Testfahrt im Lexus RZ 450e: So geht Elektro-Fahrspaß
Der neue Lexus RZ 450e überzeugt als Elektro-SUV mit perfekter Allradtechnik, toller Fahrdynamik und einer angenehmen Atmosphäre. Doch beim elektrischen Gesamtpaket besteht noch Handlungsbedarf. Testfahrt, Daten, Infos, Preise.
Zwei Motoren mit 230 kW/313 PS und Allrad
71-kW-Batterie für 400 bis 440 Kilometer Reichweite
Preis: Ab 68.000 Euro, 2025 mit Steer-by-wire-Lenkung
Klein, aber fein – das könnte das Motto von Lexus in Deutschland sein. Klein stimmt schon mal auf alle Fälle: Nicht einmal 2800 Fahrzeuge verkauften die 20 Händler im vergangenen Jahr – macht einen Marktanteil an den Neuzulassungen in Deutschland von 0,1 Prozent.
Und fein? Stimmt auch. Zumindest bei den größeren Modellen NX und RX überzeugt die Qualitätsanmutung der Nobelmarke von Toyota, während sich der kleinere UX eher wie ein gewöhnlicher Corolla anfühlt. Beim Elektro-SUV RZ dagegen passt wieder alles: Edle Materialien, toll verarbeitet, gut anzufühlen. Ein echter Lexus.
RZ 450e: Der zweite vollelektrische Lexus
Größenmäßig liegt der RZ mit 4,81 Meter Länge genau zwischen NX und RX. Doch während die beiden auf der GA-K-Plattform von leistungsstarken Hybrid-Motoren bewegt werden, nutzt der RZ 450e auf einer speziellen E-TNGA-Plattform einen vollelektrischen Antrieb mit einer 71-kWh-Lithium-Ionen-Batterie für 400 bis 440 Kilometer WLTP-Reichweite und zwei Motoren vorne (150 kW) und hinten (80 kW) für den permanenten Allradantrieb. Der erste elektrische Lexus ist er aber nicht: Mit diesem Titel darf sich der Lexus UX 300e schmücken.
Wie beim kürzlich vorgestellten neuen RX ist der bekannte Diabologrill mit den schlanken
Scheinwerfern und geschwärzten Stoßfängerecken tief in das gesamte
Frontdesign integriert, was einen stärkeren dreidimensionalen Effekt erzeugt. Da der elektrische
Antriebsstrang weniger Kühlluft benötigt als ein Verbrennungsmotor, wurde auf den bekannten Kühlergrill verzichtet.
An der Heckpartie verlängert der geteilte Dachspoiler das Design nach hinten. Eine LED-Lichtleiste mit dem Lexus-Schriftzug erstreckt sich über die gesamte Breite des Fahrzeugs, was zusammen mit der etwas breiteren Spur hinten für einen muskulösen Auftritt sorgt.
Veganer Chic: Innenraum mit tierfreiem Leder
Das Cockpit wirkt mit vielen aufgeschäumten Kunststoffen sehr edel, es herrscht mit Applikationen aus tierfreiem und veganem Leder eine gediegene Atmosphäre. Es dauert nicht lang, bis man sich mit den Bedienelementen zurechtgefunden hat – und etwas länger, bis man die mannigfaltigen Einstellmöglichkeiten des zentralen 14-Zoll-Touchscreens durchschaut hat. Doch einmal reingefuchst, klappt's mit der klar gezeichneten Oberfläche ganz gut.
Etwas überfrachtet mit Informationen ist dagegen das digitale Fahrercockpit. Hier ist das klar gegliederte Head-up-Display schöner anzusehen, doch das ist erst im Executive-Paket (72.600 Euro) optional erhältlich und im Luxury-Paket (78.100 Euro) serienmäßig.
