Motorrad gebraucht kaufen: Das müssen Sie wissen

Motorräder
Gebrauchte Motorräder: Vorsicht vor Maschinen, die lange gestanden sind© Shutterstock/Blue Planet Studio

Die Auswahl an gebrauchten Motorrädern ist vielfältig wie selten zuvor. Trotz eines gewissen Risikos kann sich der Erwerb einer gebrauchten Maschine durchaus lohnen. Was Sie beim Kauf beachten sollten.

  • Günstige Maschinen für Anfänger

  • Nicht vom ersten Eindruck blenden lassen

  • Vorsicht bei Motorrädern, die lange standen

Motorrad gebraucht kaufen: Die Vorteile

Besonders für Fahranfänger und Wiedereinsteiger bietet sich ein Gebrauchtkauf an. Viele gebrauchte Motorräder sind nur wenige Jahre alt und haben deswegen geringe Laufleistungen. Außerdem sind sie oft in einem guten Pflegezustand. Vereinzelt kommen auch Notverkäufe vor, bei denen Käufer und Käuferinnen echte Schnäppchen machen können. 

Zuverlässigkeit, Standfestigkeit und die zu erwartende Lebensdauer von modernen Motorrädern stellen heute technisch kein Problem mehr dar. Auch die Laufleistungen der meisten Großserienmaschinen sind je nach Motorbauart, Fahrweise und Pflege kein Grund, vom Gebrauchtkauf Abstand zu nehmen. 100.000 Kilometer und mehr sind für viele Maschinen durchaus realistisch, zumal sie vielfach auf Langstrecken ihre Kilometer gesammelt haben und somit nicht dem schädlichen Kurzstreckenverkehr ausgesetzt waren. 

Modelle für Anfänger und Wiedereinsteiger

Einfache Massenmodelle bzw. Bestseller sind häufig günstiger zu bekommen und Anfängern eher zu empfehlen als ausgefallene Modelle. Zudem ist auch das Angebot umfangreicher und vielfältiger. Auch die Ersatzteil- und Zubehörbeschaffung ist für die beliebteren Modelle flächendeckender und umfangreicher als für weniger verkaufte Typen, was sich im Unterhalt finanziell lohnt. Trotz der Vorteile, die ein Gebrauchtkauf mit sich bringt, sollten Sie auch die Folgekosten einkalkulieren.

Zu den gängigen Modellen und beliebten Modellen zählen zum Beispiel BMW R 1200 GS, Yamaha MT-07, Kawasaki Z 900, Kawasaki Z 650, KTM 390 Duke, KTM 790 Duke oder die Honda Africa Twin.

Darauf müssen Sie beim Kauf achten

Leichte Beschädigungen der Maschine oder individuelle Anpassungen sind bei einem Gebrauchtkauf wahrscheinlich. Deswegen sollte ein eingehender technischer Check des Motorrads den Erhaltungszustand offenlegen. Wer noch nicht weiß, welcher Motorradtyp oder welche Maschine überhaupt infrage kommt: Mit unseren umfangreichen Tipps zum Motorradkauf kann die richtige Wahl vorbereitet werden.

Hier können Sie sich die Tipps für den Kauf eines gebrauchten Motorrads auch ausdrucken.
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ADAC Musterkaufvertrag

Alles, was Sie zum Kauf oder Verkauf eines Motorrads wissen müssen, finden Sie im Artikel Motorradkauf: Vertragsabschluss. Verwenden Sie für den Motorradkauf den Musterkaufvertrag des ADAC.

Kaufvertrag für gebrauchte Motorräder
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Checkliste für den Gebrauchtkauf

  • Vergleichen Sie als Erstes die Fahrgestellnummer am Motorradrahmen mit der im Fahrzeugbrief.

  • Lassen Sie sich nicht vom ersten Eindruck blenden: Zum Verkauf stehende Motorräder sind meist auf Hochglanz poliert. Betrachten Sie den Gesamtzustand kritisch und notieren Sie sich Schäden und Mängel.

  • Undichtigkeiten an Motor, Kühlsystem, Kraftstoffanlage und Getriebe sind vor allem für die Umwelt schädlich und sollten möglichst schnell beseitigt werden. Gleichzeitig zeugen sie von einer gewissen Nachlässigkeit des Besitzers und können als Argument für eine Preissenkung dienen.

  • Schleifspuren an den Lenkerenden, Schwingungsdämpfern und den Armaturen geben Hinweise auf Stürze. Eine Reparatur dieser Schäden ist oftmals nur durch den Austausch des Rahmens möglich, da daran nicht geschweißt werden darf. Bei einem verformten oder abgerissenen Lenkeranschlag ist vom Kauf abzuraten.

  • Grobe Schleifspuren am Rahmen weisen auf einen Off-Road-Einsatz oder Unfälle hin. Wenn das Motorrad kein Geländemotorrad ist und trotzdem diese Spuren aufweist, ist ebenfalls von einem Kauf abzuraten.

