Reifentransport im Auto: Ungesichert wird's gefährlich
Reifen können zum gefährlichen Geschoss werden – wenn sie nicht richtig transportiert werden. Das zeigt ein Crashtest mit ungesicherten Rädern im Fahrzeug. Wie es richtig geht, sagen ADAC Experten. Tipps zum Reifentransport.
Crashtest: Ungesicherte Reifen fliegen durchs Auto
Schon eine Vollbremsung kann gefährlich werden
So geht's: Reifen gut im Kofferraum verzurren
Reifen werden oft ungesichert transportiert
Im Herbst und Frühjahr ist es immer so weit: Die Räder müssen gewechselt werden. Also einfach die Rückbank umklappen, rein mit den gelagerten Reifen ins Auto und ab in die nächste Werkstatt.
Ganz schön leichtsinnig: Den Wenigsten dürfte bewusst sein, dass sie sich damit einer erheblichen Gefahr aussetzen. Wenn Räder ungesichert im Innenraum transportiert werden, können sie zum Geschoss werden und die Insassen schwer verletzen. Was genau passiert und wie hoch die Verletzungsgefahr bei einem Unfall oder bei einer Vollbremsung ist, wollte der ADAC wissen.
Dafür haben die Crash-Experten und die Unfallforschung des ADAC mit zwei identischen Golf V nicht nur Fahrversuche auf dem eigenen Testgelände durchgeführt. Die beiden Golf-Modelle wurden zudem mit 50 km/h in der Crash-Halle des ADAC frontal gegen eine starre Barriere gefahren – einmal mit ungesicherten und einmal mit gesicherten Rädern im Fahrzeug. Ein Unfall mit Stadttempo, wie er sich auch im ganz normalen Straßenverkehr ereignen kann.
Beim Unfall schießen die Räder nach vorn
Die ADAC Tests zeigen eindrucksvoll, was mit der im Innenraum verstauten Ladung passiert: 50 Millisekunden nach dem Aufprall kommen die Räder ins Rutschen. Nach 95 Millisekunden knallt ein unten liegender Reifen gegen den Fahrersitz und ein oben aufliegender fliegt wie ein Projektil nach vorn, hinterlässt eine Spur am Dachhimmel und knallt mit voller Wucht auf die Kopfstütze. Die drückt gegen den Kopf des Fahrers und wird aus der Verankerung gerissen.
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Die Auswirkungen kann sich bei diesen Bildern jeder ausmalen: Schwere Verletzungen am Oberkörper sind die Folge, und auch der Kopf wird bei dem ADAC Crashversuch heftig getroffen. Und es hätte noch schlimmer kommen können: Weil sich der Reifen am Dachhimmel abgestützt hat, wurde die Wucht etwas gebremst – andernfalls wäre der Kopf noch massiver getroffen worden. Das war aber reiner Zufall: Bei einer anderen Unfallkonstellation, einem anderen Fahrzeug oder einer etwas anderen Lagerung der Räder im Auto hätte es sogar passieren können, dass das Rad durch die Windschutzscheibe fliegt.
Dass derart enorme Kräfte wirken, ist reine Physik: Durch die harte Verzögerung beim Crash schießen im ungünstigsten Fall alle vier 15-Kilo-Reifen mit einer Wucht von insgesamt 700 Kilogramm durchs Auto.
Mit gesicherten Rädern erheblich besser
Wie man es richtig macht, zeigt der zweite Crashversuch des ADAC mit einem identischen Golf V. Diesmal waren drei Räder im Kofferraum bei stehender Rückbank verstaut und mit Spanngurten verzurrt. Weil der vierte Reifen nicht mehr in den Gepäckraum passte, wurde er hinter die Beifahrersitzlehne stehend in den hinteren Fußraum geklemmt. So empfiehlt es der ADAC.
