Testfahrt im Smart #1: Elektro-SUV statt kultiger Stadtflitzer

Smart #1: Kleines SUV statt kleines Stadtauto
Smart #1: Kleines SUV statt kleines Stadtauto© 2022 smart Europe GmbH

Ende 2022 beginnt bei Smart eine neue Ära: Mit dem elektrischen Mini-SUV Smart #1 verabschiedet sich die Marke von der Mikromobilität des Smart Fortwo. Gebaut wird das neue Modell in China. Die erste Testfahrt ist vielversprechend. Daten, Infos, Preise.

  • Smart #1 mit 66-kWh-Batterie und mehr als 400 Kilometern Reichweite

  • Mit 4,27 Metern Länge mit Mini Countryman vergleichbar

  • Preis des ersten SUV von Smart: ab 41.490 Euro

Als der erste Smart 1998 auf den Markt kam, hatte es so ein Auto noch nicht gegeben. Das "City-Coupé" war gerade einmal 2,50 Meter lang, wurde in gläsernen Türmen verkauft und versprach, die Mobilität in der Stadt zu revolutionieren. Doch hinter der bunten Welt von Smart lief nicht alles so rund, wie geplant: Ex-Partner und Swatch-Gründer Nicolas Hayek schmiss hin, und das ursprünglich als Elektroauto angedachte Microcar wurde erst mal nur mit Verbrennungsmotoren verkauft. Elektrisch durften Smart Fortwo und Forfour erst viele Jahre später fahren – mit dürftiger Reichweite.

Smart #1: Der erste SUV von Smart

Ende 2022 kommt der Neuanfang. Smart ist mittlerweile ein Joint-Venture von Mercedes und dem chinesischen Hersteller Geely. Das erste Modell der Gemeinschaftsproduktion wird in China gebaut, hört auf den Namen Smart #1 (gesprochen "Hashtag One" oder auch gerne eingedeutscht "Nummer eins") und ist – natürlich – ein SUV. Knuffig sieht das neue Modell immer noch aus, Mercedes-Chefdesigner Gorden Wagener will Smart gar zu einer "führenden Designmarke" machen. Der Smart #1 sei "erwachsen, cool und bezaubernd".

Der Innenraum erinnert an Tesla

Ein frisches Aussehen kann man dem neuen Modell in der Tat bescheinigen, wie der Testfahrer beim ersten Fahrtermin feststellen konnte. Doch sind auch die Ideen frisch? Ja, in der hübschen Verpackung gibt es einiges Erwähnenswertes. So ist es bestimmt kein Zufall, dass der große 12,8-Zoll-Bildschirm in der Mitte des Armaturenbretts, über den das Meiste bedient wird, frappierend an den Tesla Model 3 erinnert. "Richtige" Tasten sind Mangelware, und hinter dem Lenkrad findet sich nur noch ein sehr kleines Display für Tacho, Ladezustand, Reichweite usw.

Alles wirkt clean, modern, nicht überfrachtet, und es gibt eine Ambientebeleuchtung mit 64 Farben. Natürlich lassen sich, wie heute üblich, Software-Updates "over the air" einspielen, ein Avatar als "intelligenter Begleiter" in Gestalt eines Fuchses soll dem Fahrenden via Sprachsteuerung Arbeit abnehmen und über künstliche Intelligenz stets dazulernen.

Der Smart #1 muss erst Deutsch lernen

Klingt gut, doch in der Praxis ist das noch ausbaufähig. Bei den ersten Testfahrten musste man auf Englisch mit dem System kommunizieren, was sich bis zur Auslieferung Ende 2022 laut Hersteller aber erledigt haben soll. Dann soll der Smart auch Deutsch können. Ob sich bis dahin auch die Verkehrszeichenerkennung verbessert hat, die beim ersten Treffen mit dem #1 nur leidlich funktioniert hat? Eine "Segel-Funktion" will Smart ebenfalls ergänzend zu den beiden einstellbaren Rekuperationsstufen nachreichen. Langes Ausrollen, ohne dass das Fahrzeug abbremst, kann schließlich am meisten Energie sparen bei einem Elektroauto.