  • Umbauten: Klären Sie mit dem Verkäufer, welche Komponenten und Bauteile verändert oder umgebaut wurden, weshalb dies vorgenommen wurde und wie diese eingetragen bzw. zugelassen wurden. Hierfür sind die Fahrzeugpapiere (Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II) sowie alle Gutachten, Prüfberichte und die Allgemeine Betriebserlaubnis heranzuziehen.

  • Nachträgliche Bearbeitung des Rahmens und/oder der Schwingen: Hier ist besondere Vorsicht ist geboten. Vereinzelt werden Flächen und Schweißnähte des Rahmens abgeschliffen und poliert. Dies lässt vielfach die Betriebserlaubnis erlöschen und kann Ihnen deswegen bei der nächsten Hauptuntersuchung Probleme bereiten.

  • Nehmen Sie in jedem Fall die Sitzbank herunter, um auch hier den Pflegezustand der Maschine zu prüfen.

Je nach Alter des Motorrads sind Gebrauchtspuren unvermeidbar. Ist das Ergebnis der optischen Prüfung zufriedenstellend, deckt eine weitergehende Detailprüfung der verschiedenen Komponenten Mängel auf. Ein unschönes Erscheinungsbild, das nicht direkt auf weitere Schäden hinweist, sollte als Argument bei der Preisverhandlung genutzt werden. Über Kosten für die Beseitigung von optischen Mängeln (Lackierungen usw.) machen Sie sich am besten vor Vertragsabschluss bei entsprechenden Fachbetrieben kundig. 

Bei Maschinen, die längere Zeit nicht bewegt und zudem für die Einlagerung bzw. Standzeit nicht vorbereitet wurden, sollten Sie folgende Komponenten prüfen:

  • Kunststoff- und Gummiteile

  • lackierte oder durchgefärbte Verkleidungsteile

  • elektrische Anlage inkl. Batterie

  • Kraftstofftank und Kraftstoffleitungen

  • Bremsanlage, besonders die Bremszangen und -kolben

Hier finden Sie die komplette Checkliste zum Ausdrucken und Mitnehmen
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Welcher Preis ist angemessen?

Bei dem vielfältigen Motorradgebrauchtangebot fallen oft besonders niedrige oder auch hohe Preise auf. Die Frage, welcher Preis für welche Maschine angemessen ist, kann nur nach eingehender Prüfung vor Ort und einer Probefahrt beurteilt werden. Für eine erste Orientierung sind professionelle Preisnotierungen verfügbar. Die Online-Preis- bzw. Wertermittlung ist aber überwiegend kostenpflichtig.

Die Gebrauchtpreiskalkulationen sind nicht verbindlich, sondern stellen nur eine Orientierungshilfe dar. Sie sind Mittelwerte, die aus den regional unterschiedlichen Preisen errechnet wurden. Es gibt oft große Preisunterschiede zwischen Ballungszentren und ländlichen Regionen. Die Preise beziehen sich grundsätzlich auf unfallfreie, betriebs- und verkehrssichere Serienmotorräder mit einem durchschnittlichen, der angegebenen Gesamtfahrleistung und dem Alter entsprechenden Erhaltungszustand. Die nächste Hauptuntersuchung der Motorräder steht frühestens in einem Jahr an. Auch die Bereifung ist höchstens zu 20 Prozent abgenutzt.

Diesen hohen Anspruch wird höchstwahrscheinlich kein gebrauchtes Motorrad erfüllen, zumal ein bereits umgestürztes Zweirad im strengsten juristischen Sinne nicht mehr als unfallfrei gilt, wenn dabei ein Schaden entstanden ist. 

Auch der ADAC nennt Ihnen in seinem Gebrauchtmaschinen-Preisrechner ("Suche über Kfz-Schein") für die meisten Maschinen unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichen Laufleistungen Preis- bzw. Wertorientierungen.

Wichtige Fragen an den Verkäufer

Besonders bei der Recherche im Internet können Sie auf interessante Angebote aus weit entfernten Regionen oder gar aus dem Ausland stoßen. Um unnötige Ausflüge zu vermeiden, können klare Fragen und deren ehrliche Beantwortung vorab die Entscheidungsfindung erleichtern. Folgende Fragen sollte der Verkäufer bereits bei der ersten Kontaktaufnahme per Telefon oder Mail beantworten, damit der Interessent schnell weiß, ob die angebotene Maschine infrage kommt. 

Zur Sicherheit sollten Sie sich ausdrücklich bestätigen lassen, dass die angegebenen Informationen korrekt sind. Widersprüchliche Aussagen unbedingt ansprechen und Unklarheiten beseitigen. Zudem ist es ratsam, die Angaben zu der Maschine in der Online-Anzeige inklusive aller Bilder abzuspeichern. Diese dienen als Grundlage für die Produktbeschreibung im Kaufvertrag.

Motorrad und Roller: Neuheiten, Tests, Fahrberichte

Fahrberichte, Events, Tourentipps: Motorrad-Infos vom ADAC

Diese Fragen sollten Sie stellen:

  • Ist der Verkäufer der Eigentümer oder der Besitzer? 

