Seat Leon: Der spanische Golf-Bruder im Test
Der aktuelle Seat Leon wartet mit frischem Design, modernen Antrieben und Technik aus dem VW-Konzern auf. ADAC Test des Leon als Mildhybrid-Benziner, als Diesel und als (inzwischen eingestellter) TGI mit Erdgas-Antrieb. Bilder, technische Daten, Preise
Seat Leon als Fünftürer und Kombi
Mehr Platz als im VW Golf
Digitale Instrumente, kaum noch feste Schalter
Der aktuelle Seat Leon tritt in große Fußstapfen. Der nur noch als Fünftürer und Kombi erhältliche Bruder des VW Golf muss sich an seinem Vorgänger messen lassen, der sich bis zuletzt blendend verkaufte und das Image der spanischen Marke positiv beeinflusste. In seiner vierten Generation will er mit frischem Design und zahlreichen Ausstattungs-Highlights punkten – und mit mehr Platz.
Wie der Škoda Octavia kommt auch der Seat Leon mit fünf Zentimeter längerem Radstand als das Wolfsburger Original; insgesamt hat der Seat um neun Zentimeter auf 4,37 Meter Länge zugelegt, der Kombi Sportstourer ist sogar auf stolze 4,64 Meter gewachsen. Das ist fast schon Mittelklasse: Ein BMW 3er Touring ist nur sechs Zentimeter länger.
Deutlich mehr Platz im Fond als früher
Nutznießer des Wachstums sind die Mitfahrer, die im Fond des Leon deutlich geräumiger sitzen als im VW Golf. Die Beinfreiheit reicht für bis zu 2,05 Meter große Insassen, die Kopffreiheit in der zweiten Reihe für knapp zwei Meter große Menschen. Und beim Sportstourer genannten Kombi hat auch das Gepäckabteil zugelegt: 620 bis 1600 Liter gibt Seat an. Laut ADAC Messung sind es immer noch respektable 495 bis 1465 Liter. Beim Fünftürer TDI ergaben sich 315 bis 1220 Liter, beim Leon mit Gasantrieb bescheidenere 260 bis 1165 Liter.
Damit wird zumindest die Kombi-Version zum direkten Konkurrenten des Škoda Octavia – und es stellt sich einmal mehr die Frage, wie sich Seat im VW-Konzern eigentlich positionieren will. Denn schließlich hatte bisher immer Škoda die Rolle des geräumigen Pragmatikers und Seat die des trainierten Sportlers. Im Fall des Leon hätte das eher für knackige Abmessungen, einen kürzeren Radstand und auch wieder für einen Dreitürer gesprochen.
Zumindest beim Design ist die Marschrichtung klar: Der Leon orientiert sich an seinem großen Bruder, dem SUV Tarraco, und am Cupra Formentor. Zum aktuellen Markengesicht gehören der sechseckige Kühlergrill, scharfe LED-Lichter und markante Sicken auf der Motorhaube sowie an der Flanke.
360-Grad-Blick in den Innenraum
Äußerlich kann sich der Leon von seinen Geschwistern also durchaus absetzen, im Cockpit aber wird die Wolfsburger Verwandtschaft mehr als deutlich. Das bei Seat optionale, 10,25 Zoll große Digital-Kombiinstrument ist genauso vom Golf 8 bekannt wie das Touchscreen-Infotainmentsystem mit Slider-Flächen, auf denen per Fingerwisch Temperatur und Lautstärke justiert werden können. Und wie beim Golf muss auch im Leon kritisiert werden: Drehschalter (beleuchtet!) wären klar die bessere Lösung.
So sind etwa bei Nutzung des Infotainmentsystems (zu) viele Bedienschritte erforderlich – die Ablenkung vom Verkehrsgeschehen ist hoch. Hinzu kommt, dass die Bedienflächen recht klein geraten sind und sich die Sensorleiste, die sich direkt unterhalb des Zentraldisplays befindet, im Alltag als sehr unpraktisch erweist. Nicht nur, dass die Funktionsbereiche von Temperatur- und Lautstärkeregelung nicht klar voneinander getrennt sind, aufgrund der fehlenden Beleuchtung lässt sich die Leiste nachts auch kaum nutzen. Ebenso unpraktisch: Die Klimatisierung wird nun wie die Sitzheizung über das Menü bedient, so dass immer mehrere Schritte nötig sind und dabei die Ablenkungszeit steigt.
Alle Tasten wurden aus der Mittelkonsole entfernt, die jetzt mit einem großen Ablagefach und zwei USB-C-Anschlüssen etwas leer wirkt. Mit an Bord ist auch im Leon ein digitaler Sprachassistent, der – zumindest in der Werkseinstellung – auf den spanischen Befehl "Hola hola!" anspringt. Auf ein Head-up-Display muss man bei Seat dagegen verzichten.
