung begeistern viele Autofahrer. Physikalisch betrachtet arbeitet ein Elektromotor mit einem Wirkungsgrad von über 90 Prozent und hat nur wenige Verluste in Form von Wärme oder Reibung.
Die große Herausforderung und gleichzeitig der Grund, warum sich der Elektromotor Anfang des 19. Jahrhunderts für den Einsatz als Antriebsmotor in Kraftfahrzeugen nicht gegen den Verbrennungsmotor durchsetzen konnte, war die Energiespeicherung für eine akzeptable Reichweite.
Beim Bremsen und Bergabfahren wird der Elektromotor zum Stromgenerator und gewinnt dabei Energie zurück (Rekuperation). Durch vorausschauendes Fahren lässt sich damit ein Elektroauto fast ohne Einsatz der mechanischen Bremse fahren, wodurch diese auch länger hält.
Weil Elektromotoren leise sind, kann es im Straßenverkehr dazu kommen, dass langsam fahrende Elektroautos unter Umständen nicht oder zu spät gehört werden. So kommt es für Fußgänger zu "Schreckmomenten", etwa auf Parkplätzen oder in verkehrsberuhigten Bereichen. Seit Mitte 2019 müssen neue Elektroautos deshalb serienmäßig mit einem Soundgenerator ausgerüstet werden, der bis 20 km/h ein künstliches (Warn-)Geräusch erzeugt. Bei höheren Geschwindigkeiten werden Elektroautos wie gewohnt über das Reifengeräusch wahrgenommen.
Energiespeicher: Lithium-Ionen-Akku
Energieinhalt und Haltbarkeit
Die wichtigsten Anforderungen an die Batterie eines Elektroautos sind hohe Energie- und Leistungsdichte (wichtig für die Fahrleistungen) sowie Sicherheit und Funktionsfähigkeit bei akzeptablen Kosten. Derzeit konzentrieren sich die meisten Fahrzeughersteller und Zulieferer auf die Lithium-Ionen-Batterie mit Nickel-, Mangan- und Kobalt-Anteilen (NMC). Alternativ wird aktuell auf die Lithium-Eisenphosphat-Batterie (LFP) gesetzt. Ab 2025 ist mit ersten Feststoffakkus im Automobil zu rechnen.
Lithium-Ionen-Batterien sind seit langem die Standardausrüstung bei elektrischen Kleingeräten wie Mobiltelefonen, Notebooks und Akku-Werkzeugen. Im Gegensatz zu den dort verbauten Lithium-Ionen-Akkus haben die im Elektroauto eingesetzten Akkus ein ausgeklügeltes Thermomanagement. Dieses sorgt maßgeblich für eine lange Lebensdauer der Batteriezellen. Es stellt einerseits sicher, dass die Zellen nicht überhitzen, und steuert andererseits bei Kälte die Temperierung sowie die Leistungsabgabe, damit die Zellen nicht beschädigt werden.
Der Vergleich mit einem Organismus liegt auf der Hand: Wird der Akku nicht in einem bestimmten Temperaturbereich (etwa 10 bis 40 Grad Celsius) gehalten, fühlt er sich nicht wohl, kann nicht gut arbeiten oder nimmt sogar Schaden. Jede Zelle wird dabei durch das Batteriemanagementsystem (BMS) und Sensoren hinsichtlich ihrer Spannung, Ströme und Temperaturen überwacht.
Batteriezellen gibt es in drei gängigen Bauformen: Rund, prismatisch (rechteckig) oder als Pouchzelle, vergleichbar einem vakuumierten Kaffeepack. Des Weiteren gibt es unterschiedliche Zellchemien, die auch unterschiedliche Stärken und Schwächen bei Energiedichte, Schnellladefähigkeit und Leistungsdichte, Zyklenfestigkeit (Lebensdauer), Sicherheit, Temperaturverhalten, Rohstoffen oder Kosten haben. In den letzten Jahren konnten Leistungsdichte, Energiedichte und Zyklenfestigkeit sukzessive verbessert werden.
Akku-Kapazität: Brutto und netto
Für den Autofahrer ist es wichtig zu wissen, dass die Batteriegrößen bzw. deren Energieinhalt auf zwei Arten angegeben wird: der gesamte (brutto) oder der tatsächlich nutzbare (netto) Energieinhalt. Hintergrund: Vom gesamten Energieinhalt der Batterie (brutto) bleibt ein Puffer am oberen und unteren Batterieladestand ungenutzt. Diese Maßnahme dient dazu, eine möglichst lange Lebensdauer der Batterie sicherzustellen. Weil sie nicht an ihre Belastungsgrenzen getrieben wird, ist sie weniger gestresst.
