Mercedes EQE SUV: Kann dieses Elektro-SUV sparsam sein?
Mercedes hat hat mit dem EQE SUV sein erstes elektrisches SUV der oberen Mittelklasse im Programm. Es übernimmt die technische Finesse der EQE Limousine. Und auch deren Effizienz? ADAC Test, Video und Infos zu Reichweite und Leistung.
Effizient: Große Batterie für hohe Reichweite, schnelles DC-Laden
Optional: Kino-Innenraum und Hinterachslenkung
AMG-Version mit 687 PS
Auch in Stuttgart stehen die Zeichen auf Elektro: Schon jetzt findet man bei Mercedes eine ähnlich große Auswahl an E-Modellen wie beim Dauerkonkurrenten BMW. Mit dem EQE SUV hat Mercedes nun auch die obere Mittelklasse besetzt. Dieser Ableger steht der EQE Limousine in Sachen Komfort in nichts nach, hat aber ein paar Ideen an Bord, um mehr Effizienz aus dem Antrieb zu kitzeln.
Mercedes EQE SUV: Schwer, aber flott
Das 4,86 Meter lange EQE SUV ist nach dem EQS, dem EQE und dem EQS SUV das vierte Mercedes-Modell, das auf der gleichen Plattform konzipiert wurde. Die SUV-Version nutzt dabei auch die gleiche 90,6-kWh-Batterie wie die EQE Limousine. Mercedes bietet vorläufig vier Varianten an: EQE 300 (180 kW/Hinterrad/Reichweite zwischen 470 - 555 km), EQE 350+ (215 kW/Hinterrad/484 - 596 km), EQE 350 4Matic (215 kW/Allrad/460 - 551 km) und EQE 500 (300 kW/Allrad/464 - 552 km).
Die 215 kW/292 PS im vom ADAC getesteten EQE 350+ haben mit den rund 2,4 Tonnen Leergewicht leichtes Spiel: Von 0 auf 100 km/h beschleunigt das SUV spielerisch in 6,7 Sekunden, bei 210 km/h wird abgeregelt. Den Zwischenspurt von 60 auf 100 km/h erledigt der Mercedes mit 3,5 Sekunden im Handumdrehen. Von 80 auf 120 km/h geht es in 4,5 Sekunden kaum langsamer. Für das Einfädeln in den fließenden Verkehr beim Abbiegen ist die Beschleunigung von 15 auf 30 km/h interessant. Diesen kleinen Zwischenspurt erledigt das EQE SUV 350+ in nur 0,7 Sekunden. Hut ab.
Wie von einem ausgereiften Elektromotorsystem zu erwarten, ergeben sich keinerlei Vibrationen oder störende Motorgeräusche. Um zumindest ein leises Surren des Elektromotors zu vernehmen, muss man schon sehr genau hinhören und ein sehr gutes Gehör haben.
Der Motor zieht vom Start weg mit Nachdruck an, er gibt seine Leistung gleichmäßig ab und schiebt das EQE SUV auch auf der Autobahn mit Vehemenz voran. Je nach Fahrmodus (Eco, Comfort, Sport und individuell) ändert sich das Ansprechverhalten von Fahrpedal, Lenkung und Fahrwerk merklich. Während der Benz im Eco-Modus eher träge und verhalten reagiert, fährt er in "Comfort" agil und direkt.
Bildergalerie: Mercedes EQE SUV
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Das serienmäßige Fahrwerk wirkt insgesamt wenig harmonisch. Einerseits wollte man wohl die typischen Nachteile eines SUV wie die Seitenneigung abstellen. Andererseits sollte der Mercedes-typische Komforteindruck erhalten bleiben.
Das Ergebnis ist ein Fahrwerk, das zunächst spürbar auf Unebenheiten anspricht und dann merklich nachschwingt. So registriert man jede Unzulänglichkeit der Straße, wenngleich das Fahrwerk keine harten Stöße durchlässt. Jedoch kommt der Aufbau dadurch selten zur Ruhe. Letztlich bietet das Fahrwerk jedoch einen ordentlichen Komfort, es fehlt ihm aber die Ausgewogenheit, die Mercedes-Modelle sonst auszeichnet.
Der Stromer lässt sich auch von Ausweichmanövern oder schnellen Spurwechseln nicht aus der Ruhe bringen. Der Geradeauslauf ist einwandfrei, der etwas längere Radstand und der niedrige Schwerpunkt sind dabei hilfreich. Entspanntes Fahren ist damit gut möglich. Bei sportlicher Gangart nehmen die Aufbaubewegungen wie Seitenneigung oder Nicken zu, bleiben aber noch im Rahmen. Die Lenkung ist gelungen, sie passt zum Fahrzeug und seiner Ausrichtung. Sie ist nicht zu empfindlich oder mitteilungsfreudig, dadurch auch nicht nervös. Man hat ein gutes Gefühl und das EQE SUV damit einwandfrei im Griff.
