Grüner Wasserstoff: Wie er hergestellt wird und warum er so wichtig ist

Ein Wasserstoff-Elektrolyseur von Siemens
Grüner Wasserstoff (H₂) wird per Elektrolyse hergestellt. Im Foto: Mega-Elektrolyseur von Siemens© Siemens

Deutschland braucht grünen Wasserstoff, große Teile davon müssen aus dem Ausland importiert werden. Aber was ist eigentlich grüner Wasserstoff? Und wo und wie kann er in ausreichenden Mengen sowie bezahlbar hergestellt werden?

  • Politik: "H₂ ist Schlüsseltechnologie für eine klimaneutrale Gesellschaft"

  • Nachteil: Zur Erzeugung von grünem H₂ wird viel regenerativer Strom benötigt

  • Grünstrom-Potenzial in Deutschland reicht nicht aus

In diesem Punkt sind sich Ministerien und Experten seit Langem einig: Wasserstoff muss und wird eine zentrale Rolle in unserem zukünftigen Energiesystem spielen. Warum? Weil Wasserstoff ein Energieträger ist, der aus verschiedensten Quellen hergestellt werden kann – vom Potenzial her sogar in unbegrenzten Mengen.

Deutschland hat nun erste Verträge mit anderen Staaten zur Produktion und Versorgung mit Wasserstoff geschlossen. Zum Beispiel mit Kanada. Bis erste Lieferungen in Europa ankommen, wird es allerdings noch dauern – Anlagen, in denen der Energieträger im industriellen Maßstab erzeugt wird, müssen erst gebaut werden.

Wasserstoff ist für das Klima wichtig

Wasserstoff kann von einem gasförmigen in einen flüssigen Energieträger mit hoher Energiedichte transformiert werden – und ist damit ein idealer Grundstoff, der einen erprobten und kostengünstigen weltweiten Transport der zu verteilenden Energie ermöglicht.

Das eröffnet völlig neue Perspektiven. Mit Wasserstoff als Energiespeicher können Versorgungsengpässe bei stark schwankender regenerativer Stromerzeugung aus Wind und Sonne vermieden werden. Mit Wasserstoff wird es möglich, sowohl die Großindustrie (besonders Stahl und Chemie) als auch den Transport- und Verkehrssektor von einer bisher rein fossilen Basis auf eine Basis ohne klimaschädliches CO₂ umzustellen. Denn Wasserstoff wird der Grundstoff für künftiges Flugbenzin, Schiffsdiesel und auch für E-Fuels im Pkw.

Man kann darüber diskutieren, ob für die nächsten Jahre als Übergang auch ein anderer als nur der grüne Wasserstoff genutzt werden sollte. Doch entscheidend für Klimaneutralität ist, dass Wasserstoff spätestens ab 2045 ausschließlich mit regenerativer Energie hergestellt wird.

H₂-Herstellung: Grüne Produktionsmethode

Die folgende Grafik zeigt, über welche Herstellungswege Wasserstoff gewonnen werden kann. Sie orientiert sich an der Farbenlehre, die von der Fachwelt zur Veranschaulichung entwickelt wurde.

Das Ziel ist der grüne Wasserstoff, der mithilfe von regenerativem Strom per Elektrolyse von Wasser produziert wird. Als Abfallprodukt entsteht lediglich Sauerstoff, der in die Luft abgeführt wird.

Grauer Wasserstoff ist unter Klimagesichtspunkten die schädlichste Art der Wasserstoffherstellung: Bei der Produktion von einer Tonne Wasserstoff entstehen rund 10 Tonnen CO₂. Auch blauer und türkisfarbener Wasserstoff sind aus Sicht des ADAC kritisch zu bewerten, auch wenn es jeweils einen interessanten Nebenaspekt gibt.

