Fahrradanhänger oder Fahrradkindersitz: Was ist sicherer?
Solange Kinder noch nicht selbst Rad fahren können, fahren sie bequem im Fahrradanhänger oder im Fahrradsitz mit. Doch welches System hat welche Vor- und Nachteile?
Vor- und Nachteile im Überblick
Gesetzliche Vorschriften gelten auch bei der Beleuchtung
Wichtig: Erst testen, dann kaufen
Eltern, die ihre Kinder mit dem Rad mitnehmen wollen, müssen entscheiden, welches System am besten zu den Anforderungen ihres Alltags passt. Im Wesentlichen gibt es vier Systeme: Kindersitze, Fahrradanhänger, sogenannte Nachziehräder und Lastenräder.
Doch am beliebtesten und oft gekauft sind Fahrradanhänger und Kindersitze. Und die Entscheidung zwischen diesen beiden Systemen fällt vielen nicht leicht.
Fahrradanhänger: Pro & Contra
Die Vorteile
Ideal für längere Fahrten.
Oft passen zwei Kinder in den Anhänger. Zudem können Eltern gut zusätzlich Gepäck, Proviant oder Spielzeug unterbringen.
Kinder sitzen entspannt, können spielen und auch schlafen.
Verletzungsrisiko bei Unfällen ist aufgrund niedrigerer Fallhöhe geringer als beim Kindersitz.
Das Kind ist vor Wind und Regen geschützt.
Die Nachteile
Fahren auf Radwegen ist wegen der Breite nicht optimal, dies gilt besonders innerorts.
Handhabung beim Bremsen und Rangieren ist gewöhnungsbedürftig.
Nicht jeder Fahrradanhänger bzw. jede Anhängerkupplung passt an jedes Fahrrad.
Nicht überall kann ein Rad mit Anhänger abgestellt werden, es benötigt unterwegs mehr Platz.
Der Anhänger braucht einen separaten Abstellplatz, wenn er nicht genutzt wird.
Teurer als ein Fahrradsitz.
Wer sich für einen Fahrradanhänger entscheidet, sollte sich vor dem Kauf gut informieren und das Fahren mit Anhänger vorher testen.
Fahrradsitz: Pro & Contra
Die Vorteile
Verstellbare Gurtsysteme und Fußhalterungen ermöglichen problemlos eine Anpassung je nach Größe des Kindes.
Schnell und leicht zu montieren.
Die Montage von zwei Halterungen für den Sitz an zwei Fahrrädern ermöglicht einen problemlosen Wechsel des Sitzes.
Für den täglichen Gebrauch sehr praktisch – besonders, wenn man mit nur einem Kind unterwegs ist.
Für Kurzstrecken innerorts gut geeignet. Je leichter das Kind, desto sinnvoller der Einsatz eines Fahrradsitzes.
Der Nachwuchs ist den Eltern näher als im Anhänger.
Hinterradsitze werden sicherer eingestuft als Sitze, die vor dem Lenker angebracht werden.
Kostengünstiger als ein Fahrradanhänger.
Die Nachteile
Erst wenn das Kind sicher aufrecht sitzen kann, kann es im Kindersitz auf dem Fahrrad mitfahren.
Für Kinder wird es schnell unbequem, da die Sitzposition nicht verändert werden kann.
Die Mitnahme von zusätzlichem Gepäck ist schwer möglich. Ein Rucksack auf dem Rücken des Fahrers behindert das Kind eher.
Für lange Radtouren eher ungeeignet.
Kein Schutz vor Regen und Wind.
Höhere Verletzungsgefahr durch höhere Fallhöhe bei Unfall.
Erhöhte Umsturzgefahr des Rads beim Sichern des Kindes im Fahrradsitz sowie beim Auf- und Absteigen.
Welches System ist sicherer?
Für die meisten Einsätze ist der Fahrradanhänger die sicherere Transportvariante. Der Fahrradsitz für Kinder eignet sich besonders für Alltagsfahrten aufgrund seiner einfachen Handhabung – in puncto Sicherheit kommt er aber nicht an den Fahrradanhänger heran.
Weiterhin spielt das Können des Radfahrers und der Radfahrerin eine wichtige Rolle – ebenso wie die korrekte Bedienung, der Einsatzort sowie der technische Zustand des Fahrrads.
Kind immer mit Gurt und Helm
Das Radfahren mit Anhänger kann auf engen Fahrradwegen, bei Gegenverkehr oder beim Rangieren wegen der Breite des Gespanns schwierig werden. Eltern, die sich für einen Kindersitz entscheiden, müssen sich dagegen mehr auf die eigene Balance konzentrieren – das gilt besonders, wenn hinten ein kleiner Zappelphilipp sitzt. Auch können hier Spurwechsel oder enge Kurven wackelig werden, vor allem beim Anfahren und bei langsamer Fahrt.
In jedem Fall aber gilt: Kinder sollten immer einen Fahrradhelm tragen und angegurtet sein. Und gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr ist – egal für welches System man sich entscheidet – eine Selbstverständlichkeit.
