Test Renault Kangoo E-Tech: Wie gut ist der Elektro-Van?

Die Transporter-Variante des Kangoo hatte Renault schon länger elektrifiziert. Doch mittlerweile fährt auch die Pkw-Version des Hochdachkombis elektrisch – als Kangoo E-Tech Electric. Mit der Reichweite ist es allerdings nicht weit her. ADAC Test, Daten, Bilder

• Renault Kangoo Electric ab 39.300 Euro

• Elektromotor mit 122 PS

• 230 Kilometer Reichweite im ADAC Ecotest

Nachdem Stellantis mit seinen elektrischen Familien-Hochdachkombis wie Opel Combo, Citroën Berlingo, Peugeot Rifter und Fiat Doblo vorgelegt hat, ist auch Renault nachgezogen – und hat den Kangoo als elektrisches Familienauto aufgelegt.

Das ist nicht verwunderlich. Denn ein Hochdachkombi eignet sich an sich perfekt für Elektroantrieb: Platz für die Batterie ist ausreichend vorhanden – und mit Hochdachkombis hetzt man selten von Termin zu Termin über die Autobahn. Sie sind Autos für Pragmatiker ohne allzu große sportliche Ambitionen.

Kangoo Electric: 90 kW-Motor im Test

Das zeigen auch die technischen Daten. An der Vorderachse sorgt ein E-Motor mit 122 PS und einem Drehmoment von 245 Newtonmeter im unteren und mittleren Geschwindigkeitsbereich für ordentliche Fahrleistungen. Der 4,49 Meter lange Kangoo lässt sich damit relativ lange 12,6 Sekunden Zeit für den Spurt auf 100 km/h, bei 132 km/h ist ohnehin Schluss. Trotz des Leergewichts von über 1,8 Tonnen geht es bei Bedarf subjektiv recht zügig voran. Der kurze Sprint von 15 auf 30 km/h etwa gelingt in etwas über einer Sekunde.

Etwas gemächlicher geht es außerorts zu, dennoch ist die Beschleunigung von 60 auf 100 und von 80 auf 120 km/h in völlig ausreichenden 7,5 beziehungsweise 10,6 Sekunden abgeschlossen. Überholmanöver auf der Autobahn wollen aber wohl überlegt sein, denn ab 110 km/h bietet der Kangoo nur noch wenig Power und es wird zäh. Dann bleibt man meist doch lieber auf der rechten Spur.

Nur 230 km Reichweite im Test

Im Eco-Modus arbeitet die E-Maschine statt mit 122 PS maximaler Leistung sogar nur mit 75 PS und regelt bei 110 km/h ab, um die Reichweite zu maximieren. Damit soll sein Defizit ausgeglichen werden: Die sehr kleine Batterie. Der 45-kWh-Akku reichte im ADAC Ecotest für gerade mal 230 Kilometer. Was zunächst passabel klingt, kann sich im Alltag durch niedrige Temperaturen oder einer Fahrt auf der Autobahn schnell in Richtung 200 und drunter ändern.

Der Stromverbrauch liegt bei 19,2 kWh pro 100 Kilometer nach WLTP-Norm, beim realitätsnäheren ADAC Ecotest waren es 21,9 kWh, Ladeverluste inklusive. Angesichts dieser Daten taugt der Kangoo Electric vorrangig als Zweitwagen, der im Stadt- oder Überlandverkehr seinen Einsatz findet.

Wer den Kangoo bei artgerechter Haltung als Familientransporter mit höheren Beladungen oder für die Familienurlaubsfahrt nutzt, wird mit der bescheidenen Reichweite und der unterdurchschnittlichen Ladeleistung aber wenig Freude haben.

Bildergalerie: Renault Kangoo E-Tech Electric

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Schnell laden? Beim Kangoo nur als Extra

Vor allem lassen sich andere Elektroautos schneller laden. Maximal 80 kW zieht der Franzose laut Renault an DC-Schnellladesäulen, in der Praxis waren 78 kW zu erreichen. Und die gibt es auch nur optional.

Serienmäßig lädt der Franzose den luftgekühlten Akku mit 11 kW in vier Stunden an "normalen" AC-Säulen voll, 22 kW-AC- und 88 kW-DC-Ladeleistung für den dann flüssigkeitsgekühlten Akku kosten Aufpreis. Wer viel in der Stadt unterwegs ist, kann aber mit der dreistufigen Rekuperation Energie zurückgewinnen – oder den Kangoo einfach rollen lassen.

Zum flotten Fahren ist das 1,83 Meter hohe Auto ohnehin nicht gedacht. In schnell durchfahrenen Kurven zeigt der Franzose zeigt viel Karosserieneigung. Doch besonders hohe Kurvengeschwindigkeiten sind sowieso nicht möglich, weil er früh beginnt, über die Vorderachse zum äußeren Kurvenrand zu schieben. Hebt man in der Kurve das Gaspedal, drängt das Heck spürbar nach außen, wird durch das ESP aber rasch wieder eingefangen. Im ADAC Ausweichtest zeigt sich der Franzose zwar sicher, aber wenig dynamisch: Bereits beim ersten starken Anlenken bremst das ESP den Wagen ein, sodass man problemlos wieder in die ursprüngliche Fahrspur lenken kann.

