Toyota bZ4X: Wie konkurrenzfähig ist das Elektro-SUV?

Toyotas erstes eigenentwickeltes Elektroauto will die Konkurrenz mit üppiger Reichweite und großzügigen Garantien überholen. Testfahrt im Mittelklasse-SUV Toyota bZ4X zum Preis ab 47.490 Euro. Daten, Bilder, Infos.
Markteinführung des Toyota bZ4X im Juli 2022
Mit 71,4-kWh-Batterie mehr als 500 Kilometer Reichweite
Mit 150 kW Ladeleistung schnelles Laden möglich
Das wurde aber auch langsam Zeit: Zwar hat Toyota der Welt den Hybridantrieb schmackhaft gemacht und die Brennstoffzelle forciert, doch den Trend zum Elektroauto haben die Japaner verschlafen – und damit nicht nur Tesla groß werden lassen, sondern auch VW, Hyundai und Kia einen Vorsprung gewährt. Doch jetzt stürmen auch die Japaner in die elektrische Zukunft.
Als erstes von über 30 neuen Zero-Emission-Vehikeln nimmt deshalb der Toyota bZ4X ab sofort zu Preisen ab 47.490 Euro die Verfolgung von VW ID.4, Tesla Model Y, Hyundai Ioniq 5, Kia EV6 und Ford Mustang Mach-E auf.
Das Toyota Elektroauto bZ4X kommt auch als Subaru

Der Stromer, von dem es auch eine Variante von Kooperationspartner Subaru geben wird, fährt in der Klasse des erfolgreichen Hybrid-SUV RAV4, sieht aber deutlich moderner aus und ähnelt ein bisschen dem Lexus UX. Im Vergleich zum konventionellen RAV4 verzichtet der Toyota auf einen klassischen Kühlergrill, das Heck fällt etwas schräger ab, und die ganze Karosserie ist zehn Zentimeter niedriger. So wirkt das neue Mittelklasse-SUV nicht ganz so mächtig wie der RAV4, auch wenn es auf 4,69 Metern Länge ein ähnlich großzügiges Platzangebot aufweist.
Selbst wenn der Name nicht so leicht über die Lippen geht, folgt er einer gewissen Logik: „bZ“ steht für Beyond Zero und damit für null Emissionen. Genau wie EQ bei Mercedes oder e-tron bei Audi soll es zum Signet der Nachhaltigkeit werden. Die Vier folgt für die Größe und das X symbolisiert den Allradantrieb. Es werden also noch weitere bZ mit anderen Ziffern folgen.
Aufgeräumter Innenraum im Toyota bZ4X
Innen lässt sich Toyota auf keine Experimente ein. Das Bediensystem ist deshalb vergleichsweise konventionell und die Bildschirmlandschaft buchstäblich überschaubar. Ungewohnt ist nur der weit an die Frontscheibe gerückte Monitor hinter dem Lenkrad, der ein Head-up-Display nahezu überflüssig macht. Zudem wirkt das Display nicht überfrachtet und ist an sich gut ablesbar. Doch einen Wunsch hätte man als Elektroauto-Fahrer: Wie viel Energie wirklich noch im Akku steckt, lässt sich an dem schmalen Halbkreis als "Tankanzeige" nur schwerlich erkennen. Mit einer (zusätzlichen) Prozent-Angabe ließe sich besser einschätzen, wie es um den Energievorrat bestellt ist.








