Günstige Kleinwagen? Gibt's nicht mehr!

Verschwinden langsam aus dem Straßenbild: Bezahlbare Klein- und Kleinstwagen
Verschwinden langsam aus dem Straßenbild: Bezahlbare Klein- und Kleinstwagen© Citroen, Seat, Smart [M]

Das Angebot an bezahlbaren Klein- und Kleinstwagen schrumpft – und die verbliebenen Verbrenner- oder Elektromodelle können sich viele nicht mehr leisten. Die Hintergründe.

  • Das Kleinwagen-Angebot schrumpft

  • Enorme Preissprünge in kurzer Zeit

  • Rekordumsätze der Autohersteller

Teurer Trend: Weniger Modelle, höhere Preise

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Lieferschwierigkeiten: Ganz Europa stöhnt unter den Belastungen. Ganz Europa? Nein! Eine Branche hört nicht auf, den ständigen Krisen tapfer Widerstand zu leisten: Die Automobilbranche. Sie fährt nicht nur Rekordumsätze, sondern auch Rekordgewinne ein.

Wie das geht? Ganz einfach: Aufgrund der Lieferschwierigkeiten von Zubehörteilen oder zu hoher Stromkosten wegen fehlender Gaslieferungen können weniger Autos gebaut werden. Deshalb konzentriert man sich auf größere Fahrzeuge, weil die höhere Gewinnmargen aufweisen. Und hat ein Hersteller Klein- oder Kleinstwagen im Programm, werden weniger gebaut, sind gerade nicht lieferbar oder werden so verteuert, dass die Marge eben doch noch stimmt. Der Kunde muss nehmen was da ist – und Rabatte gibt's in diesen Zeiten eh nicht mehr.

Entweder fliegen Kleinwagen aus dem Programm ...

Selbst der elektrische Kleinwagen BMW i3 hat keine Zukunft mehr © BMW

Ford Ka+ und Fiesta, Opel Karl und Adam, Citroën C1, Peugeot 108, Smart Fortwo, Škoda Citigo, Seat Mii und sogar der elektrische BMW i3 all diese Kleinst- und Kleinwagen gibt es nicht mehr oder wird es in Kürze nicht mehr geben. Warum? An der mangelnden Nachfrage liegt es nicht: Fast alle Modelle – so berichten es Händler – hätten sich wie geschnitten Brot verkauft. Doch deren Umsatz fällt jetzt weg – weil die Hersteller anders argumentieren: Schon das Erreichen der aktuellen Euro 6-Abgasnormen wäre bei diesen Modellen mit hohen Entwicklungskosten verbunden gewesen, die sich über Verkäufe nicht amortisiert hätten. Und damit ist schon jetzt klar: Die für Mitte 2025 anstehende Euro 7-Norm dürfte das Ende für weitere Modelle bedeuten.

Auch mit der Sicherheit argumentieren die Autohersteller: Eine gute und effektive Sicherheitsausstattung, wie sie vom Euro NCAP-Programm gefordert wird, koste eben auch viel Geld – und das wäre die Klientel der Kleinwagen-Käufer ohnehin nicht bereit zu zahlen.

... oder kosten sehr viel mehr

Facelift-Modelle Hyundai i10: Kommen im Sommer 2023 – mit sattem Preisaufschlag © Hyundai

Ein gutes Beispiel, wie Hersteller am immer knapperen Kleinwagen-Angebot trotzdem noch verdienen wollen, ist der Hyundai i10. Er ist auch deshalb ein gutes Beispiel, weil der ADAC dieses Modell im Artikel "Autopreise: Neuwagen immer teurer. Doch muss das sein?" als besonders vorbildlich vorgestellt hat. Denn im September 2022 war der knuffige Kleinwagen mit 11.410 Euro in der Pure-Ausstattung das zweigünstigste Modell, das in Deutschland erhältlich war. Im November 2022 wurde der Verkauf des i10 als Neuwagen eingestellt – um im Sommer 2023 mit einem leichten Facelift wieder bei den Hyundai-Vertragshändlern zu stehen. Jetzt aber nicht mehr für 11.410 Euro, sondern für mindestens 15.990 Euro! Wie die Händler den Kunden die satte Preissteigerung von 4580 Euro in nur knapp einem halben Jahr begründen müssen? Die Pure-Basisausstattung gäbe es nicht mehr, jetzt ist das besser ausgestattete "Select"-Modell eben die neue Basis.

Enormer Preisanstieg: Verbrenner-Kleinwagen

Der Kunde hat keine Wahl. Und ein Preisvergleich mit der Konkurrenz bringt leider auch nichts. Denn ein Blick auf die Entwicklung im Kleinwagensegment beweist, dass die Preispolitik von Hyundai kein Einzelfall ist, sondern Methode hat.

