Elektromotorräder: Die große Marktübersicht

Knalliges Design, leiser Antrieb: Elektromotorräder des italienischen Herstellers Energica
Knalliges Design, leiser Antrieb: Elektromotorräder des italienischen Herstellers Energica© Energica/Marcello Mannoni

Das Angebot an Elektromotorrädern wächst langsam, aber stetig. Hier finden Sie die interessantesten E-Bikes, die in Deutschland bereits jetzt oder demnächst erhältlich sind. Plus: Technische Daten, Bilder, Preise und Infos zur Reichweite.

  • Nur wenige große Marken bieten ein E-Motorrad an

  • US-Hersteller Zero mit größter Modellvielfalt

  • Reichweite bei vielen Modellen noch begrenzt

Noch sind rein elektrisch angetriebene Motorräder auf Deutschlands Straßen Exoten, denn viele Motorradfahrende scheuen wegen der begrenzten Reichweite den Umstieg auf ein Elektrobike. Doch viele kleine Hersteller vertrauen auf die Weiterentwicklung der Akku-Kapazitäten und setzen auf elektrische Modelle.

Bei den Größen der Motorradbranche sieht es an der Elektrofront noch mau aus – zumindest was leistungsstarke Maschinen angeht. Die Hersteller beschränken sich beim E-Antrieb vorerst auf Roller. Nur einige wenige Traditionsmarken wie Harley Davidson – mit der Elektromarke Livewire – und KTM haben bislang Elektromotorräder im Portfolio.

E-Motorrad aus China: Niu RQi GT

Die Niu soll über 100 km Reichweite haben© Niu

Das erste Motorradmodell des Rollerherstellers Niu ist jetzt in Deutschland vorbestellbar. Auf der Webseite von Niu Frankfurt wird die RQi GT zum Preis von 10.000 Euro beworben. Angetrieben wird das chinesische E-Bike von einem Mittelmotor mit 7,5 kW/10 PS Dauerleistung, der bis maximal 110 km/h beschleunigt. Strom kommt aus zwei herausnehmbaren Akkus mit zusammen rund 5,2 kWh Speicherkapazität, die einen Aktionsradius von 120 Kilometer erlauben.

Die Ausstattung umfasst ein großes Farbdisplay im Cockpit, IoT-Konnektivität in Kombination mit einer Smartphone-App sowie ein CBS-Bremssystem, Traktionskontrolle und ein adaptiver Scheinwerfer. Erste Auslieferungen der RQi GT sollen Ende 2023/Anfang 2024 erfolgen

Horwin HT5: Action-Bike

Chinesische Elektro-Enduro: Horwin HT5 mit 8 kW© Horwin

HT5 heißt die erste Elektro-Enduro des chinesischen Herstellers Horwin. Neben einer reinen Offroad-Version sind auch zwei Varianten mit Straßenzulassung mit unterschiedlichen Reichweiten vorgesehen. Im Bestfall soll die 8 kW/11 PS starke HT5 bis zu 150 Kilometer weit kommen. Die Preise starten bei rund 7500 Euro.

Italian Volt Lacama 2.0: Start-up-Elektrobike

Designer-Stück: Die Italian Volt Lacama 2.0© Italian Volt

Vor vier Jahren hatte das italienische Motorrad-Start-up Italian Volt die elektrische Lacama erstmals angekündigt. Ein Serienmodell war bis dato aber nicht auf der Straße. Das soll sich 2024 ändern. Der auf elektrische Leichtbaumobile spezialisierte Hersteller Tazzari hat Italian Volt mittlerweile übernommen und eine weiterentwickelte Lacama 2.0 zur Serienreife gebracht, die auf der EICMA im November 2023 vorgestellt wird.

Die neue Version ist früheren Entwürfen optisch sehr ähnlich. Technisch gibt es hingegen Änderungen. Für Vortrieb sorgt nun ein kompakter Axial-Flussmotor, der bis zu 110 kW/150 PS sowie 230 Newtonmeter Drehmoment bereitstellen soll. Die per Zahnriemen am Hinterrad abgegebene Kraft wird mit 774 Newtonmeter angegeben. Entsprechend soll der Sprint aus dem Stand auf 100 km/h in weniger als vier Sekunden möglich sein, die Höchstgeschwindigkeit soll 230 km/h betragen.