Vor dem Kauf: Erst testen
Beim Radfahren mit Fahrradanhänger oder Kindersitz sollten Sie zunächst die veränderten Fahreigenschaften ohne Kinder (mit unempfindlicher Beladung) testen, bevor Sie sich für ein System entscheiden.
Vor dem Kauf eines Fahrradanhängers unbedingt auch prüfen, wie viel zulässiges Gesamtgewicht laut Herstellerangaben das Fahrrad ziehen darf. Sonst kann es bei zu viel Gewicht zu einem Rahmenbruch am Fahrrad kommen, wie ein ADAC Test gezeigt hat. Denn nicht jedes Fahrrad ist für einen Fahrradanhänger geeignet. Zudem kann auch nicht jede Anhängerkupplung an jedes Fahrrad montiert werden. Eine Beratung im Fachhandel ist damit unverzichtbar.
Video: Fahrradanhänger befestigen
Anhänger mit Baby: Geht das?
Es gibt keine klaren gesetzlichen Richtlinien, die vorgeben, ab welcher Körpergröße oder welchem Alter Babys im Fahrradanhänger transportiert werden sollten. Generell sind für Babys im Fahrradanhänger die Belastungen und die Stöße bei höheren Geschwindigkeiten für die Wirbelsäule sehr hoch. Somit sollte der Fahrradanhänger für ganz kleine Kinder unter einem Jahr eher in der Buggyfunktion und nicht als Anhänger für Radtouren genutzt werden.
Generell gilt: Wenn das Baby noch nicht sicher alleine sitzen kann, sollte es immer in einer speziellen Schale oder in einer Baby-Hängematte im Fahrradanhänger gesichert sein. Die Hersteller bieten hier unterschiedliche Systeme und Zubehör an. In einigen Lastenrädern gibt es die Möglichkeit, Babyschalen, die auch in Autos verwendet werden, zu montieren. Diese sind aber für Radtouren weniger zu empfehlen: Die halbsitzende statt liegende Position ist eine stärkere Belastung für die Wirbelsäule.
Eltern sollten Ausfahrten mit einem Baby im Anhänger generell überdenken, zeitlich möglichst kurz halten, das Fahren auf holprigem Untergrund vermeiden, Pausen einlegen sowie an ein ruhiges und langsames Fahrverhalten denken. Eine gute Federung des Fahrradanhängers ist vorteilhaft.
Richtige Beleuchtung am Fahrradanhänger
Die Straßenverkehrszulassungsordnung legt fest, wie der Fahrradanhänger beleuchtet sein muss. Genau wie bei Rädern muss auch beim Anhänger eine bauartgenehmigte Beleuchtung angebracht sein. Diese darf nicht verdeckt sein. Die folgenden Vorgaben gelten für Fahrradanhänger ab Baujahr 2018. Der ADAC empfiehlt, ältere Fahrradanhänger aber entsprechend nachzurüsten.
Beleuchtung des Fahrradanhängers an der Front:
Bei Anhänger-Breite von mehr als 60 Zentimetern: weißer Rückstrahler links und rechts mit maximalem Abstand von 20 Zentimetern zur Außenkante.
Bei Breite des Anhängers von mehr als einem Meter: zusätzlich Leuchte mit weißem Licht auf der linken Seite.
Beleuchtung des Fahrradanhängers am Heck:
Bei Anhänger-Breite von mehr als 60 Zentimetern: rote Schlussleuchte auf der linken Seite.
Zwei rote Rückstrahler links und rechts (Kategorie "Z") mit maximalem Abstand von 20 Zentimetern zur Außenkante.
Beleuchtung seitlich:
Retroreflektierende weiße Streifen an Reifen, Felgen bzw. Rädern oder an den Speichen an jedem Rad.
Alternative: zwei gelbe Speichenrückstrahler an jedem Rad um 180 Grad versetzt.
Das sind die gesetzlichen Vorschriften
Grundsätzlich gilt immer: Wer ein Kind auf einem Fahrrad, einem Lastenrad oder in einem Fahrradanhänger transportiert, muss mindestens 16 Jahre alt sein.
Kinder dürfen bis zum vollendeten siebten Lebensjahr mit Kindersitzen auf dem Fahrrad befördert werden.
Bis zu zwei Kinder dürfen bis zum vollendeten siebten Lebensjahr in einem Fahrradanhänger mit geeigneten Sitzen und Rückhaltesystemen mitfahren.
Für das Gesamtgewicht des Anhängers gelten die Vorgaben des Herstellers in der Bedienungsanleitung. Fehlen Herstellerangaben, sollte der ungebremste Anhänger ein Gesamtgewicht von 40 Kilogramm nicht überschreiten.
Fahrradrahmen und Bremsanlage müssen so solide beschaffen sein, dass sie den erhöhten Anforderungen standhalten.
Fachliche Beratung: Matthias Zimmermann/ADAC Technik Zentrum