Das Resultat: Auch hier machen sich die enormen Kräfte durch die schweren Räder bemerkbar. Die verwendeten Zurrgurte mit Ratsche halten die Reifen zwar zurück; doch durch die Wucht des Aufpralls kommt es zu einem Riss des Gurtes im Kofferraum und einer starken Deformation der Rücksitzlehne speziell beim Mittelsitz im Fond (siehe Foto).
Fahrer und Beifahrer hätten durch die auf diese Weise transportierten Reifen zwar keine zusätzlichen Verletzungen davongetragen, aber hinten hätte man besser nicht sitzen sollen.
Entscheidend ist, die Ladung an Ort und Stelle zu fixieren. Dies geschieht vorrangig durch die Verwendung von Sicherungsgurten, die an den Verzurrösen im Kofferraum befestigt werden, sowie Gurten, die die Ladung nach vorne abstützen. Insbesondere diese Abstützung trägt entscheidend zu einem vergleichsweise "harmlosen" Unfallverlauf bei. Beim Anbringen der Gurte muss auf eine gleichmäßige und hohe Spannung der Gurtbänder geachtet werden, zudem darf das Gurtband nicht verdreht sein.
Eine kostengünstige, weitere Absicherung bieten die Dreipunktgurte der hinteren Sitzplätze. Sind diese diagonal in die gegenüberliegenden Gurtschlösser eingesteckt, wird die Lehne im Belastungsfall noch zusätzlich durch die Gurte gehalten und damit die Stabilität erhöht.
Auch Bremsen und Ausweichen gefährlich
Nicht nur bei einem Unfall können lose im Auto verstaute Räder zur Gefahr werden, wie weitere Versuche des ADAC gezeigt haben. Auch bei einer Vollbremsung kommt die Ladung gefährlich ins Rutschen und fliegt gegen die Vordersitze.
Und wie sieht es aus, wenn man auf der Landstraße plötzlich einem stehenden Hindernis ausweichen muss? Der ebenfalls durchgeführte Ausweichtest bei 90 km/h brachte zwar kaum Bewegung in die Räder. Ganz auszuschließen ist aber auch hier nicht, dass die Reifen seitlich verrutschen und etwa gegen die Innenverkleidung des Autos krachen und dort Schäden verursachen.
Reifen im Auto transportieren: So geht's
Wie transportiert man Autoreifen also richtig? Folgende Tipps des ADAC sollte man beherzigen:
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Sofern möglich, alle vier Reifen im Kofferraum verstauen und mit Zurrgurten und Sicherungsnetz sichern.
Passen nicht alle Reifen in den Kofferraum, übrige Räder hinter den Vordersitzen einklemmen.
Falls möglich, formschlüssig sichern, die Ladung also an festen Teilen im Fahrzeug anliegen lassen, damit sie nicht verrutschen kann.
Nutzen Sie vorhandene Verzurrösen im Fahrzeug mit geeigneten Spann- oder Zurrgurten oder Sicherungsnetz.
Rücksitzlehne durch diagonal geschlossene Fahrzeuggurte stützen und möglichst keine Personen auf der Rückbank mitnehmen.
Deponieren Sie Spanngurte im Auto.
Nehmen Sie sich Zeit für die Sicherung der Ladung.
Grundsätzlich gilt beim Beladen eines Fahrzeugs, auf die richtige Gewichtverteilung zu achten. Schwere Gegenstände sollten immer möglichst weit unten im Kofferraum oder im Fond-Fußraum transportiert werden.
Im Zweifel Reifen einlagern
Da die Räder von Autos immer größer werden, was besonders für SUVs gilt, ist es oft nur noch schwer möglich, sie zu transportieren, ohne die Sitze umzuklappen. Doch dann ist es erheblich schwerer, die Reifen richtig zu verzurren, zumal oft nur im Kofferraum und nicht im Fahrgastraum Verzurrösen angebracht sind. In diesem Fall ist es einfach besser, die Räder in der Werkstatt einlagern zu lassen.
Test und fachliche Beratung: Jasmin Sieber/Volker Sandner, ADAC Technik Zentrum