Renault Mégane E-Tech Electric im ADAC Dauertest
Das Kompakt-Elektroauto aus Frankreich zeigt viele Stärken, aber auch ein paar Schwächen. Bilanz zum Renault Mégane E-Tech im Dauereinsatz der ADAC Tester. Wie steht es um die Haltbarkeit der Batterie und gab es Defekte? Hier das Ergebnis.
Bilanz nach 50.000 Kilometern
Stärken und Schwächen im Alltag
Keine Panne oder technischer Ausfall
Elektro-Mégane als ID.3-Konkurrent
Im Jahr 2022 schickte Renault den Mégane E-Tech als Konkurrent zum VW ID.3 ins Rennen. Er sollte schicker ausschauen als der Wolfsburger und ihn vor allem technisch übertreffen. Das war eine selbstbewusste Ansage der Franzosen.
Es stimmt, die technischen Eckdaten des Renault Mégane E-Tech, der zum Jahreswechsel 2022/23 ins Technik-Zentrum Landsberg kam, können sich sehen lassen. So bietet der E-Motor an der Vorderachse eine Leistung von 160 kW/218 PS und ein Drehmoment von 300 Nm. Die Batterie von 60 kWh Nennkapazität soll für eine Reichweite von 450 Kilometern sorgen.
Mit sechs Zentimetern weniger Außenlänge als der VW ID.3 sollte der Mégane beim Platzangebot zumindest nicht wirklich ins Hintertreffen geraten. Und in Sachen Bedienung setzt der Franzose auf das OpenR-link-Infotainmentsystem, also ein Navigationssystem mit Google Maps, integriertem Google und sprachgesteuertem Google-Assistenten. Das kann man schlechter machen.
Die ADAC Tester wollen im Dauertest insbesondere herausfinden: Wie gut bewährt sich der rein batterieelektrisch angetriebene Renault im täglichen Diensteinsatz? Kann man mit ihm problemlos auch weitere Strecken in Angriff nehmen? Ist die Technik sowohl hardwareseitig als auch auf Seiten der Software verlässlich und robust?
50.000 Kilometer in 18 Monaten
Stand Mai 2024 hat der Mégane E-Tech Electric inzwischen 50.000 Kilometer absolviert. Das ist aufs Jahr gerechnet eine Fahrleistung von über 33.000 Kilometern – das heißt, der Mégane war und ist dauernd im Einsatz und ständig unter Strom.
Technische Ausfälle mit der Konsequenz des Liegenbleibens hat es über die gesamten 50.000 Kilometer nicht gegeben. Nur mussten knackende Türen durch einen Tausch der Türfangbänder in der Renault-Werkstatt behoben werden. Das geschah natürlich kostenlos im Rahmen der Herstellergarantie. Die obligatorische Fahrzeug-Inspektion nach 30.000 Kilometern kostete lediglich 150 Euro. Diese Bilanz kann sich mehr als sehen lassen.
Langzeit-Eindrücke: Lob & Kritik
Fragt man die Tester nach ihren Eindrücken über die 50.000 Kilometer, mischt sich aber auch Kritik unter das Lob. Zwar bescheinigen sie dem Kompakt-Renault, innen wie außen schick und hochwertig auszusehen, mit fortgeschrittener Zeit schwindet der positive Ersteindruck jedoch.
Beispiele: Das Lederlenkrad wirkt inzwischen speckig. Auf den Stoffbezügen wird jeglicher Dreck sichtbar. Hier und da knarzt oder knackt etwas von irgendwoher. Die induktive Smartphone-Ladeschale lädt nicht immer. Das Strompedal quittiert den Übergang in die Rekuperation mit einem eigenartigen "Ploppen".
Und sollen zwei Smartphones gleichzeitig mit dem Fahrzeug verbunden werden, gibt es dabei oftmals unerklärliche Probleme. Alles in allem nichts Dramatisches, jedoch Dinge, die den zunächst guten Qualitätseindruck des Fahrzeugs trüben.
Viel Lob findet der Mégane beim Zwischenfazit hinsichtlich der Leistung des Elektroantriebs. Leistungsreserven und Laufkultur der E-Maschine sind erste Klasse. Auch das Fahrverhalten wird positiv bewertet, jedenfalls solange die Straßen trocken sind. Bei Nässe bekommen die Vorderräder aufgrund des spontan hohen Drehmoments nämlich Traktionsprobleme.
