Wer manipuliert Ihrer Ansicht nach Tachos? Machen dies nur organisierte „Banden“ oder auch „seriöse“ Kfz-Händler/- Betriebe und u. U. auch Privatpersonen?
Tacho-Betrug geht schnell und einfach, ist kaum aufzudecken. Das kann prinzipiell jeden in Versuchung führen, der mit dem Verkauf eines gebrauchten Autos zu tun hat – ob Halter oder Händler.
Welche Fahrzeugtypen werden um welche Kilometerstände manipuliert?
Bei teureren Fahrzeugen ist die Wertsteigerung größer. Doch auch bei „Brot-und-Butter“-Autos liegt der Mehrerlös in jedem Fall um ein Zigfaches höher als der fürs Manipulieren bezahlte Preis (je nach Auto 50 bis 500 Euro).
Wie leicht ist Tacho-Manipulation heute?
Bei den allermeisten Autos genügt es, das Manipulationsgerät an die Diagnose-Buchse anzuschließen und dann dem Menü auf dem Touchscreen zu folgen. In 30 Sekunden ist oft schon alles erledigt. Wenn der Kilometerstand auch in anderen Steuergeräten abgelegt ist, wird er dort allermeist ebenso manipuliert.
Gibt es analog zum Diebstahlschutz im Fall der Tacho-Manipulation Fahrzeughersteller, die ihre Systeme besser bzw. weniger gut schützen? Welche sind das?
Manche Hersteller treiben einen höheren Aufwand als andere. Doch jedes Auto taucht über kurz oder lang in den offen zugänglichen Preislisten der Tacho-Trickser auf und ist dann manipulierbar. Die wollen damit ja ihren Reibach machen!
Erleichtert moderne Fahrzeugelektronik eine Manipulation eher oder erschwert sie diese (Stichwort Diagnose-Schnittstelle)?
Diagnose-Buchse und CAN-Bus sorgen für eine Verbindung zu allen Steuergeräten und damit zu allen denkbaren Speicherorten für den Kilometerstand. Es gibt aber sehr wohl Technologien, um unerlaubte Zugriffe zu verhindern. Sie müssen nur eingebaut werden.
Was tut der ADAC gegen Tacho-Betrug?
Der ADAC lädt Auto-Hersteller, Zulieferer, Chip-Hersteller und Experten seit Jahren zu Fachgesprächen ein und konfrontiert sie mit der für die Verbraucher völlig inakzeptablen Situation. Verbesserungen wurden zwar immer wieder zugesichert, bisher konnten wir jedoch keine signifikante Veränderung fest stellen. Deshalb haben wir die „ADAC Initiative gegen Tacho-Betrug" gegründet mit dem Ziel, Tacho-Manipulation so zu erschweren, dass sie sich nicht mehr lohnt. Außerdem betreiben wir intensive Medienarbeit, um die Verbraucher zu informieren – und sensibilisieren den Gesetzgeber auf nationaler und auf EU-Ebene für dieses Thema.
Welche Forderungen stellen Sie an Fahrzeughersteller bezüglich der Sicherheit von Fahrzeugsystemen, um Tacho-Manipulation zu verhindern?
Es muss aktuelle Technologie eingesetzt werden, die sich in anderen Branchen (z. B. Pay-TV, Kreditkarten) längst bewährt hat, um den Verbraucher vor großem Schaden zu bewahren. Denn neben dem überhöhten Gebrauchtwagenpreis kann es ihn ein zweites Mal treffen: Wenn etwa wegen dem gefälschten Kilometerstand ein Zahnriemenwechsel nicht rechtzeitig gemacht wird und es zu einem tausende Euro teuren Motorschaden kommt.
Ist Ihnen bekannt, welche Kosten Fahrzeugherstellern pro Fahrzeug entstehen würden, um Ihre Produkte signifikant manipulationsicherer zu machen?
Das kostet laut Experten – selbst auf Seiten der Fahrzeughersteller – weniger als einen Euro pro Auto. Bei drei Millionen Neuzulassungen pro Jahr bedeutet das einen Mehraufwand von etwa einem Tausendstel des Schadens, der damit vermieden werden könnte. Ein besseres Verhältnis von Aufwand zu Nutzen ist schwer vorstellbar. Doch bisher sehen die Fahrzeughersteller wenig Veranlassung, denn der Schaden trifft ja nicht sie, sondern „nur“ die Gebrauchtwagenkäufer.
Gibt es Methoden/Werkzeuge, die eine Tacho-Manipulation aufdecken können?
Derzeit hat der Verbraucher keine Möglichkeit, einen Tacho-Betrug zuverlässig zu entlarven. Nur wenn er in Service-Heft, auf Ölwechsel-Zettel und an anderer Stelle unplausible Kilometerstände findet, hat er eine kleine Chance.