Die Mittelstellung der Lenkung ist bei höheren Geschwindigkeiten ordentlich definiert und zufriedenstellend erfühlbar, die Lenkpräzision ist gut, leidet jedoch unter der ausgeprägten
Wankneigung der Karosserie und der verzögert ansprechenden Hinterachse. Das Fahrwerk macht seine Sache insgesamt recht gut und bietet einen ordentlichen Federungskomfort. Bei geringen Geschwindigkeiten spricht es recht steifbeinig auf Unebenheiten an, mit zunehmendem Tempo bessert sich das Ansprechverhalten.

Kangoo Electric: Verschiebbare Rückbank

Andererseits dürften sich überzeugte Kangoo-Fahrer am flüsterleisen Antrieb erfreuen, dazu über praktische Dinge für den Alltag wie Handy-Ladeschale, Steckdosen für USB und 12 Volt sowie ein großes Fach unter der Mittelarmlehne. Auch die um 14 Zentimeter verschiebbare zweiteilige Rückbank mit den vielseitig umklappbaren Rückenlehnen sowie die seitlichen manuellen Schiebetüren erleichtern den Tag mit Kind und Kegel im praktischen Fünftürer. Und natürlich erleichtern fraglos auch die unzähligen Fächer und Staumöglichkeiten den Alltag.

Vorn links freut man sich derweil über ein optional erhältliches digitales Cockpit mit Infos zu Geschwindigkeit, Fahrmodus, Reichweite und Rekuperation sowie über ein acht Zoll großes Zentraldisplay für Entertainment und Navi. Dazwischen befindet sich eine zwar nicht elegante, dafür aber sehr praktische Handyhalterung.

Das Bediensystem ist weitestgehend logisch aufgebaut. Der große Funktionsumfang und manche nicht auf Anhieb auffindbare Detaileinstellung erschweren den Umgang im Alltag allerdings ebenso wie das Fehlen praktischer Schnellwahltasten für die gängigsten Funktionen und Drehregler für die Lautstärke beziehungsweise zum Scrollen und Zoomen. Positiv hervorzuheben ist, dass der Touchscreen zum Fahrer geneigt, gut zu erreichen und weit oben platziert ist.

Auf den vorderen Sitzen ist das Platzangebot im Kangoo beachtlich, die Kopf- und Beinfreiheit sowie der seitliche Entfaltungsspielraum sind großzügig. Die Beinfreiheit auf dem Fahrersitz reicht für Personen bis zu 1,95 Meter aus – die Kopffreiheit theoretisch sogar für Personen bis zu 2,50 Meter Körpergröße. Im Fond fällt das Platzangebot durchschnittlich aus, was an der überschaubaren Beinfreiheit liegt. Sind die vorderen Plätze für Personen mit einer Größe von 1,85 Meter eingestellt, reicht die Beinfreiheit im Fond für 1,80 Meter große Insassen aus.

Auf der zweiteiligen Rückbank ist der Mittelsitz ausgeformt und konturiert, sodass sich drei Einzelsitze ergeben und drei Erwachsene ausreichend Platz finden. Das Raumgefühl ist auch im Fond angenehm, hier wird es allerdings durch die erhöhte Seitenlinie etwas eingeschränkt.

Gut: Kofferraum und Anhängelast

Vor allem der zwischen laut ADAC Messung 530 und 1045 Liter große Kofferraum mit der weit nach oben öffnenden Heckklappe eignet sich für den großen Einkauf wie auch für Sperriges – einen Kinderwagen zum Beispiel – optimal. Wer die Sitze umklappt, schafft Platz für bis zu 1990 Liter. Gut: Auch eine Anhängelast von bis zu 1500 Kilogramm ist für den Elektro-Kangoo eingetragen.

Auch für die Sicherheit ist gesorgt. Der Renault Kangoo hat zahlreiche Assistenzsysteme bereits serienmäßig an Bord wie beispielsweise Spurhalteassistent, Totwinkelwarner, Müdigkeitswarner, Verkehrszeichenerkennung und Notbremssystem samt Abstands- und Kollisionswarnung sowie Fußgängererkennung. Ein Abstandsregeltempomat (ACC) samt Stauassistent sowie ein Spurwechselwarner sind optional erhältlich.

360-Grad-Blick in den Innenraum

Preis: Knapp 40.000 Euro für die Basis

Mindestens 39.300 Euro müssen Kunden für den elektrischen Kangoo zahlen, der vergleichbare 130 PS-Benziner kostet knapp 30.000 Euro. Wichtige Ausstattungsmerkmale wie das Schnellladen sind im Paket Equilibre EV45 AC 22 für 1500 Euro enthalten, die höherwertige Ausstattung Techno mit Klimaanlage, Einparkhilfe, elektrischen Fensterhebern hinten, Rückfahrkamera und Sitzheizung vorne startet bei 43.500 Euro, der Schnelllader ist hier ebenfalls bereits dabei.

Viel Geld für einen praktischen Begleiter im Alltag, der zwar durchaus familientauglich ist, aber nur sehr bedingt für die lange Reise taugt. Die Qualitäten des Kangoo Electric gelten übrigens auch für den Mercedes EQT und den Nissan Townstar: Alle drei Fahrzeuge sind baugleich.

• Lesen Sie hier den ausführlichen Test des Renault Kangoo E-Tech Electric EV45 Techno als PDF

Renault Kangoo E-Tech: Daten und Preis

ADAC Messwerte

ADAC Testurteil

Text: Fabian Hoberg; ADAC Redaktion

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