Test Alfa Romeo Tonale: So sportlich wie erwartet?

Frontansicht eines fahrenden Alfa Romeo Tonale
Mit typischer Alfa-Front: Der Tonale mit Hybridantrieb© Alfa Romeo

Der Alfa Romeo Tonale ist ein wunderschönes Auto, das deutlich an Qualität gewonnen hat. Sein Herz schlägt aber nicht im gewünschten Takt. ADAC Test der 160-PS-Version, Daten, Preis und Video-Fahrbericht der 130-PS-Version.

  • Motoren: Mildhybrid, Plug-in-Hybrid, Diesel

  • Unharmonischer Antrieb, relativ hoher Verbrauch

  • Mj. 2025: neues Display, neuer Gangwahlhebel

Alfa Romeo ist so etwas wie der FC Schalke 04 der Autobauer: eine ewige Liebesgeschichte. Die großen Erfolge liegen schon ein paar Tage zurück, aber in den Herzen der Fans lodert noch immer die Hoffnung auf bessere Tage. Die könnten anbrechen – zumindest für Alfa. Der Hoffnungsträger der Tifosi heißt Tonale, benannt nach einem Pass in den Dolomiten. Der ist zwar kein heißblütiger Stürmer, soll aber bei Alfa endlich wieder für gute Transfersummen sorgen. Schließlich spielt der Tonale in der lukrativen Liga der Kompakt-SUVs mit.

Bis 2027 will Alfa komplett unter Strom stehen, 2024 ist bereits der Mito-Nachfolger namens Junior als erstes elektrisches Modell gestartet. Alfa-Boss Jean-Philippe Imparato verspricht bis 2027 jedes Jahr ein neues vollelektrisches Auto.

Der 4,53 Meter lange Tonale hat die elektrifizierte Zukunft eingeläutet. Weil unter seinem schicken Blechkleid aber leider die schon recht betagte Technik-Plattform des Jeep Compass (seit 2005) steckt, ließ sich auf dieser Basis kein kompletter E-Antrieb mehr realisieren. Demzufolge bietet das Motorenprogramm zwei Mildhybride, einen Plug-in-Hybrid sowie einen Dieselmotor.

Galerie: Alfa Romeo Tonale in Bildern

Mit Schaltpausen: Mildhybrid mit 160 PS

Im ADAC Test offenbarte die 160-PS-Mildhybrid-Version Schwächen hinsichtlich eigentlich Alfa-typischer Tugenden. Zwar vermittelt der Tonale in der Beinarbeit einen durchtrainierten Eindruck, die Lenkung lässt jedoch viel an Sportsgeist vermissen. Sie ist übertrieben direkt übersetzt, gerade um die Mittellage ist sie zu leichtgängig und indifferent, was sich leider auch im Sportprogramm nicht grundlegend ändert.

Für die City ist das völlig okay, doch bei schneller Kurvenfahrt fehlt der Lenkung das Zielwasser, mit dem Stelvio oder der Giulia so dynamisch um die Ecken biegen.

Der 13,5 Kilo schwere Akku sitzt zwischen den Vordersitzen und soll dem Tonale mit 1,5-Liter-Turbo-Vierzylinder und 48-Volt-Generator einen zusätzlichen Energieschub in unteren Drehzahlen bescheren. Als neues Sturmtalent kann sich der auffällig leise Tonale damit aber nicht positionieren – was in erster Linie am verbauten Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe liegt. Das ist ebenfalls nicht mehr ganz taufrisch und beantwortet den Kickdown mit einer Atempause, bevor der Wunsch nach zügiger Beschleunigung zum Motor weitergereicht wird.

Das Zusammenspiel wirkt teils unkoordiniert, als wäre die Arbeit des Motors kurz aus dem Takt gekommen. Mit 6,9 l/100 km fällt der Verbrauch im ADAC Ecotest zudem nicht sonderlich gering aus. Immerhin hat der Tonale 1.5 VGT seine Emissionen sehr gut im Griff, auch dank des serienmäßigen Partikelfilters. Die Folge: immerhin vier von fünf möglichen Ecotest-Sternen.