Für das große Batteriepaket im Zentrum des Bikes verspricht Italian Volt mehr als 200 Kilometer Reichweite. Über die Kapazität des flüssiggekühlten Stromspeichers mit Samsung-Zellen werden allerdings keine Angaben gemacht. Der Onboard-Lader soll bis 3,3 kW Ladestrom vertragen.

Ansonsten bietet die Lacama 2.0 ein verstellbares Öhlins-Fahrwerk, üppig dimensionierte Brembo-Stopper, ein großes Farbdisplay, eine Gel-Sitzbank sowie dank Sechs-Achsen-Sensorik Kurven-ABS, Traktionskontrolle und Wheelie-Verhinderer. Aktuelle Preise zur Lacama 2.0 nennt Italian Volt nicht.

Livewire One: Vom Modell- zum Markennamen

Die elektrische Livewire One bietet 106 PS für 24.990 Euro© Livewire

2018 präsentierte Harley Davidson auf der Mailänder Motorradmesse EICMA einen rein elektrischen Powercruiser. Damals fand die erste Elektro-Harley große Beachtung und die Livewire getaufte Maschine sollte knapp 33.000 Euro kosten. Inzwischen wurde die Modellbezeichnung des Motorrads zum Markennamen, denn 2021 gründete die amerikanische Traditionsmarke die Tochterfirma Livewire EV mit der gleichnamigen Motorradmarke.

Seit dem Modelljahr 2022 vertreibt Livewire Elektro-Motorräder in den USA und seit April 2023 ist der Hersteller auch in Europa auf dem Markt. Bundesweit gibt es zunächst sechs Standorte. Erstes und vorerst einziges Modell ist das Naked Bike Livewire One.

Hier lesen Sie einen ausführlichen Fahrbericht zur Livewire One.

Alrendo TS Bravo: Elektro-Power-Cruiser

Soll in Europa rund 12.000 Euro kosten: Alrendo TS Bravo© Alrendo Motorcycles

Mit rund 12.000 Euro vergleichsweise günstig ist die TS Bravo der neuen China-Marke Alrendo. Der Einspurstromer im Power-Cruiser-Stil kombiniert einen 20 kW/27 PS starken E-Motor mit 17,4 kWh großer Batterie. Das Bike fährt zwar nur maximal 135 km/h schnell, doch im Gegenzug 160 bis 438 Kilometer weit. Die maximale Reichweite wird allerdings nur bei konstant 50 km/h erreicht. Knapp unter vier Stunden dauert der Ladevorgang an einer Haushaltssteckdose. Passend zur modernen Optik bietet die TS Bravo ein 7-Zoll-Display als Informationszentrale.

Verge TS / TS Pro / TS Ultra: Formschöne Finnin

Futuristisch: Der Antrieb der Verge TS sitzt im nabenlosen Hinterrad© Verge Motorcycles

Wie ein Motorrad aus einem Science-Fiction-Film wirkt die TS des finnischen Start-ups Verge Motorcycles. Besonderes Feature in Design und Funktion ist das nabenlose Hinterrad des Bikes, das den ringförmigen Elektromotor in den Felgenkranz integriert. Das Basismodell der rund 33.000 Euro teuren Maschine bietet 80 kW Leistung. Ebenso beeindruckend wie der Preis sind die Eckdaten der Verge TS mit 700 Newtonmetern, 20,2 kWh und 250 Kilometer Reichweite.

Mit 102 kW/139 PS und 20,2 kWh großem Akku kostet die TS Pro rund 37.000 Euro. Spitzenmodell ist die rund 55.000 Euro teure TS Ultra. Mit 150 kW/204 PS und 1200 Newtonmeter bietet die Ultra viel Leistung und dank 21,8 kWh Akkukapazität bis zu 375 Kilometer Reichweite. Zudem verfügt sie über Schnellladetechnik, die ein Nachladen in 25 Minuten erlaubt. Konfigurier- und bestellbar sind die Elektromotorräder bereits, erste Auslieferungen sind inzwischen für Frühjahr 2024 angekündigt.