Motoren: Benzin, Diesel, Hybrid
Die Motorenpalette entspricht weitgehend der des Golf. Angeboten werden also Einliter-Dreizylinder-Benziner und 1.5-TSI-Versionen. Ein Triebwerk wird in Verbindung mit Automatik zum 48-Volt-Mildhybrid. Ebenfalls im Angebot sind, auch in Verbindung mit Allradantrieb, Dieselmotoren mit 115 und 150 PS. Die Erdgas-Version wurde ebenfalls eingestellt.
Für alle, denen der Seat Leon etwas zu bieder ist, gibt es die Sport-Version Cupra Leon. Die ist mit Benzinern und Dieselaggregaten zwischen 150 und 310 PS zu haben und mit den beiden Plug-in-Hybriden mit 204 und 245 PS. Im ADAC Test tritt der spanische Kombi zunächst mit dem bereits aus dem Vorgängermodell bekannten 1,5-Liter-Turbobenziner an, der 250 Nm und 150 PS mobilisiert.
Mildhybrid im Test: Der Motor passt gut
In Kombination mit dem Doppelkupplungsgetriebe wird der Ottomotor zum Mildhybrid, erkennbar an der Bezeichnung eTSI. Ein Startergenerator, der aus einer 48-Volt-Batterie gespeist wird, unterstützt den Benziner beim Anfahren und hilft ansonsten beim Spritsparen – etwa durch das Abstellen des Motors im Schubbetrieb („Segeln").
Der Leon ist mit diesem Motor vollkommen ausreichend motorisiert, das Aggregat zieht sauber und gleichmäßig durch. Die Automatik schaltet bei Bedarf schnell zurück, hält den Turbobenziner aber auch bei mittleren Drehzahlen, um das Drehmoment sinnvoll zu nutzen. Der Überholvorgang mit einer Beschleunigung von 60 auf 100 km/h gelingt so in 5,3 Sekunden. Auch das Einfädeln beim Abbiegen in den fließenden Verkehr klappt gut, von 15 auf 30 km/h geht es in deutlich unter eineinhalb Sekunden. Seat gibt für den Sprint aus dem Stand auf 100 km/h 8,7 Sekunden und als Spitze 221 km/h an.
Gerade bis in die mittleren Drehzahlen – also den häufigsten Einsatzbereich – läuft der Vierzylinder kultiviert. Und selbst wenn die Zylinderabschaltung aktiv ist und zwei der
vier Zylinder nicht mehr arbeiten, spürt und hört man davon kaum etwas – das ist den Seat-Entwicklern sehr gut gelungen.
Mildhybrid: Nur drei Sterne im ADAC Ecotest
Der Verbrauch im ADAC Test von 6,5 Liter Super je 100 Kilometer ist in Anbetracht der Fahrleistungen und der Größe ein akzeptabler Wert. Innerorts liegt der Verbrauch bei
6,6, außerorts bei 5,5 und auf der Autobahn bei 7,9 Liter je 100 Kilometer. Unterm Strich ergibt sich eine CO₂-Bilanz von 181 g/km, was lediglich für 23 von 60 möglichen Punkten reicht.
Um die Partikelemissionen kümmert sich recht erfolgreich ein Filter, Anzahl und Masse sind sehr gering. Auch die sonstigen Schadstoffemissionen liegen weit unter den Grenzwerten. Nur im anspruchsvollen Autobahnzyklus des ADAC sind die CO-Emissionen etwas erhöht. So erhält der Leon 1.5 eTSI ACT DSG hier 46 von 50 möglichen Punkten und verpasst damit hauchdünn den vierten von den fünf möglichen Sternen im ADAC Ecotest.
Leon TGI: Fünf Sterne für die Erdgas-Version
Der ebenfalls getestete und mittlerweile nur noch gebraucht verfügbare Leon 1.5 TGI mit Erdgas-Antrieb kommt in Sachen Umwelt deutlich besser weg. Im ADAC Ecotest erreicht er hervorragende 103 von 110 möglichen Punkten und damit die vollen fünf Sterne – da können selbst die meisten E-Autos nicht mithalten. Der 130 PS leistende Motor sorgt für gute Fahrleistungen, mit den 17,3 Kilo Erdgas im Tank kommt der Spanier allerdings nur rund 400 Kilometer weit. Der kleine 9-Liter-Benzintank hilft im Notfall, die nächste Erdgastankstelle zur erreichen – das Tankstellennetz ist mit aktuell rund 850 Zapfsäulen nach wie vor nicht sonderlich dicht und schrumpft seit Jahren sogar.