Auch träge: Der Plug-in-Hybrid mit 280 PS

ADAC Redakteur Wolfgang Rudschies mit Alfa Romeo Tonale Hybrid
Tonale-Rundfahrt: Redakteur Rudschies unterwegs mit dem Plug-in-Hybrid © ADAC/Wolfgang Rudschies

Für den Plug-in-Hybrid mit einer Leistung von 280 PS liegen zwar nicht die objektiven Bewertungen des ADAC Test vor, aber auch hier zeigten sich eklatante Defizite. Denn Alfa-typischer Fahrspaß wollte sich weder auf den italienischen Landstraßen noch auf der Rennstrecke von Balocco einstellen während der Testfahrten. Der Eindruck resultierte auch hier aus der unglücklichen Schaltlogik der Automatik. Welches Fahrprogramm der Fahrer auch wählt: Er hat stets das Gefühl, irgendwie im falschen Gang unterwegs zu sein.

Und nicht nur das: Die Reaktionen der Automatik sind so träge, dass sie die Nerven eines jeden sportlich ambitionierten Autofahrers über Gebühr strapazieren. Man muss es so hart sagen: Der Antrieb wirkt absolut unharmonisch und fühlt sich mehr nach 180 als nach 280 PS an. Cuore Sportivo? No.

Positiv fiel das immerhin das Fazit zum Elektromodus des Tonale mit Plug-in-Hybrid aus. Sehr zurückhaltend und vorausschauend gefahren, wies der Bordcomputer immerhin knapp 50 Kilometer elektrischen Anteils aus, bis sich der Verbrenner dauerhaft zuschaltete. Vom Hersteller wird die elektrische Reichweite für den Tonale PHEV mit 69 bis 80 Kilometer angegeben wird. Im Vergleich mit der aktuellen Plug-in-Konkurrenz hinkt der Alfa aber auch hier inzwischen hinterher.

Die Federung ist unnötig straff

Der ADAC Test zeigt eindeutig auf, dass die Entwickler des Alfa Romeo Tonale bei der Fahrwerksabstimmung kein glückliches Händchen hatten: Die Federung ist unnötig straff und sorgt dafür, dass der Aufbau nur bei topfebener Fahrbahn ruhig liegt. Zudem wirken sich die großen 19-Zoll-Räder mit niedriger Reifenflanke negativ auf den Abrollkomfort aus.

Auch auf der Landstraße und der Autobahn gelingt es dem straffen Fahrwerk nur bedingt, Unebenheiten zu verarbeiten und Bodenwellen auszugleichen. Die Karosserie und somit auch die Insassen sind permanent in Bewegung. Dies ist besonders auf langen Strecken strapaziös.

Im ADAC Ausweichtest schneidet der Tonale dafür gut ab. Das Ausweichmanöver mit 90 km/h besteht er problemlos, hier zahlen sich die üppige 19-Zoll-Bereifung, die effektive ESP-Regelung sowie die direkte Lenkung positiv aus. Das Eigenlenkverhalten des SUV ist untersteuernd ausgelegt, zu schnell angegangene Kurven quittiert er mit sicherem Schieben über die Vorderräder. Auf Lastwechsel reagiert er mit einem leicht nach außen drängenden Heck, insgesamt ist die Hinterachse aber sehr spurstabil.

Der Geradeauslauf wird durch Spurrinnen und seitlich abfallende Fahrbahnen deutlich beeinflusst. Zudem führt die sehr direkte Lenkübersetzung dazu, dass der Tonale speziell bei flotter Autobahnfahrt nervös wirkt. Selbst kleine Lenkbewegungen um die Mittellage führen zu einer Richtungsänderung, was in Kombination mit der straffen Fahrwerksabstimmung zur Folge hat, dass der Italiener auf der Autobahn unnötig aufgekratzt wirkt anstatt Gelassenheit zu vermitteln.

