Verkehrspolitik: Was die Regierung bisher erreicht hat

Ampel vorm Bundestag in Berlin
Die Ampel-Koalition hat in der Verkehrspolitik erste Projekte umgesetzt© ddp/Dwi Anoraganingrum

Mehr Ladesäulen, bezahlbare Mobilität, Investitionen in Straße und Schiene: In der Verkehrspolitik ist viel zu tun. Das hat die Bundesregierung seit Amtsantritt erreicht.

  • Elektroauto-Förderung sinkt

  • Verbrenner-Aus ab 2035, Hintertür für E-Fuels

  • Investitionen in Straße und Schiene steigen kaum

Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP begann ihre Arbeit, während die Corona-Pandemie ihrem bislang letzten Höhepunkt zustrebte. Und sie war nicht einmal vier Monate im Amt, als Russland die Ukraine überfiel. Die beiden Groß-Krisen haben viele Vorhaben der Ampel zumindest behindert oder verzögert, andere wurden beschleunigt. Und in der Verkehrspolitik haben sie mit 9-Euro-Ticket und Tankrabatt zu Maßnahmen geführt, die in normalen Zeiten unvorstellbar gewesen wären.

Kosten der Mobilität

Nie zuvor war Tanken so teuer wie 2022. Allerdings nicht wegen politischer Maßnahmen, sondern weil der Angriff Russlands auf die Ukraine den Ölpreis rasant steigen ließ. Die Ampel reagierte mit dem Tankrabatt, der von Juli bis September griff.

Dessen Bilanz fiel allerdings gemischt aus. Die Preise an den Zapfsäulen sanken zwar, allerdings wurde die Steuersenkung nicht vollständig an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben. Und naturgemäß stiegen die Spritkosten nach dem Auslaufen des Tankrabatts wieder.

Darauf reagierte die Ampelregierung – aus Sicht des ADAC folgerichtig – mit einem Umsteuern auf übergreifende Entlastungsmaßnahmen wir die Strom- und Gaspreisbremse statt einer Weiterführung des Tankrabatts.

Um die von den hohen Spritpreisen besonders betroffenen Pendler effektiv zu entlasten wäre aus Sicht des ADAC allerdings zusätzlich eine Erhöhung der Entfernungspauschale bereits ab dem ersten Kilometer auf 38 Cent sinnvoll gewesen.

Als fast revolutionär erwies sich die Idee der Bundesregierung, vorübergehend ein bundesweit gültiges 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr einzuführen. Das Ticket wurde mehr als 52 Millionen Mal verkauft und könnte sich über seine Verstetigung als 49-Euro-Ticket als Wegbereiter für eine deutliche Vereinfachung des Tarifdschungels im ÖPVN erweisen und Mobilität für viele Menschen günstiger machen.

Eine Herausforderung bleiben Ausbau und Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. Schließlich werden die Menschen vom Auto auf Bus oder Bahn umsteigen, wenn er bei Preis und Qualität konkurrenzfähig ist.

Infrastruktur

Im Herbst 2022 hat die Bundesregierung ihren ersten Haushalt vorgelegt. Beim Straßenbau plant der Bund Investitionen in ähnlicher Höhe wie im Vorjahr, auch beim Schienenbau bewegen sich die veranschlagten Mittel auf Vorjahresniveau.

Nur: Die hohe Inflation sorgt auch im Bausektor für deutliche Preissteigerungen – weshalb die zur Verfügung stehenden Mittel inflationsbereinigt sogar sinken werden. Allerdings hatte der Bund schon in den vergangenen Jahren Schwierigkeiten, das eingeplante Geld auszugeben: Der Fachkräftemangel am Bau macht den Planenden immer wieder einen Strich durch die Rechnung.

Dem bemüht sich die Ampel beizukommen, indem sie die Effizienz beim Bau zu erhöhen versucht. Mehrere Gesetzgebungsverfahren laufen hierzu parallel. Noch gibt es aber Streitpunkte in Bezug auf die Priorisierung von Planungsbeschleunigungsmaßnahmen im Verkehr.

Elektromobilität

Die Bundesregierung verfolgt ehrgeizige Ziele in Sachen Elektromobilität. So soll die Ladeinfrastruktur für E-Autos deutlich ausgebaut werden, die Marke von einer Million öffentlichen Ladepunkten bis 2030 steht im Koalitionsvertrag. Wie das erreicht werden soll, legte Verkehrsminister Wissing mit dem im Sommer veröffentlichten Masterplan Ladeinfrastruktur dar. 6,3 Milliarden Euro will er bis zum Ende des Jahrzehnts in ein flächendeckendes Ladenetz investieren.

