Führerschein 2024: Diese wichtigen Änderungen werden diskutiert

Die EU will 2024 die Regeln für den Führerschein reformieren. Das würde auch Deutschland betreffen. Was sich demnächst ändern könnte.
Einschränkungen für Fahranfänger?
Tempolimit durch die Hintertür?
Gesundheitschecks für alle?
Seit März 2023 liegt der Entwurf der EU-Kommission zu einer 4. Führerscheinrichtlinie vor. Ziel: eine deutliche Reduzierung der Unfallzahlen. Aktuell wird im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments über den Entwurf und die teils erheblichen eigenen Änderungsvorschläge der Berichterstatterin des Verkehrsausschusses kontrovers diskutiert. Auch die anderen Mitglieder des Verkehrsausschusses haben nun die Möglichkeit, Änderungsanträge zum Kommissionsentwurf einzubringen. Es werden weit über 1000 Anträge erwartet. Im Dezember wird dann über alle Änderungsanträge im Verkehrsausschuss beraten und abgestimmt.
Ein Überblick über die Änderungsvorschläge der Kommission für eine neue EU-Führerscheinrichtlinie und die jüngsten – vermutlich nicht mehrheitsfähigen – Vorschläge der Berichterstatterin.
Wichtig: Bevor Änderungen in Deutschland in Kraft treten, müssen sie erst in nationales Recht überführt werden.
Vorschläge nach dem Kommissionsentwurf
Klasse B: Ausnahmen bei Gewichtsgrenze
Derzeit umfasst der Autoführerschein der Klasse B nur Kraftfahrzeuge bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 Tonnen. Hier könnte es eine Änderung geben. Eine generelle Anhebung des zulässigen Gesamtgewichts sieht der Richtlinien-Entwurf zwar nicht vor. Aber: Fahrzeuge, die mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden (auch Wohnmobile) mit einer zulässige Gesamtmasse bis 4250 kg sollen künftig mit der Klasse B gefahren werden dürfen. Vorausgesetzt man besitzt die Klasse B bereits seit 2 Jahren.
Fahrtauglichkeits-Checks ab 70
Künftig sollen Seniorinnen und Senioren über 70 Jahre möglicherweise alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit überprüfen lassen. In einigen EU-Ländern ist das bereits Praxis. Nach dem 1. Entwurf der Richtlinie müssen alle Mitgliedstaaten Führerscheine von Personen, die 70 Jahre alt sind, auf maximal 5 Jahre befristen. So können Verkehrstauglichkeitsüberprüfungen oder Auffrischungskurse in allen Mitgliedstaaten leichter eingeführt werden. Der Führerschein muss dann im Alter regelmäßig umgetauscht werden. Ob und inwieweit das auch in Deutschland umgesetzt wird und wie ein derartiger Check aussehen könnte, ist noch unklar.
Nicht nur eine Probezeit
Bisher wird nur beim erstmaligen Erwerb einer Fahrerlaubnis der Führerschein "auf Probe" erteilt. Bei den Klassen AM (Kleinkrafträder bis 50 cm³, bis 45 km/h), L und T (Traktor-Führerscheine) gibt es außerdem keine Probezeit. Informationen zur aktuellen Probezeit finden Sie hier.
Die EU plant eine neue Probezeitregelung: Mit jeder weiteren Klasse soll eine neue Probezeit beginnen. Wer sich also nachträglich überlegt, zusätzlich zum Pkw-Führerschein, noch einen Motorrad-Führerschein zu machen, dem droht dann eine erneute Probezeit. Details zu diesen Überlegungen liegen nicht vor.
Diskutiert wird eine Ausnahme beim schrittweisen Erwerb der Motorradführerscheinklassen (Stufenführerschein), den der 1. Entwurf weiterhin vorsieht. Unklar ist deshalb, welchen Umfang die Probezeit für die erweiterte Klasse hat und ob Maßnahmen bei Verstößen (z.B. Aufbauseminar, Entziehung der Fahrerlaubnis) innerhalb der Probezeit für alle Klassen gelten. Die genauen Regelungen sind auch hier anhand des Entwurfs bisher nicht erkennbar.
