Test des Porsche Taycan Turismo: Technik-Brüder mit mehr Platz

Heckansicht eines Porsche Taycan Cross Turismo
Porsche Taycan Cross Turismo: Etwas höher, robustere Radläufe© Porsche

Der Porsche Taycan hat zwei Kombis als Brüder: den abenteuerlustigen Taycan Cross Turismo und den eleganteren Sport Turismo, den der ADAC getestet hat. Was die beiden gemeinsam haben, was sie unterscheidet. Test, Daten, Bilder, Preise

  • Porsche Taycan in drei Karosserieversionen

  • Akku für größere Reichweiten optimiert

  • "Familien-Kombi" als Alternative zu den Porsche-SUV

Porsche macht es seinen Kunden nicht leicht. Abgesehen davon, dass es sich nur wenige Menschen leisten können, einen Porsche zu fahren, verwirrt der Stuttgarter Autobauer sein Publikum seit langem mit immer neuen Versionen und Ablegern. Allein alle aktuellen Varianten des Sportwagenklassikers Porsche 911 vollständig aufzuzählen, ist keine leichte Übung.

Zusätzlich zum großen SUV Cayenne wurde ein Cayenne Coupé eingeführt. Dem Porsche Panamera – einer Luxuslimousine für die große Reise – folgte bald ein Panamera mit noch mehr Platz für Gepäck: der Panamera Sport Turismo, quasi der Kombi der Baureihe. Und das Spiel geht mit den Varianten beim Porsche Taycandem ersten Elektro-Sportwagen aus Stuttgart – munter weiter. Hier die Versionen:

  • Porsche Taycan (2020): Sportlimousine

  • Porsche Taycan Cross Turismo (2021): Elektro-Kombi als Allrounder

  • Porsche Taycan Sport Turismo (2022): Sportkombi – der Porsche für Familien

Den Porsche Taycan gibt es seit Januar 2020. Nur 14 Monate später (März 2021) kam der Taycan Cross Turismo auf den Markt: eine Art elektrische Kombi-Version, leicht geländegängig dank höherer Bodenfreiheit und mit ein paar robusten Kunststoffeinfassungen, falls man mal irgendwo aneckt. Wiederum rund ein Jahr später (Frühjahr 2022) folgte der Taycan Sport Turismo: ebenfalls ein Kombi, aber nun wieder mehr erdgebunden und auf der Straße klebend, wie es sich für einen Sportwagen gehört. Also der elektrische Porsche für Familien sozusagen. Er steht optisch nicht weniger dynamisch da als der normale Taycan und kann tatsächlich etwas mehr einladen als die Limousine. Vor allem aber ist seine große Heckklappe einfach praktischer.

Taycan Cross Turismo im SUV-Look

Ein Porsche Taycan Cross Turismo fährt auf einer Straße
Von vorn sind Taycan und Taycan Cross Turismo kaum zu unterscheiden© Porsche

Aber zuerst zum Porsche Taycan Cross Turismo. Der tritt in einem markanten Trekking-Outfit auf: Im Unterschied zur Taycan Limousine bekam der Cross Turismo nicht nur eine steilere Kofferraumklappe, die das Heck besonders breit und knackig wirken lässt. Ringsum wurden dem Taycan auch noch rustikale Plastikplanken ans Blech geschraubt, die Kotflügel mit einer Kunststoffleiste verbreitert und ein Unterfahrschutz an Bug und Heck montiert. Sogar eine Dachreling gibt es. Und weil die Luftfederung bei allen Cross Turismo Standard ist, fliegt der Wagen zwei Zentimeter höher über den Asphalt.

Im Porsche Kombi in 2,9 Sekunden auf 100 km/h

Seitenansicht eines Porsche Taycan Cross Turismo
Trotz fünf Metern Länge wirkt der Taycan Cross Turismo sehr sportlich© Porsche

Als Fahrer merkt man trotzdem keinen Unterschied zum normalen Taycan. Weder spürt man die höhere Bodenfreiheit oder die erhabene Sitzposition, noch den dezent verrückten Schwerpunkt oder das etwas größere Gewicht. Erst recht nicht, wenn es der Turbo S ist, der schon im Standardbetrieb auf 625 PS kommt und bei einem Kickdown kurzfristig 761 PS mobilisiert. Das reicht für 0 auf 100 km/h in 2,9 Sekunden und ein Spitzentempo von 250 km/h. Und selbst wenn der Cross Turismo den schlechteren Cw-Wert hat im Vergleich zur Limousine, ist die Reichweite beim obligatorischen Performance Plus Akku mit brutto 93,4 kWh noch immer mehr als ausreichend. Rund 400 Kilometer sind also drin.

