Aquaplaning: So verhalten Sie sich richtig
Bei starkem Regen steigt die Gefahr für Aquaplaning. Was Sie im Ernstfall tun können und wie Sie das Risiko verringern.
Ursachen für Aquaplaning
Tipps, wenn das Auto aufschwimmt
Was bei Motorrädern gilt
Aquaplaning (auch Wasserglätte) bezeichnet das Aufschwimmen des Reifens auf dem Wasser einer nassen Fahrbahn. In diesem Fall schieben sich die Wassermassen wie ein Keil zwischen den Straßenbelag und den Autoreifen. Die Reifen können die Wassermassen nicht mehr "verdrängen" und verlieren den direkten Kontakt zur Straße (sie schwimmen auf), werden unbeherrschbar und unberechenbar.
Grundsätzlich kann Aquaplaning auf allen Straßen mit erhöhtem Wasserstand auftreten. Überall dort, wo Regenwasser nicht richtig ablaufen kann – also in Senken, Unterführungen, Spurrillen oder Kurven –, ist besondere Vorsicht geboten.
Die wichtigsten Tipps bei Aquaplaning
Runter vom Gas! Bei schwierigen Witterungs- und Straßenverhältnissen empfiehlt sich ein Tempo deutlich unter 80 km/h. Dies gilt besonders für heckgetriebene Fahrzeuge und Fahrzeuge, deren Reifen nicht mehr ganz neu sind.
Scheibenwischer-Geschwindigkeit den Sichtverhältnissen anpassen.
Auf Spurrillen achten und versetzt dazu fahren. Dies gilt besonders auf der rechten Spur von mehrspurigen Bundesstraßen und Autobahnen.
Wenn das Fahrzeug aufschwimmt und Aquaplaning plötzlich auftritt:
Nicht lenken, nicht bremsen, nicht beschleunigen, keine hektischen Fahrmanöver, Fahrzeug ausgekuppelt rollen lassen, Lenkrad gerade halten bis die Reifen wieder Kontakt zur Fahrbahn haben.
Tipp für Automatikfahrende: Fahrstufe in keinem Fall wechseln. Fuß behutsam vom Gas nehmen, sodass keine Motorbremse erfolgt.
Warnsignale: Vorboten für Aquaplaning
Gischt- und Wasserschwall an den Rädern vorausfahrender Fahrzeuge beobachten.
Radio leiser stellen, um Änderungen der Motordrehzahl und der Wassergeräusche besser und schneller wahrnehmen zu können. Denn: Aquaplaning kündigt sich oft durch ein lauteres Geräusch an: Dann rauscht überschüssiges Wasser durch den Radkasten und strahlt an den Unterboden.
Ein weiteres Warnsignal sind schwächer werdende Kräfte am Lenkrad. Besonders bei heckgetriebenen Fahrzeugen ist das Aufschwimmen der Vorderräder schwer zu erkennen.
Bei frontgetriebenen Fahrzeugen ohne elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) schwankt die Drehzahl bei Erreichen der Aufschwimmgeschwindigkeit. Bei Fahrzeugen mit ESP Fahrzeugreaktionen und Kontrollleuchte beachten.
Was Sie vor Fahrtantritt tun können
Regelmäßig die Profiltiefe auf der gesamten Laufflächenbreite und dem gesamten Reifenumfang messen (lassen).
Abgefahrene Sommerreifen frühzeitig ersetzen (besonders kritisch kann es werden, wenn die Profiltiefe der Reifen unter 3,5 Millimeter sinkt).
Regelmäßig den Reifendruck prüfen und ggf. korrekt einstellen (sowohl zu viel als auch zu wenig Luft begünstigen Aquaplaning).
Laufrichtungsbindung der Reifen prüfen. Bei vielen Reifen ist die Laufrichtung vorgegeben. Ein Pfeil auf der Reifenflanke zeigt dann die vorgeschriebene Drehrichtung an.
Beim Reifenkauf auf gute Nässe-Eigenschaften achten. Hier hilft ein Blick in den ADAC Reifentest.
Gegebenenfalls Stoßdämpfer überprüfen. Verschlissene Stoßdämpfer verringern nicht nur den Fahrkomfort, auch Aquaplaning ist damit noch gefährlicher.
Empfehlenswert ist darüber hinaus ein Fahrsicherheitstraining. Dort üben Teilnehmende, im Ernstfall richtig zu reagieren.
Ursachen für Aquaplaning
Je höher der Wasserstand auf der Straße, desto niedriger ist die Grenzgeschwindigkeit, bis zu der noch Grip und damit Kontrollierbarkeit gegeben ist. Diese Grenzgeschwindigkeit wird auch Aufschwimmgeschwindigkeit genannt.
Mit steigender Geschwindigkeit nimmt die Gefahr für Aquaplaning zu. Ab etwa 80 km/h ist das Risiko eines Aufschwimmens auf dem Wasserfilm deutlich erhöht, aber auch unterhalb dieser Geschwindigkeit ist Aquaplaning möglich.