Auch die angekündigte Reform der E-Auto-Förderung hat die Koalition umgesetzt. Ab 1. Januar 2023 sinkt die Fördersumme, außerdem werden nur noch rein batterie- und brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge mit dem staatlichen Umweltbonus subventioniert. Ab September 2023 gibt es nur noch für Privatleute Geld. Plug-in-Hybrid-Käuferinnen und Käufer gehen künftig leer aus.

Ebenfalls neu: Es gibt einen Förderdeckel, 2,1 Milliarden Euro für 2023, und 1,3 Milliarden für 2024. Ungelöst sind die Probleme beim Antragsverfahren: "Es wäre vernünftig, die Förderung bereits beim Abschluss des Kaufvertrages bewilligen und nicht erst bei Zulassung des Fahrzeuges – so wäre die Berechenbarkeit für Verbraucher sichergestellt. Vertrauen ist ein wichtiger Faktor, wenn der Umstieg auf E-Mobilität gelingen soll," sagt ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand.

Zukunft des Verbrenners

Um ein konkretes Ausstiegsdatum aus dem Verbrenner machte der Koalitionsvertrag einen Bogen. Stattdessen nahm er auf die Pläne der EU-Kommission Bezug, nach denen in Europa ab 2035 nur noch CO₂-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden dürfen.

In Deutschland, so heißt es weiter, werde sich das "entsprechend früher" auswirken. Der entsprechende Passus im Koalitionsvertrag war ein mühsam errungener Kompromiss der drei Ampelpartner. Im Herbst 2022 hat die EU geliefert – und mit ihrer Entscheidung, dass ab 2035 nur noch Pkw ohne CO₂-Ausstoß am Auspuff neu zugelassen werden dürfen, Fakten geschaffen.

E-Fuels als Kraftstoff fürs Auto, im Koalitionsvertrag ausdrücklich als Alternative zur Elektromobilität erwähnt, finden sich auf Druck der Bundesregierung auch im Regelwerk der EU. Ob sie für Neufahrzeuge nach 2035 eine Rolle spielen werden, bleibt allerdings angesichts (noch) fehlender Verfügbarkeit abzuwarten.

Verkehrsrecht

Auch die Überarbeitung von Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung stehen auf der Agenda der Regierung. Ausdrückliches Ziel, so steht es im Koalitionsvertrag, ist es, Ländern und Kommunen mehr Gestaltungsspielraum zu geben.

Neben fließendem Verkehr sollen Umweltschutz, Gesundheit und die städtebauliche Entwicklung berücksichtigt werden. Die genaue Ausgestaltung der Reform ist jedoch komplex, und auch wenn die Debatte in den Regierungsfraktionen bereits läuft, wird es wohl noch einige Zeit dauern, bis aus dem Verkehrsministerium ein Reformvorschlag vorgelegt wird.

Auch darüber hinaus bleibt im Verkehrsrecht die Agenda voll. So haben sich die Ampelpartner in ihrem Koalitionsvertrag unter anderem vorgenommen, mehr digitale Elemente im Führerscheinunterricht zu ermöglichen und die Digitalisierung von Fahrzeugdokumenten voranzutreiben. Beide Themen finden sich auch im Entwurf der neuen Führerscheinrichtlinie der Europäischen Kommission. Sie wurde inzwischen auf den Weg gebracht. Auch das begleitete Fahren ab 16 steht weiterhin auf der Agenda.

Mobilitätsdaten

Wie alle ihre Vorgängerregierungen in den vergangenen Jahrzehnten will auch die Ampelkoalition die Digitalisierung voranbringen. Im Verkehrsbereich soll dazu ein Mobilitätsdatengesetz beitragen, das die "freie Zugänglichkeit von Verkehrsdaten" sicherstellt und so mehr und bessere Angebote im Verkehr ermöglicht. Die Beratungen darüber haben begonnen, 2024 könnte das Gesetz verabschiedet werden.

Die Regelungen zum Umgang mit Fahrzeugdaten – etwa dem Ladestand der Batterie, dem Verbrauch, dem Reifendruck oder dem Fehlerspeicher – werden vor allem auf europäischer Ebene vorgenommen. Aus Sicht des ADAC sollten diese Daten möglichst vielen verschiedenen Nutzern zur Verfügung stehen. Auch, um daraus neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Möglich machen soll das ein Treuhänder-Modell, an das entsprechende Informationen übermittelt würden.

Für Verbraucher und Kunden interessant: Wer bei der Entstehung dieser Daten mitgewirkt hat – beim Auto wären das wohl auch die Fahrenden – soll besseren Zugang zu diesen Daten bekommen. Und: Software-Updates müssen für die übliche Nutzungsdauer verfügbar sein. Das sollte aus Sicht des ADAC auch für sicherheitsrelevante Programme in Autos gelten.

Der Koalitionsvertrag
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Gemeinsam zur Mobilität von morgen: Impulse für 2021 – 2025
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