Mit Offroad-Paket elektrisch in die Pampa

Nur eines ist tatsächlich neu: Ganz unten im Touchscreen auf der Mittelkonsole leuchtet vorlaut das zusätzliche Fahrprofil "Gravel" und lockt den Porsche-Kunden in die Pampa. Dort bringen den Taycan eine neu programmierte Traktionskontrolle und der Allradantrieb weiter, als sich die meisten in unseren Breiten mit einem so teuren Gefährt je wagen wollen. Noch abenteuerlicher wird es mit dem Offroad-Paket, das neben besonders rustikalen Plastikplanken noch eine weitere Niveaustufe für die Luftfederung bringt: Per Knopfdruck stemmen die Blasebälge den 2,5-Tonner noch einmal drei Zentimeter nach oben und lupfen ihn so über tief ausgefahrene Feldwege oder heftige Schneewehen.

Auch als Cross Turismo ist der Taycan sportlich

Das Cockpit des Porsche Taycan Cross Tourismo
Cockpit wie im normalen Taycan mit vier Bildschirmen© Porsche

Trotzdem ändert sich am Charakter des Taycan nichts: "Die größte Herausforderung war es, die Anforderungen bezüglich Sportlichkeit mit den Fähigkeiten abseits befestigter Straßen unter einen Hut zu bekommen", sagt Projektleiter Stefan Weckbach: "Der Cross Turismo soll einerseits auf der Rundstrecke Leistung bringen und andererseits auf Geröll, Matsch und Schotter funktionieren." Deshalb sei der Cross Turismo natürlich kein Hardcore-Offroader geworden, sondern eher ein Allrounder mit erweitertem Aktionsradius, so Weckbach: "Er ist also eine Art Schweizer Taschenmesser auf bis zu 21 Zoll großen Rädern."

Während sich der Cross Turismo zumindest auf Asphalt für den Fahrer anfühlt wie jeder andere Taycan, merkt man den Unterschied als Passagier hinten auf Anhieb. Ja, die Beinfreiheit bleibt eingeschränkt für ein Auto von fünf Metern und trotz der Fußgaragen im Akku wird es ab Schuhgröße 43 knapp für die Hinterbänkler. Doch mit dem länger nach hinten gezogenen Dach gibt es spürbar mehr Kopffreiheit und die größeren Scheiben lassen den Innenraum heller wirken.

Familien-Porsche mit großem Kofferraum

Der Kofferraum eines Porsche Taycan Cross Turismo
Die etwas steilere Heckscheibe im Vergleich zum Taycan schafft Platz für Sperriges© Porsche

Zudem gibt es einen großen, offenen Kofferraum, der auch für den Besuch bei Ikea taugt. 405 Liter gehen hinter die Heckklappe. Und wenn man die Rückbank umlegt, sind es 1171 Liter, im vorderen "Frunk" haben laut Porsche nochmal 84 Liter Platz. Bei den Versionen 4 und 4S lassen sich im Heck sogar 446 bis 1212 Liter verstauen. Immer noch nicht genug? Dann gibt’s für den Sommer einen Fahrradträger am Heck und für den Winter eine spezielle Dachbox, die – so viel ist Porsche seiner Tradition schuldig – bis Tempo 200 freigegeben ist. Damit wird der Taycan als Cross Turismo nicht nur zum Abenteurer, sondern auch zu einem Alltagsauto.

Trotz aller Kombi-Attitüden bleibt auch der Taycan Cross Turismo ein typischer Porsche – auch beim Preis. Den Aufschlag für den Allrounder kalkulieren die Schwaben im Vergleich von Taycan 4S und Taycan Cross Turismo 4S mit rund 5400 Euro.

Sportkombi: Test Porsche Taycan Sport Turismo

Wer weder auf die besonderen Talente noch auf die besondere Optik des Cross Turismo Wert legt, kann seit Frühjahr 2022 zur zweiten Kombi-Variante greifen, dem Porsche Taycan Sport Turismo, der den umfangreichen ADAC Test durchlaufen musste. Und zwar in der zunächst ausschließlich angebotenen Version GTS mit einer Motorleistung von 440 kW/598 PS, die aktuell ab 140.858 Euro in der Preisliste steht. Das Kürzel GTS steht für Gran Turismo Sport, sinngemäß für ein sportliches Fahrzeug, das auch für große Reisen geeignet ist. An Bord ist die Performancebatterie Plus (brutto 93,4 kWh), damit kommt der Proband im ADAC Ecotest 420 Kilometer weit – das ist zumindest für E-Auto-Maßstäbe ein guter Wert.