Übrigens: Die Aufschwimmgeschwindigkeit wird im Rahmen des ADAC Reifentests für jeden Testreifen gemessen und dient der Beurteilung der Aquaplaning-Eigenschaften des jeweiligen Reifenprofils. Die Tests werden bei einer Wassertiefe von 7 Millimetern durchgeführt und ergeben für Reifen mit Ausgangsprofiltiefe (ca. 8 Millimeter) Geschwindigkeitswerte von ca. 75 bis 85 km/h. Lediglich bei schmalen Neureifen (155 Millimeter) kann die Aufschwimmgeschwindigkeit bei Werten über 90 km/h liegen. Besonders während und nach starken Regenfällen können sich Wassermassen auf der Straße sammeln, deren Tiefe oft deutlich über 7 Millimetern liegt. Zudem fahren die wenigsten Fahrzeuge auf neuwertigen Reifen mit Ausgangsprofiltiefe.
Breite Reifen neigen eher zu Aquaplaning als schmale Reifen. Das Wasser vor dem sich drehenden Reifen kann nicht ausreichend schnell seitlich abfließen und staut sich als eine Art Bugwelle davor. Je breiter der Reifen ist, umso mehr Wasser muss verdrängt werden und umso weiter sind die Fließwege des Wassers. Das bedeutet, dass breitere Reifen unter sonst gleichen Bedingungen tendenziell niedrigere Aufschwimmgeschwindigkeiten aufweisen. Damit auch breite Reifen gegenüber Aquaplaning einigermaßen unempfindlich sind, bedarf es großer Anstrengungen der Reifenhersteller.
Nutzt sich der Reifen ab, nimmt auch die Profiltiefe ab. Je mehr Profil vorhanden ist, desto geringer ist das Aquaplaningrisiko. Um den Kontakt zwischen den Profilblöcken und dem Untergrund sicherzustellen, muss das Wasser in den Profilrillen aufgenommen und abgeleitet werden. Das Volumen der Rillen zwischen den Profilblöcken ist dabei direkt abhängig von der Profiltiefe. Studien haben gezeigt, dass bei Profiltiefen von ca. 3 Millimeter und weniger selbst auf lediglich feuchten Straßen besonders beim Bremsen bei 100 km/h Aquaplaning entstehen kann, da beim Bremsen die Raddrehzahl abnimmt und die Profilblöcke zusätzlich zusammengedrückt werden. Das freie Volumen für ein sicheres Abfließen des Wassers verringert sich durch die Bremslast.
Das Aquaplaningverhalten eines Reifens ist sehr stark vom korrekten Reifendruck abhängig. Je niedriger der Reifendruck, umso leichter schwimmt der Reifen auf. Aber auch zu viel Reifendruck kann das Risiko erhöhen.
Aquaplaning kann grundsätzlich auf allen Straßen mit erhöhtem oder hohem Wasserstand auftreten. Wegen der höheren gefahrenen Geschwindigkeiten kommt es jedoch vorrangig auf mehrspurigen Bundesstraßen und Autobahnen zu kritischen Fahrsituationen. Eine große Rolle spielen Straßenbelag, -neigung und Unebenheiten. Besonders bei Spurrillen und auf Straßen ohne ausreichende Quer- oder Längsneigung tritt Aquaplaning häufiger auf.
Wer haftet bei Aquaplaning-Unfällen?
Trotz bester Ausrüstung und vorausschauender Fahrweise sind Aquaplaning-Unfälle häufig nicht zu vermeiden. Doch wer haftet nach einem Unfall? Grundsätzlich liegt die Verantwortung beim Autofahrer. Gemäß Straßenverkehrs-Ordnung muss er die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs insbesondere den Straßen-, Sicht- und Wetterverhältnissen anpassen.
Helfen Allradantrieb, ESP oder ABS?
Weder Allradantrieb noch Antiblockiersysteme (ABS) verhindern Aquaplaning, und auch ESP hilft nur bedingt, weil die Problemzone zwischen Reifen und Fahrbahn entsteht, also das Kraftpotenzial für Lenkung und Bremsung betroffen ist. Erst am Ende der Aufschwimmphase kann das ESP dazu beitragen, die Fahrstabilität wiederzuerlangen. Einzige Ausnahme: Wenn nur ein Rad betroffen ist, kann ESP die anderen drei Räder regulieren, das Fahrzeug wieder unter Kontrolle bringen und so ein Schleudern vermeiden helfen.
Aquaplaning beim Motorrad
Aquaplaning setzt bei Motorrädern in der Regel erst bei einer etwas höheren Geschwindigkeit ein, weil die Kontur der Motorradreifen im Gegensatz zu Pkw-Reifen rund ist und sich der Wasserkeil nicht so schnell aufbauen kann. Dennoch sollten Motorradfahrende schon früh ihre Fahrweise den Regenbedingungen anpassen, denn oft bildet sich ein schmieriger Film auf der Straße, der besonders in Kurven zu Stürzen führen kann.
Fachliche Beratung: Ruprecht Müller, ADAC Technik Zentrum