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Die Bedienung erlernt man im Toyota bZ4X schnell
Zwar findet man schnell eine gute Sitzposition auf den langstreckentauglichen Sitzen, doch das Lenkrad will wohl justiert sein, damit der obere Kranz nicht einen Teil der Instrumente verdeckt. Die Bedienung des Navi-Bildschirms gestaltet sich einwandfrei, was auch daran liegt, dass Toyota nicht alle Funktionen in die Untermenüs gepresst hat und noch an konventionellen Tasten festhält. So lassen sich etwa Lüftung und Heizung und manche Fahrfunktionen über ganz normale Tasten einstellen. Eine Wohltat, auch im Vergleich zur Konkurrenz, die es hier bisweilen übertreibt mit der Modernität.
Nach wie vor ärgerlich: Wie alle anderen Toyotas stellt auch das modernste Fahrzeug der Flotte bisweilen unterschiedliche Tempolimits im Navi-Bildschirm (kartenbasiert) und auf dem Kombiinstrument hinter dem Lenkrad (kamerabasiert und nicht immer zuverlässig in der Erkennung) dar. Welches Limit nun gilt, darf sich der verwirrte Mensch hinter dem Lenkrad selbst zusammenknobeln.
Erfreulich ist der Ansatz, den Toyota "Kanzen" (jap. "komplett/ganzheitlich") nennt: Die Händler verkaufen nicht nur das reine Fahrzeug, sondern sollen ganzheitlich über E-Mobilität aufklären, die Anträge für die staatliche Förderung ausfüllen, Wallboxen und eine spezielle Telematikversicherung anbieten sowie mit externen Partnern auch zu Solaranlagen für das Laden mit eigenem Strom beraten. Und selbstverständlich eine Ladekarte überreichen, die Zugang zu 245.000 Ladestationen bietet. Ganz zu Ende gedacht ist "Kanzen" allerdings nicht, denn sonst würde das Navi nicht einfach nur die Route berechnen, sondern auch Ladestopps mit in die Planung aufnehmen, wie es Tesla seit Jahren vormacht. Doch hier wird der Fahrer allein gelassen und muss sich schon selbst (umständlich über Smartphone-Apps) um eine Ladesäule an der Strecke bemühen.
Im Fond hat der Elektro-Toyota viel Platz
Die Hinterbänkler muss das nicht kümmern, sie genießen die ungewohnte Stille des gut gedämmten Innenraums und viel Bewegungsfreiheit, sitzen aber auf einer ziemlich flachen Bank. Während die Insassen vorn von einem Mauerwerk von Mittelkonsole getrennt und zumindest gefühlt auch ein wenig bedrängt werden, schwelgen die Passagiere hinten im Raum und können die Beine baumeln lassen. Denn bei einem stattlichen Radstand von 2,85 Metern sitzt man im Toyota auch in der zweiten Reihe in Sachen Beinfreiheit erstklassig.
Und der Kofferraum ist mit 452 Litern nicht minder vorzeigbar, wenn auch kleiner als etwa im VW ID.4. Schade: Vorne fehlt eine entscheidende Ablage. Zwar gibt es große Taschen in den Türen, und die riesige Mittelkonsole fasst mehr als manche Rumpelkammer – aber das Handschuhfach haben die Japaner einer speziellen Klimaanlage geopfert: In manchen Märkten sitzt an dieser Stelle eine Infrarot-Heizung.
Elektro-Toyota mit hoher Reichweite

Im Unterboden des bZ4X ist Platz für einen brutto 71,4 kWh großen Akku, der eine Reichweite von bis zu 513 Kilometern ermöglichen soll. Aber nur mit den kleineren 18-Zoll-Rädern der günstigeren Ausstattungsversionen. Die 20-Zöller der teureren Varianten nehmen dem Mittelklasse-SUV laut Hersteller gehörig Energie und schränken den Maximalradius auf 446 Kilometer ein, die Allradvariante AWD kommt gar "nur" auf 415 Kilometer. Nicht nur deshalb sind die kleinen Räder ratsam, sie dürften auch besser federn als die 20-Zoll-Räder, die bei den ersten Testfahrten zu einem etwas steifbeinigen Komforteindruck geführt haben. Wie hoch die Reichweite tatsächlich ausfällt, wird der ADAC in einem kommenden, umfangreichen Test noch prüfen.
6,6 kW: Magere Ladeleistung für die ersten Exemplare
An Wallbox und öffentlicher Säule (AC) laden die zunächst ausgelieferten Exemplare noch ziemlich langsam: In ihnen steckt ein einphasiges Ladegerät, das maximal 6,6 kW ziehen kann und dem Eigner mit rund elf Stunden Ladezeit viel Geduld abverlangt. Erst ab Produktion im Herbst wird der Toyota serienmäßig mit einem dreiphasigen Ladegerät mit bis zu 11 kW ausgeliefert. Es empfiehlt sich daher, mit dem Kauf noch bis dahin abzuwarten, auch wenn sich die Preise dann voraussichtlich leicht erhöhen werden.
Besser sieht es an Gleichstrom-Schnellladesäulen (DC) aus. Hier kommt der Japaner auf bis zu 150 kW – das spricht zumindest für kurze Standzeiten auf längeren Touren bei entsprechender Säule. Als Stecker nutzen die Japaner hierzulande den in Europa gängigen CCS-Standard anstelle des in Asien verbreiteteren Chademo-Anschlusses. Rund 30 Minuten setzt der Hersteller für die typische Ladung auf 80 Prozent an.
Voraussichtlich ab Herbst: Solardach für Extra-Reichweite