NFT-Technologie: Daten für die Ewigkeit

Ein interessanter Baustein im Gesamtpaket des Tonale ist die sogenannte NFT-Technologie (Non-Fungible Token). So wird ein digitales Scheckheft möglich, das – mit Erlaubnis des Eigentümers – alle Fahrzeug- und Werkstattdaten über das gesamte Autoleben speichert. Es basiert bei Alfa Romeo auf dem nicht manipulierbaren Blockchain-Konzept, einer kontinuierlich erweiterbaren Liste von Datensätzen. Die Italiener erhoffen sich von der neuen Technik vor allem einen stabileren Wiederverkaufswert.

Wertiger Innenraum, fünf Jahre Garantie

Front und Seitenansicht eines fahrenden Alfa Romeo Tonale
Mehr Dynamik geht kaum: Designsprache des Kompakt-SUV Alfa Tonale© Alfa Romeo

In puncto Verarbeitung schneidet der Tonale im ADAC Test bemerkenswert gut ab. Man hat nicht den Eindruck, dass der Italiener zusammengespart wurde, wie es inzwischen bei vielen Neuerscheinungen der Fall ist. Die Materialauswahl im Innenraum verdient das Prädikat "wertig", zudem wirkt alles solide zusammengebaut. Auch auf schlechtem Fahrbahnuntergrund verkneift sich der Alfa unschöne Klappergeräusche.

Und mit Stoff überzogene A-Säulen, Türrahmenverkleidungen und Gasdruckfedern zum Öffnen und Halten der Motorhaube findet man in diesem Segment sonst nicht. Die Spaltmaße verlaufen gleichmäßig und schmal, der Unterboden ist überwiegend verkleidet sowie gut geschützt und selbst der Bereich des Reserverads unter dem Ladeboden ist mit Teppich verkleidet.

Zum Platzangebot: Der Fahrersitz lässt sich für Personen bis zu einer Körpergröße von 1,95 Metern zurückschieben, was für ein Kompakt-SUV ein ordentlicher Wert ist. Die Kopffreiheit fällt sogar noch ein Stück großzügiger aus. Das Raumangebot im Fond ist passabel, vor allem die Beinfreiheit fällt großzügig aus, sie reicht selbst für 2,05 Meter große Mitfahrer aus, sofern die Vordersitze für 1,85 Meter große Menschen eingestellt sind. Die Kopffreiheit ist weniger groß bemessen, sie genügt für bis zu 1,90 Meter große Insassen.

Der Gepäckraum fasst laut ADAC Messmethode unter der Kofferraumabdeckung 410 Liter. Entfernt man die Laderaumabdeckung und nutzt den Stauraum bis zum Dach hoch, erweitert sich das Volumen auf 505 Liter oder bis zu elf Getränkekisten. Unter Ausnutzung des kompletten Raums hinter den Vordersitzen sind bis zu 1305 Liter Volumen verfügbar.

Anknüpfung an historische Vorbilder

Seitenansicht eines stehenden Alfa Romeo Tonale
Der Tonale zitiert frühere Alfas: Ansteigende Seitenlinie vom GT und große Telefon-Wählscheiben-Räder© Alfa Romeo

Trotz aller Neuerungen fährt die Markenhistorie immer mit. Schon die Namen der vier Ausstattungsvarianten klingen herrlich nach gestern: Super, Sprint, Veloce und TI (Tributo Italiano). An der Front sowie am Heck erkennen wir das 3-Augen-Design eines Alfa Zagato RZ oder eines Alfa Brera. Die ansteigende Seitenlinie zitiert den Alfa GT, und in den angedeuteten Tuben oberhalb des neuen Digitaltachos glauben wir sogar die feine Jäger-Grafik aus dem Duetto-Spider auszumachen.

Das Cockpit des Tonale sieht nicht nur schick aus, es lässt sich zudem ordentlich bedienen. Die meisten Fahrzeugfunktionen werden über den 10,25 Zoll großen Touchscreen gesteuert, der mit hoher Auflösung und Reaktionsschnelligkeit punktet, leicht zum Fahrer geneigt und ordentlich erreichbar ist.