Leider bleibt bei den Angaben, die die Hersteller machen, oft unklar, ob die nutzbare (netto) oder die gesamte (brutto) Batteriekapazität genannt ist. Tesla zum Beispiel gibt grundsätzlich überhaupt keine Batteriegröße an, sondern nur die Reichweite, die mit dem Akku erzielt werden kann.
Relevant kann beispielsweise der nutzbare Energieinhalt auch bei Garantiereklamationen bezüglich der Batterie sein. Häufig wird in den Garantiebedingungen ein Mindestmaß von 70 Prozent der Kapazität für 8 Jahre oder 160.000 Kilometer versprochen. Fehlt jedoch schon die Referenzgröße, wieviel Energie im Neuzustand nutzbar ist, dürften Garantiereklamationen schwierig werden.
Der ADAC fragt die Hersteller von Zeit zu Zeit an, und gibt die Akku-Kapazität in der Autodatenbank so präzise wie möglich für jede Modellversion an. Die aktuelle Abfrage bei den Herstellern zeigt leider eine komplett uneinheitliche Vorgehensweise bei der Information über den Energieinhalt der Antriebsbatterien. Knapp die Hälfte der Hersteller lässt den Kunden im Unklaren über die tatsächlich nutzbare Energiemenge.
Netto oder brutto? Das geben die Hersteller an
Knapp die Hälfte der Hersteller lässt den Kunden im Unklaren über die tatsächlich nutzbare Energiemenge des Akkus im Elektroauto. Manche Hersteller geben einen sogenannten Nennwert an, lassen die Kunden damit aber im Unklaren darüber, ob es sich um die gesamte Kapazität oder die tatsächlich nutzbare Energie handelt.
Meist wird der Brutto-Wert angegeben, da ein höherer Wert beeindruckender klingt. Tesla gibt überhaupt keine Batteriekapazität für seine Fahrzeuge an, sondern lässt die Kunden über die Batteriegröße (netto und brutto) völlig im Unklaren.
Brutto- und Netto-Wert geben an:
Audi, Fiat, Ford, Jeep, Ora, Porsche, Cupra, Smart, Volvo
Den Netto-Wert geben an und weisen dies aus:
Mercedes, Nissan, Skoda, Volkswagen
Den Netto-Wert geben an und weisen dies nicht aus:
BMW, Genesis, Hyundai, Mini
Den "Nennwert" geben an (ohne zu spezifizieren, dass es sich um den nutzbaren Energieinhalt handelt):
Dacia, Kia, Renault
Den Brutto-Wert geben an und weisen dies nicht aus:
Aiways, BYD, Citroen, DS-Automobiles, Honda, Jaguar, Mazda, MG-Motors, Nio, Opel, Peugeot, Polestar, SsangYong, Subaru, Toyota
Keine Angabe eines Werts:
Tesla
Die ermittelten Akku-Werte finden Sie in den Daten zum jeweiligen Modell in der ADAC Autodatenbank.
Neben der nutzbaren Kapazität des Akkus ist die mögliche Ladegeschwindigkeit ein wichtiger Aspekt, besonders auf längeren Strecken. Ladeleistungen von 150 kW und mehr sorgen dafür, dass sich Reise-Etappen deutlich weniger hinziehen. Top-Autos wie der Porsche Taycan können während einer 20-minütigen Kaffeepause mit Strom für über 300 Kilometer Reichweite nachgeladen werden.
Sicherheit: Gefahren werden eher überschätzt
Die elektrischen Komponenten serienmäßig hergestellter Elektroautos sind eigensicher ausgelegt. Das heißt, dass sie im Normalbetrieb, aber auch bei üblichen Defekten als sicher angesehen werden.
Kritisch kann es werden, wenn die Antriebsbatterie durch einen Unfall verformt und beschädigt wird. Damit das nicht passiert, sind Hochvoltbatterien in crashgeschützten Bereichen mit einem stabilen Batteriegehäuse aus Stahl oder Aluminium untergebracht. Hält das Batteriegehäuse wegen extremer Belastungen nicht mehr stand, können im schlimmsten Fall Zellen "durchgehen" – der sogenannte "thermal runaway".
Eine brennende Antriebsbatterie muss dann mit viel Wasser gelöscht werden. Solche Fälle sind aber extrem selten, da der Stromfluss der Batterie bei einem Unfall sofort durch einen Notaus-Mechanismus unterbrochen wird. Untersuchungen kamen daher auch zu dem Ergebnis, dass selbst von einem brennenden E-Auto keine größere Gefahr ausgeht als von einem Fahrzeug mit Verbrennermotor.