Als einer der ersten Hersteller installiert Toyota auf Wunsch auch ein Solardach und stellt rund 1800 Sonnen-Kilometer pro Jahr in Aussicht. Doch auch das Solardach wird noch nicht sofort angeboten: Wegen der derzeitigen Lieferengpässe kann Toyota noch nicht konkret sagen, wann es zu haben sein wird.
Den Antrieb übernimmt im Basismodell ein 204 PS starker Motor im Bug, der mit 265 Nm binnen 8,4 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt. Alternativ gibt es einen Allradantrieb über zwei E-Motoren von je 80 kW. Dann steigt die Systemleistung auf 218 PS, das maximale Drehmoment klettert auf 336 Nm, und der Sprintwert verkürzt sich auf unter 8 Sekunden. Egal welche Variante die Kundschaft wählt: Mehr als 160 km/h sind nicht drin – genau wie für die meisten ID-Modelle aus Wolfsburg.
Gute Fahrleistungen für Front- und Allradantrieb
Auf ersten Testfahrten waren wir mit der Allradversion unterwegs. Die gefällt durch einen sehr sportiven Antritt: Ein kurzer Tritt aufs Fahrpedal genügt, und der Toyota strebt ansatzlos und spurtstark voran, gewinnt jedes Ampelduell gegenüber einem Benziner oder Diesel und lässt absolut nie die Sehnsucht nach einem Verbrenner aufkommen. Zudem lässt sich der bZ4X auch dank seines kleinen Lenkrads sehr gut und präzise dirigieren, sodass die zwei Tonnen Leergewicht (das ist noch wenig im Vergleich zur Konkurrenz, ein VW ID.4 wiegt 120 Kilo mehr) schnell in Vergessenheit geraten. Mehr Leistung braucht es nicht. Verschiedene Fahrmodi optimieren den Antrieb auf Schnee und Schlamm, es gibt auch ein Eco-Fahrprogramm und eine Taste für "One-Pedal-Driving" für stärkere Rekuperation und damit stärkeres Abbremsen bei Lupfen des Fahrpedals.
Mutmaßlich reicht auch die frontgetriebene Version, die kaum schwächer ist, aber einen gehörigen Vorteil hat: Sie ist ab 47.490 Euro (vor Förderung) zu haben, der Allradler kostet mindestens 59.990 Euro. Grund für die ungewöhnlich hohe Disprekanz: Das Allradmodell ist ausschließlich in der besten Ausstattungsstufe zu haben.
Erstes Fahrzeug mit Steuerknüppel

Als technische Besonderheit bringt der E-Toyota bald eine elektronische Lenkung gegen Aufpreis mit, die ohne mechanische Verbindung zwischen Volant und Rädern auskommt („Steer-by-Wire“). Das "Lenkrad" wirkt dann so eckig wie der Steuerknüppel eines Flugzeugs. Außerdem soll das Lenken komfortabler werden: Selbst bei starkem Einschlag der Räder ist laut Hersteller kein Umgreifen mehr nötig – die obere Hälfte des Lenkrads somit ebenfalls nicht. Steer-by-Wire ist damit das eigentlich Revolutionäre am Toyota bZ4X. Es dürfte sehr interessant sein, wenn erste Autos damit ausgerüstet werden: Wie präzise kann man lenken? Und wie hoch ist der Gewöhnungseffekt? 2023 soll es so weit sein, hat Toyota versprochen.
Toyota gewährt 10 Jahre Garantie auf den Akku
Damit die Kundschaft auch Vertrauen zu Toyotas erstem eigenentwickelten E-Auto fasst, gibt es umfangreiche Garantien. Auf den Akku gewährt Toyota eine Garantie von großzügigen zehn Jahren oder eine Million (!) Kilometer. Sollte in dieser Zeit die ursprüngliche Batteriekapazität unter 70 Prozent fallen, gibt es Ersatz. Das ist deutlich mehr als die Konkurrenz zu bieten hat, es gibt aber eine Voraussetzung: Der bZ4X muss jedes Jahr zum Service unter Herstellervorgaben kommen, und dabei muss ein Batteriecheck erfolgen.
Für das Fahrzeug an sich gelten drei Jahre Garantie, die sich ebenfalls auf bis zu zehn Jahre verlängern lassen. Auch hier gilt: Der Kunde muss alljährlich zum Kundendienst beim Toyota-Händler erscheinen – erst dann verlängert sich die Garantie um jeweils ein Jahr. Rund 3000 Fahrzeuge will Toyota noch 2022 absetzen und spricht von kurzen Lieferzeiten von rund drei bis vier Monaten. Mal sehen, wie lange das Bestand hat.
Toyota bZ4X: Technische Daten, Preis
Technische Daten (Herstellerangaben) | Toyota bZ4X (ab 06/22) | Toyota bZ4X Comfort- und Technik-Paket mit Panorama-Glasdach X-Mode (ab 06/22) |
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Motorart | Elektro | Elektro |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 150 | 160 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 204 | 218 |
Drehmoment (Systemleistung) | 265 Nm | 336 Nm |
Antriebsart | Vorderrad | Allrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 7,5 s | 6,9 s |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h | 160 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | 513 km | 461 km |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km | 0 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 14,4 kWh/100 km | 16,2 kWh/100 km |
Batteriekapazität (Brutto) in kWh | 71,4 | 71,4 |
Ladeleistung (kW) | AC:11,0 DC:50,0-150,0 | AC:11,0 DC:50,0-150,0 |
Kofferraumvolumen normal | 452 l | 452 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | n.b. | n.b. |
Leergewicht (EU) | 1.970 kg | 2.085 kg |
Zuladung | 495 kg | 465 kg |
Anhängelast ungebremst | 750 kg | 750 kg |
Anhängelast gebremst 12% | 750 kg | 750 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 3 Jahre oder 100.000 km | 3 Jahre oder 100.000 km |
Länge x Breite x Höhe | 4.690 mm x 1.860 mm x 1.600 mm | 4.690 mm x 1.860 mm x 1.600 mm |
Grundpreis | 47.490 Euro | 62.990 Euro |
Text: Jochen Wieler, Thomas Geiger
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