Bilder: Neue Elektromotorräder 2024

Lautlos durchs Gelände: KTM Freeride E-XC

Elektrisch über Stock und Stein: KTM Freeride E-XC© KTM

Bereits seit 2014 hat KTM die Freeride E im Programm. Die Weiterentwicklung der kompromisslos geländegängigen Enduro heißt Freeride E-XC. Der Elektromotor verfügt über 18 kW/24,5 PS und bietet drei verschiedene Fahrmodi: Economy, Enduro und Cross. Eine Akkuladung genügt laut Hersteller für 90 Minuten Fahrspaß auch in hartem Gelände. Der Preis für die Freeride E-XC liegt bei gut 12.700 Euro.

RGNT No.1: Schwedenstahl für Retro-Fans

Retro-Design: Die RGNT No.1 erinnert an klassische Bikes wie die Yamaha SR 500© RGNT

Wie ein betagtes und alles andere als sauberes Motorrad kommt die No.1 des schwedischen Herstellers RGNT daher. Die Maschine ist ein optischer Leckerbissen und lehnt sich an das Design von klassischen Motorrädern wie der Yamaha SR 500 an. Doch kein rumpeliger Einzylinder, sondern ein üppig dimensionierter Nabenmotor im Hinterrad sorgt hier für Vortrieb. Der kann mit seinen 21 kW/29 PS auf bis zu 120 km/h beschleunigen. Strom kommt aus einer 9,5 kWh großen Batterie, die laut WTMC-Messmodus 148 Kilometer Reichweite erlaubt.

Neben dem Antrieb ist bei der No.1 auch das Cockpit modern, denn hier blickt der Fahrer auf ein großes Farbdisplay. In Kombination mit der RGNT-App sorgt es für zeitgemäße Konnektivität. Aktuell gibt es die No.1 als Classic oder als Scrambler zu Preisen ab 13.500 beziehungsweise 14.500 Euro.

Energica Experia: Elektro Motorrad aus Modena

Schön, aber teuer: Die elektrische Reiseenduro Energica Experia kostet über 28.000 Euro© Energica

Einen langen Atem im Segment der elektrischen Motorräder haben die Elektro-Pioniere von Energica bewiesen. Bereits 2012 haben die Italiener ihr erstes Hochleistungs-Elektrobike vorgestellt. Mittlerweile hat der Hersteller vier potente Stromer im Modellprogramm. Jüngster Zugang ist die Reiseenduro Experia. Das seit Ende 2022 zu Preisen ab 28.263 Euro erhältliche Modell wirkt auf den ersten Blick wie eine konventionell angetriebene Reiseenduro für lange Touren, doch im Hybridrahmen aus Rohren und Platten stecken ein mit 22,5 kWh sehr großer Akku und ein 75 kW/102 PS starker E-Motor.

Maximal 180 km/h schnell und bis zu 420 Kilometer weit soll die Experia damit fahren können. Diese Reichweite wird allerdings nur im Stadtverkehr erreicht, im Tourenmodus sind es gut 200 Kilometer weniger. Die übrigen Modelle Eva Ribelle, Eva Esse Esse 9 und die Ego sollen in der Stadt ebenfalls bis zu 400 Kilometer weit kommen. Die Höchstgeschwindigkeit der 145 PS starken Maschinen gibt Energica mit 200 km/h an. Bei Autobahntempo schmilzt die Reichweite allerdings auf knapp 180 Kilometer. Die Preise für die sportlichen Streetfighter beginnen bei ca. 25.600 Euro.

Urbet Lora S: Naked Bike im Retrostil

Das Elektro-Naked-Bike Urbet Lora gibt es in zwei Leistungsversionen© Urbet

Die spanische Zweiradmarke Urbet bietet ein Elektro-Motorrad mit Namen Lora S an. Das Naked Bike im Neo-Retro-Stil kombiniert einen 19 kW/24 PS starken E-Motor mit einer 15,1 kWh großen Batterie. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 150 km/h, die Reichweite wird mit 360 Kilometer angegeben. Trotz der Leistung wird die Lora S dank 8 kW/11 PS Dauerleistung als Leichtkraftrad klassifiziert, was sie für Inhaber des B196-Führerscheins interessant macht. In Deutschland kostet die Lora 11.900 Euro.

