Test Mercedes T-Klasse: Wie der Kangoo zum Mercedes wurde

Das neue Mercedes-Benz T-Klasse Modell T 180 in weinrot fotografiert an einem See
Mercedes T-Klasse 2022: Neuer Anlauf mit einem Familien- und Freizeit-Van © Mercedes

Die neue Mercedes T-Klasse soll als Hochdachkombi genauso praktisch, aber nobler sein als ihr Partnermodell, der Renault Kangoo. Ob das gelungen ist, klärt der ADAC Test.

  • Renault und Mercedes haben zusammengearbeitet

  • Mercedes T-Klasse als praktischer Hochdachkombi für Familien

  • Fünfsitzer ab gut 31.000 Euro, Siebensitzer soll folgen

Für das erste Kooperationsmodell mit Renault, den Citan, hat Mercedes viel Prügel einstecken müssen (nur drei Sterne im Crashtest). Auch die X-Klasse war eher ein Flop, weil die schwäbischen Ingenieure an Renault Kangoo und Nissan Navara zu wenig geändert haben, um daraus echte Mercedes-Modelle zu machen. So richtig gut gelaufen ist die Kooperation mit Renault und Nissan für die Schwaben also bislang nicht.

Mercedes hat den Hochdachkombi mitentwickelt

Jetzt gibt es mit dem T-Modell einen neuen Anlauf in der Kooperation mit Renault. Der Buchstabe T steht bei Mercedes eigentlich für den Kombi, hier steht er für die damit verbundenen Transportqualitäten. Aber nicht nur an die Bedürfnisse einer Familie, auch an Freizeitaktivitäten diverser Art wurde bei der Entwicklung der T-Klasse gedacht.

Premium-Small-Van nennt Mercedes seine neueste Kreation, auch wenn die Hauptentwicklungsarbeit vom französischen Kooperationspartner stammt. Damit die verwöhnten Mercedes-Kunden den erwarteten Komfort bekommen, waren die Ingenieure aus Stuttgart von Anfang an bei der Entwicklung vor Ort, haben sich vor allem für ein optimiertes Fahrwerk entschieden. Auch die Optik von Front und Heck sind Mercedes-eigen, man erkennt die schwäbische Gründlichkeit bei der Verarbeitung.

Zubehör für den Einsatz als Freizeitmobil

Die Preise beginnen bei 31.095 Euro. Für diesen Einstiegspreis bekommt man den T 160, einen Turbo-Benziner mit 75 kW/102 PS. Der etwas stärkere Benziner heißt T 180 und leistet 96 kW/131 PS. Auch zwei Diesel sind zum Marktstart im Angebot, mit 70 kW/95 PS und 85 kW/116 PS. Bei der Benziner-Basismotorisierung ist das manuelle Sechsgangschaltgetriebe gesetzt, die drei anderen Motorisierungen können wahlweise auch mit Siebengangautomatik bestellt werden. Der Aufpreis hierfür beträgt jeweils rund 2600 Euro. Alle Motoren wurden vom Schwestermodell Renault Kangoo übernommen.

Vorerst ist nur eine kurze Karosserievariante mit einer Länge von 4,50 Meter, einem Radstand von 2,72 Meter und fünf Sitzplätzen zu haben. Später folgt noch eine 40 Zentimeter längere Version, dann mit wahlweise fünf oder sieben Sitzen.

Als Familien-Van ist die T-Klasse echt praktisch

Ein Mann sitzt auf der Rücksitzbank der neuen Mercedes T-Klasse T 180 bei geöffneter Schiebetür
Dank Schiebetüren als Familien-Van und Personen-Transporter gut geeignet © Mercedes

Bereits in der Fünfsitzer-Variante können bis zu vier Kindersitze montiert werden, davon drei nebeneinander in der zweiten Sitzreihe. Die beiden äußeren Kindersitze werden mit der Isofix-Verankerung befestigt. Der Beifahrerairbag schaltet bei einem vorn rechts montierten Kindersitz aus Sicherheitsgründen automatisch ab. Eine in die Sitzfläche integrierte Matte erkennt den Kindersitz anhand der Gewichtsverteilung. Die beiden großen Schiebetüren, geöffnet bieten sie 61,4 Zentimeter in der Breite und 106 in der Höhe, sind für alle Versionen serienmäßig. Das ist echt praktisch für Familien mit mehr als einem Kind.

Auf den vorderen Sitzen ist das Platzangebot in der T-Klasse beachtlich, die Kopf- und Beinfreiheit sowie der seitliche Entfaltungsspielraum sind großzügig. Die Beinfreiheit auf dem Fahrersitz reicht für Personen bis zu 1,95 Meter aus – die Kopffreiheit würde sogar Riesen mit 2,50 Metern Körpergröße genügen. Die Fondsitzbank bietet ein noch gutes Platzangebot. Sind die vorderen Plätze für 1,85-Meter-Mitfahrer eingestellt, reicht die Beinfreiheit im Fond für 1,90 Meter große Insassen aus. Und nach oben geht es wieder sehr luftig zu.