Ausgesprochen gut gefällt den meisten Fahrern zudem die Dosierbarkeit der Bremse sowie die feine Abstufung der Rekuperation über Lenkradpaddels. Mit den Schaltwippen lässt sich je nach Fahrsituation bestmöglich antriebslos segeln oder bestmöglich Bremsenergie zurückgewinnen, wenn man ein wenig darin geübt ist.
Einige Fahrer wünschen sich mehr Rückstellmoment der Lenkung bei Kurvenfahrten. Manch anderer moniert, keine optimale Sitzposition zu finden. Und durchs Rückfenster sehen der Fahrer oder die Fahrerin viel zu schlecht, was hinter dem Fahrzeug los ist. Also muss der digitale Innenspiegel für eine ungetrübte Kamerasicht nach hinten zu Hilfe genommen werden.
Thema Reichweite zwiespältig
Besonders spannend wird es bei der Frage, wie die Tester die Reichweitenqualität des Renault Mégane E-Tech beurteilen. Schließlich haben sie es gemeinsam auf die enorme Laufleistung von 50.000 Kilometern in 18 Monaten gebracht.
Das Urteil fällt zwiespältig aus: Für kurze und mittlere Strecken wurde der Renault liebend gern genommen. Für die Langstrecke jedoch eignet sich der Mégane nicht wirklich gut, so der Tenor der Nutzer. Also hat man den Wagen für die Langstrecke nur verwendet, wenn es kein geeignetes anderes Fahrzeug gab.
Aber warum? Schließlich beträgt die vom ADAC im Ecotest ermittelte realistische Reichweite 366 Kilometer. Nun, die 366 Kilometer sind der gemischte Wert für Fahrten in der Stadt mit maximal 50 km/h, über Landstraßen mit maximal 100 km/h und auf der Autobahn mit maximal 130 km/h. Versteht man unter Langstrecke eine Autobahnfahrt mit 130 km/h oder schneller, kommt dabei selbstverständlich ein ganz anderer Reichweiten-Wert zustande. Außerdem fährt niemand den Akku komplett leer, sondern es sind ja immer noch zehn bis 20 Prozent Energie im Akku, wenn man an der Ladesäule ankommt.
ADAC Reichweitenrechner
Renault Mégane E-Tech Electric EV60 220hp optimum charge Techno 160 kW (218 PS)
-10
30
50
130
Berechnete Reichweite
436km
(Reichweite laut Hersteller: 450 km)
Und hier kommt die Bewertung der Ladefähigkeit ins Spiel. Sie liegt im Urteil der Tester zwischen sehr gut und mangelhaft, je nachdem ob mit Wechselstrom (AC) oder Gleichstrom (DC) geladen wird.
Während die AC-Ladeleistung von 22 kW im städtischen Bereich sehr positiv erwähnt wird, weisen die Nutzer genauso einstimmig negativ auf die DC-Ladeleistungen am Schnelllader hin. Nach den Erfahrungen der Tester sind Autobahn-Etappen von bestenfalls 200 bis 250 Kilometer möglich. Anschließend steht eine Ladepause von einer halben Stunde an. Das ist zwar auf Augenhöhe mit vergleichbaren E-Fahrzeugen ähnlicher Batteriegrößen, aber doch meist zu wenig für die Ansprüche auf der Langstrecke.
Zur Verdeutlichung: Gelingt die Fahrt von Landsberg am Lech nach Stuttgart (198 km) oder Nürnberg (184 km) ohne einen Zwischen-Ladestopp, wird das bei der Entfernung nach Würzburg (279 km) schon knapp.
Schwächen beim DC-Laden
Entscheidend für die Langstreckentauglichkeit eines Elektroautos ist grundsätzlich nicht allein die Etappenreichweite, sondern auch in welcher Zeit das E-Auto in der Lage ist, genügend Strom zur Weiterfahrt in den Akku zu pumpen. Dies ist unter anderem abhängig von der Innentemperatur des Akkus und der jahreszeitlich bedingten Außentemperatur.