Schadensfall: Defekte Antriebsbatterien
Eine defekte Antriebsbatterie kann sehr teuer werden, vergleichbar mit einem Motorschaden beim Verbrenner-Pkw. Bei den aktuell erhältlichen Elektroautos ist eine modulare Reparatur der Batterie (es muss nicht die ganze Batterie ersetzt werden) in den meisten Fällen grundsätzlich möglich, wenn auch nicht in jedem Fall in den Werkstätten durchführbar. Insofern sollte man auf die Akku-Garantiezeiten des jeweiligen Herstellers achten und sich erkundigen, ob und zu welchen Kosten ein Teilaustausch von Batteriemodulen möglich ist.
Batterieproduktion: Aufwendig und teuer
Die Herstellung von Antriebsbatterien kostet nach wie vor sehr viel Energie (insbesondere für die Hitzetrocknung der beschichteten Metallfolien), den Einsatz wertvoller Rohstoffe und ist immer noch verhältnismäßig teuer – obwohl sich die Batteriepreise seit 2013 bereits mehr als halbiert haben.
Auch wenn Feststoffbatterien als Energiespeicher der nächsten Generation gehandelt werden, steckt Experten zufolge noch viel Potenzial in Lithium-Ionen-Akkus. Mit fortschreitender technologischer Entwicklung und steigenden Batteriestückzahlen sind sowohl weiter fallende Batteriepreise als auch Verbesserungen bei der Energiedichte zu erwarten.
Im Idealfall werden Batterien mit 100 Prozent regenerativem Strom hergestellt. Geschieht das nicht, beginnt ihr Leben schon mit einer entsprechenden CO₂-Belastung. Je größer die Batterie, desto größer ihr CO₂-Rucksack, da die Produktion etwa von Lithium-Ionen-Batterien sehr energieintensiv ist. Dennoch zeigt die ADAC Studie zur Gesamt-CO₂-Bilanz verschiedener Antriebsarten, dass ein Elektroauto trotzdem meist besser abschneidet als ein Auto mit Verbrennungsmotor.
Reichweiten: Wie realistisch sind sie?
Die realistische Reichweite im Alltag ist ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz von Elektroautos. Mehr als die Hälfte der vom ADAC Befragten erwartet von ihrem Elektrofahrzeug eine Reichweite von über 300 Kilometern ohne lästige Ladepause. Konnten lange Zeit nur teure Elektroautos der Oberklasse diese Reichweitenwünsche erfüllen, bietet der Markt inzwischen mehrere Fahrzeugmodelle zu günstigeren Preisen.
So kommen der Hyundai Kona Elektro und der Kia e-Niro mit einer Akkuladung laut Hersteller deutlich über 400 Kilometer weit. Käufer sollten jedoch einkalkulieren, dass die Herstellerangaben im realen Fahrbetrieb oft nicht zu erreichen sind – egal ob nach neuer WLTP- oder nach alter NEFZ-Messmethode.
Der Stromverbrauch eines Elektroautos ergibt sich aus dem Aufwand an Fahrenergie (je nach Einsatzbedingungen), dem Wirkungsgrad der Batterie (innere Widerstände, Batterieheizung und -kühlung, Selbstentladung), der Leistung des Ladegeräts (Ladeverluste) sowie durch den Bedarf der Nebenaggregate (im wesentlichen Innenraumklimatisierung).
Die im Alltag erzielbare Reichweite hängt also maßgeblich vom Fahrverhalten, der Außentemperatur, den Wetterbedingungen sowie der Nutzung von elektrischen Verbrauchern wie zum Beispiel Heizung oder Klimaanlage ab. Im Stadt- und Landstraßenverkehr sind Elektroautos sehr effizient, bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn steigt der Stromverbrauch dagegen deutlich an, und die Reichweite geht spürbar zurück.
Zur Reichweitenoptimierung bieten Elektroautos einen Eco-Fahrmodus an, teilweise sind energiesparende Wärmepumpen erhältlich. Denn gerade die klimatischen Bedingungen wirken sich teils drastisch auf die Reichweite aus: ADAC Tests zeigen, dass Elektroautos im Winter zwischen 10 und 30 Prozent, im Extremfall bis zu 50 Prozent mehr Energie verbrauchen.
Fazit und Ausblick
Bisher führten hohe Anschaffungspreise, begrenzte Reichweiten und notwendige Ladepausen auf längeren Strecken dazu, dass die meisten Autofahrenden in Deutschland noch nicht bereit waren, auf den Elektroantrieb umzusteigen.
Mit steigenden Stückzahlen und technologischer Weiterentwicklung werden jedoch die Kosten zunehmend sinken. Außerdem wird die Ladeinfrastruktur dichter, und die Ladetechnologie entwickelt sich weiter. Die Energiewende sowie Bemühungen der Hersteller sorgen zudem dafür, dass auch die Ökobilanz mit nachhaltigerer Produktion von Elektroautos und Batterien besser wird. Durch diese Maßnahmen können Elektroautos wettbewerbsfähiger und auch für eine breitere Zielgruppe stets interessanter werden.