Auch mit dem TGI-Motor ist der Leon gut motorisiert, das Aggregat zieht sauber und gleichmäßig durch. In Kombination mit dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe liefert der Spanier gute Fahrleistungen ab. Der Überholvorgang mit einer Beschleunigung von 60 auf 100 km/h gelingt so in 5,8 Sekunden, von 80 auf 120 km/h geht es in 7,5 Sekunden. Seat gibt für den Sprint aus dem Stand auf 100 km/h 9,6 Sekunden und für die Höchstgeschwindigkeit 203 km/h an.
Leon TDI Test: Vier Sterne im Ecotest
Und wie schneidet der Diesel TDI mit 150 PS ab? Er kann sich mit guten vier Sternen im ADAC Ecotest behaupten. Grund: Ein gemessener Durchschnittsverbrauch von 4,7 Litern pro 100 Kilometer ist richtig gut, außerorts kann man den Leon problemlos und ohne als Verkehrshindernis zu gelten mit knapp vier Litern Verbrauch fahren. Die aufwändige Schadstoffnachbehandlung im Abgastrakt ist darüber hinaus wirkungsvoll, in keiner Situation entgleiten dem Leon die Emissionen. Lohn sind 84 Punkte und locker erreichte vier Sterne im Ecotest – nur wenige Autos schneiden besser ab.
Mit 150 PS und 360 Nm kommt man souverän voran, noch mehr Leistung vermisst man eigentlich nie. Zudem läuft der Vierzylinder- Diesel sehr kultiviert.
Sportliches und sicheres Fahrverhalten
Und wie fährt sich der aktuelle Leon? Wesentlich lebendiger als der Golf, der es allen recht machen will und sich weder in der Stadt, noch auf dem Land oder der Autobahn den kleinsten Fehler erlaubt. Der Leon dagegen hat den stärkeren und bei der Wahl des DCC-Fahrwerks auf Knopfdruck auch sportlicheren Charakter, schneidet bestimmter durch die Kurven, erfordert etwas mehr Kraft am Lenkrad, quittiert das mit der besseren Rückmeldung – und wird so zum Fahrerauto.
Auch bei der Fahrsicherheit macht der Leon eine gute Figur. Er wedelt agil und gleichzeitig sicher durch den Pylonenparcours des ADAC Ausweichtests. Dabei zeigt er nur eine geringe Tendenz zum Untersteuern, das Heck bleibt auch bei anspruchsvollen Fahrmanövern sicher in der Spur. Auch auf öffentlichen Straßen fühlt sich der Leon erfreulich leichtfüßig und handlich an. Kurven lassen sich mit erstaunlich hohen Geschwindigkeiten durchfahren, dabei zeigt der Spanier nur wenig Wankbewegung.
Seat Leon mit reichlich Assistenzsystemen
Das Arsenal an Assistenzsystemen umfasst beim Leon nahezu alles, was es derzeit auf diesem Gebiet gibt, allerdings sind einige Systeme nur gegen Aufpreis zu haben. Serienmäßig
an Bord ist ein Notbremssystem (Front Assist) samt Kollisionswarner, das Kollisionen im Stadttempo-Bereich weitgehend vermeiden kann. Gegen Aufpreis gibt es unterschiedlich
geschnürte Fahrerassistenzpakete. Das umfangreichste Paket („XL", 1040 Euro) umfasst unter anderem die adaptive Geschwindigkeitsregelung (ACC, bis 210 km/h) samt Geschwindigkeitsassistenten (Travel Assist), den Totwinkel-Assistenten (Side Assist), die Ausstiegswarnung (Exit Assist) und den Notfallassistenten (Emergency Assist). Serienmäßig sind die Müdigkeitserkennung und die schnell blinkenden LED-Bremslichter, die eine Notbremsung signalisieren.
Die Multimediaausstattung des Seat Leon ist recht umfangreich, allerdings muss man dafür noch einige Häkchen in der Ausstattungsliste setzen. Serienmäßig ist der Leon FR mit einem 8,25 Zoll großen Touchscreen für das Infotainmentsystem ausgestattet, zu dessen Umfang ein FM-/DAB-Radio, Bluetooth-Freisprecheinrichtung und -Audiostreaming sowie vier USB-C-Anschlüsse (je zwei vorn und hinten) zählen. Weitere Funktionen wie Apple CarPlay und Android Auto, Navigationssystem und Online-Dienste (u. a. Echtzeitverkehrsinformationen,
Remote-Funktionen, Online-Parkplatz-und Tankstellensuche, WLAN-Hotspot) kosten jedoch
Aufpreis.
