Renault Espace im ADAC Test: Der Ur-Van wurde zum SUV

• Lesezeit: 8 Min.

Von Wolfgang Rudschies

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Dass aus dem Renault Espace ein SUV geworden ist, müssen die Fans des Van-Vorreiters verschmerzen. Praktische Qualitäten bringt aber auch die aktuelle, 2025 geliftete Version mit. ADAC Test, Daten, Preis.

  • Nur ein Antrieb für den Espace: 200 PS Vollhybrid

  • Nominell Platz für sieben Personen, verschiebbare Rückbank

  • Preislich bleibt der Espace im Rahmen

Unter dem Namen Espace – deutsch: Platz, Raum – revolutionierte Renault 1984 die Autowelt. Nur 4,22 Meter kurz, transportierte der erste Renault Espace bis zu sieben Personen auf plüschigen Einzelsitzen, die sich drehen und ausbauen ließen. Bis heute schwören vor allem in Frankreich Generationen von Familien auf den Reisekomfort des damaligen "Raumwunders".

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Hier können Sie den ausführlichen Testbericht zum Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200 Iconic Multi-Mode-Automatik (7-Sitzer) herunterladen

Kann der neue Espace überzeugen?

Der neue Renault Espace nach Facelift in 2025 im Test
SUV statt Van: Der Espace hat sich über die Jahre verändert© Renault

2023 war Schluss mit dem Van-Konzept. Der Zeitgeist verlangt nach SUVs, vor allem in der Mittelklasse, in der sich Modelle wie Opel Grandland, Nissan X-Trail, Škoda Kodiaq oder VW Tayron gut verkaufen. Großraumlimousinen sind dagegen – abgesehen von Bussen wie der Mercedes V-Klasse oder dem VW-Bus – absolut out.

Für den Espace wirft das neue Konzept Fragen auf: War der Umschwung vom Van zum SUV kundengerecht? Und wie steht es um das Platzangebot im 4,75 Meter langen SUV? Der ADAC hat den Espace in der 2025 leicht überarbeiteten Version getestet. Vor allem eine neue Front macht optisch den Unterschied, technisch wurde das Multimode-Getriebe leicht angepasst.

Bildergalerie: Der Renault Espace im Detail

Der Espace ist ein langer Renault Austral

Der neue Renault Espace nach Facelift in 2025 im Test
Macht sich gut: Mit neuer Front wirkt der Espace deutlich moderner als vorher© Renault

Wer es ganz nüchtern betrachtet: Das aktuelle Modell ist technisch nichts anderes als ein verlängerter Renault Austral, den die Franzosen im Herbst 2022 auf den Markt brachten. Immerhin lässt sich im Espace die zweigeteilte Rückbank um 22 Zentimeter verschieben, je nach Platzbedarf für Passagiere oder Gepäck.

Das hat praktische Vorteile: Wird die Rückbank ganz nach hinten geschoben, finden die Passagiere der zweiten Reihe fürstliche Platzverhältnisse bei immenser Beinfreiheit vor und sind sehr bequem untergebracht. Die Beinfreiheit vorne reicht für rund 1,90 Meter große Menschen, hinten sogar für bis zu 2,10 Meter große Personen, wenn die Vordersitze für 1,85-Meter-Menschen eingestellt sind.

In vorderster Stellung der Sitze wird es zwar für die Insassen enger, dafür passt noch mehr in den ohnehin schon sehr großen Kofferraum. Bedenken sollte man, wenn es der getestete Siebensitzer sein soll, dass die im Boden versenkten Sitze ebenfalls Raum beanspruchen und etwas weniger in den Kofferraum passt als beim fünfsitzigen Espace. Für die Variabilität mit sieben Sitzen verzichtet man auf etwa hundert Liter Kofferraumvolumen.

Laut ADAC Messmethode fasst der Gepäckraum bei 5er-Bestuhlung inklusive der gefalteten Notsitze 465 Liter. Entfernt man die Abdeckung und nutzt den Stauraum bis zum Dach hoch, erweitert sich das Volumen auf großzügige 715 Liter. Unter Ausnutzung des kompletten Raums hinter den Vordersitzen ist ein Volumen von bis zu 1485 Liter verfügbar. Sind die Plätze sechs und sieben in Verwendung, sinkt das verbleibende Kofferraumvolumen allerdings auf spärliche 115 Liter.