Wie von einem Auto dieses Typs zu erwarten, kann der Hochdach-Kombi mit einem
überdurchschnittlichen Kofferraumvolumen punkten. Unter der Abdeckung fasst der Gepäckraum des Testwagens 530 Liter. Entfernt man die Abdeckung und nutzt den
Stauraum bis zum Dach hoch, erweitert sich das Volumen auf 1045 Liter. Alternativ kann man im Kofferraum auch bis zu 22 handelsübliche Getränkekisten unterbringen. Klappt man die Rückbank um und beschränkt sich auf den Stauraum bis zur Fensterunterkante (aus Sicherheitsgründen empfohlen), lassen sich bis 1065 Liter verstauen. Und unter Ausnutzung des kompletten Raums hinter den Vordersitzen sind bis zu 2125 Liter Volumen verfügbar.

Die variable Dachreling lässt sich per Knopfdruck und dann mit wenigen Handgriffen in einen Dachträger mit 80 Kilogramm Traglast verwandeln. Mit einem geeigneten Trägersystem sind sogar bis zu 100 Kilo Dachlast möglich. Obwohl man bei der Stern-Marke besonders wachsam auf die Kosten geschaut hat, ist nicht alles von Renault in der T-Klasse. Zahlreiche Bedienelemente kennen wir aus den unterschiedlichsten Mercedes-Baureihen, so auch das Multifunktionslenkrad mit den Touch-Control-Buttons. Die reagieren allerdings etwas unpräzise und können hier und da ungewollte Befehle auslösen.

In der getesteten Progressive-Ausstattung wird das aufgeräumt wirkende Cockpit von dem 7-Zoll- Touchscreen des MBUX-Infotainmentsystems dominiert. Der ist zwar hoch montiert, aber recht weit vom Fahrer entfernt. Das gestaltet die Bedienung nicht sonderlich einfach, zumal die Touchflächen teils recht klein ausfallen. Das Bediensystem ist weitestgehend logisch aufgebaut. Der große Funktionsumfang lässt sich durch praktische und haptische Schnellwahltasten unter dem Bildschirm vereinfachen.

Positiv hervorzuheben ist, dass der Touchscreen leicht zum Fahrer geneigt und weit oben platziert ist. An der übrigen Ergonomie gibt es wenig zu kritisieren. Das Lenkrad lässt sich in Höhe und Weite verstellen und der Wählhebel der Automatik liegt insgesamt gut zur Hand.

Schon die Ausstattungslinien „Basis“ und „Style“ bieten einige Komfortzutaten. So richtig premium ist dann die höchste Ausstattungslinie „Progressive“, mit Lederoptik und doppelten Ziernähten, Chromapplikationen und hochglänzenden Zierleisten. Auch das MBUX-Infotainmentsystem und die elektrische Parkbremse sind inklusive. Selbst die Oberfläche des Armaturenbretts fasst sich angenehm an, verwöhnt geradezu die Fingerspitzen.

360-Grad-Blick in den Innenraum der T-Klasse

Der Fahreindruck fällt insgesamt überzeugend aus

Der 1,3 Liter große Vierzylinder-Benziner im Testwagen, der zusammen mit Renault entwickelt wurde, leistet dank Turboaufladung 131 PS und entwickelt ein maximales Drehmoment von kräftigen 240 Nm, das bereits bei 1600 Umdrehungen pro Minute bereitsteht. Damit ist der Hochdachkombi für die meisten Alltags-Aufgaben ausreichend motorisiert. Den Zwischenspurt von 60 auf 100 km/h erledigt er in 6,6 Sekunden, von 80 auf 120 km/h vergehen 9,2 Sekunden. Das Anfahrverhalten von 15 auf 30 km/h – beispielsweise nach dem Abbiegen – dauert 1,2 Sekunden. Mercedes gibt den Sprint aus dem Stand auf 100 km/h mit 11,6 Sekunden an, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 184 km/h.

Mercedes T 180 mit 7,6 Litern Testverbrauch

Der Vierzylinder-Benziner legt ordentliche Manieren an den Tag. Im Innenraum, etwa an Lenkrad und Pedalerie, sind Vibrationen allerdings besonders im Stand und beim Anfahren deutlich zu spüren. Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe macht seine Sache gut und unauffällig. Für den Alltagsverkehr ist die Antriebskombination sowohl sparsam als auch komfortabel. In Zahlen: Im ADAC Ecotest fuhr der T 180 einen Durchschnittsverbrauch von 7,6 Litern Super je 100 Kilometer ein. Und er punktet mit niedrigen Schadstoffemissionen. Dank des serienmäßigen Otto-Partikelfilters (OPF) liegen die Partikelemissionen in allen Prüfzyklen unter den Grenzwerten. Insgesamt erhält der Stuttgarter drei von fünf Sternen im ADAC Ecotest.