Anerkennung von B17 im Ausland
Seit einigen Jahren kann der Pkw-Führerschein (Klasse B) in Deutschland bereits mit 17 Jahren erworben werden. Eine gute Nachricht für Führerscheinneulinge: Die Rahmenbedingungen für das begleitete Fahren sollen nach den ersten Vorstellungen der EU-Kommission vereinheitlicht und EU-weit anerkannt werden.
Fahrten im Rahmen des begleiteten Fahrens über die Landesgrenzen hinweg wären dann möglich. Es soll außerdem eine europaweite, einheitliche Probezeit von 2 Jahren eingeführt werden.
Lkw/Bus: Ausnahmen beim Mindestalter
In Deutschland kann die Klasse C für Lkw momentan erst mit 21 Jahren, die Klasse D für Busse erst mit 24 Jahren erworben werden. Diskutiert wird über Absenkung des Mindestalters nur im Bereich der öffentlichen Sicherheit, wie zum Beispiel der Feuerwehr.
Lesen Sie mehr zu den aktuellen Regelungen zum Erwerb von Lkw- oder Busklassen
Digitaler Führerschein und QR-Code

Mit der 4. Führerscheinrichtlinie soll auch der digitale Führerschein eine zweite Chance bekommen: Ziel ist es, dass bei einer Polizeikontrolle oder bei der Autovermietung die entsprechende App auf dem Smartphone reicht. Für die Führerscheinscheckkarte ist zudem ein QR-Code anstelle des heutigen Chips angedacht, um ihn fälschungssicherer zu machen.
Erfahren Sie mehr zum Stand des digitalen Führerscheins
Das könnte sich für Fahrschüler ändern

Bislang ist es nicht möglich, theoretische und praktische Führerscheinprüfung in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu absolvieren. Das soll das künftig erlaubt sein.
Der Entwurf der neuen Führerschein-Richtlinie enthält eine Vereinfachung der Wohnsitzregelung, sodass die Führerscheinprüfung künftig zum Beispiel auch in dem EU-Land, dessen Staatsangehörigkeit der Prüfling besitzt, abgelegt werden könnte.
Führerscheinentzug: EU-weite Anerkennung
Die EU-Kommission möchte, dass Führerscheinmaßnahmen wie Fahrverbote oder der Entzug der Fahrerlaubnis künftig grenzüberschreitend in allen Mitgliedsstaaten gelten.
Erfahren Sie mehr dazu, dass Fahrverbote zukünftig europaweit gelten sollen.
Änderungsvorschläge der Berichterstatterin
Ärztliche Untersuchung für alle
Der neue Vorschlag der Berichterstatterin des Verkehrsausschusses des EU-Parlaments zielt darauf ab, dass jeder, der zukünftig einen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnisklasse stellt oder seinen Führerschein umtauscht oder verlängert, eine ärztliche Untersuchung vorlegen soll. Betroffen wären auch Pkw- und Motorradklassen. Welchen Umfang die Untersuchung haben könnte, ist derzeit noch offen.
Der ADAC lehnt die verpflichtende ärztliche Untersuchung ohne Kenntnis über Umfang und Kosten bei jedem Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis sowie bei deren Umtausch als unverhältnismäßig ab. Gleichwohl sind – wie bisher schon – bei definierten Anlässen oder Erkrankungen Maßnahmen zu ergreifen, um die Fahreignung sicherzustellen.
Änderung Klasse B: ab 18 Jahren nur noch bis 1,8 t
Derzeit umfasst der Autoführerschein der Klasse B Kraftfahrzeuge bis zu 3,5 Tonnen. Der neue und unter Umständen nicht mehrheitsfähige Vorschlag reduziert den Umfang der Klasse B erheblich und schlägt eine Stufenlösung vor: Die neue Klasse B soll nur noch Kraftfahrzeuge mit maximal 1,8 t zulässigem Gesamtgewicht umfassen. Der ADAC lehnt das ab: Für eine Reduzierung des zulässigen Gesamtgewichts in der Klasse B und einen Stufenführerschein B B+ gibt es aus Sicht des Clubs keine nachvollziehbare Begründung. Wie dadurch die Verkehrssicherheit gesteigert werden könnte, ist nicht erkennbar. Die Gewichtsgrenzen sind willkürlich gewählt.