Für die Temperaturregelung stehen noch klassische Drehregler zur Verfügung, Schnellwahltasten aktivieren grundlegende Klimafunktionen. Eine Besonderheit ist die elektromechanische Türöffnung von innen, Safe Exit Assist genannt. Der Clou: Erkennt der Totwinkel-Assistent einen Fahrradfahrer oder andere Verkehrsteilnehmer, die sich von hinten nähern, wird ein Entriegeln der Türen verhindert.
Eine andere Besonderheit ist übrigens das Fehlen eines Handschuhfachs auf der Beifahrerseite. Dafür genießen Beifahrer und Fahrer im Winter ein besonderes Schmankerl: Auf Kniehöhe vor Fahrer und Beifahrer – unter der Lenksäule und der unteren Instrumententafel – befindet sich die neue Komfortheizung mit Infrarotstrahlung. Wie bei einem Heizlüfter legt sich die Wärme so wie eine Decke um die Beine.
Bildergalerie: Lexus RZ 450e im Detail
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Das Platzangebot ist nur Durchschnitt
Das Raumgefühl vorne ist trotz des hohen Mitteltunnels mit seinen zahlreichen Ablagen großzügig, bietet auch großgewachsenen Menschen ausreichend Platz. Hier sitzt man auf veganem Leder mit ausreichend Seitenhalt bequem und wird als Fahrer dezent zu mehr Konzentration aufgefordert, wenn man im (Überwachungs-)Auge des RZ als abgelenkt erkannt wurde.
Das Einsteigen hinten gelingt wegen der weit öffnenden Türen und der angenehmen SUV-typischen Einstiegshöhe sehr komfortabel. Dank des recht langen Radstands von 2,85 Meter sitzt man mit ausreichender Knie- und Kopffreiheit relativ großzügig. Doch der RZ mogelt etwas – so wie viele andere E-Autos mit der Batterie im Unterboden auch: Die Sitzauflage fällt nach hinten ab. So rutscht man etwas mehr nach hinten rein und verliert die bequeme Auflage der Oberschenkel – das ist auf längeren Fahrten recht unbequem.
Durch die Batterie im Unterboden baut der Kofferraum des RZ 450e relativ flach und lässt sich trotz nominal 522 Liter Stauvolumen auch wegen der hohen Ladekante relativ ungünstig beladen. Bei umgeklappten Rücksitzen steigt das Fassungsvermögen auf bis zu 1450 Liter bei dachhoher Beladung.
Unter der Ladefläche befindet sich ein zusätzliches Staufach mit 58 Liter Volumen, das für die Aufbewahrung des Ladekabels genutzt werden muss, denn einen "Frunk" unter der Motorhaube gibt es nicht. Was auch fehlt, ist ein Heckscheibenwischer und eine praktikable Anhängelast: 750 Kilo sind zu wenig für ein Auto dieser Klasse.
Der RZ 450e macht beim Fahren Spaß
Doch damit Schluss mit dem Gemecker, denn wir kommen zur Sahneseite des neuen RZ 450e: den hervorragenden Fahreigenschaften. Die beiden E-Motoren an Vorder- und Hinterachse leisten zusammen 230 kW/313 PS und entwickeln ein maximales Drehmoment von 266 Nm vorn und 168 hinten. Der Wunsch nach mehr Leistung kommt nie auf. Bei Bedarf geht es zügig vorwärts, und so fühlt es sich auch an. Ein kurzer Tritt auf das rechte Pedal genügt, und ein Überholvorgang ist im Handumdrehen erledigt. Der RZ beschleunigt vom Start weg mit Nachdruck, gibt seine Leistung gleichmäßig ab.
Das Fahrwerk ist straff abgestimmt, federt trotzdem komfortabel, die Bremse fühlt sich authentisch an, und die perfekt arbeitende Lexus-eigene Direkt4-Allradsteuerung sorgt für extrem stabiles Fahrverhalten. Eine echte Fahrmaschine!