Um diese Unterschiede zu dokumentieren, hat der ADAC Messungen gemacht, die zeigen, wie der Mégane im Vergleich zwischen Sommer (+ 23 Grad Celsius) und Winter (- 7 Grad Celsius) abschneidet.
Mit betriebswarmer Batterie schafft der Megane bei 10 Prozent Ladestand kurzzeitig rund 110 kW, fällt aber zügig ab und liegt bei 20 Prozent bereits unter 100 kW. Im Schnitt ist die Ladeleistung zwischen 10 und 80 Prozent mit 72,8 kW nicht überragend, aber noch in Ordnung. Wird hingegen mit kalter Batterie schnell geladen, sinkt die Ladeleistung drastisch auf 47,2 kW im Schnitt ab.
Auf eine Batterieheizung in Verbindung mit einer Routenplanung im Navi weist Renault weder in der Betriebsanleitung noch in den Einstellungen im Fahrzeug hin, sie soll aber vorhanden sein. Wer also im Winter vernünftig schnell laden möchte, sollte unbedingt einen Schnelllader ansteuern, dann soll laut Renault Auskunft eine Erwärmung der Batterie erfolgen. Dieses werden die Tester im nächsten Winter überprüfen.
Ladezeiten ausbaufähig
Welche Reichweiten und Ladezeiten als langstreckentauglich gelten, darüber könnte man trefflich streiten. Der ADAC hat sich darauf verständigt, die untere Grenze bei einer Reichweite (ohne Nachladung) von 300 Kilometern zu ziehen. Sehr gut ist es, wenn ein E-Auto an der Schnellladesäule in 30 Minuten Strom für weitere 300 Kilometer tanken kann.
Beides schafft der Renault Mégane (schon bei guten Bedingungen im Sommer) nicht. Insofern ist es kein Wunder, dass für weitere Strecken bei Dienstfahrten dann doch eher der VW ID.3 mit 77 kWh großem Akku und deutlich mehr Reichweite von den Kollegen und Kolleginnen gebucht wurde.
Aus methodischen Gründen sind die nachgeladenen Reichweiten im Zusammenhang dieser Messungen übrigens auf der Basis des ADAC Ecotest-Verbrauchs (Stadt/Land/BAB) berechnet. Das ist wichtig zu berücksichtigen. Bei reiner Autobahnfahrt wäre die nachgeladene Reichweite noch geringer, weil der Verbrauch ja deutlich höher ist als im Mix. Diese Differenz zum Praxiswert muss man im Hinterkopf haben, wenn man vorhat, eine längere Autobahntour zu unternehmen.
Ist die Batterie schon gealtert?
In Bezug auf die Batteriealterung ergab die Messung bei Kilometerstand 38.000 einen minimalen, unbedenklichen Verlust an Energieaufnahme. Für eine abschließende, aussagekräftige Bewertung müsste der Mégane aber wenigstens 100.000, besser noch 160.000 Kilometer gelaufen sein. Für 70 Prozent der Kapazität bei 160.000 Kilometern oder bis zum Alter von acht Jahren steht Renault ohnehin per Akku-Garantie gerade.
Weil der Dauertest noch weiter geht, sind wir sehr gespannt, welche Überraschungen der Renault noch bereithält - und vor allem, wie sich die Batteriekapazität weiter entwickeln wird.
Auffälligkeiten im Detail
1 von 6
Technische Daten und Preis
Technische Daten (Herstellerangaben) | Renault Mégane E-Tech Electric EV60 220hp optimum charge Techno (03/22 - 01/24) |
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Motorart | Elektro |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 160 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 218 |
Drehmoment (Systemleistung) | 300 Nm |
Antriebsart | Vorderrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 7,4 s |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | 450 km |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 15,7 kWh/100 km |
Batteriekapazität (Brutto) in kWh | 60,0 |
Ladeleistung (kW) | AC:2,3-22,0 DC:130,0 |
Kofferraumvolumen normal | 389 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.332 l |
Leergewicht (EU) | 1.783 kg |
Zuladung | 375 kg |
Anhängelast ungebremst | 750 kg |
Anhängelast gebremst 12% | 900 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 2 Jahre |
Länge x Breite x Höhe | 4.200 mm x 1.768 mm x 1.505 mm |
Grundpreis | 50.100 Euro |
Fachliche Beratung: Manuel Griesmann/ADAC Technik Zentrum
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