ADAC Autotest: Das steckt hinter den Ergebnissen

Die ADAC Autotest-Ergebnisse beruhen auf akribischen Messungen: Mehr als 300 Prüfpunkte untersuchen die Testingenieure des ADAC Technikzentrums in Landsberg am Lech. Vom Platzangebot über die Sicherheit bis hin zum Schadstoff- und CO₂-Ausstoß reicht die Bandbreite.

T-Klasse: Nicht sehr dynamisch, aber dafür sicher

Dynamik ist nicht die Stärke eines Hochdachkombis, der Schwabe legt dennoch eine zufriedenstellende Fahrstabilität an den Tag. Die T-Klasse überzeugt mit einem guten Geradeauslauf und lässt sich dabei auch von ausgeprägten Spurrinnen nicht übermäßig aus der Ruhe bringen. Der Schwabe zeigt in zügig durchfahrenen Kurven viel Karosserieneigung – besonders hohe Kurvengeschwindigkeiten sind ohnehin nicht möglich, da er früh beginnt über die Vorderachse zum äußeren Kurvenrand zu schieben.

Geht man in der Kurve abrupt vom Gaspedal, drängt das Heck spürbar nach außen, wird durch das ESP aber rasch wieder eingefangen. Im ADAC Ausweichtest zeigt sich der T 180 zwar sicher, aber wenig dynamisch: Bereits beim ersten starken Anlenken bremst das ESP den Wagen stark ein, sodass man problemlos wieder in die ursprüngliche Fahrspur lenken kann.

Die Mercedes T-Klasse hat zahlreiche Assistenzsysteme bereits serienmäßig an Bord wie beispielsweise Spurhalteassistent, Totwinkelwarner, Müdigkeitswarner, Verkehrszeichen-Erkennung und Notbremssystem samt Abstands- und Kollisionswarnung sowie Fußgängererkennung. Bei einer Notbremsung macht das Fahrzeug den nachfolgenden Verkehr mit blinkenden Bremslichtern auf sich aufmerksam. Eine adaptive Geschwindigkeitsregelung, die automatisch den Abstand zum Vordermann hält, ist nicht erhältlich.

Die T-Klasse mit Elektroantrieb folgt Anfang 2023

Das Fazit der Test-Ingenieure: So viel (vernünftiges Auto) bekommt man sonst selten für sein Geld – und schon gar nicht bei Mercedes. Wer jetzt nach einer rein elektrischen T-Klasse fragt, muss sich nur noch ein wenig gedulden: Dann kommt der EQT.

Mercedes-Benz T 180: Technische Daten, Preis

Technische Daten (Herstellerangaben)

Mercedes-Benz T 180 Progressive 7G-DCT (07/22 - 11/22)

Motorart

Otto

Hubraum (Verbrennungsmotor)

1.332 ccm

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

96

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

131

Drehmoment (Systemleistung)

240 Nm

Leistung maximal bei U/min. (Verbrennungsmotor)

5.000 U/min

Antriebsart

Vorderrad

Beschleunigung 0-100km/h

11,6 s

Höchstgeschwindigkeit

184 km/h

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

150 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

6,6 l/100 km

Kofferraumvolumen normal

520 l

Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank

2.127 l

Leergewicht (EU)

1.556 kg

Zuladung

539 kg

Anhängelast ungebremst

750 kg

Anhängelast gebremst 12%

1.500 kg

Garantie (Fahrzeug)

2 Jahre

Länge x Breite x Höhe

4.498 mm x 1.859 mm x 1.811 mm

Grundpreis

36.691 Euro

ADAC Messwerte

ADAC Messwerte (Auszug)

Mercedes-Benz T 180 Progressive 7G-DCT

Überholvorgang 60 – 100 km/h

6,6 s

Bremsweg aus 100 km/h

36,2 m

Wendekreis

11,8 m

Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest

7,6 l Super/100 km, 200 g CO₂/km (Well-to-Wheel)

Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne)

***

Reichweite

710 km

Innengeräusch bei 130 km/h

70,3 dB(A)

Leergewicht / Zuladung

1592 / 526 kg

Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch

530 / 1065 / 2125 l

ADAC Testergebnis

ADAC Testergebnis

Mercedes-Benz T 180 Progressive 7G-DCT (07/22 - 11/22)

Karosserie/Kofferraum

2,4

Innenraum

2,3

Komfort

2,9

Motor/Antrieb

2,5

Fahreigenschaften

3,0

Sicherheit

2,0

Umwelt/EcoTest

2,7

Gesamtnote

2,5
Sicherheit und Umwelt werden doppelt gewertet

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

Text: Wolfgang Wieland/SP-X, ADAC Redaktion

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