Sehr gut dazu passt auch die für asiatische Modelle ungewöhnlich direkt abgestimmte und feinfühlige Lenkung. Wir konnten auch schon RZ 450e-Prototypen mit einer Steer-by-wire-Lenkung ausprobieren, mit der die Räder elektronisch ohne mechanischen Durchgriff mit einer Art Formel-1-Lenkung ("Yoke") mit nur einer halben Umdrehung komplett eingeschlagen sind – entsprechend super direkt fährt sich der Lexus.
Das funktioniert nach einer kurzen Gewöhnungsphase tatsächlich gut, nur bei einem höheren Lenkeinschlag wird die Lenkwirkung etwas nervös, weil allzu direkt. Lexus arbeitet noch an der Feinabstimmung. Erst 2025 soll Steer-by-wire optional erhältlich sein.
Batteriemanagement noch verbesserbar
Die Batterie besteht aus 96 Zellen und besitzt eine Kapazität von 71,4 kWh brutto. Lexus garantiert, dass die Batterie des RZ nach zehn Jahren mindestens 70 Prozent ihrer Kapazität behält, geht aber gleichzeitig davon aus, dass die Kapazität zu diesem Zeitpunkt noch bei mindestens 90 Prozent liegen wird. Die Varianten des RZ mit 20-Zoll-Rädern erreichen im kombinierten WLTP-Zyklus eine Reichweite von rund 395 Kilometern. Bei den Varianten mit 18-Zoll-Rädern erhöht sich die Reichweite um etwa 40 Kilometer.
Der RZ ist mit einem 11 kW-Bordladegerät ausgestattet. Das Aufladen der
Batterie dauert bei dreiphasigem Wechselstrom-Laden etwa sechseinhalb Stunden, bei einphasigem
Laden etwa zehn Stunden. An einer Gleichstrom-Schnellladestation kann die Batterie mit maximal 150 kW in etwa 30 Minuten zu 80 Prozent aufgeladen werden.
Nicht nachvollziehbar ist, dass das Navigationssystem keine Ladestopps in die Routenführung integrieren kann – ein Unding bei einem neuen E-Auto dieser Preisklasse. Rund 70.000 Euro sind schließlich kein Kleingeld. Die Batterie kann auch nicht manuell vorgekühlt oder erwärmt werden. Und wie wichtig das für den elektrischen Alltag ist, weiß man spätestens nach dem ADAC Test der Ladekurven.
Fazit
Die Toyota-Marke Lexus hat Großes vor: Mit seinen erneuerten Modellen NX, RX und jetzt dem RZ sollen sich die deutschen Verkaufszahlen von aktuell unter 3000 im Jahr 2024 verdoppeln und schon 2025 auf über 10.000 steigen. Der fahrstarke RZ steht ab dem 17. April 2023 bei einem der 20 Händler und steigt dann ins Rennen um die Kundengunst ein.
Lexus RZ450e: Technische Daten, Preise
Technische Daten (Herstellerangaben) | Lexus RZ 450e Executive-Paket (04/23 - 10/24) |
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Motorart | Elektro |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 230 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 313 |
Drehmoment (Systemleistung) | 432 Nm |
Antriebsart | Allrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 5,3 s |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h |
Reichweite WLTP (elektrisch) | 439 km |
CO2-Wert kombiniert (WLTP) | 0 g/km |
Verbrauch kombiniert (WLTP) | 16,8 kWh/100 km |
Batteriekapazität (Brutto) in kWh | 71,4 |
Ladeleistung (kW) | AC:7,0-11,0 DC:50,0-150,0 |
Kofferraumvolumen normal | 522 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.515 l |
Leergewicht (EU) | 2.130 kg |
Zuladung | 510 kg |
Anhängelast ungebremst | 750 kg |
Anhängelast gebremst 12% | 750 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 3 Jahre oder 100.000 km |
Länge x Breite x Höhe | 4.905 mm x 1.895 mm x 1.635 mm |
Grundpreis | 72.600 Euro |
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