Materialqualität ist schlechter geworden
Negativ fällt beim aktuellen Leon auf, dass die Materialqualität gegenüber dem Vorgängermodell abgenommen hat. Zu erkennen ist das etwa an der kratzempfindlichen Ladekante aus Kunststoff, der fehlenden Kofferraum-Verkleidung unter der Laderaumabdeckung, dem merklich dünneren Filz im Gepäckabteil oder dem Türschloss ohne Abdeckung. An der Verarbeitungsqualität des Innenraums gibt es aber wenig zu meckern. Die Bauteile sind sauber zusammengefügt, und selbst auf Kopfsteinpflaster sind keine Knarzgeräusche zu vernehmen.
Der Seat Leon kostet als Fünftürer ab 27.130 Euro, der Kombi ab 28.665 Euro. Der getestete Leon Sportstourer 1.5 eTSI ACT FR DSG steht ab 34.815 Euro in der Preisliste.
Seat Leon: Technische Daten
Technische Daten (Herstellerangaben) | Seat Leon 1.5 TGI FR DSG* | Seat Leon 2.0 TDI FR DSG | Seat Leon ST (Kombi) 1.5 eTSI ACT FR DSG |
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Motor/Antrieb | Vierzylinder-Gasmotor, 1498 cm³, 96 kW/130 PS, 200 Nm bei 1400 U/min | Vierzylinder-Turbodiesel, 1968 cm³, 110 kW/150 PS, 360 Nm bei 1700 U/min | Vierzylinder-Mildhybrid-Benziner, 1498 cm³, 110 kW/150 PS, 250 Nm bei 1500 U/min |
Fahrleistungen | 9,6 s auf 100 km/h, 203 km/h Spitze | 8,5 s auf 100 km/h, 215 km/h Spitze | 8,7 s auf 100 km/h, 221 km/h Spitze |
Verbrauch (WLTP) | 4,1 kg Erdgas/100 km, 98 g CO₂/km | 4,4 l Diesel/100 km, 106 g CO₂/km | 5,9 l Super/100 km, 112 g CO₂/km |
Maße | L 4,37 / B 1,80 / H 1,44 m | L 4,37 / B 1,80 / H 1,44 m | L 4,64 / B 1,80 / H 1,44 m |
Kofferraum | 300 - 1220 l | 380 - 1301 l | 620 – 1600 l |
Leergewicht / Zuladung | 1411 / 479 kg | 1448 / 532 kg | 1410 / 590 kg |
Anhängelast (ungebremst / gebremst) | -- | 720 / 1600 kg | 700 / 1500 kg |
Garantie | 2 Jahre | 2 Jahre | 2 Jahre |
Preis | nicht mehr bestellbar | ab 35.710 € | ab 34.815 € |
ADAC Messwerte
ADAC Messwerte (Auszug) | Seat Leon 1.5 TGI FR DSG | Seat Leon 2.0 TDI FR DSG | Seat Leon ST eTSI ACT FR DSG |
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Überholvorgang 60-100 km/h | 5,8 s | 4,9 s | 5,3 s |
Bremsweg aus 100 km/h | 34,7 m | 35,6 m | 35,1 m |
Wendekreis | 11,2 m | 11,2 m | 11,3 m |
Verbrauch / CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest | 4,2 kg Erdgas/100 km, 91 g CO₂/km (well-to-wheel) | 4,7 l Diesel/100 km, 125 g CO₂/km (well-to-wheel) | 6,5 l Super/100 km, 181 g CO₂/km (well-to-wheel) |
Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne) | ***** | **** | *** |
Reichweite | 410 km | 955 km | 690 km |
Innengeräusch bei 130 km/h | 69,4 dB(A) | 68,6 dB(A) | 68,0 dB(A) |
Leergewicht / Zuladung | 1395 / 495 kg | 1460 / 520 kg | 1420 / 570 kg |
Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch | 260 / 700 / 1165 l | 315 / 755 / 1220 l | 495 / 905 / 1465 l |
ADAC Testergebnis
ADAC Testergebnis | Seat Leon 1.5 TGI FR DSG | Seat Leon 2.0 TDI FR DSG | Seat Leon ST 1.5 eTSI ACT FR DSG |
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Karosserie/Kofferraum | 3,0 | 2,8 | 2,4 |
Innenraum | 2,6 | 2,6 | 2,3 |
Komfort | 2,6 | 2,4 | 2,5 |
Motor/Antrieb | 2,1 | 1,8 | 1,9 |
Fahreigenschaften | 2,2 | 2,2 | 2,2 |
Sicherheit | 1,6 | 1,6 | 1,5 |
Umwelt/Ecotest | 0,9 | 1,8 | 2,6 |
Gesamtnote | 1,9 | 2,1 | 2,2 |
Text: Rudolf Huber mit Material von SP-X