Leider sind die Touchflächen teils sehr klein geraten, was gerade in Verbindung mit den in Folge des straffen Fahrwerks starken Karosseriebewegungen häufig zu Fehlbedienungen führt. Die Menüstruktur ist weitgehend logisch aufgebaut, auch wenn die einzelnen Menüs teils recht umfangreich sind und man für manche Funktion lange scrollen muss. Positiv: Alfa hat dem Tonale eine separate Klimabedieneinheit spendiert.

Das Cockpit des Alfa Romeo Tonale
Minimal-Facelift: Im Modelljahr 2025 mit kleinem Drehrad als Gangwahlhebel sowie geändertem Fahrerdisplay© Alfa Romeo

Zum Modelljahr 2025 bekommt der Alfa Tonale statt des großen herkömmlichen Gangwahlhebels ein kleines Drehrad auf der Mittelkonsole. Außerdem wird das Fahrerdisplay leicht geändert, um die Sichtbarkeit und Lesbarkeit von Informationen wie Uhr, Kraftstoff- und Batterieanzeige zu verbessern.

Fazit: Das Herz schlägt nicht ganz im Takt

Der Alfa Romeo Tonale hat zum Beispiel eine bemerkenswert gute Verarbeitungsqualität. Die typischen Alfa-Tugenden in puncto Sportlichkeit bleiben jedoch auf der Strecke, was vor allem am trägen Automatikgetriebe, am Fahrwerk und an der Lenkung liegt. Im Gegensatz zu Alfa Giulia und Stelvio, die nicht nur betörend aussehen, sondern auch überzeugend fahren, kann man dies vom Tonale nicht behaupten.

Alfa Romeo Tonale: Technische Daten, Preis*

Technische Daten (Herstellerangaben)

Alfa Romeo Tonale 1.5 VGT 48V-Hybrid Tributo Italiano TCT (01/24 - 01/25)

Motorart

Otto (Mild-Hybrid)

Hubraum (Verbrennungsmotor)

1.469 ccm

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

118

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

160

Drehmoment (Systemleistung)

240 Nm

Leistung maximal bei U/min. (Verbrennungsmotor)

5.750 U/min

Antriebsart

Vorderrad

Beschleunigung 0-100km/h

8,8 s

Höchstgeschwindigkeit

212 km/h

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

127 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

5,6 l/100 km

Kofferraumvolumen normal

500 l

Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank

1.550 l

Leergewicht (EU)

1.600 kg

Zuladung

535 kg

Anhängelast ungebremst

700 kg

Anhängelast gebremst 12%

1.500 kg

Garantie (Fahrzeug)

2 Jahre plus 3 Jahre Anschlußgarantie Maximum Care über FCA Germany AG

Länge x Breite x Höhe

4.528 mm x 1.835 mm x 1.614 mm

Grundpreis

50.500 Euro

* links: getestetes Modell; rechts: aktuelles Modell

ADAC Messwerte

ADAC Messwerte (Auszug)Fazit zum Alfa Romeo Tonale 1.5 VGT 48V-Hybrid Ti TCT

Überholvorgang 60 – 100 km/h

5,2 s

Bremsweg aus 100 km/h

36,0 m

Wendekreis

12,2 m

Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest

6,9 l Super/100 km, 180 g CO₂/km (Well-to-Wheel)

Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne)

****

Reichweite

795 km

Innengeräusch bei 130 km/h

69,6 dB(A)

Leergewicht / Zuladung

1590 / 545 kg

Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch

410 / 860 / 1305 l

ADAC Testurteil

ADAC Testergebnis

Alfa Romeo Tonale 1.5 VGT 48V-Hybrid Ti TCT (06/22 - 10/23)

Karosserie/Kofferraum

2,8

Innenraum

2,5

Komfort

3,1

Motor/Antrieb

2,5

Fahreigenschaften

3,2

Sicherheit

2,1

Umwelt/EcoTest

2,4

Gesamtnote

2,6
Sicherheit und Umwelt werden doppelt gewertet

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

Video-Fahrbericht: So fährt die 130-PS-Version

Reichen 130 PS im Tonale? Das klärt der Video-Fahrbericht (2023):

Text: Tomas Hirschberger/SP-X, Wolfgang Rudschies

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