Mercedes GLC F-Cell: So kam das Aus für die Wasserstoff-Brennstoffzelle

Der Mercedes GLC F-Cell bewies im ADAC Test, wie gut ein Auto mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technik sein kann. Trotzdem hat Mercedes es längst wieder vom Markt genommen.
Der F-Cell von Mercedes: ADAC Gesamtnote "gut"
Einziges Manko: Die geringe Reichweite von rund 300 Kilometern
Marktchancen wurden als zu niedrig eingeschätzt
So ganz schien man bei Daimler vom Erfolg der Brennstoffzelle im Pkw nie überzeugt gewesen zu sein. Anders ist es kaum zu erklären, warum die Stuttgarter seit mehr als 20 Jahren davon redeten, das Auto der Zukunft in Serie fertigen zu wollen, die jeweils vollmundig angekündigten Markteinführungen aber immer wieder verschoben wurden.
Nach langem internen Hin und Her und erst nachdem die ausländischen Hersteller Toyota (Mirai) und Hyundai (Nexo) ein Auto mit Wasserstoff-Brennstoffzelle auf den deutschen Markt gebracht hatten, zog Daimler Ende 2018 nach: mit dem Mercedes GLC F-Cell. Zwar nur in Kleinserie und nur erhältlich in einem Leasing-Paket, aber immerhin.
Allerdings war das Angebot von Anfang an auf einen kleinen Kreis von Kunden beschränkt. Im Fokus von Mercedes standen öffentliche Personen wie Politiker oder Personen als bedeutende Wirtschaftspartner. Damit waren die Produktionszahlen von vornherein extrem limitiert.
Die Karriere des Zukunfts-Autos ist längst wieder zu Ende. Mercedes hat dem GLC F-Cell den Stecker gezogen. Zur Begründung des Aus erklärte Daimler im April 2020 gegenüber dem ADAC: "Aktuell ist die Batterie der Brennstoffzelle bezüglich einer großvolumigen Markteinführung überlegen – nicht zuletzt angesichts der weltweit noch geringen Anzahl an Wasserstoff-Tankstellen und der verhältnismäßig hohen Technologiekosten. Auch in Sachen Energiedichte hat die Batterietechnologie große Sprünge gemacht und damit den Reichweitenvorteil der Brennstoffzellentechnologie im Pkw verringert."
Folglich konzentriere man sich lieber darauf, die Brennstoffzellen-Technik in Bussen und Lkws zu entwickeln. Das sei der Zukunftsmarkt für die Brennstoffzelle. In Bezug auf den Pkw-Sektor sehe man das Geschäftsmodell nicht.
Einzigartig: Wasserstoff-Plug-in-Hybrid

Wer unter den Auserwählten gewesen ist, kam zwischenzeitlich in den Genuss eines Autos, das vor allem eins war – absolut leise. Wie von Elektroautos gewohnt, hört der Fahrer nämlich auch so gut wie nichts von einem Brennstoffzellen-Antrieb. Auch die sonstigen Fahrgeräusche sind im GLC F-Cell auf ein Minimum weggedämmt. Bei all der himmlischen Ruhe läuft lediglich ein Summton irgendwo im Hintergrund – und zwar vom Ansaug- und Einblasvorgang der Luft in die Brennstoffzelle. Das geschieht mit Hilfe eines elektrischen Turboladers, der mit extrem Umdrehungszahlen arbeitet.
Daimler hat es zudem geschafft, den Brennstoffzellen-Stack mit allen zugehörigen Aggregaten unter der Motorhaube zu verbauen – der Block wirkt wie ein mächtiger Achtzylinder. Der Elektromotor und die Leistungselektronik sowie der schwere Akkupack befinden sich an der Hinterachse. Nicht zu vergessen die zwei Wasserstofftanks unter dem Fahrzeug.
Mit Brennstoffzelle 300 km Reichweite

Entspanntes Autofahren – so könnte das Motto für GLC-F-Cell lauten. Die Qualitäten des alternativen Antriebs gehen aber viel weiter. Denn ein Brennstoffzellen-Fahrzeug zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass es lokal emissionsfrei unterwegs ist, und dass man den Wasserstoff-Tank innerhalb weniger Minuten voll laden kann. Ein großer Vorteil gegenüber einem Elektroauto mit seinen langen Ladezeiten.
Laut ADAC Messung kommt der F-Cell im Alltag aber nur 290 Kilometer weit mit einer Tankfüllung. Im Vergleich mit Toyotas Mirai (480 km) oder dem Hyundai Nexo (540 km) ist das jedoch wenig. Letztendlich fehlt im Mercedes GLC jedoch etwas Platz für noch größere Wasserstofftanks. Ein Package-Problem, wie Fachleute sagen.
Zwar fährt der F-Cell noch etwa 35 Kilometer weiter mit dem Strom aus seinem aufladbaren Akku. Hintergrund: Mercedes ist der einzige Hersteller, der einen Brenn-stoffzellen-Pkw als Plug-in-Hybrid auslegt. Das macht in Summe 325 Kilometer Reichweite. Trotzdem wiegt es den Reichweiten-Nachteil kaum auf.
Außerdem wird das ein extrem mühsamer Prozess, wenn die nächste H₂-Tankstelle zu weit weg liegt. Denn das Aufladen des Akkus dauert 2,5 Stunden. In größeren Städten existieren zwar oft schon mehrere H₂-Stationen, in der Fläche der Republik muss man aber eher Glück haben, dass eine Tankstelle in der Nähe zu finden ist. Auskunft über betriebsbereite Säulen gibt die App "H2 live". Aktuell sind 83 Stationen in Deutschland installiert, Ende 2020 sollen es 100 sein.
In der Umweltbewertung des ADAC, dem ADAC Ecotest, bekommt der Mercedes F-Cell trotz fortschrittlichem Brennstoffzellen-Antrieb nur drei Sterne. Damit liegt er umwelttechnisch nicht besser als der Diesel GLC 220d und die Elektroversion EQC von Mercedes, die beide ebenfalls drei Sterne erhalten. Eine bessere Gesamtbilanz wird dem F-Cell von seinem hohen Verbrauch an Wasserstoff und Strom sowie von der Anrechnung des CO₂-Äquivalents bei der Herstellung der Energie verhagelt.
Dem Fahrer stehen vier Betriebsarten zur Wahl. Im Hybrid-Modus zieht das Fahrzeug Leistung aus beiden Energiequellen, der Batterie und der Brennstoffzelle. Leistungsspitzen deckt der Akku ab, die Brennstoffzelle wird im optimalen Wirkungsgradbereich gehalten. Dieser Modus soll am effizientesten mit der zur Verfügung stehenden Energie arbeiten.
Im F-Cell-Modus wird ausschließlich der Energievorrat an Wasserstoff verbraucht. Der Ladezustand des Akkus wird konstant gehalten. Dieser Modus soll optimal für konstante Langstreckenfahrten sein.
Im Batterie-Modus fährt der F-Cell ausschließlich mit dem Strom aus dem Akku. Die Brennstoffzelle bleibt passiv. Ideal für Kurzstrecken, wenn man den Wagen zu Hause oder am Arbeitsplatz wieder aufladen kann. Im Charge-Modus hat das Laden des Akkus Priorität. Das macht Sinn, wenn eine Wasserstofftankstelle in Sicht ist und man die maximale Gesamtreichweite für den nächsten Streckenabschnitt benötigt.