Gleiches gilt für die Ladezeiten, die unter den E-Autos zu den schnellsten zählen. Die 800-Volt-Bordarchitektur ermöglicht hohe Ladeleistungen von bis zu 270 kW (DC). Damit gelingt das Nachladen des Akkus von 10 auf 80 Prozent in weniger als 20 Minuten. In zehn Minuten lädt der Taycan Strom für weitere 210 Kilometer nach.

Im Elektrozyklus des Ecotest wurde ein durchschnittlicher Stromverbrauch von 23,2 kWh pro 100 Kilometer ermittelt. Das ist zwar absolut gesehen nicht wenig, sprengt aber gerade im Vergleich mit ähnlich starken Fahrzeugen nicht den Rahmen. Die Verbrauchsangabe beinhaltet auch die Ladeverluste bei dreiphasiger Ladung mit 16 A. Um die 93,4 kWh große Batterie (83,7 kWh netto) einmal komplett von leer auf voll zu laden, wurden im ADAC Test 97,9 kWh benötigt.

Die Fahrleistungen des Testwagens sind schlicht hervorragend. Kraft ist im Überfluss vorhanden: 380 kW/517 PS sind an Bord, die Overboost-Funktion gibt bei Ausnutzung der Launch Control sogar 440 KW/598 PS frei. Die Beschleunigung ist dadurch trotz des hohen Leergewichts von fast 2,4 Tonnen beeindruckend. Den Zwischenspurt von 60 auf 100 km/h erledigt der Zuffenhausener im Handumdrehen – 2,0 Sekunden stehen auf dem Display des Messinstruments.

Beindruckender als die schiere Beschleunigung ist aber, wie ansatzlos der Taycan Gaspedalbefehle des Fahrers umsetzt und nach vorn schnellt, und das in jedem Geschwindigkeitsbereich. Die Beschleunigung aus dem Stand auf 100 km/h gibt Porsche mit 3,7 Sekunden an, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 250 km/h elektronisch abgeregelt.

ADAC Autotest: Das steckt hinter den Ergebnissen

Die ADAC Autotest-Ergebnisse beruhen auf akribischen Messungen: Mehr als 300 Prüfpunkte untersuchen die Testingenieure des ADAC Technikzentrums in Landsberg am Lech. Vom Platzangebot über die Sicherheit bis hin zum Schadstoff- und CO₂-Ausstoß reicht die Bandbreite.

Taycan Sport Turismo: Note 1,1 für Fahrstabilität

Der neue rote Porsche Taycan GTS Sport Turismo von schräg vorne parkend an der Küste Mallorcas
Bei der Fahrstabilität liegt der Sport Turismo weit vorne© Porsche

Der Taycan legt nicht nur eine beeindruckende Fahrstabilität an den Tag, auch das fahrdynamische Talent ist unter den aktuellen E-Fahrzeugen herausragend und macht der Marke Porsche alle Ehre. Für ein Fahrzeug dieser Gewichtsklasse fährt sich der Taycan zudem sehr agil. Lediglich in engen Kurven lässt sich die Physik nicht überlisten, hier schiebt der Wagen kräftig über die Vorderräder.
Wählt man den Fahrmodus Sport oder Sport plus, verpuffen Lastwechselreaktionen in Kurven nicht mehr, sondern äußern sich in einem freudig mitlenkenden Heck, das vom sehr feinfühlig regelnden ESP sicher eingefangen wird. Möglich machen das die optionale Hinterachslenkung sowie das beim GTS serienmäßige Porsche Torque Vectoring Plus (PTV Plus), das das Drehmoment variabel zwischen den beiden Hinterrädern verteilt.

Übrigens: Weitere Antriebsversionen nach dem Vorbild der beiden anderen Taycan-Varianten wurden inzwischen nachgereicht, ihre Leistung liegt zwischen 300 kW/408 PS und 420 kW/571 PS, die Preisliste startet bei 94.091 Euro. Damit verlangen die Schwaben für das Kombi-Heck gerade mal bescheidene 952 Euro – dafür gibt es bei ihnen sonst allenfalls einen Satz Fußmatten.

Eine technische Weltneuheit stellte bei der Modelleinführung das Panoramaglasdach mit "Sunshine Control" dar. Das Glasdach wurde in neun Flächen aufgeteilt, die einzeln angesteuert werden können, je nach Gusto der Insassen und je nach Intensität der Sonneneinstrahlung. Die Schattierung erfolgt durch die elektrische Strukturierung von Flüssigkristallen im Glas. Sie sorgen dafür, dass der Innenraum hell bleibt, das Licht aber nicht blendet. Außerdem wird der Wärmeeintrag deutlich reduziert, sodass die Klimaautomatik bei hohen Außentemperaturen weniger stark arbeiten muss.