    Alle Informationen sollten Sie sich vorrangig vom Eigentümer holen und mit diesem verhandeln. Er kann meist verbindlichere Aussagen zu den verschiedenen Fragen machen als ein Verkaufsbevollmächtigter. Auch die Preisverhandlungen gestalten sich mit dem Eigentümer unkomplizierter. Lassen Sie sich ggf. eine schriftliche Verkaufsvollmacht von dem Verkäufer vorlegen, wenn dieser nicht der Eigentümer ist. 

  • Wie lautet die genaue Modellbezeichnung? Um welches Baujahr und welche Leistungsvariante handelt es sich? 

    Gelegentlich werden in Anzeigen irrtümlich falsche Modellbezeichnungen oder Leistungsdaten angegeben.

  • Stammt das Motorrad ursprünglich von einem offiziellen Importeur, einem Re- oder Parallelimporteur? 

    Im letzten Fall gilt es, besondere Hinweise zu einer möglicherweise noch wirksamen Garantie (Werks- oder Werkstattgarantie) und zur Ersatzteilversorgung zu beachten. Die Herkunft des Fahrzeugs lässt sich meist anhand der Eintragungen im Fahrzeugbrief bestimmen. Die Angaben finden Sie auf der letzten Seite.

  • Wann wurde das Motorrad erstmalig zugelassen? 

    Vom Erstzulassungsdatum hängt ab, ob die Gewährleistungs- bzw. Garantiefrist bereits abgelaufen ist.

  • Wie hoch ist die tatsächliche Kilometerleistung? Stimmt sie mit dem Tachostand überein? 

    Wenn nicht, müssen die Gründe geklärt werden. Auskünfte wie „Laut Tacho“ sollten Sie misstrauisch machen. 

  • Wurden die regelmäßig fälligen Inspektionen von einer Fachwerkstatt durchgeführt? 

    Das Scheck- bzw. Kundendienstheft gibt hier unter anderem Aufschluss darüber, wer die regelmäßige Wartung vorgenommen hat. Prüfen Sie die Aussagen des Verkäufers bei der Besichtigung. 

  • Wie viele Vorbesitzer hatte das Motorrad bereits? 

    Die neuen Zulassungsbescheinigungen (Teil II, Fahrzeugbrief) bieten nur Platz für einen Vorbesitzer. In der Zeile B unter der Kennzeichenangabe wird die Zahl der Vorbesitzer genannt. Hat die Maschine nur einen Erstbesitzer, steht an dieser Stelle eine Null. Achtung: Viele Vorbesitzer sind ein Hinweis darauf, dass die Vorgänger mit dem Motorrad nicht zufrieden waren. 

  • Ist das Motorrad unfallfrei? 

    Auch wenn sich die Richtigkeit der Aussage des Verkäufers am Telefon nicht prüfen lässt, kann dies bei der Besichtigung nachgeholt werden. Widersprüchliche Aussagen sollten misstrauisch machen. Wenn das Motorrad nicht als unfallfrei angeboten wird: Welche Bauteile wurden beschädigt, repariert oder ersetzt? 

  • Welche Ausstattung hat das Motorrad ab Werk? 

  • Wurden Komponenten des Motorrades überholt oder ersetzt? 

    Falls ja: Sind die Rechnungen für diese Arbeiten noch vorhanden?

  • Sind alle Bauteile original oder wurden Fremdteile bzw. Fremdzubehör montiert? 

    Wurde die Maschine grundlegend umgebaut? Wurden Teile montiert, die die Betriebserlaubnis betreffen, sollten diese im Fahrzeugbrief eingetragen sein. Auch eine ABE oder Unbedenklichkeitserklärung des Herstellers sollte vorliegen. Bei mehreren Änderungen an verschiedenen Komponenten, die technisch zusammenwirken, kann eine Einzelbetriebserlaubnis (Paragraf 21 StVZO) erforderlich sein. Vor einem Kauf müssen alle Zulassungsvoraussetzungen lückenlos und zweifelfrei geklärt und entsprechend dokumentiert werden. Ist dies nicht möglich, sollten Sie den Kauf gut überlegen.

  • Wann wurde das Motorrad zuletzt gefahren? 

    Wenn es abgemeldet oder außer Betrieb gesetzt wurde: Wie lange ist das Fahrzeug bereits abgemeldet? 

  • Ist eine Probefahrt möglich?
    Mit der ADAC Mustervereinbarung können Sie alle Regelungen für die Probefahrt schriftlich festhalten.

    Laden Sie sich hier die ADAC Mustervereinbarung für eine Probefahrt herunter
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    Informationen zur Probefahrt mit einem Motorrad finden Sie im Artikel Motorradkauf: Niemals ohne Probefahrt.

  • Werden sonstige Zubehörteile mit angeboten? In welchem Zustand sind diese?

    Wenn die Beantwortung dieser Fragen einen vertrauenswürdigen Eindruck hinterlässt und die Fahrzeugeigenschaften den Wünschen entsprechen, sollten Sie einen Termin für Besichtigung und Probefahrt vereinbaren. Ist ein direkter Abschluss des Handels geplant, sollten Sie Fragen der Bezahlung und der Fahrzeugummeldung besprechen. 

Fachliche Beratung: Ruprecht Müller, ADAC Technik Zentrum