Mindestprofiltiefe Reifen: Wann es gefährlich wird!

Video: So misst man die Reifen-Profiltiefe richtig ∙ Bild/Video: © ADAC e.V.

Egal ob Sommer-, Winter- oder Ganzjahresreifen: Die Profiltiefe der Reifen ist überlebenswichtig! Die gesetzlichen Bestimmungen zum Mindestprofil – und die ADAC Empfehlungen für mehr Sicherheit. Plus: So misst man das Reifenprofil richtig.

  • 1,6 mm Restprofil sind absolutes Minimum

  • Abgefahren? Bis zu 120 € Bußgeld und ein Punkt

  • ADAC Test: Mit mehr Profil erheblich sicherer unterwegs

Um die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten, gilt in Europa eine gesetzliche Mindestprofiltiefe von 1,6 mm für Pkw- und Motorradreifen und 1,0 mm für Leichtkrafträder. Doch umfangreiche ADAC Tests haben bewiesen: Die gesetzlich festgelegte Profilgrenze bietet nur noch einen Rest an Sicherheit.

Erheblich sicherer ist man unterwegs, wenn das Profil nicht bis zum gesetzlichen Minimum abgefahren wird. Bei Sommerreifen sollte das Profil mindestens drei Millimeter tief sein, bei Winter- oder Ganzjahresreifen mindestens vier Millimeter – sonst wird's kritisch bei Nässe, Schnee oder Schneematsch.

Profiltiefe laut Gesetz 1,6 Millimeter

Auto fährt über nasse Strasse
Nur mit "gutem" Profil ist man auch bei Nässe sicher unterwegs© ISP Grube/Wolfgang Grube

Wie viel Profil ein Reifen haben muss, ist in der Straßenverkehrsordnung geregelt. Die Rechtslage ist eindeutig: Sobald Pkw-Reifen, deren Profil beim Neukauf meist zwischen acht und neun Millimeter hat, die Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimeter unterschreiten, darf man mit ihnen nicht mehr im Straßenverkehr fahren. Die Reifen gelten dann als nicht mehr verkehrssicher und müssen aussortiert werden. 

In einigen europäischen Ländern wie z.B. Österreich gilt ein Winterreifen mit Profiltiefe unter 4 Millimeter als Sommerreifen (!) und darf auf manchen Strecken im Winter nicht mehr gefahren werden.

Das sagt das Gesetz: § 36 StVZO im Wortlaut

Wie viel Profil ein Reifen haben muss, ist klar geregelt. In der Straßenverkehrsordnung heißt es:

"Luftreifen an Kraftfahrzeugen und Anhängern müssen am ganzen Umfang und auf der ganzen Breite der Lauffläche mit Profilrillen oder Einschnitten versehen sein. Das Hauptprofil muss am ganzen Umfang eine Profiltiefe von mindestens 1,6 mm aufweisen; als Hauptprofil gelten dabei die breiten Profilrillen im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa 3/4 der Laufflächenbreite einnimmt."

Als Halter bzw. Fahrer des Fahrzeugs sind Sie für die regelmäßige Kontrolle der Profiltiefe verantwortlich und sollten diese auch regelmäßig nachmessen. 

Werden Sie im Straßenverkehr mit abgefahrenen Reifen erwischt, drohen 60 Euro Bußgeld sowie ein Punkt ins Flensburg. Bei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder einem Unfall steigt das Bußgeld auf bis zu 110 Euro.

Profiltiefe messen: So geht es richtig

Die TWI Indikatoren zu sehen auf einem Pirelli Reifen
An jedem Reifen befinden sich diese Stege: Die Verschleißindikatoren© Pirelli

Was viele nicht wissen: Auf dem Reifenumfang finden sich an sechs Stellen kleine Stege im Profilgrund der relevanten Rillen. Diese gut sichtbaren Stege werden Verschleißindikatoren oder auch Tread Wear Indicator (TWI) genannt. Die Profiltiefe ist in den Rillen neben diesen Stegen zu messen. Wenn die Stege ohne Absatz in die Profilblöcke übergehen, ist die gesetzliche Mindestprofiltiefe bereits unterschritten. Dann darf mit diesen Reifen nicht mehr gefahren werden.

Sie können die Profiltiefe Ihrer Autoreifen aber auch ganz einfach mit einer 1-Euro-Münze als Tiefenmesser überprüfen. Es ist zwar nicht möglich, damit eine millimetergenaue Messung durchzuführen – eine Vorabdiagnose kann jedoch gestellt werden.

Der Grund: Der goldene Rand der 1-Euro-Münze ist exakt drei Millimeter breit. Wenn Sie die Münze in die Mitte des Reifenprofils halten, müssen Sie darauf achten, ob der Goldrand schon sichtbar ist oder noch in der Bereifung verschwindet.