Man erkennt die GTS-Version an optischem Zierrat innen wie außen. Dazu gehören schwarze Flächen an der Frontpartie, den Außenspiegeln, schwarze Fensterrahmen und schwarz eloxierte Aluleisten im Innenraum. Hier hat Porsche sozusagen selbst in die Hand genommen, womit sonst Fahrzeugveredler/Tuner Geschäfte machen.

Der Sport Turismo stellt seinen Insassen vorn ein gutes Platzangebot parat. Bein- und Kopffreiheit reichen für zwei Meter große Menschen. Hinten kann man auch mit einem Gardemaß von 1,95 Metern Platz nehmen, ohne sich die Frisur zu zerstören. Unter der Abdeckung fasst der Gepäckraum 355 Liter, bis unter das Dach sind es dann immerhin 500 Liter. Klappt man die Rückbank um und beschränkt sich auf den Stauraum bis zur Fensterunterkante (aus Sicherheitsgründen empfehlenswert), lassen sich bis 750 Liter verstauen. Nutzt man den gesamten Platz hinter den Vordersitzen aus, sind es 1215 Liter. Der Stauraum unter der vorderen Haube, Frunk genannt, stellt weitere 65 Liter zur Verfügung.

Fazit: Der Taycan Sport GTS beweist im ADAC Autotest, dass Porsche schlichtweg einer der besten Autobauer der Welt ist. Er ist mit einem Testwagenpreis von über 180.000 Euro zwar geradezu obszön teuer, viel mehr als bei manch anderen ähnlich teuren Autos erhält man aber auch einen entsprechenden Gegenwert. Fahrdynamisch scheut der Taycan GTS Sport Turismo diesseits von waschechten Rennsportfahrzeugen keinen Vergleich. Das eigentlich Verblüffende ist dabei aber, dass das luftgefederte und adaptivgedämpfte Elektromobil das Ganze mit bester Fahrstabilität und einem Fahrkomfort allererster Luxuslimousinen-Güte kombiniert.

Ausführlicher Testbericht zum Porsche Taycan Sport Turismo GTS (2022) als PDF
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Porsche Taycan Sport Turismo: Daten, Preis

Technische Daten (Herstellerangaben)

Porsche Taycan Sport Turismo GTS (02/22 - 02/24)

Motorart

Elektro

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

440

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

598

Drehmoment (Systemleistung)

850 Nm

Antriebsart

Allrad

Beschleunigung 0-100km/h

3,7 s

Höchstgeschwindigkeit

250 km/h

Reichweite WLTP (elektrisch)

491 km

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

0 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

20,9 kWh/100 km

Batteriekapazität (Brutto) in kWh

93,4

Batteriekapazität (Netto) in kWh

83,7

Ladeleistung (kW)

AC:11,0-22,0 DC:50,0-270,0

Kofferraumvolumen normal

446 l

Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank

1.212 l

Leergewicht (EU)

2.385 kg

Zuladung

490 kg

Garantie (Fahrzeug)

2 Jahre

Länge x Breite x Höhe

4.963 mm x 1.966 mm x 1.391 mm

Grundpreis

140.858 Euro

ADAC Messwerte

ADAC Messwerte (Auszug)

Porsche Taycan Sport Turismo GTS

Überholvorgang 60 – 100 km/h

2,0 s

Bremsweg aus 100 km/h

33,4 m

Wendekreis

11,0 m

Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest

23,2 kWh/100 km, 116 g CO₂/km (Well-to-Wheel)

Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne)

****

Reichweite

420 km

Innengeräusch bei 130 km/h

67,2 dB(A)

Leergewicht / Zuladung

2374 /501 kg

Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch

355 / 750 / 1215 l

ADAC Testergebnis

ADAC Testergebnis

Porsche Taycan Sport Turismo GTS (02/22 - 02/24)

Karosserie/Kofferraum

2,5

Innenraum

2,3

Komfort

1,3

Motor/Antrieb

0,9

Fahreigenschaften

1,4

Sicherheit

1,6

Umwelt/EcoTest

2,1

Gesamtnote

1,8
Sicherheit und Umwelt werden doppelt gewertet

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

Hier finden Sie die Daten zu den weiteren Versionen des Porsche Taycan.

Text: Thomas Geiger, Wolfgang Rudschies

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