Und ja, die ein oder andere Taste mehr im Cockpit hätte sicher nicht geschadet. Wer die Außenspiegel verstellen will, muss sich über das auf den ersten Blick ziemlich überfrachtete Display in der Cockpitmitte durch die Menüs klicken, um dann mit den Lenkradtasten die Spiegel zu justieren. Eher umständlich denn praktisch. Und warum gibt es zwar noch reguläre Tasten für das Abblendlicht, die Nebelschlussleuchte wiederum muss aber im Untermenü des Bildschirms eingeschaltet werden?

4,27 Meter Länge: Der Smart ist erwachsen geworden

Schön bunt zu haben: Der Mini-SUV Smart #1 mit farblich abgesetztem Dach © 2022 smart Europe GmbH

Die Bildschirmmenüs hätten sich der Übersichtlichkeit wegen sicher etwas entrümpeln lassen. Die Lenkkräfte etwa sind in drei Stufen von leichtgängig und indirekt bis schwergängiger und direkt einstellbar. Hätte Smart gleich die mittlere genommen und den Punkt im Bildschirm weggelassen, wäre es kein Schaden gewesen. Schließlich ist sie der perfekte Kompromiss, der den Smart handlich macht und für alle und jeden passt.

Über die Smart-App kann das Auto schlüssellos via Smartphone geöffnet, gestartet und zugleich mit anderen "geteilt" werden. Man kann also ein privates Carsharing betreiben. Wer die Berechtigung hat, braucht ebenfalls nur ein Smartphone, ein physischer Schlüsseltausch ist somit obsolet. Um Missbrauch auszuschließen, soll die Technik nach neuesten Standards verschlüsselt sein. Die Türgriffe fahren elektrisch aus, wenn sich der Besitzer oder die Besitzerin nähert, und die Scheiben sind rahmenlos – wie bei einem Coupé.

Eines ist der neue Smart sicher nicht mehr: ein Parkfloh, der in jede Lücke – wenn es sein muss auch quer – hineinwuselt. Schließlich kommt das neue Modell auf Maße, die in etwa denen eines VW Golf bzw. Mini Countryman entsprechen. 4,27 Meter Länge, 1,82 Meter Breite und 1,64 Meter Höhe ist nicht wirklich groß, im Vergleich zum Ur-Smart aber riesig.

Der Smart #1 bietet fünf Personen Platz

Die Rückbank des Smart #1 ist längs verschiebbar © Smart

Dem Platzangebot kommt das zugute. So ist der #1 als Fünfsitzer zugelassen, die Beinfreiheit in Reihe zwei fällt recht ordentlich aus. Die 60:40 geteilt umlegbare Rückbank lässt sich um 13 Zentimeter verschieben – für wahlweise mehr Platz im Kofferraum oder noch mehr Beinfreiheit. Richtig groß ist der Kofferraum allerdings nicht, hier hätte man von einem rein als Elektroauto entwickelten Modell ein Mehr an Raum erwartet. Unter der relativ langen "Motorhaube" vorn gibt es einen kleinen Frunk mit 15 Litern Volumen, der sich zum Beispiel zum Verstauen der Ladekabel eignet.

Smart-Elektro-SUV mit bis zu 440 Kilometern Reichweite

Und wie steht es um die Qualitäten als Elektroauto? Hier spielt der Smart #1 in der ersten Liga mit. Im Unterboden befindet sich eine für diese Fahrzeugklasse ungewöhnlich große 66-kWh-Batterie (netto nutzbar 64), die eine Reichweite nach WLTP von 400 bis 440 Kilometern ermöglichen soll. Auf den ersten Testfahrten erschienen 380 bis 400 Kilometer als durchaus realistisch.

Geladen wird an AC-Säulen mit bis zu 22 kW – auch das ist eher die Ausnahme denn die Regel. Die meisten Elektroautos liegen hier bei elf kW. Rein rechnerisch soll sich die Batterie an einer öffentlichen AC-Säule so in drei Stunden laden lassen. Leider lädt die Basisversion namens Pro+ nur mit 7,4 kW, erst die teureren Versionen kommen mit 22-kW-Lader.

