Die BMW F 750 GS und ihre stärkere Schwester F 850 GS sind sehr erfolgreich und erweisen sich bei den Testfahrten als feine Mittelklasse-Reiseenduros. Fahrbericht, technische Daten, Bilder und Preise. Neu 2023: Reifendruckkontrolle und Komfortblinken Durchzugsstarker und elastischer Reihen-Twin Allrounder für jedermann, Modelle für A2-Führerschein erhältlich BMW hat den Mittelklasse-Enduros F 750 GS und F 850 GS im Modelljahr 2023 nur wenige Neuheiten gespendet. Zum Beispiel ist die Reifendruckkontrolle für alle Fahrzeuge lieferbar, die mit dem Keyless-Zugangs- und Startsystem ausgerüstet sind. Zudem gibt es die Sonderausstattung "Komfortblinken", und die besonders langlebige M-Endurance-Antriebskette ist nun Inhalt des Komfortpakets. Bleiben wir gleich bei Ausstattungen und Preisen der F 750 GS. Mit etwas über 10.000 Euro ist ihr Grundpreis relativ günstig, doch kommt man um den Kauf der vier angebotenen Pakete (Komfort, Dynamik, Touren und Aktiv) nur herum, wenn man die technischen Finessen, welche diese 57 kW/77 PS leistende Maschine erst zu einem Premium-Produkt machen, konsequent verweigert. Entscheidet man sich für die Pakete und weiteres Nützliches, steigt der Kaufpreis inklusive des "Style Sport"-Outfits um mehrere Tausend Euro. Dafür hat man dann fast alles, was nicht nur "nice to have", sondern vielfach wirklich prima ist – wie Griffheizung, semiaktives Federungssystem, Tempomat und die Connectivity zur Smartphone-Integration. Motoren im Test: F 750 GS (77 PS), F 850 GS (95 PS) Die derzeitige Generation der BMW F 750 GS gibt es seit 2018. Von der etwas stärkeren F 850 GS unterscheidet sie sich nicht im Hubraum des Zweizylinder-Reihenmotors (beide bringen 853 ccm Hubvolumen mit), sondern allein durch die reduzierten Leistungsdaten (77 PS), die kürzeren Federwege und das minimal geringere Gewicht. Ein Leichtgewicht ist die F 750 GS dennoch nicht: BMW gibt 227 Kilogramm an, für die diversen Extras muss man noch ein paar Zusatzkilos rechnen. Immerhin: Gut 200 Kilogramm Zuladung sollten in jedem Fall gegeben sein. Die Sitzhöhe lässt sich passgenau wählen: Zwischen 76 und 84,5 Zentimetern stehen fünf Möglichkeiten zur Wahl. Für Durchschnittsfiguren ist die Serienhöhe von 81,5 Zentimeter ideal. Die 70 kW/95 PS leistende F 850 GS wiegt sechs Kilo mehr, die Sitzhöhe beträgt stramme 86 Zentimeter (Spreizung von 80,5 bis 89 Zentimeter). Echte Vorteile für ambitionierte Exkursionen jenseits des Asphalts bieten die 23 Zentimeter Federweg der 850er. Die 750er muss mit 17 Zentimetern auskommen, was aber für übliche Wald- und Feldwege allemal ausreicht. Verbrauch: 4,1 bis 4,5 l, Reichweite: 300 km Auf großer Tour erweist sich die 750er als feines, ausgewogenes Mittelklassemotorrad: Der Reihen-Twin hängt bestens am Gas, ist durchzugsstark und elastisch. Er ist maßgeblich daran beteiligt, dass man mit dieser BMW gleichermaßen aktiv und zugleich mühelos unterwegs ist. Die gebotene Leistung reicht für Solisten vollkommen aus, zu zweit muss man auf kräftigeren Bergauf-Abschnitten gewisse Dynamik-Einschränkungen in Kauf nehmen. Der Verbrauch bleibt stets maßvoll: BMW gibt einen Durchschnitt von 4,2 Litern pro 100 Kilometer an. Dieser Wert lässt sich in der Praxis durchaus erreichen. Die Verbrauchswerte bei der Testfahrt lagen zwischen 4,1 und 4,5 Litern pro 100 Kilometer. Der 15 Liter-Tank ermöglicht damit Reichweiten von sicheren 300 Kilometern. Fahrleistungen, Connectivity, Display Auch das Fahrwerk – das Testbike wies die semiaktiv arbeitende Dämpfung Dynamic ESA fürs Hinterrad auf – überzeugte: Einlenken fällt leicht, die Stabilität in Kurven wie bei höherem Tempo ist tadellos. Auch die Bremsen – vorne doppelte, hinten eine einfach Scheibe – sind leicht bedienbar und packen kräftig zu. Das ABS ist serienmäßig schräglagenfähig und regelt feinfühlig. Ebenfalls zur Serienausstattung zählen die schräglagenfähige Traktionskontrolle, LED-Komplettbeleuchtung sowie der USB-Port rechts im Cockpit. Das Connectivity-System ist sein Geld wert: Mit der dazugehörenden vielfältigen BMW-App wird sogar eine Kartennavigation über das 6,5-Zoll-TFT-Display möglich. Der BMW Navigator 6 konnte bei der Testfahrt nicht in allen Details überzeugen: Mal wurden seit mindestens 30 Jahren asphaltierte Straßen als "unbefestigt", ein anderes Mal Nebenstrecken überhaupt nicht angezeigt. Ein perfektes Tool ist das mittlerweile in den meisten BMW als Serienausstattung gelieferte Display samt dem Dreh-Drück-Steller "Multicontroller". In die Bedienung der zahlreichen Einstellmöglichkeiten muss man sich aber erst einmal einarbeiten. Bilder: BMW F 750 GS und F 850 GS 750er-Windschutz ist suboptimal Sparsam und nicht überzeugend ist bei der F 750 GS der Windschutz ausgefallen. Das ist ein Unterscheidungsmerkmal zur 850er, das sich allerdings über den Händler egalisieren lässt. Statt mit Seitenkoffern wurde die Testfahrt mit einem geräumigen, wasserdichten BMW-Softbag absolviert, das auf dem Gepäckträger befestigt wird. Es hat sich sehr bewährt, ist allerdings inzwischen durch ein neues Produkt ersetzt worden. Dieses weist ungefähr dasselbe Volumen auf und ist niedriger, aber auch breiter. BMW F 750 GS / F 850 GS: Daten, Preise Fazit: Erst mit Aufpreis spitze Die BMW F 750 GS nimmt im GS-Ranking des bayerischen Herstellers Platz zwei hinter der mit großem Vorsprung führenden R 1250 GS ein. Angesichts der Dominanz der "ewigen" Boxer-GS sind die Zahlen der 750er und der 850er aber nicht schlecht. Freilich werden beide Reiseenduros erst dann zu Premium-Bikes, wenn sich der Käufer all die Zusatz-Nettigkeiten leisten kann, die sie aus der Masse der Wettbewerbsmodelle von Yamaha Ténéré, Triumph Tiger, Moto Guzzi V85 TT oder Suzuki herausragen lassen. Text: Ulf Böhringer SP/X