Beim ADAC Ausweichtest geht das EQE SUV auf Nummer sicher. Es zeigt eine spontane Reaktion auf Lenkbefehle, stemmt sich merklich gegen die Seitenneigung. Durch starke ESP-Eingriffe wird ein kurzes kräftiges Untersteuern ausgelöst, das SUV ist aber schnell wieder lenkbar und folgt der gewünschten Richtung. Dadurch bleibt der Wagen sicher, fühlt sich aber weniger souverän an.
Aus 100 km/h kommt der Stromer nach durchschnittlich 33,5 Metern zum Stehen (Mittel aus zehn Vollbremsungen). Das ist ein richtig guter Wert. An das Ansprechen und an die Dosierbarkeit der Bremsanlage kann man sich gewöhnen, gerade anfangs muss man sich aber mit dem etwas synthetischen Bremsgefühl anfreunden. Den Übergang zwischen Rekuperationsbremsen und den Radbremsen haben die Ingenieure gut hinbekommen.
Verbrauch erstaunlich niedrig
Reichlich Arbeit steckten die Ingenieure im Vorfeld in die Aerodynamik und damit in die Effizienz des SUV. Der Unterboden ist komplett verkleidet, ein Radspoiler lenkt den Wind um die Reifen, die Front wurde windschlüpfig gestaltet, ein Dachspoiler vermindert Verwirbelungen und eine Wärmepumpe nutzt Wärme der Batterie und Leistungselektronik. Das spart Strom und erhöht die Reichweite. Bis zu zehn Prozent mehr Reichweite will Mercedes auf diese Weise hinzugewonnen haben.
Mit den 19-Zoll-Standard-Aero-Rädern kommt das SUV auf einen guten Cw-Wert von 0,25, optional sind Räder bis 22 Zoll erhältlich. Mit seiner 90,6-kWh-Batterie soll der 350+ bei einem WLTP-Verbrauch von 17,5 bis 21,7 kWh pro 100 Kilometer bis zu 596 Kilometer Reichweite schaffen.
Und in der Praxis? Im ADAC Ecotest schlug sich das schwere Gefährt wacker. Die ermittelten 19,2 kWh pro 100 Kilometer inklusive Ladeverluste sind insbesondere für ein so großes und schweres Auto ein sehr guter Wert. Ebenso die Reichweite von 555 Kilometern.
Schnellladen an DC-Ladesäulen klappte im ADAC Test mit maximal 171 kW, das ermöglicht die Akku-Füllung von zehn auf 80 Prozent in den von Mercedes versprochenen 32 Minuten. An der AC-Wallbox oder der öffentlichen AC-Säule wird der Akku mit 11 kW in 9,5 Stunden voll, gegen 1190 Euro Aufpreis mit 22 kW in 4,8 Stunden. Kleinlich, dass Mercedes den schnelleren Lader nicht serienmäßig spendiert.
Hyperscreen nur für viel Geld
Wer lang an der Ladesäule steht, dürfte sich umso mehr über den luxuriösen und komfortablen Innenraum freuen. Wer das ganz große Kino bevorzugt und noch ein bisschen Kleingeld übrig hat, kann sich den 8600 Euro teuren, "Hyperscreen" genannten Riesenbildschirm gönnen, der sich fast über die gesamte Fahrzeugbreite erstreckt. Dann erhält der Copilot auch einen eigenen 12,3 Zoll großen Monitor für Spiele und Videos. Für Fahrer oder Fahrerin wird der Monitor abgedunkelt, sollte sein oder ihr Blick auf das ganz rechte Display fallen.
Der immense Funktionsumfang sowie die teils recht verschachtelten Menüs haben auch im Seriencockpit zur Folge, dass man den Blick oftmals recht lange von der Straße abwenden muss. Auch das Multifunktionslenkrad mit seinen Touchflächen anstelle von haptischen Bedienelementen ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Die Flächen reagieren oft unzuverlässig und haben dadurch eine deutlich stärkere Ablenkung vom Verkehrsgeschehen zur Folge als gewöhnliche Tasten.
Das Platzangebot in der ersten Reihe fällt großzügig aus. Auf dem Fahrerplatz finden bis knapp 1,95 Meter große Personen genügend Beinfreiheit vor, die Kopffreiheit würde sogar für deutlich größere Insassen ausreichen. In der zweiten Reihe geht es sogar noch geräumiger zu. So reicht die Beinfreiheit hinten für 2,10-Meter-Menschen, selbst wenn die Vordersitze für 1,85 Meter große Personen eingestellt sind. Die Kopffreiheit ist kaum weniger großzügig, erst ab etwa zwei Meter Körpergröße geht man mit dem Dachhimmel auf Tuchfühlung.
Der Kofferraum ist angemessen groß
Das EQE SUV bietet einen angemessen großen, wenngleich angesichts der Außenmaße nicht gerade üppigen Kofferraum. Bis zur Gepäckraumabdeckung fasst das Ladeabteil gemessene 365 Liter. Entfernt man die Gepäckraumabdeckung, passen bis zum Dach 540 Liter oder zehn Getränkekisten hinein. Nach dem Umklappen der Rückbank stehen dachhoch 1405 Liter Ladevolumen zur Verfügung. Unter dem Kofferraumboden gibt es weiteren Stauraum, der mit rund 110 Litern durchaus üppig ausfällt, einen Frunk gibt es nicht.