So entstehen bei der Herstellung von türkisfarbenem Wasserstoff in Pilotprojekten als Abfallprodukt unter anderem Kunststoffbausteine für den Wohnungsbau. Auf diese Weise ließe sich beispielsweise Beton in der Baubranche zum Teil ersetzen.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, das CO₂, das bei der Produktion von blauem Wasserstoff anfällt, in leere Gaskavernen unterirdisch zu verpressen. Dadurch entweicht es nicht unkontrolliert in die Atmosphäre und könnte gleichzeitig als Vorrat für die Produktion von synthetischen Kraftstoffen genutzt werden. Denn für diesen Prozess braucht man CO₂, das sonst extra aus der Luft extrahiert werden müsste.

Wasserstoff aus dem Ausland

Um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen, braucht man unweigerlich 100 Prozent regenerativen Strom. Dies ist auf nationaler Ebene allerdings schwierig umzusetzen, weil dafür ein enormer Ausbau der regenerativen Energieerzeugung nötig ist und die Flächenkapazitäten allein in Deutschland dafür nicht ausreichen.

Und so wird seit Jahren ausgelotet, aus welchen Ländern der Welt jeweils grüner Strom, grüner Wasserstoff oder Syntheseprodukte aus grünem Wasserstoff geliefert werden könnten. Syntheseprodukte sind zum Beispiel Ammoniak oder Methanol.

Im Fokus für die Produktionsstandorte standen zunächst vor allem nordafrikanische Regionen: Hier gibt es Sonne im Überfluss, hier ist Solarstrom zu geringen Kosten erzeugbar. So wurde in Abu Dhabi auf einer Fläche von 20 Quadratkilometern eine gigantische Solaranlage errichtet, die Strom für 1,14 Cent/kWh produziert. Inzwischen richtet sich der Blick aber auch auf besonders windreiche Regionen der Welt wie nach Südamerika und Kanada oder auch nach Norwegen, wo Strom aus Wasserkraft billig und verfügbar ist.

Die Importbemühungen nehmen politisch Fahrt auf. So haben Deutschland und Kanada ein Abkommen über die Kooperation bei Herstellung und Transport von Wasserstoff in Neufundland unterzeichnet. In der Hansestadt Hamburg wird ein Schiffsterminal gebaut, das ab 2027 für den Import von grünem Ammoniak zur Verfügung stehen soll. Das Bundesland Bayern plant, Wasserstoff aus Nordafrika über bestehende Pipelines, die dafür umgerüstet werden können, zu importieren.

Die Bundesregierung erwartet im Jahr 2030 für Deutschland einen Bedarf von Wasserstoff und Derivaten mit energetischem Inhalt von 95 bis 130 TWh, der Importanteil wird auf 50 bis 70 Prozent geschätzt. Bis 2027/2028 soll ein Netz mit mehr als 1800 Kilometer umgestellten und neu gebauten Wasserstoffleitungen in Deutschland fertig sein. Europaweit kommen ca. 4500 Kilometer hinzu (European Hydrogen Backbone). Durch das Kernnetz an Pipelines sollen bis 2032 alle großen Erzeugungs-, Import- und Speicherzentren mit den relevanten Abnehmern in Deutschland verbunden werden. Hier finden Sie eine Karte des geplanten Wasserstoffnetzes in Deutschland.

Wasserstoff in Deutschland produziert

Selbstverständlich gibt es auch Projekte in Deutschland, wo grüner Wasserstoff hergestellt wird. So gibt es in der oberfränkischen "Energiestadt" Wunsiedel eine Elektrolyse-Anlage, in der die überschüssige Energie der Stadtwerke (Wind, Sonne und Biomasse) in Wasserstoff umgewandelt und für verschiedene Anwendungen von Mobilität und Industrie verfügbar gemacht wird. Im niedersächsischen Werlte produziert eine kleine Anlage das erste Flugbenzin für die Lufthansa. Am Forschungszentrum Jülich wird derzeit ein Elektrolyseur in Megawatt-Größenordnung gebaut.

Insgesamt hat die Europäische Kommission gemeinsam mit der Bundesregierung 62 förderungswürdige Wasserstoff-Großprojekte in Deutschland identifiziert (Important Projects of Common European Interest = IPCEI).