Hinten allenfalls zwei Notsitze

Der offene Kofferraum des neuen Renault Espace
Auf Wunsch gibt es zwei Notsitze zum Aufklappen im Kofferraum © Renault

Spannend wird die Platzfrage bezüglich der dritten Reihe: Wer die zusammengefalteten Aufstellsitze im Kofferraum betrachtet, kann sich kaum vorstellen, hier irgendwie bequem unterkommen zu können. Und wenn die Plätze sechs und sieben hergerichtet sind, fehlt eine Idee, wie man jemals dort hinten hineinkommen könnte – zumindest als Erwachsener.

Also haben wir die Probe aufs Exempel gemacht. Und in der Tat: Einen der beiden Aufstellplätze in der dritten Reihe zu erklimmen erfordert ein gewisses Mindestmaß an Gelenkigkeit und Fitness. Für ein Kind wird das sicher eine reizvolle Übung sein. Für Erwachsene kann die Leibesverrenkung aber zur Tortur werden.

Hat man es doch nach hinten geschafft, stellt man überrascht fest: So eng, wie es aussieht, ist es dort gar nicht. Die Fußspitzen des Redakteurs schaffen es irgendwie doch unter den Sitz davor. Die Knie ragen zwar hoch, aber man sitzt zumindest so annehmbar, dass man es als Erwachsener eine halbe Stunde im Hinterhof des Espace aushalten würde.

Fünf oder sieben Sitze zum gleichen Preis

Gut, dass es den Wagen wahlweise zum gleichen Preis als Fünf- oder Siebensitzer gibt. So kann der Kunde oder die Kundin sich frei entscheiden, was besser gefällt. Zur Positionierung als Reisemobil passen die im gesamten Auto verteilten großzügigen Ablagen und Staufächer sowie USB-C-Anschlüsse auf allen Plätzen. Insgesamt 39 Liter Extra-Stauraum haben die Ingenieure geschaffen, davon 20 Liter im Bereich von Cockpit und Vordersitzen.

Die serienmäßige Ausstattung ist großzügig, darunter befinden sich insgesamt 32 Fahrerassistenzsysteme. Auf Wunsch bietet Renault eines der größten Glasdächer im Segment an. Es zieht sich auf 1,33 Meter Länge bis über die Plätze in Reihe drei. Eine spezielle Beschichtung soll UV-Strahlen draußenhalten und verhindern, dass sich der Innenraum im Sommer aufheizt.

Intern gilt der Espace als Technologieträger, er hat das neue, Google-basierte Bedien- und Anzeigesystem "OpenR Link" an Bord. Es kombiniert zwei rund 12 Zoll große Displays in Form eines liegenden L. Erweitern lässt es sich um ein 9,3 Zoll großes Head-up-Display. So werden alle fahrrelevanten Informationen auf einer Fläche dargestellt, die drei Tablets entspricht. Wie üblich kann das Musik- und Unterhaltungsprogramm über Apps gesteuert werden, beispielsweise über Amazon Music oder Spotify.

Zusätzlich bieten die Franzosen über die My-Renault-App Zugriff auf eine Bibliothek mit 39 länderspezifischen Inhalten. Und sollte es unterwegs langweilig werden, können sich die Passagiere mit der App "Song Pop" bei einem Musikquiz die Zeit vertreiben.

So zeitgemäß einige Anwendungen funktionieren, so unübersichtlich kann hier und da die Gesamt-Menüführung sein. An einige Kniffe wie die separate Bordcomputer-Anzeige im Tachodisplay muss man sich erst gewöhnen. Zwischen eigenen Apps, Fahrzeugeinstellungen oder Navifunktionen kann über direkte Touchflächen am oberen Bildschirmrand gewechselt werden.

Die wichtigsten Klimafunktionen haben ein eigenes Bedienteil unterhalb des Touchscreens. Etwas verwirrend: Die Klimaelemente auf dem Touchscreen dienen teilweise nur als Anzeige; Sitz- und Lenkradheizung werden von hier gesteuert.

200-PS-Hybridantrieb als einziger Motor

Wolfgang Rudschies am Steuer des Renault Espace
Redakteur Rudschies empfand den Espace als angenehme Reiselimousine© Achim Stahn

Als einzige Motorisierung gibt es den vom Austral bekannten 146 kW/200 PS starken Hybridantrieb. Der kombiniert einen kleinen Dreizylinder-Turbobenziner mit 1,2 Liter Hubraum und 96 kW/131 PS Leistung mit zwei E-Motoren. Der 51 kW/69 PS starke Haupt-Elektromotor wird von einem 1,7-kWh-Akku gespeist und unterstützt beim Fahren, während der 18 kW/25 PS als Startergenerator zum Anlassen des Verbrenners und zum Wechsel der elektrischen Fahrstufen dient.