Magere 750 Kilogramm Anhängelast dürften Campern oder Pferdebesitzern aber die Lust am 350+ vermiesen. Erst die Allrad-Varianten sind mit einer brauchbaren Anhängelast von 1800 Kilogramm gesegnet. Die Anhängerkupplung im Testwagen gestattet eine Stützlast von 100 Kilo. So können auf einem Heckträger zumindest zwei schwere Pedelecs transportiert werden.
Dass auch bei diesem Mercedes eine ganze Armada von Assistenzsystemen zur Verfügung steht, muss nicht weiter erwähnt werden. Neu ist jedoch ein Fahranfängermodus, der die Geschwindigkeit auf 120 km/h begrenzt. Optional lenkt übrigens auch die Hinterachse mit, was den Wendekreis von 12,3 auf 10,5 Meter verringert.
Preis: Ab 83.478 Euro
Einen Mercedes zu fahren ist kein günstiges Vergnügen. Los geht es mit 83.478 Euro für den EQE 300. Der Preis beim getesteten EQE 350+ liegt bei mindestens 86.810 Euro, mit ein paar standesgemäßen Extras weist das Preisschild des Mercedes-Vertriebs über 100.000 Euro aus. Die Allradvariante EQE 350 4Matic ist ab 89.547 Euro zu haben. Der 500er kratzt bereits in der Basisausstattung an der 100.000-Euro-Schwelle.
AMG EQE SUV: Pure Unvernunft
Noch mehr ausgeben lässt sich natürlich immer. Wie der Limousine wird auch dem EQE SUV ein AMG-Modell an die Seite gestellt. Es ist das erste vollelektrische SUV von Mercedes-AMG und liefert wie gewohnt exorbitante Leistungswerte: Der AMG EQE 43 kostet knapp 125.000 Euro und kommt auf 350 kW/476 PS, der AMG EQE 53 (knapp 140.000 Euro) gar auf 505 kW/687 PS. Beide verfügen über Allradantrieb und Hinterachslenkung, der EQE 53 hat zusätzlich noch eine separat aktivierbare Boostfunktion, die das SUV in 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h bringen soll.
Wenig verwunderlich, dass sich diese Daten auch auf Verbrauch und Reichweite auswirken. Die liegt bei der 53er-Version nur noch bei 375 bis 470 Kilometern. Als Öko-Mobil dürfte der EQE SUV AMG nur schwerlich durchgehen.
Video: Testfahrt im Mercedes EQE SUV
Mercedes EQE SUV: Technische Daten, Preis
Technische Daten (Herstellerangaben) | Mercedes-Benz EQE SUV 350+ Electric Art Advanced (ab 10/23) |
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Motorart | Elektro |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 215 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 292 |
Drehmoment (Systemleistung) | 565 Nm |
Antriebsart | Hinterrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 6,9 s |
Höchstgeschwindigkeit | 210 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | 614 km |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 18,2 kWh/100 km |
Batteriekapazität (Netto) in kWh | 96,0 |
Ladeleistung (kW) | AC:11,0-22,0 DC:170,0 |
Kofferraumvolumen normal | 520 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.675 l |
Leergewicht (EU) | 2.490 kg |
Zuladung | 505 kg |
Anhängelast ungebremst | 750 kg |
Anhängelast gebremst 12% | 750 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 2 Jahre |
Länge x Breite x Höhe | 4.863 mm x 1.940 mm x 1.685 mm |
Grundpreis | 86.811 Euro |
ADAC Messwerte
ADAC Messwerte (Auszug) | Mercedes-Benz EQE SUV 350+ Electric Art Advanced |
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Überholvorgang 60 – 100 km/h | 3,5 s |
Bremsweg aus 100 km/h | 33,5 m |
Wendekreis | 12,1 m |
Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest | 19,2 kWh/100 km, 96 g CO₂/km (well-to-Wheel) |
Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne) | ***** |
Reichweite | 555 km |
Innengeräusch bei 130 km/h | 64,4 dB(A) |
Leergewicht / Zuladung | 2412 / 563 kg |
Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch | 365/ 770 / 1405 l |
ADAC Testurteil
ADAC Testergebnis | Mercedes-Benz EQE SUV 350+ Electric Art Advanced (05/23 - 10/23) |
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Karosserie/Kofferraum | 2,5 |
Innenraum | 2,3 |
Komfort | 2,1 |
Motor/Antrieb | 0,9 |
Fahreigenschaften | 2,2 |
Sicherheit | 1,3 |
Umwelt/EcoTest | 1,4 |
Gesamtnote | 1,7 |
sehr gut
0,6 - 1,5
gut
1,6 - 2,5
befriedigend
2,6 - 3,5
ausreichend
3,6 - 4,5
mangelhaft
4,6 - 5,5
Im ADAC Autokatalog finden Sie weitere technische Daten zum Mercedes EQE SUV.
Text: Fabian Hoberg, Gabriel Kroher
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