So hat sich der durchschnittliche Preis der Basismodelle aller Kleinwagen mit Verbrennermotoren von 13.244 Euro im Jahr 2013 über 15.504 Euro im Jahr 2020 bis zu aktuell 2023 auf 20.522 Euro erhöht. Auffällig ist vor allem der große Preissprung in den letzten drei Jahren. Aber klar: Das waren die Krisenjahre – und die Anbieter hatten die besten Argumente für Preiserhöhungen.

Berücksichtigt wurden in den Tabellen alle Modelle in der Kleinst- und Kleinwagenklasse mit allen Karosserievarianten (z.B. Schrägheck, SUV etc.) und jeweils nur das günstigste Einstiegsmodell.

Beispiele: Verbrenner-Preise Kleinwagen 2020 vs. 2023

Basis-Modell (Verbrenner)

Preis 2020 in Euro

Preis 2023 in Euro

Fiat 500

12.990

16.990

Peugeot 208

15.099

22.050

Opel Corsa

14.042

18.280

Mini 3-Türer

17.254

26.900

Renault Twingo

10.128

16.100

VW Polo

15.139

20.830

Quelle: ADAC e.V. Autokatalog

Gleicher Effekt: Kleinwagen mit E-Antrieb

Autos mit Verbrennermotoren werden spätestens ab 2035 nicht mehr als Neuwagen angeboten. Doch wird dann in punkto Preissteigerung alles besser? Die Frage ist aktuell noch schwer zu beantworten, weil der Markt für kleine E-Autos noch nicht ins Rollen gekommen ist: Zur Zeit wollen die Hersteller – auch mit Hilfe der staatlichen Förderprogramme – vor allem große und hochpreisige Stromer loswerden, weshalb das Angebot an E-Kleinwagen überschaubar bleibt. Auch die chinesischen Hersteller – normalerweise gerne mit Kampfpreisen unterwegs – schließen sich (noch) dieser Hochpreis-Strategie an.

Deshalb sieht es mit dem Preisanstieg für E-Kleinwagen ähnlich wie bei den Verbrennern aus – freilich auf einem wesentlich höheren Niveau: Es geht von 24.604 Euro (2013) über 27.330 Euro (2020) auf aktuell 32.155 Euro!

Berücksichtigt wurden in den Tabellen alle Modelle in der Kleinst- und Kleinwagenklasse mit allen Karosserievarianten (z.B. Schrägheck, SUV etc.) und jeweils nur das günstigste Einstiegsmodell.

Beispiele: E-Auto-Preise Kleinwagen 2020 vs. 2023

Basis-Modell (Elektroauto)

Preis 2020 in Euro

Preis 2023 in Euro

Fiat 500 e

23.560

30.990

Peugeot e-208

29.682

35.350

Opel Corsa-e

29.146

36.395

Mini 3-Türer electric

31.681

35.700

Renault Twingo E-Tech

21.790 (2021)

28.000

VW up!

21.421

29.995

Quelle: ADAC e.V. Autokatalog

Zusammenfassung: Elektro- und Verbrennermodelle

Obwohl der Gesamtmarkt für Klein- und Kleinstwagen durch die zusätzlichen Elektrofahrzeuge wachsen müsste, schrumpft er tatsächlich: Wurden im Jahr 2013 in diesem Segment noch 89 unterschiedliche Modelle angeboten, sind es 2023 nur noch 75. Dafür erhöht sich der durchschnittliche Preis für ein Basismodell der Klein- und Kleinstwagenklasse von 14.138 auf satte 23.934 Euro – macht einen satten Preisaufschlag von 69 Prozent!

Berücksichtigt wurden in den Tabellen alle Modelle in der Kleinst- und Kleinwagenklasse mit allen Karosserievarianten (z.B. Schrägheck, SUV etc.) und jeweils nur das günstigste Einstiegsmodell.

Fazit: Autofahren muss bezahlbar bleiben

Selbstverständlich müssen alle Autos und auch die Kleinwagen möglichst sauber fahren. Ebenso wichtig ist es, dass alle lebensrettenden Sicherheitssysteme an Bord sind. Und natürlich hat sich auch die Komfortausstattung verbessert. Aber: Autofahren muss bezahlbar bleiben! Und wenn der Kunde eben schlichtweg kein Auto mehr zu einem leistbaren Preis bekommt, bleibt die individuelle Mobilität für immer mehr Menschen auf der Strecke.

Das mag zwar manchem Stadtbewohner, der ein funktionierendes U-Bahn-Netz zur Verfügung hat oder schnell mal mit dem flotten E-Bike in die Arbeit fahren kann, nicht so wichtig sein. Aber der weitaus größte Teil der Bevölkerung ist aufgrund der realen Infrastruktur auf das Auto auch in Zukunft angewiesen.

Für viele ist ein preisgünstiger Kleinwagen lebenswichtig. Gerne auch ohne Schnick-Schnack und Chi-Chi, mit geringerer Motorleistung, billigeren Materialien oder weniger Sitzplätzen und Türen. Hier sollte die Autoindustrie Phantasie zeigen – die Autokäuferinnen und Autokäufer werden es belohnen.

Thomas Kroher
Thomas Kroher
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