Renault verbaut im Espace ein kupplungsloses "Multi-Mode"-Automatikgetriebe. Das System bietet zwei Gänge für den elektrischen Antriebsmotor und vier für den Verbrennungsmotor, wechselt dabei allerdings teilweise hektisch die Übersetzungen. Die Schaltvorgänge sind zwar weitgehend ruckfrei, gerade auf der Autobahn gehen sie mitunter aber mit langen Schaltpausen einher.

Bei zügigem Beschleunigen verhält sich die Automatik zudem unharmonisch, reagiert nervös auf Bewegungen am Gaspedal und lässt den Benziner teils unnötig hochdrehen. Beim Anfahren reagiert das Getriebe verzögert und verleitet dazu, das Gaspedal kräftiger als notwendig zu drücken. Im EV-Modus zeigt der Espace ein völlig anderes Gesicht und gleitet ohne Rucken dahin.

ADAC Verbrauch: 5,9 Liter auf 100 Kilometer

Der neue Renault Espace nach Facelift in 2025 im Test
Tolle Leistung: Nur rund sechs Liter Testverbrauch© Renault

Unter dem Strich soll der Hybridantrieb für einen Verbrauch von nur 4,9 Litern auf 100 Kilometer gut sein. Ein Wert, der beim ADAC Ecotest zwar überschritten wurde. Aber 6,1 Liter im Schnitt sind für diese Fahrzeuggröße ein sehr guter Wert. Dazu trägt bei, dass der Wagen im Stadtverkehr und zum Teil auch auf der Landstraße sehr häufig rein elektrisch unterwegs ist.

Die maximal 200 PS sorgen für souveräne Fahrleistungen. Den Zwischenspurt von 60 auf 100 km/h absolviert der Franzose in 4,6 Sekunden, von 80 auf 120 km/h braucht er mit 5,3 Sekunden kaum länger. Renault gibt den Sprint aus dem Stand auf 100 km/h mit 8,8 Sekunden an, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 174 km/h. Alles sehr ordentliche Werte. Im Alltag wirkt der Espace denn auch gut motorisiert.

Im EV-Mode gleitet der Espace ohne Störgeräusche und Vibrationen dahin, der Verbrenner jedoch läuft wenig kultiviert, vibriert und brummt. Nach Erreichen der Betriebstemperatur bzw. mit zunehmender Geschwindigkeit und einem damit einhergehenden erhöhten Niveau an Geräuschen und Vibrationen durch die Fahrbahn tritt der Dreizylinder in den Hintergrund und wird dann nicht mehr als störend wahrgenommen.

Ansprechverhalten und Leistungsentfaltung des Antriebs wiederum gehen in Ordnung. Gaspedaleingaben werden zügig umgesetzt, die Leistung baut sich weitgehend homogen auf.

ADAC Autotest: Das steckt hinter den Ergebnissen

Die ADAC Autotest-Ergebnisse beruhen auf akribischen Messungen: Mehr als 300 Prüfpunkte untersuchen die Testingenieure des ADAC Technikzentrums in Landsberg am Lech. Vom Platzangebot über die Sicherheit bis hin zum Schadstoff- und CO₂-Ausstoß reicht die Bandbreite.

Im ADAC Ausweichtest überzeugt der Espace. Er folgt der eingeschlagenen Linie dank seiner direkten Allradlenkung und der gripstarken Bereifung für seine Größe überraschend zielgenau. Das ESP greift im richtigen Moment durchaus vehement ein und hält den Espace zuverlässig auf Kurs.

Dank der Allradlenkung lenkt auch die Hinterachse mit. Bis 50 km/h lenken die Hinterräder mit bis zu fünf Grad gegenläufig, über 50 km/h mit maximal einem Grad gleichläufig. Dies sorgt bei höheren Geschwindigkeiten für eine höhere Spurstabilität, während im unteren Geschwindigkeitsbereich Agilität und Wendigkeit gesteigert werden. Mit 2,3 Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag ist die Lenkung damit sehr direkt übersetzt, was den Lenkaufwand gerade innerorts angenehm gering hält.

Fazit: In Summe ist der Espace ein familientaugliches und praktisches Auto geblieben. Doch ein Unterschied zu anderen SUVs ist kaum auszumachen. Preislich bleibt der Franzose angesichts des Gebotenen im Rahmen.

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Renault Espace: Technische Daten, Preis

ADAC Messwerte

ADAC Testurteil

Sicherheit und Umwelt werden doppelt gewertet

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

Text mit Material von SP-X

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