Mann misst mit Geldstück die Profiltiefe eines Reifens
Messung der Profiltiefe mit einer 1-Euro-Münze© Fotolia/TUNINGFOTOJOURNAL

Verschwindet der Goldrand, können Sie – zumindest mit Sommerreifen – bedenkenlos weiterfahren. Denn die Pneus erfüllen dann locker die gesetzliche Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimeter. Das Profil liegt mit einer Tiefe von drei Millimeter oder mehr sogar in dem von Experten angeratenen Bereich. Ist ein Teil des goldenen Rands jedoch sichtbar, sollten Sie bald über einen Reifenwechsel nachdenken.

Prüfen Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit die Profiltiefe der Reifen mehrmals im Jahr! Und denken Sie immer daran: Die Mindestprofiltiefe von 1,6 mm ist ein rein gesetzlicher Wert. Für sicheres Fahren im Straßenverkehr sollte bereits ab 3 bzw. 4 mm Profiltiefe die Reifen gewechselt werden.

ADAC Test mit unterschiedlichem Profil

Um herauszufinden, welchen Einfluss niedrige Profiltiefen auf die Leistungsfähigkeit der Reifen haben, führte der ADAC beispielhaft einen Test mit Winterreifen durch, die bei Schnee, Nässe und Glätte besonders auf die Verzahnung ihres Profils mit der Straße angewiesen sind. 

In der Dimension 185/60 R 14 wurden die Fahr- und Bremseigenschaften auf trockener, nasser und schneebedeckter Fahrbahn mit drei unterschiedlichen Profiltiefen getestet: Im Neuzustand (etwa 8 mm), mit 7,5 mm Profil und mit 4 mm Profil, dem empfohlenen Wechselzustand. 

Die Testergebnisse sehen Sie hier:

Auf Schnee waren die Unterschiede zwischen neuen und bereits gefahrenen Reifen am deutlichsten. Der 4-mm-Reifen verursacht schon aus Tempo 30 einen 3,2 Meter längeren Bremsweg als der Neureifen. 

Noch gravierender waren die Unterschiede in der Zugkraft, wenn vom Reifen viel Grip beim Anfahren oder an Steigungen gefordert wird. Gerade hier kommt es auf die Tiefe der Lamellen an: Die Profilrillen nehmen den lockeren Schnee auf, die Lamellenkante verzahnt sich mit dem härteren Untergrund. So wird verständlich, dass schon die Variante mit 7,5-mm-Restprofil gegenüber dem 0,5 mm tiefer profilierten Neureifen nur noch 60 Prozent der Zugkraft aufbringen kann. Der abgefahrene 4-mm-Pneu schafft sogar nur weniger als die Hälfte.

Ein Sommerreifen, den wir zum Vergleich ausprobiert hatten, versagte auf Schnee komplett: Er leistete nur ein Viertel der Zugkraft eines neuen Winterreifens – bei einem um 7,5 Meter längeren Bremsweg schon aus Tempo 30.

Auf Nässe ist es zur Vermeidung von plötzlichem Aquaplaning wichtig, dass ein Profil mit seinen Längsrillen und Lamellen möglichst viel Wasser aufnehmen und verdrängen kann. Gut nachvollziehbar, dass der auf 4 mm abgefahrene Reifen bereits bei 63 km/h aufschwimmt, der Neureifen jedoch erst ab 87 km/h. 

Beim Nass-Bremsen kommt es vor allem auf die Gummimischung an. Auch hier verliert der abgefahrene Reifen mit einem um sieben Prozent längeren Bremsweg (gemessen aus 80 km/h).

Hier werden Bremswege bei Winterreifen mit fortschreitendem Abriebzustand sogar kürzer. Der Grund: Die flacher werdenden Profilblöcke verformen sich bei Bremsungen weniger, weshalb mehr Gummi auf dem Asphalt liegt. Trockene Straßen dürften im deutschen Winter allerdings kaum anzutreffen sein – in der Praxis also doch kein Pluspunkt!

Fazit

Die Versuche mit den Winterreifen belegen den großen Einfluss der Profiltiefe auf die Leistungsfähigkeit – und das gilt tendenziell genauso für Sommer- und Ganzjahresreifen. Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte also bei drei oder vier Millimetern wechseln. Und zwar eigenverantwortlich, damit über eine nochmalige Verschärfung der bestehenden Verordnung überhaupt nicht diskutiert werden muss. 

Zum Schluss noch eine Warnung an alle Sparfüchse: Wer Winterreifen im Sommer "aufbrauchen" will, muss – bedingt durch Profilgestaltung und Gummimischung – mit deutlich längeren Bremswegen gegenüber Sommerreifen rechnen. Der ADAC rät daher davon ab.