Zudem liegen viele "normale" Familienfahrzeuge über der neuen Grenze und dürften so von Führerscheinneulingen zum Erwerb von Fahrpraxis nicht gefahren werden. Weiterhin würden die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis B+, vergleichbar zur heutigen Klasse B, zunehmen, da damit ein zusätzlicher Aufwand verbunden wäre.
Neue Klasse B+: ab 21 Jahren bis 3,5 t
Nach Ablauf einer zweijährigen Probezeit und dem Erreichen des Mindestalters von 21 Jahren können Fahrerlaubnisinhaber der Klasse B dann die neue Klasse B+ machen. Mit der neuen Klasse B+ dürfen dann Kraftfahrzeuge bis 3,5 t gefahren werden. Eine Art Direkteinstieg in die umfangreichere Klasse B+ ist nicht vorgesehen.
Neue Regeln für Mindestalter
Nach den Vorschlägen der Berichterstatterin dürfte die neue gewichtsreduzierte Pkw-Klasse B mit 18 Jahren erworben werden. Die Klasse B+ erst mit 21 Jahren.
Für die Motorradklasse A1 soll das Mindestalter auf 18 Jahre angehoben werden.
Bei der Klasse A2 (Motorrad) beträgt nach dem Entwurf das Mindestalter ebenfalls 18 Jahre, für die Klasse A 20 Jahre, da ein zweijähriger Vorbesitz der Klasse A2 erforderlich ist.
Kein Direkteinstieg in Klasse A mehr
Um heute alle Motorräder und Dreiräder fahren zu dürfen, ist die Klasse A erforderlich, die entweder als Stufenführerschein oder durch Direkteinstieg (Mindestalter 24 Jahre) erworben werden kann. Die Möglichkeit des Direkteinstiegs könnte nach den Änderungsvorschlägen in Zukunft wegfallen, sodass ein Erwerb nur noch nach zweijährigem Vorbesitz der Klasse A2 möglich wäre.
Aus für begleitetes Fahren ab 17?
Bitter für Fahrfänger: Nach diesem Vorschlag dürften die Mitgliedstaaten das Mindestalter für die Prüfung nicht mehr senken. Es wäre nur noch eine Erhöhung erlaubt. Mit dieser Regelung würde das begleitete Fahren mit 17 Jahren nach bestandener Prüfung zukünftig nicht mehr möglich sein – ob das tatsächlich von der Mehrheit letztendlich so gewollt wird, ist nach der ersten Diskussion im Verkehrsausschuss mehr als fraglich. Der ADAC lehnt diese Idee ab.
Tempolimit durch die Hintertür?
Auf Ablehnung beim ADAC stößt auch der Vorschlag der Berichterstatterin, Tempolimits für die einzelnen Führerscheinklassen (110 km/h für B und 130 km/h für B+) für die gesamte Dauer des Führerscheinbesitzes einzuführen. Das wäre ein Tempolimit durch die Hintertür. Solche Themen sollten dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten sein und nicht in der Führerscheinrichtlinie geregelt werden.
Nachtfahrverbot
Der Änderungsentwurf würde es den EU-Mitgliedstaaten ermöglichen, ein Nachtfahrverbot für Fahranfänger zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens einzuführen. Dies soll insbesondere Fahrten unter Alkoholeinfluss reduzieren, führt aber dazu, dass beispielsweise Schichtarbeiter in ihrer Mobilität unverhältnismäßig eingeschränkt werden.
Befristungen von Führerscheinen
Hier soll für alle Pkw- und Motorradklassen nach den Änderungswünschen der Berichterstatterin grundsätzlich eine Befristung des Karten-Führerscheins auf 10 Jahre (statt bisher auf 15 Jahre) erfolgen.
Im Gegensatz zum Vorschlag der Kommission sieht der Änderungsentwurf deutlich kürzere und nach Alter gestaffelte Fristen vor. So könnten für Führerscheininhaber eine Limitierung der Gültigkeit der Fahrerlaubnis ab 60 Jahren auf 7 Jahre, ab 70 Jahren auf 5 Jahre und ab 80 Jahren auf 2 Jahren drohen. Die Fahreignung ist eine Frage der individuellen Gesundheit und nach Ansicht des ADAC gibt es keine statistischen Anhaltspunkte für die im Entwurf gewählten Altersstufen beziehungsweise Gültigkeitsdauern.