An DC-Schnellladesäulen sind bis zu 150 kW Ladeleistung möglich – Smart verspricht eine Ladezeit von unter 30 Minuten für den Hub von zehn auf 80 Prozent. Somit dürfte der #1 sein früher angestammtes Revier in der Stadt öfter verlassen und auch für längere Strecken taugen.

Der Elektromotor leistet 200 kW

Im Stil der Elektroautos von Mercedes: Die mit einem Leuchtenband verbundenen Heckleuchten © 2022 smart Europe GmbH

Sehr selbstbewusst ist auch die Motorleistung mit 200 kW/272 PS, die sehr sportliche Fahrleistungen ermöglicht. So beschleunigt das gefahrene Standard-Modell in 6,7 Sekunden auf Tempo 100, die Spitze liegt bei 180 km/h. Die Kraft merkt man schon beim ersten Druck auf das Gaspedal, wenn der #1 hurtig, verzögerungsfrei und überaus flott vom Fleck wischt. Und das sehr leise: Die Geräuschdämmung macht einen sehr guten Eindruck, ebenso die Federung, die Straßenunebenheiten gut wegfiltert.

Mehr Leistung braucht eigentlich kein Mensch, und doch lässt es sich Smart nicht nehmen, eine noch potentere Brabus-Version anzubieten. Die hat fast schon obszöne 315 kW/428 PS in Petto, aufgeteilt auf einen Front- und einen Heckmotor. Allradantrieb ist hier Serie, beim "normalen" #1 wird die Kraft auf die Hinterräder übertragen.

Hoher Preis: Der Smart #1 kostet 41.490 Euro

Komfortables Fahrwerk, gute Fahrleistungen: Smart #1 © 2022 smart Europe GmbH

Dass angesichts des Gebotenen der neue Smart kein Schnäppchen werden wird, war abzusehen. Doch ein Grundpreis von 41.490 Euro für den "Pro+", 44.990 Euro für den "Premium" und 46.290 Euro für die Launch-Edition sind auch abzüglich der E-Auto-Förderung eine ganze Menge Holz. Der Brabus legt mit 48.990 Euro noch eins drauf. Damit liegt der Smart auf dem Niveau des VW ID.3, Kia Niro EV und Hyundai Kona Elektro. Immerhin stellt Smart für Mitte 2023 noch eine günstigere Version mit kleinerer Batterie (um 44 kWh) in Aussicht. Die könnte dann bei rund 35.000 Euro starten.

Bestellt werden kann der Smart #1 ab 18. Oktober 2022, ausgeliefert wird noch im Dezember 2022. Ob dem #1 irgendwann ein Microcar im Stil des ersten Smart folgt? Man darf gespannt sein. Nach #1 liegt es nahe, dass #2 und #3 folgen werden.

Smart #1 und #1 Brabus: Technische Daten, Preise

Technische Daten (Herstellerangaben)

Smart #1

Smart #1 Brabus

Motor/Antrieb

Elektromotor, 200 kW/272 PS, 343 Nm Drehmoment, Heckantrieb

Elektromotor, 315 kW/428 PS, 543 Nm Drehmoment, Allradantrieb

Fahrleistungen

0–100 km/h in 6,7 s; 180 km/h Spitze

0–100 km/h in 3,9 s; 180 km/h Spitze

Batteriekapazität brutto / netto

ca. 66 / 64 kWh

ca. 66 / 64 kWh

max. Ladeleistung AC / DC

22 (Basismodell 7,4 kW) / 150 kW

22 / 150 kW

Verbrauch nach WLTP

17,0 kWh/100 km

17,9 kWh/100 km

Reichweite nach WLTP

420–440 km

400 km

Maße

L 4,27 / B 1,82 / H 1,64 m

L 4,30 / B 1,82 / H 1,64 m

Kofferraum normal / umgeklappt

273–411 l / k. A.

273–411 l / k. A.

Leergewicht / Zuladung

1800 / 425 kg

1900 / 425 kg

Preis*

ab 41.490 Euro

ab 48.990 Euro

* Vor Förderung

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