Zero: Große Modellvielfalt beim US-Pionier

Der kalifornische Hersteller Zero gilt ebenfalls als Vorreiter in Sachen Elektromobilität auf zwei Rädern. Zero konstruiert schon seit 2006 Elektromotorräder und bietet derzeit die größte Auswahl an Modellen. Von der Reiseenduro DS über das Adventure-Bike Zero DSR/X und die Naked-Bikes Zero S und SR verfügen sämtliche Maschinen über einen Rahmen aus Aluminium. Die Antriebsaggregate liefert die Firma Perm Motor aus dem Schwarzwald. Mit der neuen DSR/X wollen die Amerikaner ebenfalls reiselustige Biker auf die saubere Seite der Zweiradwelt locken. Entsprechend bequem ist die Sitzposition der großen Enduro. Dazu kommen Abenteuer-Optik, lange Federwege, eine große Frontverkleidung und über 250 Kilogramm Zuladung.

Zudem gibt es einen potenten Antrieb und einen großen Akku. Der zwischen Batterie und Hinterradschwinge untergebrachte Motor mobilisiert 75 kW/102 PS und 225 Newtonmeter Drehmoment, was 180 km/h Topspeed erlaubt. Die Batterie stellt 17,3 kWh bereit, die im City-Modus für 290 Kilometer reichen. Auf der Autobahn mit Tempo 113 sind allerdings nur 137 Kilometer drin. Optional wird ein "Power Tank" angeboten, mit dem die Akkukapazität auf 21 kWh und damit auch die Reichweite leicht steigt. Der Preis: ab 26.650 Euro.

Ebenfalls im Programm ist der Sport-Tourer SR/S, der ab 26.415 Euro zu haben ist. Dafür erhält der Kunde einen 82 kW/110 PS starken Antrieb, der eine Höchstgeschwindigkeit von knapp unter 200 km/h möglich macht. Wer die teurere Premiumversion zusammen mit einer Schnellladeoption (rund 3000 Euro extra) ordert, kann den 14,4-kWh-Akku der Maschine mit 12 kW laden. Im Idealfall ist die Batterie dann in eineinhalb Stunden voll. Ganz eilige Reisende können schon nach einer Stunde mit einem bis zu 95 Prozent gefüllten Akku weiterfahren. Die Gesamtreichweite der Zero SR/S gibt der Hersteller mit knapp 180 Kilometer an.

Ein weiteres Modell von Zero ist der Streefighter SR/F, der ab 25.575 Euro zu haben ist. Dafür bekommen interessierte Biker 110 PS, 200 km/h Höchstgeschwindigkeit und 190 Newtonmeter Drehmoment. Das Rapid Charge System der SR/F lässt sich auf 3 kW, 6 kW, 9 kW oder 12 kW einstellen. Damit kann das Motorrad mit der jeweiligen Leistung an jeder Typ-2-Ladestation laden, und der Akku ist im besten Fall in 60 Minuten zu 95 Prozent voll.

Begeisterung und Enttäuschung gibt es bei einem weiteren Modell von Zero: Niedriges Fahrzeuggewicht und große Reichweite schließen sich leider nach wie vor aus. Das macht die im hübschen Supermoto-Gewand vorfahrende Supermoto FXE 7.2 schmerzhaft deutlich. Nur 133 Kilogramm schwer, fasziniert sie nicht zuletzt deshalb mit ihrer prächtigen Handlichkeit sowie ihrer Agilität. Die Lithium-Ionen-Batterie speichert aber lediglich 7,2 Kilowattstunden, von denen nur 6,3 für den Vortrieb zur Verfügung gestellt werden. Und damit kommt man höchstens im bummeligen Stadtverkehr weiter als 100 Kilometer.

Die Karosserie gehört dagegen zum Besten, was es im Zero-Programm gibt. Sowohl der spitze Schnabel als auch der kleine LED-Scheinwerfer und das luftig-leichte Heck erfreuen den Betrachter. Dafür muss man allerdings 15.185 Euro investieren. Zum gleichen Preis gibt es die FXE statt in A2-Konfiguration auch als Ausführung für die Führerscheine A1 (ab 16 Jahren) oder die für Autoführerscheinbesitzer attraktive Klasse B196.

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Mit Text-Material von SP-X